Cesare Borgia

Cesare Borgia (* 1475 oder 1476 in Rom oder Subiaco; † 12. März 1507 bei Viana, Spanien), auch Herzog von Valentino (il Valentino) genannt, war ein italienischer Renaissancefürst, Feldherr, Kardinal und Erzbischof, der auch deshalb berühmt wurde, weil er Nicolò Machiavelli als Vorbild für sein Buch Der Fürst (italienisch Il Principe) diente. Cesare Borgia war der uneheliche Sohn von Rodrigo Borgia aus dem Geschlecht der Borgia, dem späteren Papst Alexander VI., und Bruder von Lucrezia Borgia.
Herkunft
Cesare Borgia erblickte 1475 oder 1476 in Rom oder Subiaco als ältestes der vier Kinder des Kardinals Rodrigo Borgia und dessen langjähriger Geliebter Vanozza de’ Cattanei das Licht der Welt.[1] (Als offizielle Eltern wurden das Ehepaar Domenico Giannozzo da Rignano und Vannozza de Cattanei beurkundet, um die legitime Geburt des Kindes für eine etwaige spätere kirchliche Karriere juristisch einwandfrei zu belegen.) Seine jüngeren Geschwister waren Juan Borgia, Lucrezia Borgia und Jofré Borgia. Cesares Mutter war die Tochter eines in Rom ansässigen Malers, Rodrigo Borgia entstammte dem katalanischen Geschlecht der Borgia. Dieses war einige Jahrzehnte zuvor nach Italien gekommen und hatte sich mit der Wahl von Rodrigos Onkel Alfonso Borgia zum Papst Kalixt III. neben den ansässigen italienischen Adelsgeschlechtern als Konkurrent um die Papstwürde etabliert. Für die Italiener waren die Borgia verhasste Emporkömmlinge und wurden häufig diffamierend als Marranen bezeichnet - getaufte, aber ihrem Glauben treugebliebene spanische Juden.[2] Obwohl Cesare Borgia in Italien aufwuchs, hatten die spanischen Wurzeln seines Vaters einen starken Einfluss auf ihn. So sprach er etwa mit der Familie spanisch, verwendete stets die spanische Version seines Namens - Cesar, umgab sich ein Leben lang mit spanischer Dienerschaft und beherrschte zur Verwunderung der Italiener den Stierkampf.[3] Ein Stierkampf auf dem Petersplatz im Jahr 1500 ist historisch belegt: "Der venezianische Gesandte Paolo Capello berichtete, dass er bei einem Stierkampf, der am 24. Juni auf dem Petersplatz stattfand, sieben wilde Stiere tötete, indem er nach spanischem Brauch zu Pferde kämpfte und einem davon schlug er mit dem ersten Hieb den Kopf ab, was ganz Rom großartig dünkte."[4]
Leben
Frühe Jahre und Ausbildung
Als uneheliches Kind einer verheirateten Frau und eines hohen Geistlichen wurde Cesare Borgias Existenz zwar mit Diskretion behandelt und es ist dementsprechend wenig über seine Kindheit bekannt, doch wuchs er vom Vater bestens versorgt in Rom wie ein Fürstensohn auf.
Wahrscheinlich lebte er zunächst mit seinen Geschwistern im Haushalt der Mutter in Rom, eventuell war er später auch wie seine Schwester Lucrezia bei Adriana de Mila, einer Kusine seines Vaters, untergebracht.[5] Sicher ist, dass er sich einen Haushalt mit seinem Bruder Juan teilte und von spanischen Hauslehrern wie Spaniolo di Maiorca und später Juan Vera de Ercilla eine umfassende, zeitgemäße Ausbildung erhielt. Diese beinhaltete neben Musik, Zeichnen, Arithmetik und euklidischer Geometrie auch das Studium des Französischen, Griechischen und Lateinischen.[6] Er wurde dank intensiven körperlichen Trainings ein außergewöhnlich geschickter Reiter.
