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Radverkehrsanlage

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Der Radweg (schweizerdeutsch: Velowege) ist ein Weg, der vorrangig oder ausschließlich für die Benutzung mit dem Fahrrad vorgesehen ist. Seit 1997 wird dabei in der deutschen Straßenverkehrsordnung zwischen benutzungspflichtigen und nicht benutzungspflichtigen Radwegen unterschieden.

Benutzungspflichtige Radwege

Datei:Zeichen 237.png
StVO Zeichen 237: Radweg
Datei:Zeichen 240.png
StVO Zeichen 240: gemeinsamer Fuß- und Radweg
Datei:Zeichen 241.png
StVO Zeichen 241: getrennter Rad- und Fußweg

Grundsätzlich gilt, das Radfahrer die Fahrbahn benutzen müssen (§ 2 Abs. 1 StVO). Nur wenn benutzungspflichtige Radwege ausgeschildert sind, müssen diese benutzt werden. Die Benutzungspflicht ist in der StVO § 2 Abs. 4 geregelt. Radwege sind benutzungspflichtig, wenn sie in Fahrtrichtung mit den blauen Verkehrsschildern mit Fahrradsymbol (Zeichen 237, 240 oder 241) gekennzeichnet sind. Die Fahrbahn darf dann nur in Ausnahmefällen benutzt werden.

Zum 1. September 1997 wurde der Begriff „anderer Radweg“ in die StVO aufgenommen. Andere Radwege sind baulich angelegt und nach außen erkennbar für die Benutzung durch den Radverkehr bestimmt. Zur Verdeutlichung sollten diese anderen Radwege mit dem Fahrradpiktogramm gekennzeichnet sein. Andere Radwege sind nicht benutzungspflichtig.

Anordnung der Benutzungspflicht

Mit der sogenannten „Radfahrernovelle“ der Straßenverkehrsordnung bzw. der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung, die am 1. September 1997 in Kraft trat, wurden Sicherheits- und Qualitätskriterien eingeführt, ab wann die Straßenverkehrsbehörden die Benutzungspflicht eines Radweges anordnen darf. Gleichzeitig wurde angeordnet, dass die bestehende Benutzungspflicht bis zum 01.10.1998 an hand der Qualitäts- und Sicherheitskriterien überprüft werden muss. Dies ist in vielen Fällen nicht geschehen.

Als Grundprinzip gilt die Benutzung der Fahrbahn. Wenn in erster Linie Sicherheitskriterien dagegen sprechen, ist ein Fahrradstreifen bzw. Radweg anzulegen. Die Straßenverkehrsbehörde darf eine Radwegebenutzungspflicht nur dann anordnen, wenn im Wesentlichen zwei Voraussetzungen erfüllt sind:

Voraussetzungen für die Anordnung

1. Nach Abs. 9 in § 45 StVO sind Verkehrszeichen — auch die blauen Radwegeschilder mit der Radwegbenutzungspflicht — nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs — hier sind die Radfahrer gemeint, deren Wahlfreiheit aufgehoben werden soll — dürfen nur angeordnet werden, wo aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt…. Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht darf also nur zur Wahrung oder Erhöhung der Verkehrssicherheit erfolgen und nicht, damit zum Beispiel Autos schneller fahren können. Bisher gibt es keine Nachweise, dass die Unfallgefahr auf Radwegen geringer ist als auf Fahrbahnen. Statt dessen gibt es sehr wohl Untersuchungen, die ein erhöhtes Unfallrisiko im Zusammenhang mit der Existenz von Radwegen aufzeigen. Damit ist der Zwang zur Benutzung solcher Wege in vielen Fällen auf dem Rechtswege anfechtbar.

Insbesondere stellt der oft angeführte unfallverhütende Entmischungsgrundsatz keinen zwingenden Aspekt dar. Denn dieser Grundsatz ließe sich vielmehr praktisch auf alle bestehenden Radwege anwenden. Wäre ein solches allgemeines Argument zur Begründung der Benutzungspflicht ausreichend, würde das oben beschriebene Regel-Ausnahmeverhältnis des § 2 Abs. 4 StVO ins Gegenteil verkehrt. Gleiches gilt entkräftend, wenn oftmals die aus der großen Instabilität des Fahrrades herrührenden Gefährdungen angeführt werden (siehe Weblinks).

