Fermi-Paradoxon
Das Fermi-Paradoxon ist ein physikalisches Paradoxon, welches vom Physiker Enrico Fermi aufgestellt wurde. Es stellt die Wahrscheinlichkeit extraterrestrischen, intelligenten Lebens in Frage. Genauer befasst es sich mit dem Versuch, eine der grundlegendsten Fragen aller Zeiten zu beantworten: "Sind wir Menschen die einzige technologisch fortschrittliche Zivilisation im Universum?". Aufgrund der großen Anzahl an Sternen im Universum müssten wir doch annehmen, dass wir nicht selten Kontakt mit extraterrestrischem Leben haben.
Fermi stellt diesen Schluss in Frage, falls eine Vielzahl von fortgeschrittenen, extraterrestrischen Zivilisationen in unserer Galaxie, der Milchstraße, existiert, "Wo sind sie? Warum haben wir keine Spuren intelligenten, extraterrestrischen Lebens wie Sonden, Raumschiffe oder Transmissionen von Radiowellen gesehen?". Anhänger der hinter Fermis Paradoxon stehenden Prämisse bezeichnen diese oft als Fermiprinzip.
Das Paradoxon kann folgendermaßen zusammengefasst werden: Der weit verbreitete Glaube, es gebe in unserem Universum viele technologisch fortschrittliche Zivilisationen, in Kombination mit unseren Beobachtungen, welche das Gegenteil nahelegen, ist paradox und suggeriert, dass entweder unser Verständnis oder unsere Beobachtungen fehlerhaft oder unvollständig sind.
Die Hypothese der ungewöhnlichen Erde
Ein aufkommender Gedankengang argumentiert, dass multizelluläres Leben im Universum außergewöhnlich selten ist, da erdähnliche Planeten potentiell selten sind. Das Argument hierbei ist, dass viele unwahrscheinliche Zufälle zusammenkamen, um Leben auf der Erde möglich zu machen. Im Folgenden einige Beispiele solcher Bedingungen.
Spiralarme haben viele Supernovae, deren Strahlung gemäß allgemeinem Glauben der Gesundheit höherer Lebensformen abträglich ist. Das Sonnensystem der Erde ist in einem sehr speziellen, da fast perfekt runden, Orbit unserer Galaxie, der Milchstraße. Dieses Orbit befindet sich fernab der Supernovae-reichen Sternentstehungsgebiete in einer Entfernung vom Zentrum der Galaxis, in welcher das Sonnensystem mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Spiralarme rotiert. Die Erde ist seit Hunderten Millionen Jahren in den Spiralarmen und während all dieser Zeit gab es höhere Lebensformen auf der Erde.
Ein weiteres kritisches Objekt ist der Mond. Die populäre Theorie vom Rieseneinschlag nimmt an, dass er durch die unwahrscheinliche Kollision zwischen der jungen Erde und einem zumeist als Orpheus oder Theia bezeichneten, Mars-großen Körper entstand. Diese Kollision, welche vor 4.45 Milliarden Jahren stattgefunden haben soll, musste in einem präzisen Winkel geschehen, da einerseits die Erde durch eine direkte Kollision zerstört worden wäre und andererseits eine flache Kollision das Objekt schlicht hätte abgleiten lassen.
Der Mond ist so entscheidend, da seine Gravitationskraft Gezeiten erschafft, welche die Erdachse stabilisieren. Ohne diese Stabilisierung, bekannt als Präzession der Erde, könnte sich das Wetter so drastisch ändern, dass Leben auf der Erde unmöglich wäre. Die Hitze des Einschlags, wie auch die Mondgezeiten, könnten signifikant zur Gesamthitze des Erdinneren beigetragen und damit die Lebensdauer und Wirkung der die Magnetosphäre erzeugenden "Dynamos" der Erde verbessert haben. Ebendiese Magnetosphäre schützt die Erde vor dem Sonnenwind, welcher sonst die Atmosphäre des Planeten beschädigen und das Leben auf der Erde der mutagenen Sonnenstrahlung übermäßig stark aussetzen würde.
Obwohl diese Hypothese vielfach als zwingend überzeugend angesehen wird, widersprechen andere der Seltenheit oder behaupten, komplexes Leben benötige nicht zwingend erdähnliche Bedingungen um sich zu entwickeln (siehe Kohlenstoffchauvinismus). Weiterhin kann die Einzigartigkeit der Schaffung des Mondes nicht bewiesen werden.
