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Faulheit

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Faulheit als generelle Abneigung gegen anstrengende Tätigkeiten wird in unserer Gesellschaft nicht sehr geschätzt. "Müßiggang ist aller Laster Anfang!" – so lautet ein bekanntes Sprichwort. Bei den jungen, dynamischen Aktivisten unserer Tage gilt Trägheit als Verbrechen an der Gesellschaft, am Fortschritt, an der Ideologie der Modernisierung. Passivität wirkt in dieser Gesellschaft wie eine Provokation. Faule Mitmenschen verstoßen gegen das Prinzip der Nützlichkeit. Obwohl auf der anderen Seite viele Menschen gerne heimlich faul sind. Es ist ja auch viel bequemer, wenn man sich nicht anstrengen muss. Zudem glaubt jeder fleißige Mitbürger, gelegentlich ein Recht auf Entspannung zu haben, vor allem im Urlaub oder am Wochenende. Doch selbst im Urlaub meint man vielerorts, durch Animateure für Aktivitäten sorgen zu müssen. Faul sein ist also in den Augen der meisten Mitmenschen verpönt.

Was aber sind die Kennzeichen fauler Menschen? In den Augen der Fleißigen handelt es sich bei ihnen um arbeitsscheue Menschen, die keinen Ehrgeiz entwickeln, die nichts im Leben erreichen wollen, die sich nicht nach Ruhm und Reichtum sehnen (weil sie drauf pfeifen oder bereits berühmt und Multimillionär sind); Leute eben, die "Null Bock" haben, denen alles egal ist. Sehr faule Menschen bewegen sich offenbar nur dann, wenn es nicht zu vermeiden ist. Ohne Ziel und Sinn leben sie dahin. Viele von ihnen verbringen ihre Freizeit aus Langeweile träge mit einem Glas Bier in der einen und der Chips-Tüte in der anderen Hand vor dem Bildschirm.

Daneben gibt es noch jene, die aus 'arbeitsmarktpolitischen' Gründen zur Untätigkeit verdammt sind: Dauerarbeitslose oder Frührentner. Sind das alles faule, arbeitsscheue Kreaturen, die nur die Hand aufhalten und den Staat abkassieren wollen? Wohl kaum. Viele haben ein Hobby, das für Aktivität sorgt. Und was ist mit den Beamten? Werden diese nicht oft zu Faulenzern der Nation abgestempelt, auch wenn sich die Aktenberge auf ihren Schreibtischen häufen? Ist der Straßenarbeiter, der alle zwanzig Sekunden einen Spatenstich macht, wirklich viel fleißiger? Faulheit ist offenbar relativ.

Was wäre eigentlich, wenn sich jeder aus Bequemlichkeit ständig nur ausruhen würde? Genügend Geld kann man so nicht verdienen, wenn man es nicht schon hat. Und auch die Produktivität der Gesellschaft wäre dahin. Keiner brauchte mehr etwas und keiner brauchte mehr etwas herzustellen. Alles käme zum Erliegen. Sicher kein erstrebenswerter Zustand. Zumindest einen gewissen Prozentsatz an Fleißigen benötigt jede Gesellschaft. Dann kann sie sich auch einige Faule leisten.

Interessant ist, dass die Faulheit seit alters her zu den sieben Todsünden gehört. Acedia - so nannte man das betreffende Laster. Unter Acedia verstand man zugleich Trägheit des Herzens, Trübung des Willens, Verfinsterung des Gemüts und Verlust der Tatkraft. Mit Kontemplation oder Muße hatte diese Sünde nichts zu tun. Sie war auch kein produktives Nichtstun, wie es heute manche 'Kreativen' in unserer Gesellschaft für sich in Anspruch nehmen; die Faulheit war eine gezielte Abkehr von Gott. Dafür musste nach kirchlicher Lehre der Übeltäter büßen und bis in alle Ewigkeit in der Hölle schmoren.

Die Erfinder der sieben Todsünden warnten auch schon früh vor den Folgen der Faulheit: Träge Menschen seien besonders gefährdet, melancholisch und schwermütig zu werden – sie neigen zur "Depression", wie wir heute sagen würden. Denn wer nicht fleißig arbeitet und schafft, wer nicht sein Leben straff im Griff hat, der kommt schnell auf abwegige Gedanken und verfällt zu sehr ins Grübeln. "Ora et labora" ("bete und arbeite") - so lautete denn auch der Grundsatz der Benediktiner. Und das hieß für viele früher oft: schuften, ohne zu genießen. Muße und Faulheit galten als Laster. Für die Puritaner stand ein fleißiges Leben voller Bescheidenheit und Gottesfürchtigkeit an erster Stelle. Später sprach man sogar vom "Recht auf Arbeit". Ganz anderer Ansicht war allerdings der Arbeiterführer Paul Lafargue. Er sprach sich für das Recht auf Faulheit aus: "O Faulheit, erbarme du dich des unendlichen Elends! O Faulheit, Mutter der Künste und der edlen Tugenden, sei du der Balsam für die Schmerzen der Menschheit!"

Es gibt bei Wikipedia auch eine Diskussionsseite zum Thema "Faulheit": Diskussion:Faulheit

P.S. Die anderen Sprachversionen von Wikipedia waren zu faul, über Faulheit zu schreiben. Die französische Version hat allerdings einen Artikel über das Recht auf Faulheit: http://fr.wikipedia.org/wiki/Droit_%E0_la_paresse

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