Berliner Mauer
Die Berliner Mauer, am 13. August 1961 erbaut, war das bekannteste Symbol für den Kalten Krieg und die Teilung Deutschlands in Ost- und Westdeutschland.
Vorgeschichte
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde Deutschland auf Beschluss der Jaltakonferenz in vier Besatzungszonen aufgeteilt, die von den Besatzungsmächten USA, Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich kontrolliert und verwaltet wurden. Analog wurde Berlin als ehemalige Hauptstadt des Deutschen Reiches in vier Sektoren geteilt. (Genaue Aufteilung der Berliner Stadtbezirke siehe Vier-Sektoren-Stadt.) Gleichzeitig begann auf verschiedensten Ebenen der Kalte Krieg zwischen West und Ost.
Als 1949 in den drei Westzonen zuerst die Bundesrepublik und in der Sowjetischen Besatzungszone kurz darauf die DDR gegründet wurde, begann man auf beiden Seiten die Grenzen intensiver abzusichern und auszubauen. Durch die Gründung zweier Staaten wurde die Teilung politisch untermauert. Zwischen DDR und Bundesrepublik wurden zuerst nur Grenzpolizisten und Grenzsoldaten eingesetzt, später auf DDR-Seite vorwiegend Zäune aufgebaut. Formal hatte Berlin den Status einer Vier-Sektoren-Stadt und war unabhängig von den beiden deutschen Staaten, was jedoch in der Praxis wenig Bedeutung hatte – West-Berlin wurde von der Bundesrepublik im Wesentlichen wie ein Bundesland behandelt, Ost-Berlin wurde bald darauf sogar zur Hauptstadt der DDR erklärt.
Mit der Verschärfung des Kalten Krieges, der u.a. zu Handelsbeschränkungen gegenüber dem Ostblock, einem permanenten diplomatischen Kleinkrieg und militärischen Drohgebärden führte, wurde auch die Sicherung der Staatsgrenzen intensiviert. Die DDR-Grenze war damit nicht mehr nur eine Grenze zwischen den Teilen Deutschlands, sondern Teil der Grenze zwischen dem RGW und der EG, zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt, also zwischen zwei unterschiedlichen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Blöcken.
Seit der Gründung der DDR wanderten Bürger in steigenden Zahlen in die Bundesrepublik aus, vor allem über Berlin, wo die Grenze mitten durch die Stadt kaum zu kontrollieren war. Zwischen 1949 und 1961 verließen knapp 3 Millionen Menschen die DDR. Da es sich dabei oft um gut ausgebildete Menschen handelte, bedrohte diese Abwanderung die Wirtschaftskraft der DDR und letztlich den Bestand des gesamten Staates. Die Mauer sollte dazu dienen, durch Abriegelung der Grenzen diese Abwanderung endgültig zu stoppen.
Mauerbau
Der Plan zum Bau der Mauer in Berlin war ein Staatsgeheimnis der DDR-Regierung. Die Mauer wurde auf Geheiß der SED-Führung unter Schutz und Überwachung durch Volkspolizisten und Soldaten der Nationalen Volksarmee von Bauarbeitern errichtet – entgegen den Beteuerungen des Staatsratsvorsitzenden der DDR, Walter Ulbricht, der auf einer internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin am 15. Juni 1961 auf die Frage einer westdeutschen Journalistin geantwortet hatte:
- Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht; dass sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!
Ulbricht war damit der erste, der den Begriff Mauer in diesem Bezug verwendete – zwei Monate, bevor sie überhaupt stand.
Zwar wurden die Westallierten durch Gewährsleute über die Planung "drastischer Maßnahmen" zur Abriegelung von Westberlins informiert, von Zeitpunkt und Ausmaß der Absperrung gleichwohl überrascht. Auch der BND hatte ähnliche Informationen bereits Mitte Juli erhalten. Nach Ulbrichts Besuch bei Chruschtschows während des hochrangigen Treffens der Warschauer Vertragsstaaten in Moskau vom 3.-5. August stand im BND-Wochenbericht vom 9. August: "Vorliegende Meldungen zeigen, dass das Pankower Regime sich darum bemüht, die Einwilligung Moskaus für die Inkraftsetzung durchgreifend wirksamer Sperrmaßnahmen - wozu insbesondere eine Abriegelung der Berliner Sektorengrenze und die Unterbrechung des S- und U-Bahn-Verkehrs in Berlin gehören würde - zu erhalten ... Es bleibt abzuwarten, ob und wie weit Ulbricht ... in Moskau ... mit entsprechenden Forderungen durchzudringen vermochte."
In der veröffentlichten Erklärung der Teilnehmerstaaten des Treffens des Warschauer Vertrags schlagen diese Staaten der DDR vor, "an der Westberliner Grenze der Wühltätigkeit gegen die Länder des sozialistischen Lagers den Weg zu verlegen und um das Gebiet Westberlins eine verlässliche Bewachung und wirksame Kontrolle zu gewährleisten" Am 11. August billigt die Volkskammer der DDR die Ergebnisse der Moskauer Beratung und beauftragt den Ministerrat zu allen entsprechenden Maßnahmen. Der Ministerrat der DDR beschließt am 12. August den Einsatz der "bewaffneten Organe" zur Besetzung der Grenze zu Westberlin und zur Errichtung von Grenzsperren.
Am Samstag, dem 12. August, ging beim westdeutschen BND aus Ost-Berlin folgende Information ein: "Am 11.8.1961 hat eine Konferenz der Parteisekretäre der parteigebundenen Verlage und anderer Parteifunktionäre beim ZK der SED stattgefunden. Hier wurde u. a. erklärt: ...Die Lage des ständig steigenden Flüchtlingsstroms mache es erforderlich, die Abriegelung des Ostsektors von Berlin und der SBZ in den nächsten Tagen - ein genauer Tag wurde nicht angegeben - durchzuführen und nicht, wie eigentlich geplant, erst in 14 Tagen."