Die Drake-Gleichung
Die Drake-Gleichung wurde von Dr. Frank Drake aufgestellt, welcher damit die Anzahl der extraterrestrischen Zivilisationen, mit denen die Erdbevölkerung in Kontakt treten könnte, abschätzen wollte. Anhand der in der Gleichung auftretenden Werte, scheint ein solcher Kontakt nicht extrem selten zu sein. Diejenigen, die an die Annahmen der Drake-Gleichung oder die noch weitaus optimistischeren Aussagen von Dr. Carl Sagan glauben, halten intelligentes Leben innerhalb des Universums für gewöhnlich. Einige behaupten, dass mit —ihrer Meinung nach— begründeten Annahmen und Argumenten die Existenz von Leben auf der Erde aufgrund der schieren Größe des Universums mit annähernder Sicherheit eine große Anzahl extraterrestrischer Zivilisationen impliziert.
Die Anhänger des Fermiprinzips glauben jedoch, dass aufgrund des Mangels an gegenteiligen Beweisen Menschen (als technologisch fortschrittliche Spezies) in zumindest unserem Teil der Milchstraße alleine sind. Sie führen weiter aus, dass die Variablen der Drake-Gleichung nicht mit Sicherheit festgestellt werden können und wir demnach die Anzahl der Zivilisationen nicht anhand der Gleichung ermitteln können. Es sei folglich notwendig, die Annahmen auf diejenigen Daten zu stützen, welche erst jetzt in signifikantem Ausmaße gesammelt werden. Erst dann könnten die Werte der einzelnen Drake-Variablen abgeschätzt werden.
Die aktuellen Daten
Würde unser Sonnensystem aus einigen Lichtjahren Entfernung mit einem Radioteleskop betrachtet, würde es, für einen sonst unscheinbaren Zwergstern, ungewöhnlich starke Emissionen von Radiowellen aufweisen. Die gesteigerte Intensität entstammt der Nutzung von Sendern, welche diesen Teil des elektromagnetischen Spektrums nutzen. Es kann angenommen werden, dass ein nahegelegener Stern für Astronomen der Erde nicht weniger auffällig wäre.
Projekte wie Projekt Ozma, SETI und verschiedene Projekte auf der Suche nach extrasolaren Planeten haben über Jahrzehnte Beobachtungs- und Radiodaten gesammelt. Soweit bekannt, haben die Daten keine Zwergsterne mit ungewöhnlich hellen Emissionen im Radioband entdeckt. Dies würde bedeuten, dass die Menschen die einzige Spezies in zumindest dem beobachteten Teil der Galaxie sind, welche Radiowellen nutzen.
Manche behaupten nun, dass derartige Beobachtungen nicht schlüssig sind, da die stark emittierenden Technologien des 20. Jahrhunderts (wie Fernsehen vor HDTV) längst obsolet sind und in Kürze durch solche mit weitaus geringerer Signatur ersetzt werden (beispielsweise Glasfaserkabel, und Mobilfunk mit geringer Sendeleistung). Weiter entwickelte Zivilisationen könnten noch weitaus fortgeschrittenere Kommunikationssysteme mit eng begrenzten Emissionen (wie Laser oder Maser) nutzen. In diesem Falle könnten wir diese Sterne nur dann entdecken, wenn wir uns inmitten einer Übertragungsstrecke befänden, was enorm unwahrscheinlich ist.
Zusätzlich besteht der Großteil der extrasolaren Planetensysteme, die bisher gefunden wurden, aus lebensfeindlichen Gebieten, welche komplexere Lebensformen nicht entstehen lassen würden. Hierbei könnte es sich jedoch um einen Untersuchungsfehler handeln, da diese lebensfeindlichen Planetensysteme für unsere Technologie leichter aufzuspüren sind.
Die Argumentation der Prämisse hinter dem Fermi-Paradoxon
E.T. nach Hause telefonieren
Manche, die das Fermiprinzip beschreiben, behaupten, mit genügend Entwicklungszeit würden die Emissionen einer hinreichend fortschrittlichen Zivilisation ihren Mutterstern im Radioband überstrahlen. Da das elektromagnetische Spektrum für Informationsübertragung vergleichsweise günstig ist, könne erwartet werden, dass eine solche Zivilisation zumindest eine Zeitlang davon Gebrauch macht. Trotz annähernd 30jähriger aktiver Suche nach Signalen durch Projekte wie SETI und fast 100jähriger passiver Suche, sind noch immer keine in Frage kommenden Transmissionen bekannt. Ebensowenig wurde ein Zwergstern mit ungewöhnlichen Emissionen entdeckt.
