Zum Inhalt springen

Ferrari 365 GTC/4

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2011 um 16:44 Uhr durch Erika39 (Diskussion | Beiträge) (Korr.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Ferrari
Bild
Bild
Ferrari 365 GTC/4
365 GTC/4
Produktionszeitraum: 1971–1973
Klasse: Sportwagen
Karosserieversionen: Coupé
Motoren: 4,4-Liter-V12-Ottomotor, 320-340 PS
Länge: 4570 mm
Breite: 1780 mm
Höhe: 1270 mm
Radstand: 2500 mm
Leergewicht: 1750 kg

Vorgängermodell Ferrari 365 GT 2+2


Der Ferrari 365 GTC/4 war ein 2+2-sitziger Straßensportwagen des italienischen Automobilherstellers Ferrari, der von 1971 bis 1973 hergestellt wurde. Der Wagen ähnelte äußerlich dem Ferari 365 GTB/4 „Daytona“, mit dem er auch in technischer Hinsicht verwandt war. Allerdings nutzte er eine überarbeitete Antriebseinheit und trug eine eigenständige Karosserie. Die ungewöhnliche Form der Fahrgastzelle brachte dem Wagen bei der Präsentation den Beinamen „il Gobbone“ („der Bucklige“) ein. Der 365 GTC/4 stand lange Zeit im Schatten des Aufsehen erregenden „Daytona“[1] und wird gelegentlich als der „vergessene Ferrari“ bezeichnet.[2] [3]

Modellgeschichte

Der 365 GTC/4 wurde als Nachfolger des Ferrari 365 GT 2+2 konzipiert.[4] Bei der Entwicklung des Wagens griff Ferrari weitgehend auf die Technik des „Daytona“ zurück.

Antriebstechnik

Der 365 GTC/4 übernahm vom „Daytona“ das Chassis und das Fahrwerk. Auch das Triebwerk war in den Grundzügen identisch: Beide Autos wurden von dem 4,4 Liter großen, von Gioacchino Colombo entworfenen Zwölfzylindermotor angetrieben, der über vier obenliegende Nockenwellen verfügte. Allerdings wurde das Triebwerk für den Einsatz im 365 GTC/4 in mehrfacher Hinsicht modifiziert. Während Ferrari im „Daytona“ Fallstromvergaser verwendete, erfolgte die Gemischaufbereitung im 365 GTC/4 durch sechs Querstromvergaser von Weber (Typ 38DCOE). Sie waren an den Außenseiten der Zylinderköpfe positioniert und ermöglichten einen niedrigeren Vorderwagen als beim „Daytona“.[5] Neu waren auch die Nasssumpfschmierung und veränderte Zylinderköpfe. Die Leistung des Triebwerks belief sich in der europäischen Version auf 340 PS; die Exportmodelle für den US-amerikanischen Markt leisteten dagegen nur 320 PS.

Der 365 GTC/4 nutzte darüber hinaus das gleiche Fünfganggetriebe wie der Daytona. Während es dort allerdings, dem Transaxle-Konzept folgend, mit der Hinterachse verbunden war, befand es sich beim 365 GTC/4 vorn am Motor. Das Getriebe ragte weit in den Fahrgastraum hinein und wurde von einer breiten Mittelkonsole abgedeckt. Zusammen mit dem weit hinten positionierten Motor sorgte die konventionelle Anordnung des Getriebes dafür, dass ein wesentlicher Teil des Gewichts in der Fahrzeugmitte konzentriert war. Die Gewichtsverteilung war mit einem Verhältnis von 51 (vorn) zu 49 (hinten) nahezu ausgeglichen.[6]

Karosserie

Heckansicht des Ferrari 365 GTC/4

Die Karosserie des Coupés war vollständig neu entworfen worden. Sie ähnelte im Layout der des „Daytona“; bei beiden Modellen war allerdings kein einziges Karosserieteil auswechselbar. Der Aufbau wurde von Pininfarina entworfen; ausführender Designer war Filippo Sapino.

Sapino entwarf eine Fließheckkarosserie mit langer, flacher Motorhaube, einer kurzen Fahrgastzelle und einer abfallenden Dachlinie, die in einem abgeschnittenen Kamm-Heck mündete. Die Gürtellinie war geschwungen und lief am Fahrzeugheck spitz zu. Vorn verwendete der 365 GTC/4 ebenso wie der „Daytona“ in seiner zweiten Version Klappscheinwerfer. „Il Gobbone“ war der erste Ferrari, bei dem von Anfang an für der Einsatz von Klappscheinwerfern vorgesehen war. Das Thema der seitlich in die Kotlügel hineinragenden Blinker, das ein besonderes Erkennungsmerkmal des „Daytona“ war und das Design einiger anderer Fahrzeuge beeinflusste[7], übernahm Sapino nicht. Der 365 GTC/4 hatte stattdessen einen breiten Kühlergrill, der von einer umlaufenden, schwarzen Gummistoßstange eingefasst war. Im Kühlergrill befanden sich Blinker und Zusatzscheinwerfer. Die Gestaltung der Frontpartie wurde später von mehreren anderen Sportwagen übernommen; zu ihnen gehört der 1973 vorgestellte Matra Bagheera.[8] Bei aller Ähnlichkeit wurde das Design des 365 GTC/4 im Vergleich zum „Daytona“ zumeist als weniger aggressiv empfunden.[9]

Anders als der „Daytona“, war der 365 GTC/4 ausschließlich als Coupé erhältlich; eine Cabrioletversion war werksseitig nicht vorgesehen.

