Geschichte der Datenübertragung
Die Verkehrsgeschichte als Bestandteil der Verkehrswissenschaften kann als Rahmendisziplin aus Teilgebieten der Geschichtswissenschaften aufgefasst werden, mit Elementen der
- Allgemeine und Nationalgeschichte,
- Regionalgeschichte,
- Verfassungsgeschichte,
- Wirtschaftsgeschichte,
- Sozialgeschichte,
- Wissenschaftsgeschichte,
- Technikgeschichte,
- Industrie-, Handels-, Agrargeschichte,
- Unternehmens- und Institutionsgeschichte.
Damit ist die Verkehrsgeschichte zwar eine im Betrachtungsgegenstand „Verkehrswesen“ stark spezialisierte Disziplin, jedoch innerhalb dieses Themas ist sie sehr komplex. Die Disziplin Verkehrsgeschichte ist Ende des 19. Jh. entstanden, damals noch als Bestandteil der Wirtschafts- oder der Technikgeschichte. Bis zum Jahre 2001 war die Verkehrsgeschichte als Lehrstuhl, Institut bzw. Fachbereich an der Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" Dresden (1952-1992) bzw. an der Fakultät Verkehrswissenschaften "Friedrich List", Technische Universität Dresden, (1992-2001) institutionalisiert. Gegenwärtig wird die Arbeit auf dem Gebiet der Verkehrsgeschichte durch den Arbeitskreis Verkehrsgeschichte im Jungen Forum der DVWG fortgeführt.
Aufgaben
Die Verkehrsgeschichte untersucht beispielsweise:
- Entwicklung der volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Produktionsfaktoren (Produktivkräfte) im Verkehrswesen (Verkehrsmittel i. w. S., also Wege und Anlagen, Fahrzeuge und Energiebereitstellung sowie weitere Arbeitsmittel, Arbeitskraft, Wissen, Organisation u. ä.),
- Die Abhängigkeit zwischen Verkehrswesen und jeweiliger Sozialstruktur (kultureller Einfluss, Gesellschaftsordnung, Unternehmensstrukturen u. a.),
- Betriebswirtschaftliche und volkswirtschaftliche Aspekte des Verkehrswesens in verschiedenen Epochen,
- Die politische und militärische Bedeutung des Verkehrswesens,
- Langzeitstudien und Bedarfsprognosen,
- Technikfolgenabschätzung/ Technikbewertung,
- Wissensmanagement im Verkehrswesen (Gewinnen, Aufbereiten, Konservieren von Wissen).
Arbeitsfelder
Verkehrsgeschichte umfasst insbesondere die Geschichte der
- Mobilen und stationären Verkehrsmittel und ihrer Antriebe,
- Verkehrswege und der Infrastruktur,
- Humanressourcen des Verkehrssystems (z. B. Nutzer, Beschäftigte, Betroffene),
- Organisation (Betriebsplanung, -führung, -sicherung),
- Verkehrswirtschaft und -politik, Verkehrsplanung,
- Histographie der Theorien (u. a. Geschichte der Verkehrswissenschaften),
- Verkehrsunternehmen, -verbände u.ä.,
- Angewandte Verkehrsgeschichte (u. a. Verkehrsmuseologie).
Abriss Verkehrsgeschichte
Epoche I - Vor- und Frühgeschichte (6000 - 3500 v. Chr.)
Merkmal der Epoche: Die Grundlagen der Zivilisation werden geschaffen. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Sesshaftigkeit, Ackerbau und Viehzucht, Handwerk (Töpferei), Handel, Sprache und Schrift, beginnende soziale Differenzierung (Priester, Häuptling, Sklave). Entwicklung im Verkehrswesen: Beginnende Arbeitsteilung bewirkt Entstehung von Verkehrsbedürfnissen. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Zunächst Erschließungsverkehr, Transportvolumen gegenüber Wassertransport unbedeutend, Nutzung menschlicher und tierischer Muskelkraft. b) Wassertransport: Schwimmende Transportmittel auf natürlichen Wasserstraßen bilden erste „Verkehrssysteme“ mit überegionalen Aufgaben. Entwicklung des Nachrichtenwesens: Sprache ermöglicht leistungsfähigen Informationsaustausch auf kurze Distanzen, Malerei ermöglicht Informationsübertragung, -speicherung/ -verarbeitung.
Epoche II - Antike (3500 v. Chr. - 500 n. Chr.)