Wer an die Existenz vieler fortschrittlicher Zivilisationen glaubt, entgegnet darauf zumeist, dass die Extrasolaren schlicht ein anderes Medium als Radiowellen benutzen oder sich auf die Maskierung dieser Signale verstehen könnten. Dies wird auch nicht abgestritten, jedoch könne der Mangel an Abstrahlung nur durch eine sehr geringe Anzahl an Zivilisationen erklärt werden, die zudem die Radiotransmissionen schnell aufgeben müssten. In jedem Falle würde eine Vielzahl an Zivilisationen zumindest in irgendeiner Weise während zumindest eines kleinen Abschnitts ihrer Entwicklung das elektromagnetische Spektrum verändern. Gäbe es also so viele Zivilisationen, wie von Drake und Sagan geschätzt, müsse deren Existenz in den Radiowellen nachweisbar sein. Dass wir selbst Radiowellen erst seit einer winzigen Zeitspanne unserer Entwicklung senden und empfangen können, setzt nur eine schwache untere Grenze für die minimale zeitliche und räumliche Entfernung zu anderen Zivilisationen. Sagans Forderung nach vielen Zivilisationen mit starken Emissionen setzt jedoch die Mindestentfernung zu diesen "Typ III"-Zivilisationen deutlich herauf.
Das anthropische Prinzip
Ähnlich zur Hypothese der ungewöhnlichen Erde ist das anthropische Prinzip, die Idee, das Universum sei auf unser Leben zugeschnitten. Da bereits eine kleine Änderung der Randbedingungen Leben auf unserer Erde unmöglich macht, behauptet das Prinzip, die Menschen hätten einen einzigartigen Vorteil, welcher uns zur einzigen intelligenten Spezies macht.
Kritiker entgegnen, das antropische Prinzip sei essentiell eine Tautologie; unter veränderten Parametern würde zwar Leben, wie wir es kennen, nicht existieren, jedoch könne stattdessen durchaus eine andere Art existieren. Noch eindrucksvoller sind einige Publikationen von Stephen Hawking aus dem Jahre 2004, welche annehmen, dass mit 98%-iger Wahrscheinlichkeit ein Urknall ein Universum wie das Unsrige erzeugt.
Freeman Dysons Beitrag
Populär durch Dr. Freeman Dyson, ist eine Dysonsphäre, eine undurchsichtige Hülle um einen Stern. Eine solche Hülle würde durch fortschrittliche extrasolare Zivilisationen erschaffen, welche möglichst viel Energie ihres Sterns nutzen wollen. Der exakte Entwurf einer Dysonsphäre wurde nicht spezifiziert; sie könnte aus Milliarden unabhängiger Solarkollektoren und Weltraumhabitaten, aber auch einer einzigen vereinheitlichten Struktur bestehen. In jedem Fall wäre sie aus solider Materie und könnte annähernd jedes Licht abfangen und lediglich Wärme abgeben. Ein mit einer Dysonsphäre ummantelter Stern würde somit ein spezifisches, schwarzes Spektrum abgeben, ohne die starken Emissionslinien glühenden stellaren Plasmas. Eventuell sei die Spitze des Spektrums ungewöhnlich stark ins Infrarote verschoben. Mit dieser Spekulation riet er Astronomen, den Nachthimmel nach Sternen ungewöhnlicher Farben abzusuchen, welche, wie er behauptete, ausschließlich hochentwickeltes Leben bedeuten könne. Bisher ist kein solcher Stern gefunden worden.
Manche Anhänger des Fermiprinzips erklären es für höchst unwahrscheinlich, dass eine fortschrittliche Zivilisation nicht langfristig den größtmöglichen Vorteil aus der Energiequelle ihres Muttersterns ziehen und dabei die elektromagnetische Signatur dieser Sonne verändern.
Dr. Dyson propagierte außerdem einen Typ Erfindung, dessen Aufkommen er in der Lebensspanne einer intelligenten Zivilisation für sehr wahrscheinlich hält. Er glaubt, es wäre der Menschheit bald möglich, Sonden zu bauen, welche ihre Energie aus der Umgebung ziehen. Weiterhin wäre es möglich, Versionen dieser Geräte zu bauen, welche sich selbst reproduzieren. Trotz der gigantischen Distanzen zwischen Sternen und der relativen Geschwindigkeitsgrenze wäre die Erde dadurch in Reichweite der älteren Sterne unserer Galaxie. Solche selbst reproduzierenden Sonden werden auch Von-Neumann-Sonden genannt.
