Sendeturm


Ein Sendeturm ist, im Unterschied zu einem Sendemast, ein als freistehende Konstruktion ausgeführtes Turmbauwerk, welches entweder zur Aufnahme von Sendeantennen oder auch direkt als Sendeantenne dient (selbststrahlender Sendeturm).
Daneben gibt es auch Konstruktionen, die aus einem freistehenden Turm bestehen, auf dem ein abgespannter Sendemast steht, so genannte Hybridtürme. Solche Bauwerke sind jedoch sehr selten. Sendetürme werden entweder als Stahlfachwerkkonstruktion oder als Stahlbetonkonstruktion ausgeführt. In früheren Jahren waren auch Holztürme üblich, die aber heute - mit Ausnahme des Sendeturms in Gleiwitz - vollkommen verschwunden sind.
Weitere Ausführungsformen sind Glasfiberkonstruktionen. Sie werden manchmal als Sendetürme für NDBs oder Mittelwellensender kleiner Leistung realisiert.
Eine Sonderform des Sendeturms ist der Teleskopmast, mit dessen Hilfe in sehr kurzer Zeit ein Antennenträger realisiert werden kann. Teleskopmaste werden überwiegend zum Aufbau von Funkstrecken für die Berichterstattung von Großereignissen und als Ersatz für durch Katastrophen zerstörte Antennenträger eingesetzt.
Für die kurzfristige Realisierung eines Antennenträgers kann ggf. auch ein Fesselballon oder Drachen dienen. So kann er einerseits eine entsprechende Sendeantennen tragen, oder andererseits einen Antennendraht (für VLF, LW oder MW) in eine entsprechende Höhe halten. Eine solche Anordnung wird gelegentlich von militärischen Dienststellen oder Amateurfunkern verwendet. Ein Fesselballon als dauerhafte Sendeeinrichtung setzt zurzeit der US-amerikanischer Sender TV Martí ein, der mittels eines solchen Ballons ein Fernsehprogramm für Kuba ausstrahlt.
Sendetürme können als geerdete oder als isolierte Konstruktion ausgeführt sein. Isolierte Sendetürme werden als Antennen für Lang- und Mittelwelle verwendet. Allerdings sind solche Konstruktionen eher selten, da abgespannte Sendemasten bessere Abstrahleigenschaften besitzen. Bekannte isolierte Sendetürme sind der Berliner Funkturm, der Blosenbergturm in Beromünster oder die Sendetürme in Junglinster. Gegen Erde isolierte Sendetürme werden wegen der beschränkten Belastbarkeit der Isolatoren nie als Betonturm ausgeführt.
Für den Zugang zu Bauelementen, die der Wartung bedürfen, wie Antennen, Pardunenabspannungen, Betriebsräumen oder Flugsicherheitslampen ist stets ein geeignete Zugangsmöglichkeit zu schaffen. Diese ist bei kleinen Sendetürmen und bei solchen, bei denen nur wenige Einrichtungen vorhanden sind, meist in Form einer Steigleiter, die sowohl innen als auch außerhalb der Konstruktion angebracht ist, realisiert. Bei Türmen mit größeren Querschnitt und häufigeren Wartungsbedarf ist eine Treppe und häufig auch ein Aufzug installiert. Dieser Aufzug ist bei Sendetürmen in Stahlbetonbauweise als konventioneller Seilaufzug realisiert. Aufzüge in freistehenden Stahlfachwerktürmen sind gelegentlich und in abgespannten Sendemasten sind fast immer aus Gründen der Turmstatik als Kletteraufzug realisiert. Grundsätzlich können auch in gegen Erde isolierten selbststrahlenden Sendetürmen Aufzugsanlagen installiert sein. Allerdings wird hiervon in der Regel wegen der meist geringen Anzahl von Einrichtungen, die der Wartung bedürfen und der Seltenheit ihrer Besteigung, die entweder eine Unterbrechung des Sendebetriebs benötigt oder über spezielle isolierte Plattformen erfolgen muss, im Normalfall eher abgesehen.
Sendetürme, die außer funktechnischen Einrichtungen noch andere Installationen, wie Anlagen der Wasserversorgung oder touristische Einrichtungen verfügen, besitzen immer ein Treppenhaus und in fast allen Fällen einen Aufzug. Der Tourist kann im Regelfall jedoch nicht zwischen dem Treppenhaus und dem Aufzug wählen.
Geerdete Sendetürme aus Stahl und Beton werden für die Aufnahme von Sendeantennen im UKW-Bereich und von Richtfunkantennen häufig verwendet. Gelegentlich werden sie auch für die Aufnahme von Drahtantennen für Längst-, Lang- und Mittelwelle, sowie als Tragtürme von Dipolwänden für Kurzwellenrichtstrahler (in dieser Verwendung fast immer als Stahlturm) verwendet. Betontürme werden meist als Träger von Sendeantennen für UKW-Rundfunk, TV, Richtfunk und Mobilfunk verwendet. Kleinere Türme sind oft aus Fertigbetonteilen zusammengesetzt, während größere Türme meist in Ortbetonbauweise hergestellt werden.