2. Der Radweg muss bestimmte bauliche Voraussetzungen erfüllen (unter anderem: Mindestbreite 1,50 m, geradlinige Wegführung und zumutbare Beschaffenheit). Diese sind in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung festgelegt. Vor allem aber muss durch die Benutzungspflicht die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer zunehmen.

Viele Kommunen schildern demzufolge ihre Radwege rechtswidrig benutzungspflichtig aus. Meist, weil sie ihre Radwege nicht auf die seit 1998 geänderte Gesetzesgrundlage hin neu überprüft haben. Trotzdem müssen aber die Radwege benutzt werden, da auch rechtswidrige Verwaltungsakte (ein Verkehrsschild ist solch ein Verwaltungsakt) wirksam sind.


Ende der Benutzungspflicht

Eine Benutzungspflicht für einen Radweg endet, sobald dieser nach einer Einmündung an der Straße nicht erneut mit einem der Zeichen 237, 240 oder 241 als benutzungspflichtig gekennzeichnet ist. Weiterhin kann eine Benutzungspflicht durch ein unterhalb eines der Zeichen 237, 240 oder 241 angebrachtes Zusatzzeichen 1012-31 mit der Beschriftung "Ende" aufgehoben werden.

Ausnahmen von der Benutzungspflicht

Behringersdorf, Zweirichtungsradweg mit Hindernis

Grundsätzlich kann eine Benutzungspflicht nur bestehen, wenn der Radweg eine erkennbare Alternative zur Fahrbahn darstellt, also neben ihr in der gleichen Straße verläuft (straßenbegleitend). Bei abseits von Fahrbahnen geführten (eigenständigen) Radwegen stellt die Beschilderung mit Zeichen 237, 240 oder 241 einen Hinweis auf die Benutzungserlaubnis mit Fahrrädern dar.

Wenn ein als benutzungspflichtig gekennzeichneter Radweg praktisch nicht benutzbar oder unzumutbar ist, z. B. durch parkende Autos oder andere Hindernisse, Baustellen oder fehlende Schneeräumung, entfällt die Benutzungspflicht. Der Radweg muss auch nicht benutzt werden, wenn nicht absehbar ist, wohin er führt, oder keine Auf- bzw. Abfahrmöglichkeit besteht. Zum Abbiegen dürfen Radwege rechtzeitig vor der Kreuzung verlassen werden, um sich dort in Ruhe einzuordnen.

Mit Fahrrädern, die nicht auf den Radweg passen, zum Beispiel Dreiräder, Fahrräder mit Anhänger, müssen Radwege nicht benutzt werden.

Ein Radfahrer absteigen, meist an Baustellen, hat zwar rechtlich keine Bedeutung, zeigt aber an, dass die Benutzung des Radweges nur eingeschränkt möglich und nicht mehr verpflichtend ist. Es empfiehlt sich zu schieben oder die Fahrbahn zu benutzen.

Auch von einem gelben Umleitungsschild, welches offensichtlich nur für Radfahrer gelten soll, braucht sich ein solcher nicht aufhalten zu lassen.

Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müssen mit dem Fahrrad Gehwege benutzen, also nicht auf Radwegen fahren. Ab dem vollendeten 8. Lebensjahr bis zum vollendeten 10. Lebensjahr dürfen sie Gehwege benutzen, das heißt sie haben die Wahl zwischen Gehweg oder Fahrbahn bzw. Radweg (StVO § 2 Abs. 5).

Gegen die Benutzungspflicht kann man bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde Widerspruch einlegen.

Nicht benutzungspflichtige Radwege

Alle als Radwege erkennbaren Wege, die nicht durch ein besonderes Verkehrszeichen entsprechend der StVO gekennzeichnet sind (siehe oben) und rechts der Fahrbahn liegen, sind ebenfalls dem Radverkehr vorbehalten und dürfen nach StVO § 2 Abs. 4 Satz 3 benutzt werden.