Die bisherige Abwesenheit dieser Erfindung scheint das Fermiprinzip zu unterstützen.
Extraterrestrische Kolonisation
Anhänger des Fermiprinzips argumentieren weiter, dass aufgrund der uns bekannten Fähigkeit des Lebens, Knappheit zu überwinden und neue Habitate auf unserem eigenen Planeten zu besiedeln, die Annahme Sinn mache, dass das Leben überall ähnlichen Mustern folge. Somit würde eine fortgeschrittene Zivilisation fast ohne Zweifel versuchen, neue Resourcen aufzutreiben und zunächst ihr Sonnensystem, und später umliegende Systeme der Galaxie zu kolonisieren. Verschiedene Schätzungen zur Dauer der Besiedelung der kompletten Galaxie reichen von 5 bis zu 50 Millionen Jahren. Eine vergleichsweise kurze Spanne des geologischen Alters, vom kosmischen Alter einmal abgesehen.
Mögliche Erklärungen
Verschiedene Lösungen dieser Probleme wurden als Antwort auf das Fermiparadoxon formuliert, welche sich generell folgendermaßen klassifizieren lassen:
Sie existieren, sind bereits angekommen, die meisten haben sie nur noch nicht gesehen
Diejenigen, die hinter UFOs außerirdische Raumschiffe wähnen, haben eine griffige Antwort auf das Paradoxon: es sei keine unvernünftige Annahme, dass eine Lebensform, welche intelligent genug ist, zu unserem Planeten zu reisen, auch intelligent genug sei, sich zu verstecken. Alternativ könnten wir sie aus der Distanz entdeckt haben und entweder eine Antwort oder ein Botschafter sei längst unterwegs. Dass sie uns (oder wir sie) nicht früher entdeckt haben, könne purer Zufall sein.
Weiterhin könnten sie uns beobachten, aber noch darüber debattieren, ob sie einen Kontakt wünschen. Derartige Beobachtung könne mit Methoden durchgeführt werden, deren Einsatz schwierig zu entdecken ist, beispielsweise Nanotechnologie auf der Erde oder passive Überwachung von außerhalb.
Viele UFO-Forscher und -Beobachter argumentieren, dass die Gesellschaft als Ganzes UFO-Sichtungen und Entführungen durch Außerirdische in unfairer Weise voreingenommen gegenübersteht und folglich für Beweise nicht empfänglich ist. Andere nutzen komplexe Verschwörungstheorien, um die Verschleierung von Beweisen durch die politischen Eliten zu begründen. Diese Szenarien wurden vielfach in der Popkultur verarbeitet, beispielsweise in der Akte X-Fernsehserie oder dem Men in Black-Film.
Einige glauben, dass Aliens uns mittels Astraler Projektion oder anderen Techniken beobachten und diese Methoden die effizientesten für die interstellare Kommunikation seien.
Diese Theorien werden von vielen Wissenschaftlern als hochgradig spekulativ bezeichnet.
Sie existieren – wir haben sie nur verpasst
Manche Kommentatoren (wie der britische Science Fiction-Autor Stephen Baxter) haben aufgezeigt, dass die menschliche Fähigkeit, intelligentes extraterrestrisches Leben zu entdecken und zu verstehen, wenn überhaupt, erst seit einer sehr kurzen Zeit existiert – allenfalls ein Jahrhundert. Zudem ist Homo sapiens selbst eine vergleichsweise junge Spezies, gemessen am Alter des Universums.
Gemäß dieser Betrachtungsweise ist die Menschheit schlicht noch nicht alt genug, als dass ihr außerirdisches Leben hätte begegnen können. So war beispielsweise vor einer Million Jahren —eine für kosmologische Begriffe kurze Zeit – der Mensch nicht vorhanden, um eventuellen Botschaftern der Außerirdischen zu begegnen, da der moderne Mensch erst vor etwa 200.000 Jahren erschien. Je eher diese Botschafter die Erde besucht hätten, umso geringere Anzeichen hätte es für sie gegeben, dass sich auf der Erde intelligentes Leben entwickelt. Solche Botschafter, welche interstellare Reisen bewerkstelligen können, könnten durchaus noch andere lohnenswerte Welten zur Inspektion haben.
Selbst wenn extraterrestrische Abgesandte in der jüngeren Vergangenheit die Erde inspiziert haben, könnten sie durch frühere menschliche Kulturen als Gottheiten fehlinterpretiert worden sein.