In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 begannen die NVA, die Deutsche Grenzpolizei der DDR, die Volkspolizei und die Betriebskampfgruppen die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin abzuriegeln. Alle Verkehrsverbindungen zwischen den beiden Teilen Berlins wurden unterbrochen. Im September 1961 fuhren jedoch bereits wieder einige West-Berliner S- und U-Bahn-Linien auf Tunnelstrecken unter Ost-Berliner Gebiet - ohne Halt auf den nun sogenannten Geisterbahnhöfen.
Die Berliner Mauer wurde ergänzt durch ausgedehnte Befestigungen der Grenze zur Bundesrepublik und – in geringerem Umfang – anderer Westgrenzen der Staaten des Warschauer Paktes, wodurch der sogenannte Eiserne Vorhang entstand. Wie die restliche innerdeutsche Grenze wurde auch die Berliner Mauer über weite Strecken mit Stacheldrahthindernissen, Gräben und Wachtürmen versehen. Für die ostdeutschen Grenzschützer galt der Schießbefehl, der von ihnen verlangte, einen Fluchtversuch auch auf Kosten des Lebens des Flüchtlings zu verhindern. Auch an der Berliner Mauer wurde dieser Schießbefehl mehrfach ausgeführt.
Geteiltes Land
West-Berliner durften bereits seit dem 1. Juni 1952 nicht mehr frei in die DDR einreisen. Nach langen Verhandlungen wurde 1963 das Passierscheinabkommen getroffen, das mehreren hunderttausend West-Berlinern zum Jahresende den Besuch ihrer Verwandtschaft im Ostteil der Stadt ermöglichte.

Ab Anfang der 1970er Jahre wurde mit der durch Willy Brandt und Erich Honecker eingeleiteten Politik der Annäherung zwischen der DDR und der Bundesrepublik die Grenze zwischen den beiden Staaten etwas durchlässiger. Insbesondere gewährte die DDR Reiseerleichterungen, insbesondere für "unproduktive" Bevölkerungsgruppen wie Rentner, und erlaubte Bundesbürgern einfachere Besuche aus grenznahen Regionen. Eine umfassendere Reisefreiheit machte die DDR von der Anerkennung ihrer Staatsbürgerschaft abhängig und verlangte die Auslieferung von nicht rückkehrwilligen DDR-Reisenden. Diese Forderungen konnte die Bundesrepublik aufgrund der Verfassung nicht erfüllen.
Die DDR-Propaganda bezeichnete die Mauer wie auch die gesamte Grenzsicherung zur Bundesrepublik als "antifaschistischen Schutzwall" und "Friedengrenze", die die DDR vor "Abwanderung, Unterwanderung, Spionage, Sabotage, Schmuggel, Ausverkauf und Aggression aus dem Westen" schützen sollte. In Wirklichkeit richteten sich die Abwehranlagen vorwiegend gegen die eigenen Bürger.
Mauerfall
Die Berliner Mauer fiel am 9. November 1989 (Maueröffnung) nach mehr als 28 Jahren. Der Fall der Mauer war ein herausragendes Ereignis der Weltgeschichte und wurde unter anderem Weihnachten 1989 mit einem Konzert Leonard Bernsteins gefeiert. Als Rest der Mauer steht an der Spree zwischen dem Hauptbahnhof und der Oberbaumbrücke noch ein denkmalgeschütztes Stück der Berliner Mauer, das 1990 durch internationale Künstler zur East Side Gallery gestaltet und unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Maueropfer
In den 28 Jahren ihres Bestehens starben an der Berliner Mauer mindestens 239 Flüchtende. Der erste Mauertote war der 24-jährige Günter Litfin, der am 24. August 1961 in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße von Transportpolizisten bei einem Fluchtversuch erschossen wurde. Peter Fechter verblutet am 17. August 1962 im Todesstreifen, ohne dass die DDR-Grenzer den Angeschossenen behandeln. Letztes Todesopfer wurde Chris Gueffroy am 5. Februar 1989.
Nach Schätzungen mußten sich rund 75.000 Menschen wegen sogenannter 'Republikflucht' vor DDR-Gerichten verantworten. Republikflucht wurde nach § 213 Strafgesetzbuch der DDR mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren geahndet. Wer bewaffnet war, Grenzanlagen beschädigte oder als Armeeangehöriger oder Geheimnisträger bei einem Fluchtversuchen gefasst wurde, kam selten mit weniger als fünf Jahren Gefängnis davon.
Mauerschützen-Prozesse
Die juristische Aufarbeitung des Schießbefehls in den sogenannten Mauerschützenprozessen dauerte bis zum Sommer 1997. Zu den angeklagten Verantwortlichen gehörten u. a. der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker, die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates Erich Mielke, Willi Stoph, Heinz Keßler, Fritz Streletz und Hans Albrecht, der SED-Bezirkschef von Suhl sowie einige Generäle; die angeklagten Ausführenden rekrutierten sich zum Großteil aus Mannschaftsdienstgraden der NVA oder der DDR-Grenztruppen. Insgesamt wurden 35 Angeklagte freigesprochen, 44 Angeklagte wurden zu Bewährungsstrafen und elf Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt, u. a. Albrecht, Streletz und Keßler zu viereinhalb bis siebeneinhalb Jahren.
Siehe auch: Mauerpark, West-Berlin, Ost-Berlin