Mord (Schweiz)
Mord ist die von der menschlichen Gemeinschaft besonders verurteilte und vorsätzliche Tötung von Menschen. Gelegentlich wird auch die Tötung von Tieren oder Abtreibung als Mord bezeichnet. Im allgemeinen Sprachgebrauch kommt es vor, dass die Tötung eines Menschen als Mord bezeichnet wird, obwohl es sich im strafrechtlichen Sinne noch nicht um Mord handelt, sondern z. B. um Totschlag oder um ein fahrlässiges Tötungsdelikt. Darin drückt sich häufig weniger Unkenntnis als besondere Verachtung aus. Der Begriff "Selbstmord" ist veraltet und durch den juristischen Begriff "Suizid" ersetzt worden.
Begriff
Die Bezeichnung Mord ist aus dem Indogermanischen *mer- entstanden (diese Wortform ist extrapoliert, da das Indogermanische nicht überliefert ist). Der deutsche Begriff Mord ist daher kein Lehnwort des lateinischen mors (Tod), sondern weist mit diesem gemeinsame Ursprünge auf. Auch der griechische Begriff βροτος [brotos] (sterblich) zeigt durch die Lautverschiebung Bezüge zum Ursprung auf. Altgermanisch ist bereits die Tötungshandlung als murdan überliefert. Das gotische "maurþr" ist daher Ursprung sowohl des deutschen Wortes "Mord" als auch des englischen murder (hier ist aus dem Altenglischen die sprachlich eng zum Gotischen zu zählende Form morther überliefert). Der Begriff des "Mordes" in seiner heutigen Schreibweise taucht 1224 in der Treuga Henrici auf.
Soziologie
Alle Staaten, Gesellschaften und Religionen verurteilen die Tötung von Menschen im allgemeinen Fall, unterscheiden jedoch nach den Umständen und machen Ausnahmen. Die Qualifizierung einer Tötungstat an einem Menschen als Mord ist mit einer starken Ausgrenzung des Täters / der Täter aus der jeweiligen Gemeinschaft verbunden und deshalb oft Gegenstand heftiger emotionaler Auseinandersetzungen. (Vgl. Kriminalsoziologie.)
Mord ist ein relativ seltenes Delikt. Im Jahr 2003 wurden in Deutschland (ohne die neuen Bundesländer) 215 Personen wegen Mordes oder versuchten Mordes verurteilt.
Recht
Rechtshistorische Betrachtung
Die rechtshistorische Entwicklung knüpft an die archaischen Überlieferungen aus dem Codex Hammurapi und an die Bibel an. Gemeinsames Prinzip ist dabei das oder die Talion. Der Tod wird mit dem Tod des Täters bestraft. Ein Rückgriff auf Vorsatzregeln wird noch nicht vorgenommen. Der Übergang vom Sippen- zum gesellschaftlichen Begriff des Mordes wird eindrucksvoll an der Lex Numae 16 ersichtlich: Wer einen freien Menschen tötet, soll wie ein Verwandtenmörder bestraft werden. (um 600 v. Chr.)
In der spätrepublikanischen Zeit Roms (100 v. Chr.) zeigt die sullanische Gesetzgebung erste Stufungen eines moralischen Tötungstatbestandes, nämlich des Giftmordes (veneficium) und des Gewaltmordes (sicarium). Später in der Regentschaft des Kaisers Hadrian werden subjektive Merkmale wie der Vorbedacht (propositum) und der Affekt (impetus) ausschlaggebend. Diese annähernd 2000 Jahre alte Entwicklung wird heute noch im Schrifttum nachgezeichnet.
Die germanische Rechtslehre entwickelte die Dichotomie von Mord und Totschlag. Der Mord als Begriff bezeichnete generell zunächst die Tötung eines Anderen. Bis ins 12. Jahrhundert hinein wurde den Tätern nur ein gestuftes "Wergeld" (ahd. wer Mann, Mensch; lat. vir Mann) abverlangt. Als Werwolf (der Wortbestandteil "wolf" leitet sich vom germanischen "vargr" ab, was sowohl "Wolf" als auch "geächtet" bedeuten konnte) wurde in der vorchristlich-germanischen Tradition ein Täter bezeichnet, dessen Tat mit der gesetzlichen Folge der Friedlosigkeit geahndet wurde. Er wurde damit zu einem geächteten und nicht mehr an die Sippe gebundenen Menschen, der von jedermann erschlagen werden durfte; diese todesstrafenähnliche Sanktion fand auch bei – aus heutiger Sicht – marginaleren Vergehen wie etwa Eigentumsdelikten Anwendung.