Cesare war ein brillianter Schüler und zeigte große Begabung und Wissensdrang. 1488 wurde ihm aufgrund seines Studieneifers ein Lehrbuch (Syllabica) gewidmet, in dem er als die "Zierde und Hoffnung" des Hauses Borgia gepriesen wurde, die noch zu hohen Würden aufsteigen sollte.[7] An den Haushofmeister seines Vaters, den Humanisten Lorenz Beheim, richtete der vielseitig interessierte Junge zudem einmal einen Fragekatalog, in dem er ihn u.a. über Chiffreschriften, Gifte und Festungsbau ausfragte und wissen wollte, ob es möglich sei ein künstliches Gedächtnis zu schaffen, unter Wasser zu atmen, einen Totenkopf zum sprechen zu bringen oder ob man Apparate erfinden könne um von einer Burg zur anderen zu sprechen.[8]
Student und Bischof
Sein Vater plante schon sehr früh eine Kirchenkarriere für Cesare. Die ersten von vielen kirchlichen Pfründen wurden ihm als Siebenjähriger übertragen - im März 1482 wurde er Apostolischer Protonotar und noch im selben Jahr erhielt er eine Kanonikerstelle in der Kathedrale von Valencia.
Cesare begann um 1489 als etwa Vierzehnjähriger ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität von Perugia und erhielt 1491 das Bistum Pamplona in Spanien - sehr zur Empörung der lokalen Bevölkerung und obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Priester geweiht war. Die kirchlichen Pfründe wurden als Stipendium für das Studium verwendet. Im Herbst 1491 wechselte Cesare an die Universität Pisa, wo er unter Fillipo Decio "solchen Vorteil aus seinen Studien zog, dass er gelehrt und mit inständigem Verstand die Fragen des Zivil- und Kirchenrechts diskutierte", die man ihm bei der Erlangung seiner Doktorwürde stellte. [9] In Pisa machte Cesare auch die Bekanntschaft von Giovanni, dem zweiten Sohn von Lorenzo de´ Medici, der dort ebenfalls studierte. Cesare war ein begabter und eifriger Student, aber fiel auch durch ein luxuriöses Leben und seine Geldverschwendung auf.
Papstsohn und Kardinal
Im Jahr 1492 gewann Rodrigo Borgia die Wahl zum Papst, doch Cesare nahm nach dem Willen seines Vaters nicht an den Krönungsfeierlichkeiten am 11. August teil. Am 23. September 1493, ein Jahr nachdem sein Vater als Papst Alexander VI. den Heiligen Stuhl bestiegen hatte, erhob dieser den 17jährigen Cesare, der noch immer nicht die Priesterweihe empfangen hatte, zusammen mit 12 weiteren Günstlingen, zum Kardinal. Diese Erhebungen, besonders Cesares, stießen auf große Gegenwehr unter den Kardinälen. Kardinal Giuliano della Rovere (später Papst Julius II.), bekam darüber gar einen seiner berüchtigten Wutanfälle und weigerte sich bei der Investitur der neuen Kardinäle die ihm zustehende zeremonielle Rolle zu übernehmen. [10]
Da unehelich geborene Personen keine Kirchenämter innehaben durften, erließ Alexander VI. am 20. September 1493 eine öffentliche päpstliche Bulle, in der Cesare als ehelicher Sohn Vannozzas und ihres ersten Ehemanns, Domenico da Rignano, bezeichnet wurde. In einer zweiten, geheimen Bulle, erkannte Papst Alexander Cesare jedoch als seinen eigenen Sohn an. Am 17. Oktober 1493 zog der Papstsohn als neuer Kardinal von Valencia (ein ehemaliger Titel seines Vaters) in Rom ein. In Anlehnung an seine reiche Diözese wurde Cesare von nun an Valentino genannt. Das Kardinalat wurde nicht als geistliches Amt, sondern als Verwaltungsposten mit dem Recht der Papstwahl angesehen. Er hatte somit bis zu seiner Rückkehr in den weltlichen Stand die Rolle eines Kardinalnepoten inne. Während seiner Zeit als Kardinal wurde er nicht zum Priester geweiht, feierte keinen Gottesdienst und fühlte sich nicht der Seelsorge verpflichtet.