Diese Hypothese basiert darauf, dass alle besuchenden Zivilisationen langfristig stagnieren oder aussterben statt zu expandieren. Dies kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, denn die gesamte Dauer der menschlichen Existenz ist auf kosmologischer Skala derartig klein, dass selbst ein Weiterleben unserer Spezies über Hunderttausende von Jahren wenig ändert. Hierdurch könnten Zivilisationen zeit- und räumlich schlicht zu weit auseinanderliegen, um sich zu begegnen.
Eine neuere Idee, der Glasfasereinwand, beobachtet, dass der Einsatz von Technologien wie Radiowellen für die Transmission von Informationen äußerst verschwenderisch mit der Energie umgeht und fortschrittliche Zivilisationen sie aus diesem Grund nicht nutzen müssten. Da die verwendeten Ausstrahlungen gleichmäßig in alle Richtungen abstrahlen, ist eine große Leistung vonnöten, um signifikante Distanzen zu überbrücken. Da auch die menschliche Technologie langfristig zu Glasfasern und gebündelter elektromagnetischer Übertragung (beispielsweise Schmalbandradio, Mikrowellen oder Laser) übergeht, könnte die Erde in einigen Dekaden selbst aus dem All heraus unentdeckbar werden. Demnach könnten auch andere Zivilisationen nur für kurze Zeit entdeckt werden.
Eine Variation wurde kürzlich als Resultat des Verbrauchs fossiler Brennstoffe entwickelt. Es wurde aufgezeigt, dass unsere Spezies die interstellare Radiokommunikation erst seit einigen Dekaden beherrscht. Falls es korrekt ist, dass die fossilen Brennstoffe zur Neige gehen, könnte Energie in einigen Jahrzehnten zu teuer und die elektronischen Komponenten zu schwer herzustellen sein, um die Suche nach außerirdischen Zivilisationen fortzusetzen. Sollte dies auch für andere Zivilisationen gelten, hieße es, dass eine solche Zivilisation nur für eine sehr kurze Zeitspanne zu senden in der Lage wäre. Es müssten sich zwei Zivilisationen somit sehr nahe beieinander (räumlich und zeitlich) entwickeln, damit ein Kontakt möglich würde – was statistisch sehr unwahrscheinlich ist. Die Argumentation nimmt allerdings an, dass eine technologische Regression stattfindet, welche die Nutzung erneuerbarer Energien verhindert.
Sie existieren – kommunizieren aber nicht mit uns
Eine weitere Reihe von Meinungen behauptet, fortgeschrittenes Leben würde – ob beabsichtigt oder nicht – die Spuren seiner Existenz vor der Menschheit verbergen oder sei anderweitig nicht fähig, mit uns zu kommunizieren. Dem mögen ethische Bedenken zugrundeliegen, wie das Bedürfnis, unsere Entwicklung nicht zu beeinflussen, aber auch Bedenken um ihre eigene Sicherheit. Es ist weiterhin möglich, dass Drakes Annahme, außerirdische Spezies würden mit uns kommunizieren ein Irrglaube ist. Er nahm an, dass Wesen den Wunsch nach Informationsaustausch verspüren, aber diese Information könnte beidseitig unverständlich sein. Eine fortschrittliche Zivilisation könnte uns als technisch weit unterlegen ansehen (so wie die Menschen Ameisen betrachten), so dass eine nähere Betrachtung kaum lohnt. Zudem könnte die Erde aufgrund der menschlichen Kriegsfreudigkeit unter Quarantäne stehen.
Eine weitere Idee, die Zoo-Hypothese, wähnt die Menschen unter Beobachtung fortschrittlicher Zivilisationen, zu Studienzwecken oder aus ethischen Gründen. Diese Idee ist analog zur Obersten Direktive der Star-Trek-Fernsehserie. Gelegentlich wird hieraus extrapoliert, dass die Menschen einen bestimmten technologischen oder ethischen Grad erreichen müssen, bevor wir Kontakt herstellen können.
Ebenso wäre eine konzentrische Verschachtelung von Dysonsphären denkbar, bei der jede weniger Energie abstrahlt als die Nächstkleinere und die äußerste Sphäre kaum von der Hintergrundstrahlung zu unterscheiden ist. Dies hat allerdings den – auch in anderen Fermi-Lösungen präsenten – Fehler der implizierten Gleichartigkeit aller Zivilisationen.
Auch wurde vorgeschlagen, ein fundamentales Axiom der Informationstheorie könne hinter dem Fehlen erkennbarer Signale stecken. Die Informationstheorie besagt, dass eine maximal komprimierte Nachricht für jene ununterscheidbar vom Hintergrundrauschen ist, welche den Kompressionsalgorithmus nicht kennen. SETI hingegen sucht ausschließlich nach dem simpelsten aller Signale, einer unmodulierten Sinuskurve. Die Grundannahme von SETI ist die Bereitschaft anderer Lebensformen, sich durch ein einfach zu entdeckendes Signal deutlich mitzuteilen.