Im Hochmittelalter galt der Mord als verheimlichte Tötung, wobei der Täter die Leiche zwecks Verdeckung der Tat versteckte. Dieses Merkmal findet sich noch heute im Mordtatbestand des Strafgesetzbuches wieder.
Mit dem ausgehenden Mittelalter wurde die römische Lehre wieder rezipiert, sodass "Mord" schließlich in der karolingischen Halsgerichtsordnung (Codex Carolina Criminalis [Art. 134, 137 CCC]) als Tötung mit Vorbedacht erschien. Der dort erwähnte "fursetz" war nicht der Vorsatz, sondern der Vorbedacht.
Diese Regelung setzte sich über das preußische Allgemeine Landrecht hinweg in das Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes ("Thötung durch Überlegung") fort. Im RStGB lautet der §211 dann: "Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird, wenn er die Tötung mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft." Erst 1941 wurde diese Regelung durch das nationalsozialistische Regime mit der heutigen Tatbestandsregelung (ursprünglich eine Schweizer Entwicklung unter Carl Stooß) geändert, dies wohl um dadurch Straffreiheit für nationalsozialistische Untaten zu erreichen.
1969 beschloss die Große Koalition im Deutschen Bundestag eine Gesetzesänderung, nach der Völkermord gar nicht und Mord nach 30 Jahren verjährt. Seit 1979 wurde die Verjährungsfrist für Mord gänzlich abgeschafft. Anlass war jeweils die drohende Verjährung von Taten, die während des Dritten Reichs begangen worden waren.
Normative Grundlage in Deutschland
Wortlaut
§ 211 des Strafgesetzbuches (StGB) der Bundesrepublik Deutschland lautet:
- (1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
- (2) Mörder ist, wer
- aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
- heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
- um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
- einen Menschen tötet.
Mordmerkmale
Im deutschen Recht unterscheidet sich der Mord vom Totschlag (§ 212 StGB) dadurch, dass mindestens eines der in § 211 Abs. 2 StGB genannten Mordmerkmale im Rahmen der Tötung verwirklicht wird. Jedoch müssen diese Merkmale auf Grund der Strafzumessung aus Absatz 1 sehr restriktiv ausgelegt werden. Dies ist alleine schon verfassungsrechtlich geboten. Die Literatur und die Rechtsprechung haben verschiedene Rechtsfiguren geschaffen, um dieser restriktiven Auslegung gerecht zu werden, dazu gehören zum einen die positive und die negative Typenkorrektur und die Rechtsfolgenlösung. Diese Figuren sind jedoch alle nicht befriedigend und kommen einer Rechtssetzung durch die Gerichte gefährlich nahe. Diesen Zustand zu beseitigen ist der Gesetzgeber gefordert. Unterschieden werden drei "Gruppen" (zwei täterbezogene und eine tatbezogene) der Mordmerkmale:
- Gruppe 1: Besonders verwerfliche Gesinnung (täterbezogen)
Der Täter handelt aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder aus einem anderen niedrigen Beweggrund heraus.
- Mordlust
Allein die Tötung eines Menschen an sich ist Zweck der Tathandlung. Die Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens bzw. der Wunsch, jemanden sterben zu sehen, treibt den Täter zum Mord. Mögliche Ursachen sind beispielsweise Langeweile, Neugier oder Angeberei.
- Befriedigung des Geschlechtstriebes
Hier will sich der Täter durch die Ermordung eines Menschen sexuell befriedigen ("Lustmord"). Die Befriedigung erfolgt entweder direkt durch den Akt der Tötung oder im nachhinein an der Leiche. Ebenfalls erfüllt ist das Merkmal, wenn der Täter den Tod seines Opfers bei einer Vergewaltigung billigend in Kauf nimmt, d. h. Gewalt anwendet und sich darüber im Klaren ist, dass sein Opfer dadurch möglicherweise stirbt.