Geisel des französischen Königs
Cesare wohnte als Kardinal im Vatikan und war als Ratgeber und Vertrauter seines Vaters in alle wichtigen Vorgänge eingeweiht. Politisch geriet der Papst immer mehr in Isolation. Als der französische König Karl VIII. seine Ansprüche der Anjou auf die Krone Neapels einfordern wollte und Alexander dies ablehnte, drangen die Franzosen unter der Führung Karls VIII. mit einem gut ausgerüsteten Heer mit vielen deutschen und schweizerischen Söldnern nach Italien vor. Nach dem Einmarsch der französischen Armee in Rom am 31. Dezember 1494 zogen sich Alexander und sein Sohn in die Engelsburg zurück. Zu Alexanders Feinden in dieser Zeit zählten die einflussreichen Familien Colonna und della Rovere. Kardinal Giuliano della Rovere, der nach Frankreich geflohen war und die Franzosen nach Rom begleitet hatte, und einige andere Kardinäle verlangten ein Konzil zur Absetzung des Papstes aufgrund seiner simonistischen Wahl. Bei einer persönlichen Begegnung zwischen Alexander VI. und Karl VIII. kam es zu einer Versöhnung unter bestimmten Konditionen, unter anderem dass Cesare als Geisel den französischen König nach Neapel begleiten sollte. Nach zwei Tagen bei einer Rast in Velletri entkam der gute Reiter Cesare, als Stallknecht verkleidet. Später wurde bekannt, dass Cesare die siebzehn mitgeführten Maultiere mit Truhen beladen hatte, die mit Sand und Ziegelsteinen gefüllt waren. Diese spektakuläre Flucht kann als Ausgangspunkt für seinen Ruf als listenreicher und wenig berechenbarer Taktierer angesehen werden. Während dieser Zeit erkrankte Cesare an Syphilis, auch Franzosenkrankheit oder gallische Krankheit genannt. Nach dem Abzug der Franzosen aus Italien lebte er weiterhin als Kardinal im Vatikan und genoss einen luxuriösen Lebensstil: "Er übte mit seinem hübschen Gesicht und seinem athletischen Körper die gleiche Anziehung auf Frauen aus wie sein Vater. Er war damals schon bekannt für seine Extravaganz und gab zweifellos viel Geld aus für kostbare Stoffe und Berberpferde."[11] Gleichzeitig litt er unter den Folgen der Syphilis: "Mit der prächtigen Kleidung wollte er ablenken von seinem von der Krankheit entstellten Gesicht."[12] Im Jahr 1497 wurde er der Mittäterschaft an der Ermordung seines Bruders Juan, des Herzogs von Benevent und Gandía, beschuldigt. Nach dem Tod Juans ließ er sich am 17. August 1498 von Papst Alexander VI. und dem Kardinalskollegium von seinen geistlichen Ämtern befreien, um sich ganz der Rückeroberung des Kirchenstaates widmen zu können.
Hochzeit mit einer französischen Braut

Nach dem Tod des französischen Königs Karl VIII. am 7. April 1498 bildete dessen Nachfolger Ludwig XII. eine gegen das Herzogtum Mailand gerichtete Allianz mit der Republik Venedig. Er benötigte außerdem den kirchlichen Dispens zur Auflösung seiner Ehe mit Jeanne, der Schwester Karls VIII., um danach dessen Witwe Anne de Bretagne zu ehelichen. Für dieses Ziel war der französische König bereit, an Cesare Borgia das Herzogtum Valentinois in der Provence zu übertragen. Cesare erhielt 1498 schließlich das Herzogtum, der französische König wurde von seiner Ehefrau geschieden und der Papst beendete das Bündnis mit dem König von Neapel. Im Oktober 1498 begann Papst Alexander VI., am französischen Hof eine passende Ehefrau für seinen Sohn zu suchen. Nachdem der Papst eine hohen Geldbetrag gezahlt hatte und den Bruder der Braut zum Kardinal erhoben hatte, heiratete Cesare Borgia am 12. Mai 1499 Charlotte d´Albret, die