Merkmale der Epoche: Blüte der Hochkulturen im Orient, später um das Mittelmeer herum. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Entstehung zusammenhängender Staats- und Wirtschaftsgebiete, Entfaltung von Handel und Handwerk, Wichtige Ressource: Sklaven. Entwicklung im Verkehrswesen: Entwicklung von Rad und Wagen, gemeinsam mit dem domestizierten Pferd als Gespann; erste Verkehrsdienste, wie z. B. Cursus Publicus; Erschließung des Verkehrsmediums „Land“ durch Straßen; erstmals Personenbeförderung als Verkehrsdienst. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Vom Erschließungswegenetz um die Siedlungen herum wächst ein überregionales Straßennetz, dessen höchste Entwicklung im Römischen Kaiserreich erreicht wurde. Entwicklung von innerstädtischen Versorgungssystemen; b) Wassertransport: Vom Schilfboot zur Galeere. Differenzierung der Wasserfahrzeuge nach ihrem Gebrauchszweck, z. B. Kriegsschiff und Handelsschiff; Erweiterung der Fahrtgebiete: aus den Binnengewässern, die Küste entlang auf das offene Meer. Entwicklung des Nachrichtenwesens: Entwicklung der Schrift, verschiedene Sprachsysteme; Schreiber- und Botenwesen; Rauch-, Feuer- und Signaltelegraphie, hohe Bedeutung für Politik, Militär und Wirtschaft.
Völkerwanderung zwischen 500 n. Chr. und 800 n. Chr. Die Ereignisse dieser Zeit können nur schwer der Antike oder dem Mittelalter zugeordnet werden. Typisch für diese Epoche war, dass verschiedene Völker nicht dauerhaft bestehende Reiche errichteten. Erst um 800 n. Chr. wurde der Frankenkönig Karl der Große zum Kaiser gekrönt und ein dauerhaft bestehendes Staatswesen begründet. Aus Sicht vieler Historiker kann damit kann die Phase der instabilen Gesellschaften in Europa als abgeschlossen gelten.
Epoche III - Mittelalter (800 - 1500)
Merkmale der Epoche: Europa zwischen Nordsee und Mittelmeer (Abendland/ Okzident) wird politisches, kulturelles und wirtschaftliches Machtzentrum, emanzipiert sich nach außen (Islam) und stabilisiert sich nach innen. Gegen Ende Erstarken verschiedener Territorialmächte. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Entwicklung vom Staat auf Basis des Lehnswesens in Richtung des Territorialstaates; Konflikt zwischen weltlicher und geistlicher Macht; Klosterwirtschaft und Entstehung von Städten als Wirtschaftszentren; Handelsgesellschaften; Buchdruck (1450) und Schießpulver. Entwicklung im Verkehrswesen: Entstehung eines Verkehrssystems in Europa außerhalb des ehemaligen römischen Reiches. Auch in den Gebieten des ehemaligen römischen Reiches (England, Spanien, Frankreich, Italien, Süddeutschland) wächst das Verkehrsvolumen mit Anstieg der Bevölkerung und Wiedererwachen von Handel und Gewerbe wieder an. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Entstehung neuer Wegesysteme bzw. Wiederherstellung der antiken Systeme; Weiterentwicklung der Landverkehrsmittel in dem Maße, wie auch das Wegesystem entwickelt wurde, in der Personenbeförderung bleibt das Reiten zu Pferde wichtigste Transportart, b) Wassertransport: Zwei Schwerpunkte der Schifffahrt in Nordeuropa (Hanse) und im Mittelmeerraum (Norditalien); Weiterentwicklung der Schiffe: Axiales Ruder am Steven, Rah-Besegelung, mehrere Masten; Entdeckungen in der Nautik eröffnen neue Reviere (ermöglichen später Zeitalter der Entdeckungen) Entwicklung des Nachrichtenwesens: Nach Ende der Antike kaum Bedarf für überregionale Kommunikation. Erst wieder in Form des Botenwesens durch Mönchsorden, Handelsbünde sowie Zünfte und Gilden entwickelt
Epoche IV - Frühe Neuzeit (1500 - 1800)
Merkmale der Epoche: Entstehung der Nationalstaaten; Humanismus und Aufklärung. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Absolutistische Herrschaft; Merkantilismus/ Colbertismus (Fkr.), Kameralismus (Dtl.); Suche nach neuen Energiequellen (Dampfmaschine). Entwicklung im Verkehrswesen: Neuordnung der Handelsrouten in Europa: von Schifffahrtnationen West-/Nordwesteuropa nach Zentraleuropa; Handelsstrom Levante-Oberitalien versiegt; Wegerecht (16./17. Jh.) – Nachfolger des Grundruhrrechts, landesherrliche Garantie auf Schutz bei Wegpassage, Landherr haftet für Unversehrtheit der Ware. Aber sehr teuer, also noch immer Hemmnis - für Transporte unter 150 km bzw. geringwertige Güter zu teuer. Reisen im Pferdewagen werden üblich. