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Vektorraum

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Vektorraum

berührt die Spezialgebiete

ist Spezialfall von

umfasst als Spezialfälle

Ein Vektorraum ist eine mathematische Struktur und stellt das fundamentale Konzept der Linearen Algebra dar. Vektorräume werden in fast allen Zweigen der Mathematik verwendet.

Ein Vektorraum besteht aus einzelnen Vektoren, die addiert oder mit einer skalaren Zahl multipliziert werden können. Das Ergebnis ist jeweils wieder ein Vektor des selben Vektorraums. Mit dem Begriff Vektor bezeichnet man nicht nur die aus der Geometrie bekannten Vektoren, sondern auch Objekte wie Funktionen oder Matrizen.

Da die skalaren Zahlen, mit denen man einen Vektor multiplizieren kann, einem Körper entstammen, ist ein Vektorraum immer ein Vektorraum „über“ einem bestimmten Körper. Man spricht beispielsweise von einem Vektorraum über den reellen Zahlen. In den meisten Anwendungen legt man diesen oder den Körper der komplexen Zahlen zugrunde ohne dies explizit zu erwähnen.

Als Basis eines Vektorraums bezeichnet man eine Menge von Vektoren, aus denen sich alle anderen Elemente des Vektorraums mittels Addition und Skalarmultiplikation konstruieren lassen. Die Anzahl der Basisvektoren, die man dafür benötigt, ist nicht von der Wahl dieser Vektoren abhängig und wird Dimensionen des Vektorraums genannt. Der Anschauungsraum hat beispielsweise die Dimension . Es gibt aber auch Vektorräume mit unendlicher Dimension.

Formale Definition

Ein Vektorraum über einem Körper (oder kurz K-Vektorraum) ist eine abelsche Gruppe zusammen einer Verknüpfung

(Skalarmultiplikation),

so dass folgende Bedingungen für alle und erfüllt sind:

  1. (Assoziativität)
  2.   und   (Distributivgesetze).
  3. (Neutralität der 1 des Körpers als Skalar).

Anders ausgedrückt ist ein K-Vektorraum nichts anderes als ein K-Linksmodul, dessen Grundring sogar ein Körper ist.

Bemerkungen

  • Die Addition der abelschen Gruppe heißt Vektoraddition, das neutrale Element der Nullvektor.
  • Die Distributivgesetze garantieren die Verträglichkeit von Vektoraddition und Skalarmultiplikation.
  • Obwohl die Multiplikation im Körper und die Skalarmultiplikation nicht verwechselt werden dürfen, werden sie üblicherweise beide mit dem selben Zeichen "" bezeichnet, und oft lässt man das Multiplikationszeichen sogar ganz weg.

Erste Eigenschaften

Für alle und gilt:

  • .
  • Die Gleichung ist für alle eindeutig lösbar; die Lösung ist .
  • oder .

Beispiele

Euklidische Ebene

Ein anschaulicher Vektorraum ist die 2-dimensionale Euklidische Ebene mit den Pfeilklassen (Verschiebungen) als Vektoren und den reellen Zahlen als Skalaren.

ist die Verschiebung um 2 Einheiten nach rechts und 3 Einheiten nach oben,
ist die Verschiebung um 3 Einheiten nach rechts und 5 Einheiten nach unten.

Die Summe zweier Verschiebungen ist wieder eine Verschiebung:

, d.h. 5 Einheiten nach rechts und 2 Einheiten nach unten.

Der Nullvektor entspricht keiner Verschiebung.

Durch die Streckung der Verschiebung mit einem Skalar aus der Menge der reellen Zahlen erhalten wir das Dreifache der Verschiebung:

.

Raum der linearen Funktionen

Ein schon etwas abstrakter Vektorraum ist der Raum der linearen Funktionen auf den reellen Zahlen. Dies sind die Funktionen der Form

mit reellen Zahlen und . Anschaulich gesprochen sind dies alle Funktionen, deren Graph eine Gerade ist. In dieser Anschauung erzeugt unser Raum alle Geraden bis auf die genau senkrecht stehenden. Wählen wir beispielhaft zwei lineare Funktionen

, ,

so sehen wir, wie deren Summe wieder eine lineare Funktion ergibt:

Der Nullvektor ist die konstante Funktion

, die alle Punkte auf die Null abbildet.

Mit einem Skalar aus der Menge der reellen Zahlen ergibt die Skalarmultiplikation

.

Raum der Polynome vom Grad kleiner gleich 4

Die Menge aller Polynome vom Grad kleiner gleich 4 ist ein Vektorraum der Dimension 5 mit der Basis .

