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Atombombenabwurf auf Hiroshima

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Der Atompilz über Hiroshima fotografiert aus dem Heck der Enola Gay
Datei:Hiroshima davor und danach.jpg
Ground Zero in Hiroshima vor (oben) und nach der Explosion der Bombe (unten) (Zusammenstellung aus zwei Modellen im Friedensmuseum Hiroshima)

Der Atombombenabwurf auf Hiroshima fand am 6. August 1945 während des Zweiten Weltkriegs im Pazifikkrieg statt. Um 8:16 Uhr (8.15 Uhr und 17 Sekunden) Ortszeit detonierte die vom US-Bomber Enola Gay abgeworfene US-amerikanische Atombombe Little Boy in 580 m Höhe über Hiroshima, 43 Sekunden später war der größte Teil Hiroshimas verschwunden.

Dies war der weltweit erste Atomwaffeneinsatz, der die verheerende Wirkung der Bombe erschreckend deutlich demonstrierte. Zwischen 90.000 und 200.000 Menschen waren sofort tot, und 80% der Stadt zerstört. Viele weitere Menschen starben am radioaktiven Fallout im Hinterland oder an den Spätfolgen. Andere Opfer leiden bis heute und es kam zu Erbschäden bei der nachfolgenden Generation. Atombombenopfer werden in Japan als Hibakusha bezeichnet.

Die Motivation

Die US-Regierung rechtfertigte diesen Atombombenabwurf (ebenso wie einen weiteren drei Tage später über Nagasaki) mit dem Bestreben, den Zweiten Weltkrieg rasch und ohne eine für beide Seiten sehr verlustreiche Invasion der Hauptinsel Honshu zu beenden. Diese Erklärung ist aus verschiedenen Gründen umstritten; eine andere Theorie besagt, daß der Hauptzweck darin bestand, in Vorwegnahme des bereits absehbaren kalten Krieges die Sowjetunion einzuschüchtern.

Für die Vorgeschichte der Angriffe siehe: Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki

Das Ziel

Das Ziel Hiroshima war bis dahin im Kriegsverlauf eine der wenigen japanischen Großstädte, die von Bombardierungen verschont geblieben waren. Es wurde ausgewählt, weil sich in der Stadt die kriegswichtigen Mitsubishi-Werften und ein Flottenhauptquartier befanden. Außerdem befand sich hier das für die Verteidigung des gesamten Süden Japans zuständige Hauptquartier der 2. Armee unter Feldmarschall Hata Shunroku, so dass Hiroshima auch als Truppen-Sammelpunkt und zur Lagerung kriegswichtiger Güter diente. Ebenso wie Dresden, das wenige Monate vor dem Abwurf von Hiroshima Ziel eines verheerenden Bombenangriff geworden war, bestand allerdings die weit überwiegende Mehrzahl der Einwohner aus Zivilisten, darunter auch mehrere Zehntausend koreanische und chinesische Zwangsarbeiter. Die Koreaner machten zum Zeitpunkt des Atombombenabwurfs rund 10% der Bevölkerung in Hiroshima aus. Auch einige amerikanische Kriegsgefangene und rund ein Dutzend Deutsche befanden sich in der Stadt.

Hiroshima eignete sich auch deswegen besonders zum "Studium" der Folgen eines Atombombenangriffs, weil hier, bis auf einige Beton-Bauten im Zentrum, die Holzbauweise dominierte, man rechnete daher auch mit der Entstehung eines Feuersturms. Die Industrieanlagen befanden sich vor allem im äußeren Bereich der Stadt, waren aber teilweise ebenfalls Holzkonstruktionen, so dass deren Zerstörung ebenfalls wahrscheinlich war. Die Bevölkerungszahl der Stadt hatte einige Jahre zuvor mit 380.000 einen Höhepunkt erreicht, war dann aber infolge von Evakuierungen wieder gesunken und betrug im Sommer 1945 wohl etwa 255.000. Das Target Committee in Los Alamos hatte daneben noch folgende Möglichkeiten evaluiert:

Die Bombe

siehe Hauptartikel: Little Boy

Die Bombe Little Boy (dt. Kleiner Junge) besaß eine Sprengkraft von etwa 13 Kilotonnen TNT-Äquivalent und war nach dem Gun-Design konstruiert. Sie enthielt 64 kg Uran mit einem Anteil von 80% U235. Nach heutigen Schätzungen wurde aber nur ca. 1kg zur Spaltung gebracht.