Aus diesen Gründen würden die heutigen Suchmethoden die hochgradig komprimierten, über das gesamte Spektrum reichenden, Übertragungen schlicht übersehen. Als Gegenargument dient hier wieder die angenommene Gleichartigkeit aller nicht-irdischen Zivilisationen, die keine Nischentechnologien zulässt, welche durch SETI aufspürbar wären.
Eine zusätzliche Möglichkeit ist die Ersetzung oder Verbesserung biologischer durch kybernetische Organismen im Laufe der technologischen Evolution. Der Fortschritt von Computerkapazitäten beschleunigt die Evolution derart schnell, dass eine technologische Singularität entsteht und das gesamte verfügbare Material des Sonnensystems in ein Matrioshka Brain [1] verwandelt wird. An diesem Punkt hätte jede Form photonischer Kommunikation eine sehr geringe Bandbreite gegenüber dem Matrioshka-Brain. Einfach ausgedrückt: eine derart fortgeschrittene Zivilisation würde diese Kommunikation als reine Zeitverschwendung ansehen.
Sie existieren und kommunizieren – wir merken es nur nicht
Eine weitere Reihe von Ansichten, welche gemeinhin von der konventionellen Wissenschaft ignoriert wird, erwägt die Möglichkeit, dass Außerirdische zwar durch die gesamte Geschichte der Menschheit kommunizierten, unsere Wissenschaft diese Versuche jedoch nicht entdecken kann oder aber diese Versuche aus soziologischen Gründen verworfen wurden.
So könnten Radioteleskope schlicht in die falsche Richtung zeigen oder eine falsche Frequenz oder Demodulation benutzen. Intelligentes Leben könnte auch esoterische, hochentwickelte oder anderweitig unkonventionelle Methoden der Kommunikation nutzen, welche wir nicht als Signal erkennen können oder wollen.
Dies setzt nicht notwendigerweise eine Präsenz von Außerirdischen auf der Erde voraus, sondern suggeriert, dass durch ein effizienteres Kommunikationsmedium als den Elektromagnetismus die tatsächliche Bereisung der Galaxie überflüssig würde.
So werden beispielsweise die Ausführungen von Mystikern, Schamanen und Schizophrenen als Beweis für eine fortwährende Kommunikation aufgefasst. Um diese Ansicht zu unterstützen, wurde behauptet, falls das Hirn quantenmechanische Prozesse ausnutzen könne (wie von Roger Penrose und Stuart Hameroff vorgeschlagen), dann könne im Prinzip eine Variante nichtlokaler Kommunikation möglich sein. Diese könne durch traditionelle schamanische, meditative oder Yoga-Techniken genutzt und verbessert werden.
Terence McKenna und andere, welche mit Dimethyltryptamin (DMT) experimentierten, schlugen vor, Außerirdische (möglicherweise einer anderen 'Dimension' oder einem Paralleluniversum entstammend) könnten durch unbekannte Prozesse, welche durch DMT aktiviert werden, mit der Menschheit kommunizieren. Proponenten dieser Ansicht führen an, derartige Erfahrungen seien unter Einzelpersonen wie Stammesschamanen reichlich vorhanden. DMT könne hierbei entweder von der Zirbeldrüse synthetisiert oder in Form der Droge Ayahuasca zugeführt worden sein. Es wurde vorgeschlagen, dass die Fähigkeit, DMT zur Kommunikation mit intelligenten Außerirdischen zu nutzen, entscheidende evolutionäre Vorteile bewirkt haben könne (beispielsweise Schamanen, welche gefährliche Situationen hinter sich lassen oder ihren Stamm in neue Gefilde führen).
Obwohl klassische Kommunikation im Kontext der Informationstheorie mit nichtlokalen Quantenkorrelationen nicht möglich ist, glauben Anhänger dieser Idee, es könne die inspirierenden, wenn auch zuweilen entstellt anmutenden, 'Nachrichten' erklären, welche von der Religion und der Anthropologie aufgezeichnet wurden.
Das Konzept der biologischen Kommunikation mit Außerirdischen hat gewisse Analogien zum Feld der Neurotheologie, welche die Biologie als Basis für die Spiritualität und transzendentale Erfahrungen studiert.