Darunter wird das rücksichtslose Streben nach Vermögensmehrung oder Besitzerhaltung um jeden Preis verstanden. Dem Täter geht es also darum, sein Vermögen durch die Tötung seines Opfers zu vermehren (z. B. eine Erbschaft oder Lebensversicherung zu kassieren) oder zu erhalten (z. B. einen bestimmten Betrag - Unterhalt, Schadenersatz - nicht zahlen zu müssen).
- Sonstige niedrige Beweggründe
Die herrschende Meinung versteht unter diesem Begriff solche Motive, die sittlich auf niedrigster Ebene angesiedelt sind und nach allgemein anerkannten Wertmaßstäben besonders verwerflich oder gar verachtenswert sind. Darunter fallen z.B. Neid, Rassenhass und Rachsucht. So genannte normal-psychologische Verhaltensweisen wie zum Beispiel Wut und Eifersucht sind dann niedrige Beweggründe, wenn die Motive, auf die sie sich gründen, als niedrige Beweggründe einzustufen sind, also wenn z.B. Grund der Eifersucht eine erhebliche Eigensucht ist.
- Gruppe 2: Besonders verwerfliche Begehungsweise (tatbezogen)
Die Tat selbst muss dieses Merkmal erfüllen, und zwar in dem sie entweder heimtückisch oder grausam war oder mit gemeingefährlichen Mitteln durchgeführt wurde.
- Heimtücke
Der Mörder nutzt die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung aus und geht gegen dieses in feindlicher Willensrichtung vor. Arglos ist derjenige, der sich im Moment der Tat keines Angriffs bewusst ist. Die Wehrlosigkeit resultiert aus aufgrund der Arglosigkeit eingeschränkter Verteidigungsmöglichkeit. Schwierig ist die Abgrenzung bei Kleinstkindern, welche keinen Argwohn entwickeln können, und Bewusstlosen. In solchen Fällen wird die Arglosigkeit dann angenommen, wenn der Täter den natürlichen Schutz- und Abwehrinstinkt beim Kind überwindet, indem er z. B. das bittere Gift mit Zucker süßt, damit es genießbar wird. Bei Schlafenden wird angenommen, dass diese ihre Arglosigkeit "mit in den Schlaf nehmen".
- Grausamkeit
Das Opfer ist körperlichen oder seelischen Qualen ausgesetzt, die über das "normale Maß" hinausgehen, wobei der Täter aus gefühlloser, unbarmherziger Gesinnung heraus handelt. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Sterbeakt des Opfers vom Täter verlängert oder anderweitig intensiviert wird (z. B. Tötung durch dauerhaften Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsentzug).
- Gemeingefährliche Mittel
Mittel sind dann gemeingefährlich, wenn der Täter sie im Einzelfall nicht sicher zu beherrschen vermag und sie geeignet sind, Leib und Leben mehrerer Menschen zu gefährden. Die Gefahr beschränkt sich also nicht nur auf eine Einzelperson, sondern wird auf die Allgemeinheit ausgeweitet. Beispiele sind u. a. der Einsatz von Sprengstoff, mehrere, unkontrollierte Schüsse aus einer Waffe oder Feuer in der Nähe einer Menschenmenge.
- Gruppe 3: Besonders verwerflicher Zweck (täterbezogen)
- Ermöglichung oder Verdeckung einer Straftat
Wenn das dritte Mordmerkmal erfüllt sein soll, so muss es das maßgebliche Ziel des Täters gewesen sein, entweder eine Tat zu ermöglichen oder eine solche zu verdecken. Darunter fällt nicht nur eine eigene, sondern auch die Tat eines Dritten. Sie muss allerdings nicht strafbar und auch nicht tatsächlich begangen worden sein, es reicht, wenn der Täter dies irrigerweise annimmt. Beispiele hierfür sind das Töten eines Zeugen oder Ermittlers, wobei entscheidend ist, dass die Straftat noch verheimlicht werden kann.