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Leichtere und bequemere Wagenkonstruktion (im Vergleich zum vierrädrigen Leiterwagen) durch dichteres und hochwertiges Straßen- und Wegenetz möglich: Entwicklung der Kutsche, Vorläufer der Eisenbahn in Bergwerken, Straßenbauprogramme v. a. in FRankreich und England; b) Wassertransport: Neue Schiffe (z. B. Karavelle, Fleute, Fregatte) für die einsetzende Kolonialisierung; neue Schifffahrtszentren (z. B. Holland), Erschließung des Hinterlandes der Häfen und der ersten gewerblichen bzw. industriellen Zentren über die Binnenschifffahrt, dazu Kanalbauprojekte in Westeuropa; Entwicklung des Nachrichtenwesens: (Wieder-) Entstehung des staatlich getragenen Postwesens mit Post im Liniendienst und überregionalen Netzen, Postzwang, Buchdruck; gegen ende der Epoche: Wiedereinführung der Signaltelegraphie
Epoche V - (1800 - Gegenwart)
Va - Industrielle Revolution und Eisenbahnzeitalter (1800-1918)
Merkmale der Epoche: Technische Revolution und bürgerliche Emanzipation. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Hochkapitalismus, Ende des 19. Jh. Neo-Merkantilismus; soziale Frage, Dampfkraft als Energiequelle; Nutzung des Eisens/ Stahls als universelles Gebrauchsmaterial. Entwicklung im Verkehrswesen: Explosion des Verkehrsaufkommens (Austausch von Waren, Beförderung von Menschen, Übermittlung von Nachrichten); Herausbildung der Verkehrsträger Eisenbahn und ÖPNV. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Bau von Chausseen, erste Eisenbahnen, städtische Verkehrsmittel, zum Ende: Entwicklung des Automobils, b) Wassertransport: Blüte der Segelschifffahrt, Dampfschiffe verdrängen zunehmend die Segelschiffe, Schiffe werden größer, schneller, teurer (Kapitalreedereien); Schifffahrt wird berechenbar (weniger witterungsempfindlich als bisher) Entwicklung des Nachrichtenwesens: Reform des Postwesens (Hill'sche Postreform in England); Entwicklung der elektrischen Telegraphie und des Fernsprechwesens (Telefon).
Vb - Ausprägung des Verkehrssystems (1918 - 1945)
Merkmale der Epoche: Die Suche nach Konzepten, um die neuen Lebensbedingungen (technischer, sozialer und wirtschaftlicher Fortschritt) gesellschaftlich zu integrieren, führen u. a. zu zwei Weltkriegen, der Abschaffung der Monarchie, der Errichtung der Sowjetunion. Entwicklung in Gesellschaft, Wirtschaft und Technik: Weiter zunehmende individuelle Mobilität; explosionsartiges Bevölkerungswachstum, „soziale Frage“ noch immer ungelöst; freie Marktwirtschaft, Massenproduktion; Elektrizität, Motorisierung und Mechanisierung. Entwicklung im Verkehrswesen: Neue Verkehrsdienste, z. B. Entstehung des Tourismus, Entstehung des Kraftverkehrsgewerbes - Verwendung freier Lkw-Ressourcen aus dem Krieg für zivile Zwecke; Verdrängung von Gespann und Fuhrwerk; Neue Antriebe: Dieselmotor wird bedeutsam als Schiffs-/ Fahrzeugmotor: 1903 als Schiffsdiesel, ab 1924 als Lkw-Diesel, ab 1936 als Pkw-Diesel. Entwicklung des Transportwesens: a) Landtransport: Blüte der Eisenbahn; neue Verkehrsträger komplettieren das Verkehrssystem: Kraftverkehr, Rohrleitungstransport; b) Wassertransport: Ende der Segelschifffahrt; Gigantismus im Schiffbau, Neue Antriebe: Dampfturbine, Verbrennungsmotor; c) Luftfahrt: Neuer Verkehrsträger. Zunächst Verkehrsdienste durch Luftschifffahrt, später durch Motorflugzeug (Post- und Personenbeförderung), Anfänge der Raumfahrt Entwicklung des Nachrichtenwesens: Weiterentwicklung des Fernsprechwesens, Entwicklung des funkbasierten Nachrichtenwesens: Rundfunk, Radar, Fernsehen.
Vc – Globalisierung und Informationsgesellschaft (seit 1945)
Siehe auch
- Mobilität
- Mobilitätskultur
- Verkehrswesen
- Verkehrswissenschaften
- Verkehrswirtschaft
- Verkehrstechnik
- Geschichte der Eisenbahn
- Geschichte der Luftfahrt
- Geschichte der Schifffahrt
Weblinks
- Institute of Railway Studies and Transport History, The University of York, UK
- Arbeitskreis Verkehrsgeschichte im Jungen Forum der DVWG
- Arbeitskreis Verkehrsgeschichte in der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte e.V.
- Deutsches Museum München, Verkehrszentrum
- Deutsches Technikmuseum Berlin (DTMB)
- Verkehrsmuseum Dresden
- Auto & Technik - Museum Sinsheim e.V.
- Verkehrshaus der Schweiz, Luzern
- Technisches Museum Wien
- Deutsches Pferdemuseum Verden (Aller)