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Erzgebirge

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Das Erzgebirge (tschechisch: Krušné hory) ist ein Mittelgebirge im Südosten Deutschlands und Nordwesten Tschechiens.

Topographische Beschreibung

Die Grenze zwischen Tschechien und Deutschland (Sachsen) verläuft meist nördlich des Erzgebirgskamms. Das Gebirge ist etwa 150 km lang und durchschnittlich 40 km breit. Östlich schließt sich die Sächsische Schweiz, westlich das Elstergebirge und der sächsische Teil des Vogtlandes an. Südlich des Osterzgebirges liegt das Nordböhmische Becken, gegenüber das Böhmische Mittelgebirge. Südlich des Westerzgebirges liegen Ohřegraben und Duppauer Gebirge. Nach Norden hin ist die Grenze unscharf, weil das Erzgebirge - als eindeutigster Vertreter der Pultschollengebirge - sehr flach abfällt. Geologisch läßt sich diese Grenze zwar feststellen - sie befindet wesentlich weiter nördlich auf der Höhe des Collmberges. Topographisch aber ist sie schwer zu definieren, da es keine klare landschaftliche Ausprägung gibt. Man bezeichnet diese landschaftliche Übergangszone, die zwischen Zwickau und Chemnitz liegt, auch als Erzgebirgsvorland.

Quellgebiet der Freiberger Mulde bei Moldau (Tschechien) im Osterzgebirge

Der Tradition folgend zählt Zwickau noch zum Erzgebirge, Chemnitz liegt knapp außerhalb dessen und Freiberg wird wiederum dazugerechnet. Die mutmaßliche Grenze des Erzgebirges läuft dann südwestlich Dresdens auf das Elbsandsteingebirge zu. Nördlich des Erzgebirges geht die Landschaft allmählich in das Sächsische Hügelland und das Sächsische Elbland über.

Das Erzgebirge innerhalb der Mittelgebirgsschwelle zählt einerseits zum Böhmische Masse genannten Gebirgsstock, der außerdem aus Oberpfälzer Wald, Böhmerwald, Bayerischem Wald, Lausitzer Gebirge, Isergebirge, Riesengebirge und den innerböhmischen Gebirgen besteht. Gleichfalls bildet es mit Oberpfälzer Wald, Böhmerwald, Bayerischem Wald, Fichtelgebirge, Frankenwald, Thüringer Schiefergebirge und Thüringer Wald einen ypsilonförmigen Gebirgskomplex, der zwar keinen Eigennamen trägt, klimatisch aber recht einheitlich zu bewerten ist. Das Erzgebirge gehört mit seinem oberen Teil dem Naturpark Erzgebirge/Vogtland an.

Höchste Erhebungen sind:

Für weitere Erhebungen siehe dazu: Liste der Berge in Sachsen

Klima

Das Klima der Erzgebirgs-Kammlagen ist rauh. Das obere Erzgebirge wird oft scherzhaft mit dem weiteren Beinamen "Sächsisches Sibirien" bezeichnet. Die Temperaturen liegen das ganze Jahr über erheblich niedriger, als man es vom Tiefland her gewohnt ist. Der Sommer ist merklich kürzer, kühle Tage sind auch in dieser Jahreszeit häufiger. Die von Nordwest nach Südost ansteigende Pultscholle des Gebirges, die ein lang anhaltendes Abregnen als Stauregen bei West- und Nordwestwetterlagen ermöglicht, ruft eine im Vergleich zum Tiefland fast doppelt so hohe Niederschlagsmenge und eine mächtige und in vielen Jahren im Winter bis in den April anhaltende Schneedecke hervor. Die Kammlagen des Erzgebirges gehören zu den schneesichersten Gebieten der Mittelgebirge. Es können Föhnwinde, aber auch der so genannte Böhmische Wind bei besonderen Südwetterlagen auftreten. Aufgrund dieses Klimas und der großen Schneemengen gibt es bei Satzung im Bereich der Grenze zu Böhmen auf knapp 900 m ü. NN ein natürliches Latschen-Kiefern-Gebiet. Zum Vergleich: In den Alpen kommen Latschen erst ab 1.600 - 1.800 m ü.NN vor.