Abgrenzung zu verwandten Rechtsbegriffen
Auch die Abtreibung wird von den Gegnern ihrer Legalisierung mit der politischen Kampfparole "Abtreibung ist Mord" dem Mord gleichgesetzt. § 218 StGB stellt jedoch klar, dass nach geltendem deutschen Recht ungeborene Kinder keine tauglichen Tatobjekte eines Mordes (und eines Totschlags sowie darüber hinaus einer fahrlässigen Tötung und von Körperverletzungsdelikten) sein können. Die Existenz eines "Menschen" als taugliches Tatobjekt im Sinne der o. g. Vorschriften beginnt - anders als im BGB, das für die Rechtsfähigkeit auf die Vollendung der Geburt abstellt (§ 1 BGB) - mit dem Beginn des Geburtsvorgangs. Maßgeblich ist der Eintritt der Eröffnungswehen; bei einer Geburt durch operative Methoden (Kaiserschnitt) ist der relevante Zeitpunkt die Öffnung der Gebärmutter.
Sterbehilfe findet regelmäßig ohne Verwirklichung eines Mordmerkmals statt. Eine echte Tötung auf Verlangen ist meist nur gem. § 216 StGB als privilegierter Fall des Totschlags zu bestrafen.
Die von Soldaten vorgenommenen Tötungen gegnerischer Soldaten werden vom Kriegs-Völkerrecht nicht als Mord angesehen. Es gibt jedoch Aussagen aus pazifistischen Kreisen, die Soldaten als Mörder bezeichnen. Siehe auch Soldaten sind Mörder.
Genauso wird von einzelnen Kirchen und Menschenrechtsgruppen der Vollzug der Todesstrafe als Mord angesehen, auch wenn dieser natürlich nicht unter die staatliche Definition von Mord fällt.
Schließlich ist auch die Bezeichnung "Selbstmord" juristisch unzutreffend, da der Mord die Tötung eines anderen Menschen voraussetzt. Im deutschen Recht ist die Selbsttötung aber nicht strafbar.
Umstritten ist das Verhältnis von Totschlag (§ 212 StGB) und Mord (§ 211 StGB). Von der Rechtsprechung werden beide Tatbestände als jeweils eigenständige Tatbestände gesehen, während die rechtswissenschaftliche Lehre und Literatur eher dazu neigt, den Totschlag als Grunddelikt zu sehen und den Mord als dessen Qualifikation. Relevanz hat der Streit, wenn ein Teilnehmer der Tat ein personenbezogenes Mordmerkmal nicht aufweist, da dieser nach der Ansicht der Rechtsprechung über § 28 Abs. 1 StGB nur in den Genuss einer Strafmilderung kommt.
Rechtsfolgen
Auf Mord steht in Deutschland zwingend lebenslange Freiheitsstrafe (sofern nicht Jugendstrafrecht eingreift oder der Täter nicht voll schuldfähig war). Diese absolute Strafandrohung ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nur vereinbar, wenn der Richter in Härtefällen auf eine zeitige Freiheitsstrafe ausweichen kann. Die mithin gebotene Korrektur wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich vorgenommen. Teilweise wird vertreten, die einzelnen Mordmerkmale müssten restriktiv ausgelegt werden, teilweise wird - beispielsweise bei der Heimtücke - noch ein zusätzliches Moment der Tücke oder ein Vertrauensbruch gefordert. Nach der Rechtsprechung (sogenannte Rechtsfolgenlösung) soll in Ausnahmefällen, insbesondere bei den sog. "Haustyrannenmorden", in denen ein Mann sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als seine Frau zu töten, eine im Gesetz eigentlich nicht vorgesehene Strafmilderung nach § 49 StGB stattfinden; damit droht nur noch eine Freiheitsstrafe zwischen drei und 15 Jahren.
Prozessuales
Zuständiges Gericht ist die Große Strafkammer des Landgerichts als "Schwurgericht", in Jugendstrafverfahren die Große Jugendkammer des Landgerichts. Rechtsmittel gegen das Urteil ist die Revision zum Bundesgerichtshof.
Rechtliche Regelung in anderen Staaten
Schweiz
Die Schweizer Regelung ist der deutschen am nähesten und weniger restriktiv. Artikel 112 des Schweizer Strafgesetzbuches lautet:
"Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliches Zuchthaus oder Zuchthaus nicht unter zehn Jahren."