Wegen dieser Formulierung spricht man bei baulich angelegten, aber nicht benutzungspflichtig beschilderten Radwegen, auch von anderen Radwegen.

Andere Radwege gibt es ausschließlich auf der rechten Seite. Linksseitig gelegene Radwege dürfen nur bei Benutzungspflicht befahren werden.

Für den Radverkehr freigegebene Gehwege

Datei:Zusatzschild Radfahrer frei.png
Zusatzschild
"Radfahrer frei"

Für den Radverkehr freigegebene Gehwege sind keine Radwege im Sinne der StVO, sondern bleiben Gehwege.

Sind jedoch keine gesonderten Radwege vorhanden und hält es die lokale Straßenverkehrsbehörde auf Grund des geringen Fußgängerverkehrs auf dem Gehweg für verantwortbar, kann das Radfahren auf Gehwegen durch ein unterhalb eines Zeichens 239 (Fußgänger) angebrachtes Zusatzzeichen Radfahrer frei zugelassen werden.

Bei Benutzung so beschilderter Wege durch Radfahrer, sind diese verpflichtet, besondere Rücksicht auf den Fußgängerverkehr zu nehmen und dürfen maximal mit Schrittgeschwindigkeit fahren.

Unterschiedliche Positionen zum Radweg

Gründe für die Anlage von Radwegen

Radwege werden aus Sicht der verantwortlichen Verkehrspolitik aus drei Hauptgründen angelegt:

  • Zur Erhöhung der Sicherheit von Radfahrern, obwohl Untersuchungen eine erhöhte Gefährdung von Radfahrern, insbesondere an Knotenpunkten, zeigen. Belege für die Zunahme der Sicherheit durch Radwege sind nicht bekannt.
  • Zur Förderung von Naherholung, Radverkehr und Tourismus (Radfernweg, Fahrradwege auf stillgelegten Bahntrassen). Tatsächlich wurde jedoch nie eine Zunahme des Radverkehrs als Folge von Radwegen nachgewiesen. Radwege dürften eher zu dessen Verdrängung beitragen.
  • Zur Verbesserung des Verkehrsflusses für Kraftfahrzeuge auf der Fahrbahn sowie umgekehrt des Verkehrsflusses auf dem Radweg (sicheres Überholen wartender Kraftfahrzeuge)

Beispiel zur Sicherheit: Obwohl für "Sicherung von Radfahrern an städtischen Knotenpunkten" der Bundesanstalt für Straßenwesen (1992) ausdrücklich nur Radwege mit gewissen Mindeststandards untersucht wurden, kam man zu dem Ergebnis, dass Radwege keine Sicherheitsvorteile haben. Hingegen fand man häufig gefährliche Konstruktionen.

Kritik wegen stark erhöhter Unfallgefahr

Es gibt zahlreiche statistische Erhebungen, die beweisen, dass die Unfallzahlen auf Radwegen deutlich höher sind als auf gemeinsam von allen Fahrzeugen genutzten Fahrbahnen. Auf Radwegen, die räumlich von der Fahrbahn getrennt sind, gibt es häufiger Unfälle in Verbindung mit abbiegenden und kreuzenden Fahrzeugen sowie mehr Alleinunfälle und Kollisionen zwischen Fußgängern und Radfahrern. Die Unfallschwere ist dabei nicht geringer als bei Unfällen auf Fahrbahnen.

Das Sicherheitsrisiko bzw. gehäufte Auftreten von Unfällen auf bzw. im Zusammenhang mit der Nutzung von Radwegen wird auf verschiedene Ursachen zurückgeführt:

  • Radfahrer werden auf Radwegen oft nicht wahrgenommen - sie fahren außerhalb der auf die Fahrbahn konzentrierten Wahrnehmung der Fahrzeugführer - und so von Abbiegern oder Einbiegern übersehen. Gleiches gilt für aus Grundstücken einfahrende Fahrzeuge.
  • Radfahrer auf Radwegen fahren außerhalb der von der StVO vorgegebenen Anordnung von Fahrzeugen nach Fahrtrichtungen. Mit Radwegen liegt die Geradeausspur rechts von der Rechtsabbiegespur.
  • Vorgeschriebene Sicherheitsabstände - zu parkenden Fahrzeugen, zu Fußgängern, beim Überholen, zu Hindernissen, an Einmündungen (um den Überblick zu wahren), ... - sind auf Radwegen nicht immer einzuhalten.
  • Radwege sind sehr oft in schlechterer Qualität und ohne Einhaltung elementarer Baustandards (wie z. B. Kurvenradien, Hindernisfreiheit, Oberflächengüte) angelegt und werden häufig nicht oder mangelhaft unterhalten (gekehrt, geräumt, Schadstellen fachgerecht ausgebessert). Dadurch steigt die Gefahr von Stürzen (Alleinunfälle).
  • Radfahrer benutzen Radwege häufig in umgekehrter Fahrtrichtung (linksseitig der Fahrbahn). Diese Fahrweise erweist sich insbesondere an Kreuzungen als gefährlich, weil dort andere Verkehrsteilnehmer überrascht werden, egal, ob die Fahrtrichtung durch Radwegschilder vorgeschrieben wird oder nicht erlaubt ist.
  • Fußgänger nehmen oft die Radwege nicht wahr, u. a. weil die Abgrenzungen zum Bürgersteig häufig schwer zu erkennen sind.
  • Radwege mehren (potentiell) gefährliche Fahrvorgänge wie Einfahren in die Fahrbahn, Queren der Fahrbahn (um den Radweg auf der anderen Seite zu erreichen) oder seltsame Verkehrsführungen an Kreuzungen.


Nachteile für Fußgänger

Radweg in Mögeldorf, Stadtteil von Nürnberg, 2004-09-12

In der Vielzahl wird der Radverkehr auf sogenannte Bordsteinradwegen, als gemeinsame Fuß- und Radwege oder "Gehwege mit Radfahrer frei" auf Flächen verlegt, die ehemals als Teil der Gehwege den Fußgängern zur Verfügung standen. Hier durch werden die Konflikte von der Fahrbahn auf den Gehweg verlagert. Insgesamt sind die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen beiden Verkehrsarten sehr hoch. Dementsprechend hoch ist das Konfliktpotential der beiden Verkehrsarten. Eine ungezwungene Bewegung auf Fußwegen ist nicht mehr möglich.

Gerade für ältere oder sehbehinderte Menschen sind die fast lautlos von hinten und vorne herannahenden Fahrräder ein Gefahrenpotential. Für Blinde sind die häufig nur durch Markierung angelegten Radwege mit dem Taststock nicht erkennbar, so dass dies als nicht barrierefrei bezeichnet werden muss. Der ehemals als Schutzraum für Fußgänger gedachte Gehweg wird zunehmend zum Gefahrenraum. Hierbei muss aber auch berücksichtigt werden, dass teilweise bei den Radwegplanern ein erheblicher Kenntnismangel über die richtige Anlage von Radwegen vorliegt, wie das Beispiel aus Mögeldorf zeigt.

In einem gemeinsamen Positionspapier des ADFC e.V. Landesverband Thüringen und Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen e.V. wird dann auch festgestellt: "Beide Verbände sehen in der grundsätzlichen Trennung von Rad- und Fußgängerverkehr die einzig relevante Problemlösung. Dabei sind alle verkehrsplanerischen Möglichkeiten zu nutzen. Die Umsetzung dieser Forderung liegt letztlich nicht nur im Sicherheitsinteresse der Radfahrer und Fußgänger, sondern im Interesse aller Verkehrsteilnehmer."

Aus der Sicht von Fußgänger wäre wünschenswert, den Radverkehr wieder auf die Fahrbahn zu verlagern. Gerade auch aus den Anforderungen, die sich aus dem Behindertengleichstellungsgesetz ergeben, sollten Bordsteinradwege und Formen der gemeinsamen Führung überprüft werden.

Siehe auch

Radwege und Radfernwege

Nationaler Radverkehrsplan

Konflikte Fuß- und Radverkehr

Anordnung der Benutzungspflicht

Kritik zur Sicherheit auf Radwegen

Neutrale Stellungnahmen von kritischen Radwegebenutzern