Zum Inhalt springen

Helge Schneider

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. September 2005 um 16:58 Uhr durch 84.165.148.207 (Diskussion) (Filme). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Helge Schneider, geboren am 30. August 1955 in Mülheim an der Ruhr, wo er gegenwärtig auch wohnt, ist Schriftsteller, Film- und Theaterregisseur, Entertainer, Unterhaltungskünstler, Drehbuchautor, Komiker, Schauspieler und tief im Jazz verwurzelter Komponist, Sänger und Multiinstrumentalist (neben Gitarre, Schlagzeug, Trompete, Hammond-Orgel u.v.a. virtuos an Saxophon, Klavier und Vibraphon).

Leben

Schneider ist ein Kind des Ruhrgebiets. Schon früh wurde seine musikalische Begabung vor allem auf dem Klavier deutlich. Auch der Berufswunsch war, inspiriert von Grock dem Clown, schnell klar: „Auf der Bühne stehen, Clown sein und Musik machen.“ Anfänglich ein guter Schüler, besonders in Latein, verlor Schneider, nachdem er Marihuana zu rauchen begann und sich die Haare lang wachsen ließ, bald jedes Interesse an der schulischen Laufbahn und brach diese ohne Abschluss ab. 1972 begann er nach einer Sonderbegabtenprüfung das Pianostudium am Duisburger Konservatorium, welches er bald darauf ebenfalls abbrach, weil sein Interesse dem Jazz galt. In der folgenden Zeit versuchte er sich erfolglos in verschiedenen Berufen wie Landschaftsgärtner, Dekorateur, Tierpfleger, Bauzeichner und Polsterer.

Letztlich kam Schneider jedoch immer auf seine einzige große Leidenschaft, die Musik, zurück:

Früh begann er allein oder mit anderen Künstlern (Schneider-Weiß-Trio mit Charly Weiß, Art of Swing u.a.) aufzutreten. In diesen Jahren entwickelte er die Grundlagen seines Stils und eignete sich große Bühnenerfahrung sowie eine enorme Ausdruckspalette an. Eine kurze Episode in Schneiders langsamem Aufstieg stellte ein Engagement in Portugal dar, wo seine Gruppe es bis auf die Titelseiten einiger Zeitungen brachte. Ein weiterer Erfolg stellte sich 1975 ein, als er mit seinem Helge-Schneider-Trio (mit Mash Temme, Schlagzeug, und Kai Kanthak, Bass) Preisträger des Ikea-Jazz-Festivals wurde und 4 Jazz-Nummern auf der B-Seite einer Vinyl-Schallplatte veröffentlichte.

In der zweiten Hälfte der 1980er bis 1991 war Schneider Ko-Moderator neben Evi Seibert und Reinhold Beckmann in der TV-Musik-Sendung Offshow, in der er kleine Sketche zeigte und Musiker interviewte. Die WDR-Sendung wurde im Kölner Stadtgarten aufgezeichnet. In der Sendung „Queens Palace“ des Hessischen Rundfunks trat er mit Sketchen auf, teilweise begleitet von Hans-Werner Olm.

Bundesweit bekannt wurde Schneider ab 1990 durch seine Auftritte, einer Mischung aus absurden Geschichten, parodistischer Schlager- und Jazzmusik. Als 1993 sein Stück „Katzeklo“ in die Charts gelangte, machte Schneider endgültig den Sprung vom symptomatisch klammen Außenseiter zum erfolgreichen Entertainer und Künstler. Seitdem hat Schneider mit nahezu ungebrochenem Erfolg viele Alben, Filme und Bücher veröffentlicht.

Schneiders Begleitband war lange Zeit „Hardcore“, bestehend aus Buddy Casino (Hammond-Orgel, Klavier) und Peter Thoms (Schlagzeug, Gesang, Tanz). Beide spielten auch Rollen in Schneiders Filmen. 1999 gründete er die Band „Firefuckers“ und machte einen kurzen Ausflug in die Rockmusik. 2004 und 2005 tourte er mit einem Jazztrio, bestehend aus Schlagzeuger Pete York und Bassist Jimmy Woode, die auch als Schauspieler in seinem vierten Film „Jazzclub - Der frühe Vogel fängt den Wurm“ mitwirkten. Doch auch solo ist Schneider regelmäßig in Deutschland unterwegs.

Arbeit

Die Grundlage von Helge Schneiders Arbeit ist die Improvisation, die bei ihm zum künstlerischen Selbstausdruck und zur Lebenseinstellung wird und die er nach den Grundlagen des Jazz in alle Bereiche der Kunst überträgt. Die Texte seiner Lieder, wie auch die Inhalte seiner Erzählungen sind in keiner Weise festgelegt, sondern entstehen bei jedem Auftritt neu und werden teilweise völlig frei variiert und weiterentwickelt.