Zu bemerken ist noch, daß die Amerikaner zunächst nur drei Bomben herstellen konnten, nämlich eine für den ersten Test am 16. Juli in der Alamogordo-Wüste (New Mexico), jenen Little Boy und die weitere Bombe, die dann Nagasaki traf. Das wesentliche technische Material für diese beiden Bomben, vor allem aber das nötige Uran, wurden Ende Juli 1945 an Bord des Kriegsschiffs `USS Indianapolis´ von San Francisco nach Tinian gebracht. Was weniger bekannt ist : es ist nicht ohne eine gewisse tragische Ironie, daß es der kaiserlichen Kriegsmarine gelang, die Indianapolis am 30. Juli 1945 auf der Weiterfahrt von Tinian nach Guam durch zwei Torpedo- Volltreffer eines U- Boots in wenigen Minuten zu versenken. Es war dies der letzte Verlust eines Kriegsschiffs und die wohl größte Katastrophe für die US Navy in diesem Krieg überhaupt. Mehr als die Hälfte der Besatzung fiel. Wäre dies auf dem Hinweg geschehen, so wären Japan wohl die Bomben erspart geblieben, denn selbst die Gewinnung von genug waffenfähig aufbereitetem Uran für `nur´ diese drei Bomben hatte über ein Jahr gedauert.

Der Abwurf

Bild des zerstörten Hiroshima mit Autogramm von Paul Tibbets
Blick auf die zerstörte Stadt vom Krankenhaus aus nordwestlich
Auswirkungen des Feuers und der Druckwelle

Nach dem erfolgreichen Trinity-Test, der am 16. Juli 1945 in der Wüste New Mexicos die prinzipielle Durchführbarkeit einer Atombombenexplosion demonstriert hatte, gingen die USA mit Hochdruck daran, eine solche Bombe auch über Japan einzusetzen. Als für den 6. August sonniges Wetter für die japanischen Inseln vorhergesagt wurde, startete der B-29-Bomber Enola Gay mit Pilot Paul Tibbets und 12 Mann Besatzung um 2.45 Uhr in der Frühe von Tinian, an Bord die Atombombe Little Boy. Techniker machten sie während des Fluges scharf. Am Tag vor dem Einsatz taufte Pilot Paul Tibbets die B-29-Superfortress auf den Namen seiner Mutter. Alle Bordwaffen bis auf das Heck-Geschütz waren entfernt worden. Etwa eine Stunde vor der Ankunft über Japan, also gegen 7 Uhr Ortszeit, wurden die "Enola Gay" und ihre zwei Begleitflugzeuge, die Bockscar und die The Great Artiste, vom japanischen Frühwarnsystem entdeckt, es wurde Alarm ausgerufen, Radiosendungen wurden unterbrochen. Gegen 8 Uhr meldete die Radarüberwachung in Hiroshima, dass es sich offenbar "nur" um ein sehr hoch fliegendes einzelnes Flugzeug handelte, man also nicht mit einem Großangriff zahlreicher Bomber zu rechnen hatte, sondern eher mit einem Aufklärungsflug; der Gang in den Luftschutzbunker wurde daraufhin nur für den Fall empfohlen, dass tatsächlich Bomber gesichtet würden. Diese Taktik wandten die Amerikaner schon drei Tage vor dem Abwurf an. So flogen jeden Tag mehrmals einzelne Flugzeuge ins Zielgebiet, um die Japaner im Glauben zu bestärken, daß es sich nur um Aufklärungsflüge handelt. Sie sollten es auch glauben, als sich der Bomber mit der Atombombe dem Zielgebiet näherte. Am Tag des Abwurfes wurde ebenfalls dieses Täuschungsmanöver angewandt. Erst als in Hiroshima das Entwarnungssignal gegeben wurde, wurde die Atombombe abgeworfen.

