Benutzer:Assayer/Zwischenstation
Viktor Paulsen (* 29. Mai 1913 in Graz; † 20. Oktober 1987) war ein österreichischer Slawist. Während des Zweiten Weltkrieges war er in führender Funktion am Raub von Kunstgegenständen und Büchern in Jugoslawien und der Sowjetunion beteiligt.
Leben
Paulsen besuchte das Bundesrealgymnasium in Klagenfurt und studierte vom Wintersemester 1931/1932 bis zum SS 1935 an der Universität Wien. Er promovierte 1935 zum Dr. phil. mit einer Studie über Die Lautlehre des slovenischen Gailtalerdialektes in Kärnten, die erste Studie dieser Art von einem Nicht-Muttersprachler.[1] Paulsen legte auch die Lehramtsprüfung für Slowenisch und Geschichte ab und wurde 1937 Probelehrer am Realgymnasium Klagenfurt. 1937 bis 1939 wurde er am Institut für Österreichische Geschichtsforschung zum Dienst im Kärntner Landesarchiv ausgebildet.[2]
Paulsen gehörte der Südostdeutschen Forschungsgemeinschaft an und arbeitete während des Zweiten Weltkriegs neben Erik Arnberger, Irma Steinsch und Alfred Karasek für deren Publikationsstelle Wien unter Wilfried Krallert. Während des Balkanfeldzuges und nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion gehörte Paulsen dem Sonderkommando Künsberg an. Während der Mitte April 1941 in Belgrad unter dem Kommando Krallerts durchgeführten Aktion wurden im dortigen Statistischen Amt, im Militärgeographischen Institut und im Geographischen Institut der Universität Karten, Bücher und Statistiken beschlagnahmt und unter der Leitung Paulsens nach Wien gebracht, dort gesichtet und weitergeleitet. Das dadurch gewonnene Material wurde zu ethnographischen Karten verarbeitet, die der Wehrmacht und der SS als Grundlage ethnischer Säuberungen dienten. Paulsen arbeitete damit an der Entwicklung und Umsetzung der nationalsozialistischen Volkstumspolitik mit.[3]
Die P-Stelle Wien war neben der Publikationsstelle Berlin-Dahlem als eine Art Verteilerzentrum des vom Sonderkommando Künsberg erbeuteten Materials vorgesehen. Während des Deutsch-Sowjetischen Krieges war Wien für Material aus Moskau (geplant), Kiew und Odessa zuständig. Paulsen war dabei dem Einsatzkommando „Nürnberg“ des Sonderkommandos Künsberg zugeteilt und leitete Einsätze in Kiew, Charkow, Odessa, Simferopol und Sewastopol sowie im Nordkaukasus. Aus dem dabei erbeuteten Material erarbeitete die P-Stelle Wien ethnographische Karten der Krim und des Kaukasus, die bei der Rücksiedlung der Wolga- und Bessarabien-Deutschen verwendet wurden.
Nach der Auflösung des Sonderkommandos Künsberg wechselte Paulsen, inzwischen im Rang eines SS-Untersturmführers, zur neu eingerichteten Gruppe VI G („Wissenschaftlich-Methodischer Forschungsdienst“) im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unter Krallert. Diese Gruppe hatte vor allem den Auftrag, Universitätsbibliotheken und Institute der eroberten Gebiete auf brauchbares Material zu durchsuchen. Im Rahmen des Rückzugs der Wehrmacht wurde dabei nach dem Prinzip der verbrannten Erde vor allem in Städten geplündert, welche die Deutschen aufgeben mußten. Während der Besetzung Ungarns im März 1944 versuchte die Gruppe VI G auch hier, Bücher zu beschaffen.
Nach dem Krieg arbeitete Paulsen als Versicherungsdirektor in Österreich.
Literatur
- Michael Fahlbusch:
- Manfred Stoy: Das Österreichische Institut für Geschichtsforschung 1929-1945. Wien 2007. (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 50)
- Petra Svatek: „Wien als Tor nach dem Südosten“ – Der Beitrag Wiener Geisteswissenschaftler zur Erforschung Südosteuropas während des Nationalsozialismus. In: Mitchell G. Ash, Ramon Pils, Wolfram Nieß (Hrsg.): Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien. Wien 2010, S. 111-139.
Einzelnachweise