Schwester des Königs Johann von Navarra und Nichte des französischen Königs. Der Vollzug der Ehe am Nachmittag und Abend wurde eindrucksvoll geschildert: "Im Schloß zu Blois warteteten berittene Kuriere, um Cesares glorreiche Taten im Bett seiner schönen Ehefrau auf schnellstem Wege den Höfen Italiens, Frankreichs und Spaniens zu verkünden, zum einen, weil die vollzogene Ehe nicht mehr ohne weiteres für nichtig erklärt werden konnte; zum anderen, weil die Leistungen der männlichen Zeugungsfähigkeit dem persönlichen Ansehen des Helden ganz ungemein zugute kamen."[13] Ein französischer Sonderkurier meldete am 23. Mai im Vatikan die Eheschließung. Cesare verbrachte einige Wochen mit seiner Frau, in denen Charlotte mit seiner legitimen Tochter Luisa schwanger wurde. Nach seiner Rückkehr nach Italien hatte er mehrere Beziehungen zu verschiedenen Frauen, unter anderem zu Dorothea Carracciolo und zu der berühmten Kurtisane Fiammetta de´ Michelis, und zeugte die beiden unehelichen Kinder Camilla und Gerolamo. Er begleitete als Herzog von Valence den französischen König Ludwig XII. bei seinem Einzug in Mailand und wurde mit dem Ordre de Saint-Michel dekoriert, dem höchsten französischen Orden.
Feldherr in die Romagna (1499-1502)

1499 begann er an der Spitze französischer und päpstlicher Truppen einen Feldzug nach Italien und eroberte verlorenen Gebiete des Kirchenstaates zurück, wobei er die Errichtung eines geeinten Königreiches in Mittelitalien anstrebte. Nachdem er Imola und Forli erobert hatte, zog er mit Caterina Sforza als Gefangene feierlich in Rom ein. Am Sonntag, den 29. März 1500 wurde er von Papst Alexander VI. zum Gonfaloniere, zum obersten Befehlshaber der päpstlichen Truppen und zum Herzog der Romagna ernannt. Auf seinen weiteren Eroberungszügen besetzte er die Städte Pesaro, Rimini, Faenza, das Fürstentum Piombino in Mittelitalien und Elba, Teile der Marken und Umbriens und nahm den Titel eines Herzogs von Urbino an. Bologna und Florenz konnte er allerdings nicht einnehmen. Ziel seiner Feldzüge war es, die Abhängigkeitsverhältnisse zwischen den Städten und ihren Regenten und dem Papst als ihren Lehensherrn im Kirchenstaat wieder herzustellen und die Tributzahlungen einzufordern. Nach und nach stürzte er die Stadtherren in den einzelnen Städten (unter anderem Pandolfo Malatesta in Rimini im Jahr 1500, Giulio Cesare da Varano in Camerino in den Marken am 20. Juli 1502, Astorre Manfredi in Faenza im Jahr 1500, Guidobaldo da Montefeltro in Urbino am 21. Juni 1502 und Giovanni Sforza in Pesaro im Jahr 1500) und organisierte die Verwaltung neu. Mit seinem zweiten und dritten Feldzug in die Romagna, wo er wiederum mit einem kleinen Söldnerheer in kurzer Zeit die Lehnsherren des Kirchenstaates vertrieb oder ermordete, errang er militärische Erfolge und eine beträchtliche Macht. Insgesamt gilt er als blutrünstiger Tyrann, der für seine Skrupellosigkeit im Umgang mit seinen Gegnern berüchtigt war. So ließ er seinen Schwager Herzog Alfonso von Bisceglia 1500 und die Verräter Vitellozzo Vitelli, Oliverotto von Fermo und Paolo und Francesco Orsini, die sich die Herbst 1502 in La Magione am Trasimenischen See gegen ihn verschworen hatten, kaltblütig ermorden. Cesare Borgia war das Vorbild für Niccolò Machiavellis politisches Werk, Der Fürst (Il Principe). Während seiner Herrschaft gelang es ihm im Jahre 1502, den von Geldnöten geplagten Leonardo da Vinci für zehn Monate[14] als Militäringenieur seines Heeres einzustellen.