Um 8:16 Uhr (8.15 Uhr und 17 Sekunden) klinkte dann die "Enola Gay" die etwa 3 Meter lange und 4 Tonnen schwere Bombe in 9.450 Metern Höhe aus und drehte ab und erreichte ohne Zwischenfälle den Heimatflughafen. In einer Höhe von 580 Metern über dem Stadtzentrum über dem Shima-Krankenhaus detonierte die Bombe um 8:16 Uhr und 2 Sekunden Ortszeit mit einer Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT. Es entstand ein Feuerball, in dessen Inneren eine Temperatur von über 1 Mio. Grad Celsius herrschte. Die Menschen, die sich im innersten Kern der Stadt aufhielten, sind buchstäblich verdampft. Die Hitzewirkung von mindestens 6000 Grad reichte soweit, dass noch in über 10 km Entfernung Bäume in Flammen aufgingen. Von den 76.000 Häusern der Großstadt wurden 70.000 zerstört oder beschädigt. Unterdessen stieg der für Atombombenexplosionen charakteristische, aus aufgewirbelten und verseuchten Trümmern bestehende "Atompilz" in 13 Kilometern Höhe. Der Heckschütze der Enola Gay konnte den "Atompilz" noch aus 560 km Entfernung sehen. Dieser verbreitete auf diese Weise hochkontaminiertes Material, das etwa 20 Minuten später als "atomarer Regen" (Fallout) über der Gegend niederging und für einen Großteil der Opfer verantwortlich war, die der unmittelbaren Druck-, Hitze, und Strahlenwirkung entkommen waren. Der schwarze Niederschlag war hoch radioaktiv belastet und sorgte bei den zahlreichen Personen, die davon tranken, für Haarausfall, so wie pupurrote Flecken am ganzen Körper und führte letzten Endes zu inneren Verblutungen.

Die Opfer und Folgen

siehe: Hibakusha

Am 6. August starben in einem Radius von 0,5 km um das Explosionszentrum 90% der Menschen, im Umkreis von 0,5 - 1 km immer noch 59%. Für die Gesamtzahl der Todesopfer einschließlich der Spätfolgen ergeben sich Werte von 98% und 90%. Zum Ende des Jahres 1945 sind 140.000 (± 10.000) Stadteinwohner an den Folgen des Bombenabwurfs gestorben.

Die japanische Führung war nach der Explosion zuerst einmal verwirrt. Zur Stadt Hiroshima waren alle Verbindungen abgebrochen, so dass es einige Zeit dauerte bis die Regierung sich ein konkretes Bild von der Lage machen konnte. Zu Beginn nahm man an, dass ein großes Munitionslager der Garnison explodiert war, doch dann wurde über Radio die Meldung eines Atombombenabwurfs verbreitet. Später wandte sich auch US-Präsident Truman mit einer Rede an das japanische Volk.

Die Amerikaner hatten mit einer schnellen Kapitulation der Japaner gerechnet. Da diese nicht erfolgte, weil sich Regierung und Militärs nicht darauf einigen konnten, wurde am 9. August 1945 eine weitere Atombombe auf Nagasaki abgeworfen. Sechs Tage später verkündet der japanische Tennō im Rundfunk die Kapitulation Japans, die am 2. September in der Bucht von Tokyo auf der USS Missouri unterzeichnet wurde.

Denkmäler und Erinnerung

Die Atombombenkuppel

Die zerstörte Innenstadt Hiroshimas wurde wieder aufgebaut, nur die zentrale Insel im Fluss Ōta wurde als Friedensgedenkpark (平和公園 heiwakōen) erhalten. Auf dem Gelände befinden sich eine Reihe von Gedenkstätten, darunter eine Flamme, die erlöschen soll, wenn die letzte Atombombe verschrottet ist, die Atombombenkuppel (Ruine der Handelskammer von Hiroshima), das Friedensmuseum Hiroshima, das Kinder-Friedensdenkmal, das an Sadako Sasaki erinnert, sowie eine Erinnerungsstätte für die getöteten koreanischen Zwangsarbeiter.

Seit dem 6. August 1947 wird in Hiroshima alljährlich der Opfer des Atombombenabwurfs mit einer große Gedenkfeier gedacht.

In der Nachkriegszeit sind alle Bürgermeister von Hiroshima und Nagasaki aktive Fürsprecher für nukleare Abrüstung gewesen.

Bis zum heutigen Tage gab es keine Entschuldigung der USA bei den zivilen Opfern für den Abwurf der Atombombe auf Hiroshima.