Somit gelten, verglichen mit Deutschland, nur die niederen Beweggründe als Mordmerkmal. Weiterhin ist die lebenslange Zuchthausstrafe im Unterschied nicht zwingend, es kann auch auf eine zeitige von nicht unter zehn Jahren (hier: Maximal 20 Jahre) erkannt werden. Als "Totschlag" ist gemäß Artikel l13 eine Tötung "in einer nach den Umständen entschuldbaren heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung" definiert, also eine Affekttat, und wird mit Zuchthaus- bis zu zehn Jahren (mindestens 3 (?) Jahre) oder eine Gefängnisstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft. Alles andere ist eine vorsätzliche Tötung, auf die eine Zuchthausstrafe nicht unter 5 Jahren folgt.
Österreich
Das österreichische Recht ist restriktiver als das deutsche. §75 des StGB-Österreich lautet:
"Wer einen anderen tötet, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen."
Somit ist Mord generell die Tötung eines anderen, auch, wenn der Strafrahmen, wie in der Schweiz auch, auch eine zeitige Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zulässt; die zwingende lebenslange Freiheitsstrafe ist nur für den "Völkermord" (§321) vorgesehen. Es ist anzunehmen, dass sich auch hier für die Unterscheidung zwischen der Verhängung einer lebenslangen und zeitigen Freiheitsstrafe verschiedene (wohlgemerkt ungeschriebene) Merkmale eingebürgert haben. Der Totschlag ist auch hier wieder nur eine Tötung, zu der sich der Täter "in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung" hat hinreißen lassen.
Vereinigtes Königreich
Im Vereinigten Königreich ist "Mord" (murder) definiert als "... killing with intention ..." (dt.: "Beabsichtigte Tötung") und somit einer Tötung durch Überlegung gleichzusetzen [Strafrahmen??? Gesetzesverweis???].
Vereinigte Staaten
[noch einzufügen]
Frankreich
[noch einzufügen]
Dem deutschen Recht am ähnlichsten kommt die Schweizerische Regelung. In Österreich ist Mord (§ 75 des österreichischen StGB) generell die vorsätzliche Tötung eines anderen. In den romanischen Ländern findet sich fast durchgängig die Tötung mit Vorbedacht als Qualifikationsmerkmal für den Mord. In Großbritannien ist der Begriff des Murder ("...killing with intention...") gleichzusetzen mit der vorsätzlichen Tötung. Eine generelle Qualifikation findet sich nicht. Der manslaughter ist dagegen die Tötung im Affekt oder aus Fahrlässigkeit. Die skandinavischen Fassungen sehen uneinheitliche Regelungen vor, die einerseits ein zweistufiges System (vorsätzliche Tötung und qualifizierte Tötung) vorsehen (Schweden, Finnland), andererseits auch ein dreistufiges System (privilegierte vorsätzliche Tötung, einfache vorsätzliche Tötung und qualifizierte vorsätzliche Tötung) wie in Dänemark. Island hat dagegen nur einen Tatbestand im Rechtssystem.
Die osteuropäischen Fassungen sind nach dem Umbruch aus dem sozialistischen System in liberale Fassungen überführt worden, die sich teilweise an die Dogmatik des deutschen Strafrechts anlehnen, andererseits auch Anleihen an die romanischen Fassungen suchen.
Sanktionslehre
Durch die hervorgehobene Stellung des Mordes als Vernichtung eines Menschenlebens als verwerflichste Handlung ist in allen Strafrechtssystemen Europas auch die schwerste Strafandrohung vorgesehen. Selten einmal (z. B. Österreich) wird ein schwereres Strafmaß für den Völkermord vorgesehen. Da sämtliche Staaten Europas dem Europarat angehören, ist die Todesstrafe in annähernd allen dieser Länder abgeschafft (6. und 13. Fakultativprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)). Nur wenige Länder haben bereits die lebenslange Freiheitsstrafe abgeschafft (z. B. Portugal oder Kroatien). Die lebenslange Freiheitsstrafe entspricht kaum der Rechtswirklichkeit. In England wird nach einer Studie die lebenslange Freiheitsstrafe durchschnittlich auf 9 Jahre vollstreckt, während in Deutschland im Mittel 21 Jahre vollstreckt werden.