Manche Sendetürme - insbesondere solche für Richtfunk in Betonbauweise - erhalten einen hoch gelegenen, über einen Aufzug zugänglichen Betriebsraum für die Aufnahme von Sendegeräten. In anderen Fällen befinden sich die Sendegeräte in einem Gebäude neben den Sendeturm. Dieses ist bei UKW-Sendeanlagen meist unmittelbar neben den Sendeturm, bei Sendern für Lang-, Mittel- und Kurzwelle aus strahlungstechnischen Gründen meist in einem Abstand von 30 bis 600 Metern. Stattdessen findet man in diesen Fällen ein Häuschen mit Abstimmelementen neben (oder auch unter) dem Sendeturm, das so genannte Abstimmhaus. In manchen Türmen befinden sich stattdessen oder zusätzlich auch hoch gelegene Räume mit touristischen Einrichtungen, wie einer Aussichtsplattform und einem Turmrestaurant.
Solche Türme werden meist als Fernsehturm bezeichnet, auch wenn sie nicht zur Abstrahlung von Fernsehprogrammen dienen. Weiterhin gibt Sendetürme, die zusätzlich als Wasserturm Verwendung finden, wie der Fernsehturm in Heidelberg.
In welcher Bauweise ein Sendeturm ausgeführt wird oder ob statt eines freistehenden Turmes ein abgespannter Sendemast verwendet werden soll, hängt von vielen Faktoren ab. Für Sendeanlagen für Frequenzen unter 3 MHz wird man im Regelfall den abgespannten Sendemast - entweder gegen Erde isoliert, mit Reusenantenne oder Obenspeisung bevorzugen. Für Sendetürme mit touristischen Einrichtungen wird heutzutage praktisch immer ein Stahlbetonturm verwendet. In Deutschland trifft dies auch für Anlagen des Richtfunks zu, da Betontürme bei gleichem Wind weniger stark schwanken als Stahltürme. Für andere Sendetürme mit reinen UKW- und Richtfunkanwendungen ist die Wahl der Bauart des Antennenträgers nicht immer nachvollziehbar, da hierbei mitunter auch das ästhetische Erscheinungsbild der Konstruktion und Angebote entsprechender Firmen eine Rolle spielen.
Für sehr hohe Konstruktionen wird im Regelfall der abgespannte Sendemast verwendet (siehe auch Tabelle hoher Bauwerke). In manchen Fällen ist es möglich, Sendeantennen für Funkdienste im UKW-Bereich auf den Dächern hoher Gebäude zu montieren. Insbesondere in Nordamerika wird hiervon häufig Gebrauch gemacht (Sendeantennen auf dem Empire State Building oder dem Sears Tower), aber auch in Europa sind solche Anlagen, insbesondere für Mobilfunkdienste und UKW-Sender kleiner Leistung durchaus verbreitet.
Auch Freileitungsmasten können ggf. zur Aufnahme von Sendeantennen dienen. Meist sind dies Mobilfunkantennen oder Richtfunkantennen des jeweiligen Energieversorgungsunternehmens. Es wurden jedoch auch schon andere Anlagen installiert, wie eine Radaranlage des Wasser- und Schiffahrtsamtes Hamburg auf einem Tragmast der Elbekreuzung 1. Hohe Sendetürme müssen mit Flugsicherheitslampen ausgestattet sein. Ihre Speisung ist bei geerdeten Konstruktionen kein Problem. Bei isolierten Türmen erfolgt die Speisung über ein in einer Drosselspule, die ggf. mit einen parallel geschalteten Kondensator einen Sperrkreis für die Sendefrequenz bildet und die zwischen Turm und Erde geschaltet ist, verlegtes Kabel.