Mitteltemperatur Fichtelberg Oberwiesenthal Annaberg Chemnitz Leipzig
in °C				
Januar            -5,3        -4,0           -2,3     -1,2     0,2
Juni	          11,3        13,6           15,4     16,6    18,7
Jahr	           2,8         4,7            6,4      7,9     9,3
Mittlere 
Niederschlagssumme Fichtelberg Oberwiesenthal Annaberg Chemnitz Leipzig
in mm				
Januar	             85	         83	        74       43	  37
Juni	            123	        120	       112       90	  75
Jahr	           1094	       1073	       982      701      560
Datei:TemperaturenErzgebirge.png
Temperaturdiagramm Erzgebirge
Niederschlagsdiagramm Erzgebirge

Geologische Beschreibung

Das Erzgebirge zählt erdgeschichtlich zum Variszischen Gebirge und ist ein Pultschollengebirge, was durch eine ganze Reihe von Flusstälern, deren Flüsse zur Mulde bzw. direkt zur Elbe entwässern, durchschnitten wird. Es entstand durch einseitige Anhebung einer Scholle. Auf deutscher Seite steigt das Gebirge langsam an, auf tschechischer Seite fällt es steil ab. Sehr gut beobachten kann man dies auf dem Mückentürmchen in einer Höhe von 807,5 m NN (tschechisch: Komáří vížka) (östlich von Zinnwald auf tschechischer Seite), welches sich genau auf der Kante des Pultes befindet. Dem Erzgebirge nördlich vorgelagert, westlich von Chemnitz und um Zwickau liegt das, jedoch nur in geologischer Hinsicht bekannte, Erzgebirgische Becken. Hier befinden sich Steinkohlelagerstätten, in denen der Bergbau bereits aufgelassen worden ist. Ein ähnliches, jedoch kleineres Becken mit aufgelassenen Steinkohlelagerstätten, das Döhlener Becken, befindet sich südwestlich von Dresden am Nordrand des Osterzgebirges. Es bildet den Übergang zur Elbtalzone und ist gleichfalls vorwiegend in geologischer Hinsicht bekannt.

Das Erzgebirge ist geologisch als eines der weltweit am besten erforschten Gebirge zu sehen.

Wichtige vorkommende Gesteine: Glimmerschiefer, Phyllite und Granite mit Kontakthöfen im Westen, Basalt als Reste im Pleßberg (Plesivec), Scheibenberg, Bärenstein, Pöhlberg, Geisingberg sowie Gneise und Quarzporphyr (Kahleberg) im Osten. Die Böden, die im westlichen und mittleren Teil des Gebirges aus verwittertem Granit bestehen, bestehen aus Grus und werden schnell ausgelaugt. Phyllite ergeben einen lehmigen Boden. Schnell verwitternde Gneise im Osten des Gebirges ergeben einen leichten Boden. Die Bodennutzung besteht auf den Untergründen aus Granit und Quarzporphyr aus Wald, auf den Gneisböden ist der Anbau von Flachs in früheren Jahrhunderten, später Roggen, Hafer und Kartoffeln bis in hohe Lagen möglich gewesen und betrieben worden. Heute ist die überwiegende Nutzung Weidegrünland. Mehr und mehr trifft man aber naturnahe Bergwiesen an.