Sie existieren nicht mehr oder wir noch nicht lange genug
Eine weitere Idee vermutet, dass jedes intelligente Leben sich langfristig entweder selbst zerstört oder zu einer technologischen Singularität entwickelt, welche für die Menschheit in ihrem jetztigen Status nicht erkennbar ist. Hierauf aufbauend wird erwägt, die technologische Singularität sei ein Wendepunkt in der Entwicklung der Informationsverarbeitung. Diese Entwicklung, wie auch die Information selbst, erscheint als ein fundamentaler "Faden" im "Gewebe" des Universums, ähnlich der Gravitation oder der starken Wechselwirkung. Folglich könne mit fortschreitender Entwicklung auf die Möglichkeiten der Informationsverarbeitung im expandierenden Universum eingewirkt werden, so dass eine technologische Singularität schlicht das Ergebnis sein könne, wenn einer von verschiedenen Metazuständen (wie der Kondensation der Materie im frühen Universum) ausgelöst würde. Ähnlich sei in dieser Singularität die Materie als eine gigantische Maschine oder ein Organismus (oder eine Gesellschaft derselben) denkbar. Mit Entdeckung der Singularität sei das Universum nicht mehr eine Sammlung toter Steine und lebloser Materie, sondern ein gigantisches Lebewesen, in dem jedes Atom eine Aufgabe erfüllt. In Bezug auf extraterrestrische Zivilisationen sei der Blick ins All schlicht ein Blick in den Rückspiegel. Die Beobachtung im All stelle somit keine Beobachtung des aktuellen Zustands dar, insbesondere im Bezug darauf, wohin Evolution und technischer Fortschritt die Menschheit in Zukunft führen würden. Anders ausgedrückt: die frühesten Zivilisationen des Universums könnten sich aufgrund dieses hypothetischen, informationstheoretischen Auslösers gleichzeitig (und jetzt) entwickeln. Durch die beschränkte Geschwindigkeit des Lichts gäbe es keine Möglichkeit, über die Erde hinaus die Ereignisse zu verfolgen.
Science Fiction-Autoren schlagen eine weitere Erklärung vor: jemand, oder etwas, zerstört systematisch intelligentes Leben im Universum, sobald dieses entsteht. Diese Thematik entstammt Büchern von Frederik Pohl, Fred Saberhagen, Alastair Reynolds, Greg Bear, Arthur C. Clarke, Ian Douglas und Jack McDevitt.
Weiterhin könnten diese Zivilisationen im Zuge einer technologischen Singularität verschwunden sein, oder sich schlicht selbst zerstört haben. Das Leben auf der Erde entwickelte sich als Folge des Wettbewerbs um knappe Resourcen. Infolgedessen haben die Menschen den unfreiwilligen Instinkt entwickelt, Resourcen zu konsumieren und sich zu verbreiten. Es erscheint wahrscheinlich, dass sich intelligentes Leben auf anderen Planeten unter ähnlichen Bedingungen entwickelt hat und damit die pessimistische Betrachtung ihrer Überlebensfähigkeit gerechtfertigt ist.
Technologische Zivilisationen könnten sich üblicherweise, oder sogar unabänderlich, selbst zerstören, beispielsweise durch Kriege mit nuklearen, biologischen und nanotechnologischen Waffen oder aber durch Zerstörung der Lebenszone des Planeten. Diese Thematik wird in Der Splitter im Auge Gottes von Larry Niven und Jerry Pournelle untersucht, welches als zentrale Thematik eine Zivilisation hat, welche ihre Resourcen ausbeutet und sich zyklisch selbst zerstört.
Es wäre anthropozentrisch, den Menschen als diesem Schicksal gegenüber immun anzusehen. Demnach gibt es eine andere Sichtweise, nach der wir nicht lang genug existieren werden, um auf außerirdisches Leben zu stoßen. Tatsächlich gibt es wahrscheinlichkeitstheoretische Argumente, die nahelegen, dass die Menschheit sich auf kurz oder lang selbst vernichtet. Siehe auch Doomsday Argument.
Es hat sie nie gegeben
Wieder andere argumentieren, dass die Grundvoraussetzungen für die Entwicklung von intelligentem, oder zumindest komplexem, Leben sehr ungewöhnlich sind. Die Hypothese der ungewöhnlichen Erde impliziert, dass die Existenz komplexen Lebens auf der Erde durch eine Serie von unwahrscheinlichen Ereignissen bedingt wird.