Während die Karosserien früherer Ferrari-Modelle wiederholt bei Scaglietti hergestellt wurden, übernahm im Fall des 365 GTC/4 Pininfarina den Aufbau der Karosserien.

Innenraum

Innenraum mit aufpreispflichtiger Lederausstattung. Unter der Mittelkonsole befindet sich das Getriebe.

Der 365 GTC/4 war nominell als 2+2-Sitzer ausgelegt. Hinter den Fahrersitzen befanden sich sehr kleine Notsitze, die allerdings für den Personentransport kaum geeignet waren. Die Rücksitzlehnen konnten heruntergeklappt werden, um zusätzlichen Stauraum für Gepäck zu schaffen.[10] Im Innenraum unterschied sich der 365 GTC/4 in einigen Details von früheren Ferrari-Sportwagen. Das Armaturenbrett war komplett neu gestaltet worden. Das Fünfganggetriebe hatte nicht die für Ferrari typische offene Schaltkulisse, sondern einen die Schaltkulisse verhüllenden Ledersack. Außerdem entfiel das Nardi-Holzlenkrad, das nicht einmal wahlweise angeboten wurde (wie etwa beim „Daytona“). Eine Klimaanlage und eine Servolenkung gehörten zum serienmäßigen Lieferumfang; eine Lederpolsterung der Sitze war dagegen aufpreispflichtig.[11]

Fahrleistungen

Die Höchstgeschwindigkeit des 365 GTC/4 betrug 260 km/h, die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h gelang dem Wagen in 6,7 Sekunden.[12]

Urteile der Presse

Zeitgenössische Presseberichte waren vom Design des 365 GTC/4 zumeist nicht angetan. Bereits bei der Präsentation erhielt das Auto den Spitznamen „Il Gobbone“. Andererseits wurden das technische Niveau des Autos gelobt. Es wurde als eine zivilisierte und praktische Ausführung des Daytona wahrgenommen.[13]

Verbreitung und heutiger Marktwert

Der 365 GTC/4 wurde von 1971 bis 1972 hergestellt. Die Angaben über den Produktionsumfang schwanken üblicherweise zwischen 500[14] und 505 Fahrzeugen[15]; einzelne Quellen behaupten allerdings, dass bis zu 570 Fahrzeuge hergestellt wurden.[16]

Die Produktion des 365 GTC/4 verteilt sich auf die Fahrgestellnummern 14179 bis 16289.

Der 365 GTC/4 war auf dem deutschen Markt geringfügig günstiger als der „Daytona“. Der deutsche Ferrari-Importeur, Auto Becker in Düsseldorf, bot den „Daytona“ 1972 zu einem Preis von 77.533,50 DM an, während der 365 GTC/4 lediglich 75.091,50 DM kostete.

So wie der 365 GTC/4 während seiner Produktionszeit im Schatten des „Daytona“ stand, gilt dies auch für den heutigen Gebrauchtwagenmarkt. Ein 365 GTC/4 kostet 2011 weniger als die Hälfte eines „Daytona“-Coupés. Der Preis für einen 365 GTC/4 in exzellentem zustand beträgt 2011 etwa 135.000 Euro.[17]

Literatur

  • Kevin Brazendale: Enzyklopädie Automobil von Alfa Romeo bis Zagato. Augsburg (Bechtermünz) 2000. ISBN 3-8289-5384-0.
  • Brian Laban: Ferrari. 1. Auflage 2006. London (Parragon Books). ISBN 1-40547-015-1.
  • Halwart Schrader, Georg Amtmann: Italienische Sportwagen. 1. Auflage Stuttgart 1999 (Motorbuch Verlag). ISBN 3-613-01988-4.
  • Halwart Schrader, David Lillywhite: Klassische Automobile. 1. Auflage Stuttgart (Motorbuch Verlag) 2005. ISBN 3-613-02552-3.
  • Wallace Wyss: The Mystery Ferrari. In: Prancing Horse Nr. 70, S. 19 ff.
  • The missing link. Artikel in: Ferrari World, Ausgabe 60, Nr. 1/2006
  • Ferrari 365 GTC/4: Test in: Road & Track, Heft 7/1972, S. 33 ff.

Einzelnachweise

  1. Laban: Ferrari, S. 69.
  2. Brazendale: Enzyklopädie Automobil. S. 181.
  3. Wallace Wyss bezeichnet den 365 GTC/4 als den „Mystery Ferrari“. Prancing Horse Nr. 70, S. 19 ff.
  4. Amtmann, Schrader: Italienische Sportwagen, S: 138.
  5. Brazendale: Enzyklopädie Automobil. S. 181.
  6. Modellgeschichte des Ferrari 365 GTC/4 auf der Internetseite www.365gtc4.com (abgerufen am 21. Oktober 2011).
  7. Dazu gehört der Rover SD1; vgl. dazu www.aronline.co.uk (abgerufen am 21. Oktober 2011).
  8. Wyss: Prancing Horse Nr. 70, S. 20.
  9. Laban: Ferrari, S. 69.
  10. Road & Track, Heft 7/1972, S. 34.
  11. Schrader, Lillywhite: Klassische Automobile, S. 170.
  12. Auto Katalog Nr. 15 (1971/72), S. 25.
  13. Road & Track, Heft 7/1972, S. 34.
  14. Schrader, Lillywhite: Klassische Automobile, S. 170.
  15. Modellgeschichte des Ferrari 365 GTC/4 auf der Internetseite www.365gtc4.com (abgerufen am 21. Oktober 2011).
  16. Wyss: Prancing Horse Nr. 70, S. 19.
  17. Günter Zink: Oldtimer Katalog Nr. 24, S. 130 f.