Wirtschaftsgeschichte

Im oberen Westerzgebirge bei Oberwildenthal

Seinen Namen hat das Gebirge vom Erzbergbau, der zusammen mit der Besiedlung im 12. Jahrhundert begann (siehe "Berggeschrey"). Davor trug es verschiedene Bezeichnungen, zuletzt den germanischen Namen "Miriquido" (Schwarz-/ Dunkelwald). Gewonnen wurden Silber, Blei, Zinn, Kobalt und Eisen. Dieser Erzbergbau kam im 17. Jahrhundert zum Erliegen. Durch den jetzt sehr stark zurückgehenden Bergbau, mussten sich die Erzgebirger neue Erwerbszweige suchen. Viele Einwohner waren in dieser Zeit schon in der Textilproduktion tätig. Da diese aber nicht zum Lebensunterhalt reichte, machten Sie sich Ihre Flexibilität und Handwerklichkeit zu Nutze und siedelten die Holzwaren- und Spielzeugherstellung vor allem im Osterzgebirge an. Im Oberen und westlichen Erzgebirge entwickelten sich dagegen der Maschinenbau und die Textilindustrie. Die Bergbautradition lebte aber trotzdem weiter; ab ca. 1820 wird in Johanngeorgenstadt Uranerz abgebaut, welches zur Farbenherstellung verwendet wurde. Durch reiche Erzanbrüche wird die Himmelfahrt Fundgrube zur ertragreichsten Freiberger Grube im 19. Jahrhundert. Auch in Altenberg brachte die Gewinnung von Wolframerzen einen kleinen Aufschwung. Doch gegen Ende des 18. Jahrhunderts kam der Bergbau dann langsam zum Erliegen. Zur Rohstoffgewinnung in den Kriegsjahren des 1. und 2. Weltkrieges wurde der Bergbau im Erzgebirge nochmals intensiviert. Danach siedelte sich Holzwaren- und Spielzeugherstellung vor allem im Osterzgebirge an. Die Uhrenindustrie hat in Glashütte einen Schwerpunkt. Im Westerzgebirge waren wirtschaftliche Alternativen Maschinenbau und Textilindustrie. Für den Bau der sowjetischen Atombombe wurden nach 1945 durch die Wismut A.G. Uranerze für die Sowjetunion mit den Schwerpunkten Johanngeorgenstadt, Schlema und Aue abgebaut. Bis 1991 wurden Uranerze dann noch in Aue-Alberoda und Pöhla abgebaut. Der seit 1168 in Freiberg betriebene Bergbau wurde nach 800 Jahren schließlich 1968 beendet.In Altenberg und Ehrenfriedersdorf betrieb man bis 1991 Jahre Erzbergbau auf Zinnerz, Bleierz und Zinkerz. Die Verhüttung dieser Erze fand in Freiberg bis Anfang der 1990er Jahre statt. Im westerzgebirgischen Pöhla wurden bei Erkundungsarbeiten in den 1980er Jahren für die SDAG Wismut neue, reiche Zinnerzlagerstätten gefunden. Die damals entstandenen Versuchsabbaue gelten heute als die größten Zinnkammern in Europa. In Sankt Egidien befand sich ein Standort für Nickelverhüttung. Ein weiterer bekannter Ort des Erzabbaus ist Seiffen. Das Dorf im Osterzgebirge ist heute Mittelpunkt der Holzwaren- und Spielzeugherstellung. Hier werden Räuchermänner, Nussknacker, Schwibbögen, Weihnachtspyramiden und Spieldosen aus Holz gefertigt. Bei Zwickau, Lugau, Oelsnitz sowie bei Freital wurde bis in das vorletzte Drittel des 20. Jahrhunderts Steinkohle abgebaut.

Das bis vor über 800 Jahren (11. Jahrhundert) noch vollständig mit Wald bestandene Gebirge ist durch Bergbau und Besiedlung fast vollständig zur Kulturlandschaft umgestaltet worden. Bis in hohe Lagen des Gebirges ist die Bevölkerungsdichte hoch und mit Oberwiesenthal liegt im Erzgebirge die höchstgelegene Stadt Deutschlands. Nur in den relativ unzugänglichen, klimatisch ungünstigeren Kammlagen, findet man noch größere zusammenhängende Waldgebiete, die allerdings seit dem 18. Jahrhundert forstwirtschaftlich genutzt werden (Monokultur von Fichten). In den 1980er Jahren wurden bei Altenberg und bei Reitzenhain erste Anzeichen von Waldsterben festgestellt. Bemerkenswert sind ebenfalls die Hochmoore bei Carlsfeld, Johanngeorgenstadt, Reitzenhain und Zinnwald.