Spezielle Vektorräume

Euklidischer Vektorraum
Ein euklidischer Vektorraum ist ein Vektorraum mit positiv definitem Skalarprodukt. Er ist ein Spezialfall des Prähilbertraums.
Prähilbertraum
Ein Prähilbertraum ist ein reeller oder komplexer Vektorraum, auf dem ein inneres Produkt (Skalarprodukt oder hermitesche Form) definiert ist. In einem solchen Raum kann man Begriffe wie Länge und Winkel definieren.
Topologischer Vektorraum
Ein topologischer Vektorraum über einem topologischen Körper ist ein topologischer Raum mit einer kompatiblen -Vektorraumstruktur, d.h. die Vektorraumoperationen und sind stetig.
Unitärer Vektorraum
Ein unitärer Vektorraum ist ein Vektorraum mit positiv definiter hermitescher Form. Er ist ein Spezialfall des Prähilbertraums.

In vielen Vektorräumen ist es möglich, die Länge eines Vektors anzugeben, die etwas abstrakter seine Norm genannt wird: der Vektorraum ist dann ein normierter Raum. Eine Norm induziert stets eine Metrik und damit auch eine Topologie.

In einem metrischen Raum ist das analytische Konzept der Konvergenz anwendbar; ein metrischer Raum, in dem jede Cauchy-Folge konvergiert, heißt vollständig. Ein vollständiger normierter Raum heißt Banach-Raum, ein vollständiger Prähilbertraum heißt Hilbert-Raum.

Die Quantenmechanik arbeitet mit Hilberträumen, deren Elemente Wellenfunktionen sind.

Ein Tangentialraum enthält die lokale Vektorraumstruktur einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit.

Aus einem Vektorraum und einem Untervektorraum kann man durch Bildung von Äquivalenzklassen einen weiteren Vektorraum, den Quotientenraum oder Faktorraum, konstruieren.

Untervektorraum

Sei ein -Vektorraum. Eine nichtleere Teilmenge heißt ein Untervektorraum (oder auch Teilvektorraum) von , falls die folgenden Bedingungen gelten:

  • Für alle Elemente gilt auch (Abgeschlossenheit bezüglich der Addition)
  • Für alle Elemente liegt auch jedes skalare Vielfache mit einem in (Abgeschlossenheit bezüglich der Skalarmultiplikation)

Damit ist selbst wieder ein -Vektorraum.

Eigenschaften

Jeder Untervektorraum ist mit den induzierten Operationen Vektoraddition und Skalarmultiplikation auch selbst wieder ein Vektorraum: Wegen der Abgeschlossenheit sind Vektoraddition und Skalarmultiplikation wohldefinierte Verknüpfungen auf . Wegen gibt es mindestens einen Vektor , und mit liegt auch das skalare Vielfache in , d.h. enthält den Nullvektor von . Mit liegt auch das additive Inverse in . Die restlichen Vektorraumaxiome folgen aus der Teilmengenrelation .

Jeder Vektorraum enthält zwei triviale Untervektorräume, nämlich zum einen sich selbst, zum anderen den kleinsten Untervektorraum , der nur aus dem Nullvektor besteht.

Beispiel

Es sei der Vektorraum der Paare reeller Zahlen. Ein Untervektorraum ist z.B. , wie man leicht nachrechnen kann. Anschaulich ist eine Ebene, und ist die mit der x-Achse zusammenfallende Gerade.

Verallgemeinerungen

  • Wenn man an Stelle eines Körpers einen Ring zugrunde legt, erhält man ein Modul. Moduln sind eine gemeinsame Verallgemeinerung der Begriffe abelsche Gruppe (für den Ring der ganzen Zahlen) und Vektorraum (für Körper).
  • Einige Autoren verzichten in der Definition von Körpern auf das Kommutativgesetz der Multiplikation und nennen Moduln über Schiefkörpern ebenfalls Vektorräume. Folgt man dieser etwas unglücklichen Vorgehensweise, so müssen K-links-Vektorräume und K-rechts-Vektorräume unterschieden werden, wenn der Schiefkörper nicht kommutativ ist. Die oben gegebene Definition des Vektorraums ergibt dabei einen K-links-Vektorraum, da die Skalare im Produkt auf der linken Seite stehen. K-rechts-Vektorräume werden analog mit der spiegelbildlich erklärten Skalarmultiplikation definiert.


Siehe auch

Hierarchie mathematischer Strukturen, Raum (Mathematik)