Morde in der BRD | ||||
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Quelle: Bundeskriminalamt | ||||
Jahr | Fälle | Versuchte Fälle | Schusswaffe dabei | Aufklärung |
1994 | 1.146 | 547 (= 47,7%) | 220 | 88,5% |
1995 | 1.207 | 602 (= 49,9%) | 226 | 89,7% |
1996 | 1.184 | 563 (= 47,6%) | 237 | 88,2% |
1997 | 1.036 | 500 (= 48,3%) | 229 | 92,8% |
1998 | 903 | 451 (= 49,9%) | 196 | 93,2% |
1999 | 962 | 480 (= 49,9%) | 206 | 93,0% |
2000 | 930 | 476 (= 51,2%) | 170 | 94,7% |
2001 | 860 | 436 (= 50,7%) | 181 | 94,1% |
2002 | 873 | 452 (= 51,8%) | 138 | 96,7% |
2003 | 829 | 435 (= 52,5%) | 140 | 95,2% |
2004 | 792 | 432 (= 54,5%) | 104 | 96,5% |
Kriminologie und Kriminalistik
Aus kriminologischer Sicht stellt sich der Mord als besonders interessantes Delikt dar. Der Mord ist in der Regel Beziehungstat, insbesondere diese Beziehung ist Teil umfangreicher Untersuchungen. Daneben ist aus psychologischer Sicht ein hervorhebenswerter Aspekt das Sinken der Hemmschwelle, einen anderen Menschen zu töten. Aus kriminalistischer Sichtweise bietet der Mord ebenfalls zahlreiche Herausforderungen: Der Todesfall muss zunächst überhaupt als unnatürlicher Todesfall und zudem noch als Mord im rechtlichen Sinne zu qualifizieren sein. Dies scheitert schon häufig an mangelhafter Leichenschau oder an unerfahrenen Kriminalbeamten am Tatort. Die Dunkelfeldschätzungen gehen weit auseinander: Konservative Schätzungen gehen von einer Quote von 1:1,2 aus. Auf einen entdeckten Mord kommen 1,2 unentdeckte Morde. Pessimistische Schätzungen gehen von einer Quote von 1:8 aus.
Kriminalstatistik
In der Kriminalstatistik werden zurzeit immer weniger vorsätzlich vollendete Tötungsdelikte registriert. Das liegt nach weitgehend herrschender Auffassung jedoch nicht an einer zurückgehenden Tötungskriminalität, sondern an dem größer werdenden Dunkelfeld von Mord und Totschlag. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Statistik auch dadurch verzerrt wird, dass der polizeiliche Tatvorwurf nicht identisch mit der juristischen Wertung sein muss. Die fallbezogene Häufigkeit des Morddeliktes (vollendet und versucht) pro 100.000 Einwohner im Erfassungsgebiet schwankte im Zeitraum von 1994 bis 2004 zwischen 1,5 (1995) und 1,0 (2004). "Schusswaffe dabei" bedeutet lediglich, dass eine Schusswaffe durch den Täter geführt wurde. Abgefeuerte Schüsse schwankten zwischen 237 (1996) und 113 (2004).
Literatur
- Arnd Hüneke: Der Mordtatbestand im Vergleich zu anderen europäischen Normierungen, KFN, Hannover 2003 (mwN)
- Sven Thomas: Die Geschichte des Mordparagraphen, Eine normgenetische Untersuchung, Diss. 1985
- Günter Heine: Mord und Mordtatbestand..., Goltdammers Archiv für Strafrecht 2000, S. 303 - 319
- Sabine Rückert: Tote haben keine Lobby. Die Dunkelziffer der vertuschten Morde. München 2000: EconUllsteinList (utb 36323) ISBN 3-548-36323-7
- Steffen Stern: Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren, Heidelberg 2005, ISBN 3-8114-1911-0
siehe auch: Killer
- Blind Spot: Murder by Women, Ein Film von Irving Saraf, Allie Light and Julia Hilder, 2000
- Aileen: Life and Death of a Serial Killer, Regie: Nick Broomfield, 2003, von Amnesty International ausgezeichneter Dokumentarfilm
Weblinks