Katastrophale Einstürze von Sendetürmen und Sendemasten
Immer wieder kam es zu Einstürzen von Sendetürmen und Sendemasten, sei es durch Naturereignisse wie Stürme, durch Feuer in Folge von Renovierungsarbeiten oder auch durch Sabotage/terroristische Anschläge. (Liste bitte ergänzen)
Ort | Datum | Bauart des Sendemastes | Höhe | Ursache des Unglücks | Bemerkungen |
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Nauen, Deutschland | 30. März 1912 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 200 m | Sturm | |
Norddeich, Deutschland | 25. November 1925 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | ? | Sturm | 3 Sendemasten betroffen |
Langenberg, Deutschland | 10. Oktober 1935 | Freistehender Holzfachwerkturm | 150 m | Windhose | durch Dreieckflächenantenne ersetzt |
Langenberg, Deutschland | 1949 | Abgespannter Stahlrohrmast | 51 m | Sturm | 2 Masten einer Dreieckflächenantenne zerstört |
WOAI, Selma (San Antonio), USA | 1957/1958 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 50 m | Flugzeugkollision | |
Ochsenkopf, Deutschland | Januar 1958 | Abgespannter Stahlrohrmast | 50 m | Vereisung | Durch Stahlbetonturm ersetzt |
Sendemast Villebon sur Yvette, Frankreich | 10. Dezember 1961 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | ? | Terroranschlag | |
KXJB-TV Mast, North Dakota, USA | 14. Februar 1966 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 627,89 m | Hubschrauberkollision | |
Waltham-Fernsehsendemast, Melton Mowbray, Leicestershire, Großbritannien | 1967 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 290 m | ? | |
Marnach, Luxemburg | 17. Januar 1969 | ? | ? | ? | |
Emley Moor, Großbritannien | 19. März 1969 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 365 m | Vereisung | |
Orlunda, Schweden | 1970 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 250 m | Blitzschlag (Zerstörung des Fußpunktisolators) | |
Königswusterhausen, Deutschland | 15. November 1972 | Freistehender Stahlturm | 243 m | Sturm | |
Sendemast SL3, Burg bei Magdeburg, Deutschland | 18. Februar 1976 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 350 m | Materialfehler | |
WJJY-TV Sendemast, USA | 1978 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 491 m | Vereisung | |
Nebraska Education Sendemast Angora, Angora, Nebraska, USA | Februar 1978 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 456,9 m | Vereisung | |
Zehlendorf bei Oranienburg, Deutschland | 21. Mai 1978 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 352 m | Flugzeugkollision | |
Senior Road Tower, Missouri City, Texas, USA | 1982 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | ? | ? | |
?, USA | 1982 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 305 m | ? | |
Wavre, Belgien | 13. Oktober 1983 | Abgespannter Sendemast | ? | Sturm | |
Bielstein, Deutschland | 15. Januar 1985 | Abgespannter Stahlrohrwerkmast | 298 m | Vereisung | |
Auburn, North Carolina, USA | December, 1989 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 609,3 m | Vereisung | |
Konstantynow, Polen | 8. August 1991 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 648,38 m | Wartungsarbeiten | Wurde durch neue Anlage in Solec Kujawski |
Channel 39 Sendemast, Dallas, Texas, USA | 1996 | ? | ? | ? | |
Langenberg, Deutschland | 2. September 1996 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 160 m | Wartungsarbeiten | |
KXJB-TV Mast, North Dakota, USA | 6. April 1997 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 627,89 m | Vereisung | |
WLBT-TV Sendemast, Mississippi, USA | 23. Oktober 1997 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 609,3 m | Materialfehler | |
WKY-Sendemast, USA | 13. Juni 1998 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 292.9 m | Tornado | |
Fernsehturm Avala, Serbien | 30. April 1999 | Stahlbetonturm (mit Aussichtsplattform) | 202,87 m | Bombenangriff der USA | |
WMRD-Sendemast, Sankt Petersburg, Florida, USA | April 2000 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 207,3 m | ? | |
WNWI 1080-Sendemast, Oak Lawn (Chicago), Illinois, USA | 9. Juli 2000 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 61 m | Sabotage | Zwei Maste eingestürzt |
KXEO/KWWR-Sendemast, Mexico, MO, USA | 23. August 2000 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 122,8 m | Sturm | |
CBC-Sendemast, Shawinigan, Quebec, Canada | 22. April 2001 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 371 m | Nach Flugzeugkollision gesprengt | |
?, Hemingford, Nebraska, USA | 2002 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 609,6 m | Wartungsarbeiten | |
WVAH-Sendemast, Scott Depot, West Virginia, USA | 19. Februar 2003 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 473 m | Vereisung | |
WPAY-FM-Sendemast, Portsmouth, Ohio, USA | 19. Februar 2003 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 200,9 m | Vereisung | |
WMBD-Sendemast, Peoria, Illinois, USA | 10. Mai 2003 | Freistehender Stahlfachwerkturm | ? | Tornado | 3 Türme betroffen |
KETV-TV Sendemast, Omaha, Nebraska, USA | Juli 2003 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 415,1 m | Renovierungsarbeiten | |
Utrecht, Niederlande | 8. September 2003 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 45 m | Bei Baumfällarbeiten gefällt | |
KDUH/CH4 TV-Sendemast, Hemingford, Nebraska, USA | 24. September 2003 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 599 m | Wartungsarbeiten | |
Peterborough, Großbritannien | 30. Oktober 2004 | Abgespannter Stahlfachwerkmast | 163 m | Feuer | |
KFID-Mast, Los Angeles, USA | 19. Dezember, 2004 | Abgespannter Sendemast | 195,1 m | Flugzeugkollision |