Tourismus

Erzgebirge bei Altenberg im Winter

Als am Ende des 19. Jahrhunderts auch das obere Erzgebirge durch die Eisenbahn erschlossen wurde, entwickelte sich der Fremdenverkehr. Berggasthäuser wurden auf den höchsten Erhebungen errichtet und Skisportler entdeckten schon damals die schneesicheren Kammlagen. Heute sind aus dieser Zeit stammende mit Dampflokomotiven betriebene Schmalspurbahnen beliebte Touristenattraktionen. Mit der Fichtelbergschwebebahn entstand 1924 die erste Seilschwebebahn in Deutschland, die bis auf den heutigen Tag Besucher auf den höchsten Berg Sachsens bringt. Mit dem Kammweg wurde schließlich einer der ersten Fernwanderwege geschaffen. Dieser führte einst vom Hainberg bei Asch über das Erzgebirge, die Böhmische Schweiz und das Lausitzer Gebirge bis zur Schneekoppe im Riesengebirge. Heute existiert nicht nur ein dichtes Netz von Wanderwegen, sondern auch ausgedehnte Loipennetze und Abfahrtspisten für den Wintersport. Mit der Skimagistrale Erzgebirge gibt es dabei eine deutsch/tschechische Skiwanderstrecke über den gesamten Erzgebirgskamm. In Anlehnung an die historische Silberstraße wurde nach 1990 eine, zwischen Zwickau und Dresden das ganze Erzgebirge durchquerende, Touristenstraße geschaffen, die alle bedeutenden Sehenswürdigkeiten erschließt. In der Adventszeit ist das Erzgebirge mit seinen Traditionen und den weitbekannten Weihnachtsmärkten ein beliebtes Reiseziel für Kurzurlauber.

Bevölkerung

Im Erzgebirge leben je nach dessen genauer Abgrenzung zwischen 800.000 und über 1,2 Millionen Menschen. Zu den größten Städten gehören Freiberg (42.000), Annaberg-Buchholz (23.000) und Aue (19.000), sowie Teplice (55.000), Chomutov (55.000), Most (68.000) und Karlovy Vary (52.000) auf tschechischer Seite. Bereits seit mehreren Jahrhunderten gehört es zu den am dichtesten besiedelten Gebirgsregionen Europas, was primär auf seine Tradition als Erzabbaugebiet zurückzuführen ist. Die größeren Städte befinden sich mehrheitlich am Südhang des Erzgebirges. Auf deutscher Seite nimmt die Bevölkerungsdichte vom Westerzgebirge (Kreis Aue-Schwarzenberg), mit seinen vielen kleineren Städten, hin zum ländlichen Osterzgebirge beständig ab. Die Bevölkerung hat innerhalb des letzten Jahrzehntes um durchschnittlich 10% bis 15% abgenommen, was auf die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage zurückzuführen ist. Gegenwärtig beträgt die Bevölkerungsdichte etwa 210 Einwohner je km² (etwa Bundesschnitt), welche auf Grund der Abwanderung aber weiter deutlich fallen wird.

Kultur

Die Kultur des Erzgebirges wurde vor allem durch den schon im Mittelalter betriebenen Bergbau geprägt.

Überregional bekannt sind auch auch die vielfältigen erzgebirgischen Weihnachtsbräuche, insbesondere in Form von traditionellem Weihnachtsschmuck wie Räuchermännchen, Weihnachtspyramide, Schwibbogen und Bergmannsfigur.

Musikalische Botschafter des Erzgebirges war zu Anfang des 20. Jahrhunderts Anton Günther und heute sind es De Randfichten.


siehe auch: Liste der Landschaften in Sachsen

Literatur

  • Harald Häckel, Joachim Kunze: Unser schönes Erzgebirge. 4. Aufl. Häckel 2001. ISBN 3980368009
  • NN: Erzgebirge, Vogtland, Chemnitz. HB Bildatlas, Heft Nr. 171. 2., akt. Aufl. 2001. ISBN 3616062713
  • Bernd Wurlitzer: Erzgebirge, Vogtland. Marco Polo Reiseführer. 5., akt. Aufl. Mairs Geographischer Verlag 2001. ISBN 3829700059
  • NN: Kompass Karten: Erzgebirge West, Mitte, Ost. Wander- und Radwanderkarte. GPS kompatibel. 1:50.000. Kompass Verlag 2002. ISBN 3854919549
  • NN: Das Gesicht der Erde, Band I, VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1970

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