Obwohl denkbar ist, dass komplexes Leben durch andere Mechanismen entsteht, postuliert die Hypothese, dass die Voraussetzungen für Leben, wie wir es kennen, äußerst selten sind. Unterstützt wird diese These dadurch, dass die sehr lange Geschichte irdischen Lebens lediglich eine Spezies hervorbrachte, welche in der Lage war, Raumfahrt und Nutzung von Radiowellen zu entwickeln. Sogar wenn die Bedingungen für komplexes Leben vorliegen, muss dies also keine intelligente, raumfahrende Spezies hervorbringen. Ohne eine komplette Untersuchung des Kosmos kann jedoch weder bewiesen noch falsifiziert werden, ob die Bedingungen häufig sind oder nicht.
Es wurde vorgeschlagen, dass selbst im Falle häufiger Bedingungen, die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von intelligentem Leben auf mehr als einem Planeten so verschwindend gering sei, dass sich bisher noch kein Leben außerhalb unseres Sonnensystems entwickelt hat. Auch müsste, wäre komplexes Leben weit verbreitet, dieses nicht notwendigerweise an der Erforschung des Weltraums oder der Entwicklung der notwendigen Technologien interessiert sein.
Weiterhin könnten Eiszeiten, Einschläge von Kometen oder Meteoren, sowie Supernovae, Gammablitze oder andere Katastrophen planetaren (oder galaktischen) Ausmaßes so häufig sein, dass normalerweise die Evolution komplexen Lebens verhindert würde. Die Episode 'Todesstern' der Fernsehshow 'Nova', diskutiert die Hypothese des Physikers Arnon Dar in Bezug auf galaktische Sterilisation infolge von Gammablitzen. [2]
Schlussfolgerung
Viele Ansichten und Hypothesen wurden zur Erklärung oder Lösung des Paradoxons hervorgebracht. Die wissenschaftliche Methode stellt sinnvolle Prinzipien und Werkzeuge zur Beurteilung dieser Ideen und ihres relativen Wertes zueinander bereit.
Ockhams Rasiermesser beispielsweise (welches grundsätzlich besagt, dass zur Erklärung eines gegebenen Phänomens die kleinstmögliche Anzahl von Annahmen bevorzugt werden sollte) suggeriert Anhängern des Fermiprinzips, dass die einfachste Erklärung den Mensch als einzige die Radiotechnologie nutzende Spezies in unserem Teil des Kosmos vorsieht.
Referenzen
- The Millennial Project: Colonizing the Galaxy in 8 Easy Steps von Marshall T. Savage (Empyrean Pubishing; Denver; 1992) Seiten 341–354 ISBN 0-9633914-8-8
- Scientific American — Juni 2000: "Where Are They? Maybe we are alone in the galaxy after all" von Ian Crawford
Weiterführende Literatur
- If the Universe Is Teeming with Aliens... Where Is Everybody? von Stephen Webb (Copernicus Books; 2002) ISBN 0-387-95501-1
Das Fermi-Paradoxon und ähnliche Konzepte in der Fiktion
- Die Berserker-Romane von Fred Saberhagen
- Die letzte Generation von Arthur C. Clarke
- Gottes Maschinen von Jack McDevitt
- Die Schmiede Gottes von Greg Bear
- Die Heechee-Romane von Frederik Pohl
- The Manifold Trilogy von Stephen Baxter:
- Zeit (Del Rey; 2000) ISBN 034543076X
- Raum (Del Rey; 2002) ISBN 0345430786
- Ursprung (Del Rey; 2003) ISBN 0345430808
- Romane von Alastair Reynolds
- Unendlichkeit
- Die Arche
- Offenbarung
Weblinks
- The Fermi Paradox: An Approach Based on Percolation Theory von Geoffrey A. Landis
- Space.com: Our Galaxy Should Be Teeming With Civilizations, But Where Are They? von Seth Shostak
- The Possibilities of FTL: Or Fermi's Paradox Reconsidered von F.E. Freiheit IV
- Fermi's Paradox (i.e. Where are They?) von James Schombert
- Answering the Fermi Paradox: Exploring the Mechanisms of Universal Transcension von John Smart
- The Great Filter — Are We Almost Past It? von Robin Hanson
- Extraterrestrial Intelligence in the Solar System: Resolving the Fermi Paradox, welches nahelegt, unsere Beobachtungen seien unvollständig und
- There Is No Fermi Paradox, welches einen logischen Fehler im Fermi-Paradoxon wähnt, beide von Robert Freitas
- Beyond Kardaschev: Possible Answer to Fermi's Paradox von Paul Hughes
- ausführlicher Artikel mit weiterführenden Informationen