Syllabus errorum
Der Syllabus Errorum ist eine Liste von 80 Thesen, die von Papst Pius IX. als falsch verurteilt wurden. Der Syllabus Errorum, oft auch kurz als 'Syllabus' bezeichnet, wurde zugleich mit der Enzyklika Quanta Cura am 8. Dezember 1864 veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung wurde im Jahr 1865 kirchlich approbiert. Der Syllabus ist in 10 Paragraphen aufgeteilt (in Klammern jeweils die Nummern der dazugehörigen Thesen):
- §1: Pantheismus, Naturalismus und absoluter Rationalismus (1-7)
- §2: Gemässigter Rationalismus (8-14)
- §3: Indifferentismus, Latitudinarismus (15-18)
- §4: Sozialismus, Kommunismus, geheime Gesellschaften, Bibelgesellschaften, Liberale Kleriker-Vereine (keine Thesen, statt dessen Verweise auf: Enzyklika Qui Pluribus (9.11.1846), Apostolische Ansprache Quibus Quantisque (20.4.1849), Enzyklika Noscitis et Nobiscum (8.12.1849), Apostolische Ansprache Singulari Quadam (9.12.1849), Enzyklika Quanto Conficiamur Moerore (10.8.1863))
- §5: Irrtümer über die Kirche und ihre Rechte (19-38)
- §6: Irrtümer über die bürgerliche Gesellschaft sowohl an sich, als auch in ihren Beziehungen zur Kirche (39-55)
- §7: Irrtümer über das natürliche und christliche Sittengesetz (56-64)
- §8: Irrtümer über die christliche Ehe (65-74 und Verweis auf die Enzyklika Qui Pluribus)
- §9: Irrtümer über die staatliche Herrschaft des römischen Papstes (75 - 76 und Verweise)
- §10: Irrtümer, welche sich auf den Liberalismus unserer Tage beziehen (77-80)
Der Syllabus Errorum ist im wesentlichen ein Exzerpt aus vorangegangenen Enzykliken, Ansprachen, Briefe und Apostolischer Schreiben. Er muss in Zusammenhang mit innerkirchlichen Streitigkeiten (Modernismus), aber auch hinsichtlich der Auseinandersetzungen zwischen der Katholischen Kirche und weltlichen Staaten (z.B. sog. Kulturkampf in Deutschland) gesehen werden, die sich bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts abzeichneten. Somit ist der Syllabus Gegenstand äusserst kontroverser Diskussionen, selbst der heutige Richtungsstreit in der Katholischen Kirche greift gelegentlich auf ihn zurück.
Beispiele von im Syllabus Errorum geächteter Thesen:
1. Es gibt kein höchstes, weisestes und über alles vorhersehendes göttliches Wesen, das von der Gesamtheit dieser Welt unterschieden wäre. Gott ist zugleich wie das Wesen der Dinge und daher Veränderungen unterworfen. In der Wirklichkeit ist Gott ein Werdender im Mensch und in der Welt. Alles ist Gott und besitzt Seine eigene Wesenheit. Gott und die Welt sind ein und dieselbe Macht und Sache. Deshalb sind ebenfalls Geist und Materie, Notwendigkeit und Freiheit, Wahrheit und Falsches, Gutes und Böses, Recht und Unrecht ein und dasselbe.
2. Jede Einwirkung von Gott auf die Menschen und auf die Welt ist zu leugnen.
3. Die menschliche Vernunft ist, ohne daß wir sie irgendwie auf Gott beziehen müßten, der einzige Richter über Wahrheit und Falsches, über Gut und Böse. Sie ist sich selbst Gesetz und mit ihrer natürlichen Kraft ausreichend, um das Wohl der Menschen und Völker zu sichern.
79. Es ist falsch, daß die staatliche Freiheit für jeden Kult und die allen gewährte Befugnis, frei und öffentlich ihre Meinungen und Gedanken kundzugeben, dazu führt, Geist und Sitte der Völker zu verderben und zur Verbreitung der Seuche des Indifferentismus führen.
80. Der Römische Papst kann und muß sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der modernen Zivilisation versöhnen und vereinigen.