Entmachtung und Ende
Obwohl Cesare Borgia sowohl als Staatsmann als auch als General Erfahrung gesammelt hatte, gelang es ihm nicht, seine Herrschaft noch vor dem Tode seines Vaters und Schirmherrn Papst Alexander VI. im Jahre 1503 zu sichern. Gezeichnet von der Syphilis zog er sich in die Engelsburg zurück, um den Anfeindungen zu entgehen. Nach dem kurzen Pontifikat von Pius III. wollte der ehrgeizige Kardinal Giulio della Rovere Papst werden und wandte sich an Cesare, um die zwölf spanischen Kardinäle zu einer Abstimmung zu seinen Gunsten zu bewegen. Cesare vereinbarte mit ihm, dass die spanischen Kardinäle für della Rovere stimmen sollten und er selbst im Gegenzug seine Ämter weiterhin behalten konnte. In den Tagen der Papstwahl traf sich Cesare auch mit Niccolo Machiavelli, der schon 1502 als florentinischer Gesandter bei ihm war. Obwohl Machiavelli in Cesare einen fähigen Heerführer und modernen Politiker sah, bewertete er den naiven Glauben an das Versprechen des neuen Papstes als fundamentalen Fehler. Er schrieb im 7. Kapitel des "il principe" (Der Fürst): „Nur hinsichtlich der Wahl von Papst Julius II. kann man ihm den Vorwurf machen, dass er eine falsche Entscheidung getroffen hat. So beging der Herzog bei dieser Wahl einen Irrtum und verursachte dadurch seinen Untergang.“[15] Nach der Wahl gelang es Papst Julius II., Cesare Borgia, der mit französischer Unterstützung ein geschlossenes Territorium in der Romagna und in Mittelitalien erobert hatte, zu entmachten und den Kirchenstaat durch die Einnahme dieses Gebietes zu stärken. So entzog er Cesare seine Ämter und Befugnisse und hielt ihn im Vatikan gefangen, bis er alle Burgen übergeben und auf alle Ansprüche aus dem Herzogtum verzichtet hatte. Daraufhin kam es zum Bruch zwischen dem Papst und dem französischen König Ludwig XII., der Mailand und andere norditalienische Städte erobert und sich so eine Machtposition verschafft hatte. Julius II. gründete, zusammen mit Venedig und Spanien, die Heilige Liga mit dem Ziel, Frankreich aus Italien zu verdrängen. Nachdem Cesare am 19. April 1504 nach Neapel geflohen war, wurde er als Gast des spanischen Regenten Gonsalvo de Córdoba auf Druck von König Ferdinand und Julius II. inhaftiert und als Gefangener 1504 nach Spanien verbannt, wo er ein Jahr in Einzelhaft in der Festung von Chinchilla verbrachte. Nach seiner Verlegung in das spanische Gefängnis La Mota gelang ihm im Oktober 1506 die Flucht zu seinem Schwager Jean d´Albret, dem König von Navarra, in Pamplona und es kam zu einem Bündnis. Als Soldat im Dienste Navarras geriet er am 11. März 1507 während der Belagerung der Festung Viana in einen von ihm erkannten, jedoch ignorierten Hinterhalt und wurde erschlagen. Anschließend wurde Cesare in der Kirche Santa Maria in Viana in einem Grab vor dem Hochaltar beigesetzt.
Nachwirkung
Cesare Borgia in Philosophie und Kunst des 19. Jahrhunderts
Vertreter eines amoralischen Ästhetizismus haben in Borgia oft den Repräsentanten eines Menschentyps gesehen, der es, obwohl er ein kaltblütiger Machtmensch ist, zu ästhetischer Größe bringt. So schrieb Friedrich Nietzsche in seinem Buch Ecce homo, dass man sich den Übermenschen als vom „Typus Caesare Borgia“ vorstellen müsse, und auch in Oscar Wildes Roman Das Bildnis des Dorian Gray wird er als eine der historischen Persönlichkeiten genannt, die sich Dorian Gray zum Vorbild nimmt. Diese romantische Verklärung sieht von der historischen Realität weitgehend ab.
Heutige Betrachtung
Borgias Ruf und Ansehen werden in der heutigen Geschichtsforschung differenziert betrachtet. Historische Dokumente legen nahe, dass sein schlechter Ruf teilweise auf Übertreibungen seiner Feinde beruht. Anhaltspunkte dafür finden sich in dem allgemein schlechten Ansehen, das die Borgias aufgrund ihrer spanischen Herkunft in den Augen der alteingesessenen italienischen Familien hatten. Man sah die Borgias als eine Art Mafia an, da sie sich in Ämter und Hierarchien einkauften und systematisch ihre eigenen Verwandten in wichtige Stellungen brachten (Nepotismus). Die gegen Cesare vorgebrachten Anschuldigungen der Günstlingswirtschaft, der sexuellen Ausschweifung und der Grausamkeit waren in der Renaissance typische Begleitformen jeder feudalen Herrschaft und nicht auf die Familie Borgia beschränkt. Ein weiterer Grund für die Propaganda gegen Cesare Borgia waren wahrscheinlich auch die militärischen Erfolge Cesares, der sich mit Unterstützung seines päpstlichen Vaters anschickte, die Romagna, weitere Teile des Kirchenstaates sowie angrenzende Gebiete einzunehmen, und viele Fürsten um ihre Besitzungen fürchten ließ.
Nachkommen
Aus der Ehe mit Charlotte d'Albret:
- Luisa Borgia (1500–1553), ∞ 1. 1517 Louis de la Trémouille; 2. ∞ 1530 Philippe de Bourbon; ihren Vater lernte die bei seinem Tod siebenjährige Luisa niemals kennen.
Luisa war Cesare Borgias einziges legitimes Kind, ihm werden und wurden allerdings noch bis zu elf weitere uneheliche Kinder von unbekannten Müttern zugeschrieben. Zwei von ihnen wurden von Cesare anerkannt:
- Gerolamo Borgia (ca. 1501/02), wuchs zunächst bei seiner Tante Lucrezia Borgia in Ferrara auf, im Juni 1505 wurde Alberto Pio, Graf von Carpi, sein Vormund. 1537 heiratete Gerolama in zweiter Ehe eine von dessen Töchtern, Isabella, Gräfin von Carpi (in erster Ehe war er mit Isabella Pizzabernari verheiratet).[16]
- Camilla Lucrezia Borgia (ca. 1501/02–1573), in einem Dokument vom 8. August 1509 legitimiert und darin als Cesares Tochter mit einer verheirateten Frau bezeichnet; wuchs unter Vormundschaft ihrer Tante Lucrezia Borgia im Konvent Corpo di Christo in Ferrara auf und wurde dort 1516 als „Schwester Lucrezia“ Nonne und schließlich Äbtissin.
Erwähnenswert ist noch der 1498 geborene Giovanni Borgia, genannt Infans Romanus (das Kind von Rom), um dessen ungeklärte Herkunft sich viel Spekulation dreht, da nicht eindeutig bekannt ist, wer seine Eltern sind. Am 1. September 1501 wurden zwei päpstliche Bullen ausgestellt, eine öffentliche, in der Giovanni als Cesares Sohn mit einer unverheirateten Frau bezeichnet wurde, und eine geheime, in der der Papst selbst die Vaterschaft zugab. Da zum Zeitpunkt seiner Geburt berichtet wurde, dass Lucrezia Borgia angeblich ein Kind zur Welt gebracht habe, führte dies zu späteren Spekulationen, Giovanni könnte einer inzestuösen Beziehung zwischen ihr und Cesare entsprungen sein.[17]
Literatur
- Primärquellen
- Martin Müller (Hg).: Kirchenfürsten und Intriganten: ungewöhnliche Hofnachrichten aus dem Tagebuch des Johannes Burcardus, päpstlichen Zeremonienmeisters bei Alexander VI. Borgia. Artemis, München/ Zürich 1985, ISBN 3-7608-0654-6
- Johann Ziegler (Hrsg.): Machiavelli, Niccolò: Sämmtliche Werke, Band 2: Der Fürst, die kleinern politischen Schriften und Gesandtschaft bei dem Herzog von Valentinois. Groos, Karlsruhe 1833
- Dirk Hoeges: Niccolo Machiavelli. Die Macht und der Schein. C.H.Beck, München 2000, ISBN 978-3406458644
- Biografien
- Sarah Bradford: Cesare Borgia. Ein Leben in der Renaissance. Deutsch von Joachim A. Frank, Originaltitel Cesare Borgia. His Life and Times, Gebundene Erstauflage, Hoffmann und Campe, Hamburg 1979, ISBN 3-455-08898-8
- Uwe Neumahr: Cesare Borgia. Der Fürst und die italienische Renaissance. Piper, München 2007, ISBN 978-3-492-04854-5 (teils fiktionalisierte, romanhaft erzählte Biografie)
- Rafael Sabatini: Das Leben Cäsar Borgias, Herzogs von Valentinois und der Romagna, Fürsten von Andria und Venafri, Grafen von Dyois, Herrn von Piombino, Camerino und Urbino, Bannerträgers und Feldhauptmanns der Kirche. Stuttgart 1925, Originaltitel: The Life of Cesare Borgia, 1912 (Online lesen)
- Sonstiges
- Bernd Rill: Machtkampf um Italien. Cesare Borgia. Geschichte 3/2007, ISSN 1617-9412, S. 58 - 61
- Joachim Brambach: Die Borgia. Faszination einer machtbesessenen Renaissancefamilie. München/ Callwey 1988, ISBN 3-424-01257-2
- Susanne Schüller-Piroli: Die Borgia-Dynastie. München/ Oldenbourg 1982, ISBN 3-486-49941-6
- Christopher Hibbert: The Borgias and their enemies. 1431−1519. Harcourt, Orlando 2008, ISBN 0547247818 (englisch)
- Alois Uhl: Papstkinder. Lebensbilder aus der Zeit der Renaissance. Piper, München 2008, ISBN 978-3-492-24891-4
- Otto Krabs: Wir von Gottes Gnaden. Glanz und Elend der höfischen Welt. C.H.Beck, München 1996, ISBN 978-3406410703
Weblinks
- Literatur von und über Cesare Borgia im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Cesare Borgia. In: Salvador Miranda: The Cardinals of the Holy Roman Church. (Website der Florida International University, englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Joachim Brambach: Die Borgia. Faszination einer machtbesessenen Renaissancefamilie. München Callwey 1988, S. 94
- ↑ Joachim Brambach: Die Borgia. Faszination einer machtbesessenen Renaissancefamilie. München Callwey 1988, S. 11
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 20
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 158
- ↑ brambach 94
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 20
- ↑ Susanne Schüller-Piroli: Die Borgia-Dynastie. München Oldenbourg 1982, S. 39f
- ↑ Susanne Schüller-Piroli: Die Borgia-Dynastie. München Oldenbourg 1982, S. 41
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 23f
- ↑ Christopher Hibbert: The Borgias and their enemies. 1431−1519. Harcourt, Orlando 2008, S. 51
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 93
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 110
- ↑ Krabs, Otto: Wir von Gottes Gnaden. Glanz und Elend der höfischen Welt , C.H.Beck, München 1996, S. 97, ISBN 978-3406410703.
- ↑ Martin Kemp: Leonardo, München 2006
- ↑ Zitat bei Dirk Hoeges: Niccolo Machiavelli: Die Macht und der Schein. München 2000, S. 174
- ↑ Stammtafel Casare Borgia In: Susanne Schüller-Piroli: Die Borgia-Dynastie. Legende und Geschichte. München 1982
- ↑ Sarah Bradford: Cesare Borgia. His Life and Times. Weidenfeld and Nicolson, London 1976, S. 72, 161 & 295f
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Rodrigo de Borja | Erzbischof von Valencia 1492–1498 | Juan de Borja |
Personendaten | |
---|---|
NAME | Borgia, Cesare |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Renaissanceherrscher |
GEBURTSDATUM | 1475 oder 1476 |
GEBURTSORT | Rom oder Subiaco |
STERBEDATUM | 12. März 1507 |
STERBEORT | bei Viana, Spanien |