Filme

Zwischen 1993 und 2004 drehte Schneider vier Kinofilme (siehe Filmografie). Sie zeichnen sich durch schrägen Humor, die Darstellung uriger Charaktere und das streckenweise völlige Fehlen von Handlung im klassischen Sinne aus. Wie auch Schneiders Bühnenarbeit wurden die Filme weitestgehend improvisiert und teilweise mit einfachsten Mitteln realisiert. Film-Genres wie der Western oder der Krimi werden von Schneider persifliert und in ein kleinbürgerliches Ruhrgebiets-Ambiente mit autobiograpischen Anteilen übertragen.

In den 80er Jahren war Schneider als Musiker und Schauspieler an Filmen von Werner Nekes (Johnny Flash, 1986) und Christoph Schlingensief (Menu Total, 1987, Mutters Maske, 1988 und andere) beteiligt. Vor allem die Zusammenarbeit mit Schlingensief wurde für Schneider zu einer wichtigen stilistischen Inspirationsquelle. Hier erlernte er dramaturgische Techniken, die Darstellung von Typen und übernahm Stimmungsmuster in seine eigenen Filme. Die Düsternis von Schlingensiefs Filmen und seine exzessive, am Theater orientierte Dramatik jedoch ersetzte er durch eine fröhliche, oft gewollt infantile Heimat-Athmosphäre und die augenzwinkernde Darstellung von Ruhrgebiets-Alltag.

Schneiders erste eigene Film-Arbeit ist der Kurzfilm "Stangenfieber" (1987), der vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert und teilweise mit dem selben Stab wie die Schlingensief-Filme realisiert wurde.

Hörspiele

Von 1979 bis 1984 entstanden Schneiders frühe Hörspiele. Die im Keller seines Freundes Haim Hüttner auf einem einfachen Tonbandgerät aufgenommenen, von Schneider allein gesprochenen Stücke sind atmosphärische Momentaufnahmen, die aus dem Lebensalltag des Ruhrgebiets schöpfen und diesen bis zur Absurdität parodieren. Der Hörer begleitet Schneiders Figuren, wie etwa Klaus und Helmut, an die Pommesbude, zum Arzt oder zum Arbeitsamt. Auch Radio- und Fernsehsendungen wie Nachrichten, Sportschau und Werbung werden nachempfunden. Laut Schneider entstand ein Großteil der Dialoge und Charaktere aus auf der Straße aufgeschnappten Satzfetzen und Gesprächen am Nebentisch, die sich dann in nächtlichen Aufnahmen zu improvisierten Sprachexperimenten verbanden. Die einzelnen Stimmen wurden stets nacheinander aufgenommen, teilweise verfremdet und zusammenkopiert, so dass der Eindruck ensteht, man würde mehrere Personen hören. Die daraus resultierende Stimmung von nicht zuhören und dem anderen ins Wort fallen geben den Hörspielen eine latent kommunikationskritische Färbung. Bis heute greift Schneider auf seinen Alben sowie bei seinen Auftritten gelegentlich auf die Hörspiel-Form zurück.

Romane

Schneiders Romane zeichnen sich durch einen oft unkonventionellen und kreativen Umgang mit Sprache, insbesondere dem "Ruhrpott"-Deutsch, und die Überwindung jeglicher literarischer Konventionen aus.

In seinen Kriminal-Romane ermittelt der Autor selbst als Kommissar Schneider in obskuren Fällen, die durch ihre irrealen Wendungen und oft stark übersteigerte Beschreibung von Gewalt dadaistische Züge annehmen. Wichtig ist Schneider dabei vor allem, Persönlichkeit und Alltag der Hauptfigur zu beschreiben, was er auch in Film (00 Schneider - Jagd auf Nihil Baxter, 1994) und Theater (Aprikose, Banane, Erdbeer - Kommissar Schneider und die Satanskralle von Singapur) fortsetzte.

In seinem Buch Eiersalat - Eine Frau geht seinen Weg (1999) nimmt Schneider die Rolle einer Frau an und schreibt ein ins absurde überzogenes, feministisches Pamphlet gegen die Männerwelt.

In Globus Dei, 2005 berichtet Schneider von einer Weltreise, die ihn vom Nordpol nach Patagonien führte, und von der Begegnung mit vielen verschiedenen Kulturen und Menschen. Dass das Buch eine reine Kopfreise ist, schmälert nicht seine kosmopolitische Friedens-Botschaft.

Wirkung

Schneider selbst sagt von sich, seinen Beruf erfunden zu haben. Tatsächlich gibt es praktisch niemanden, der in vergleichbar authentischer Weise als Improvisationskünstler auftritt. Die Schwierigkeit Schneider in eine Schublade einzuordnen machte es ihm in der deutschen Unterhaltungswelt von Anfang an schwer. Die von ihm praktizierte Form extremen Unsinns fand schnell (vor allem junge) Anhänger, wurde aber genauso Zielscheibe heftiger Kritik. In den Medien und von Vertretern der Kultur-Elite wurde Schneiders Kunst lange Zeit als debile Unkultur und bedauernswerte Zeit-Erscheinung des Humorverfalls gegeißelt und zum Synonym für die Spaßgesellschaft im Deutschland der 90er Jahre.

Nach vielen Jahren unbeirrter und kontinuierlicher Ausarbeitung seines Profils findet Schneider heute jedoch wachsende gesellschaftliche Akzeptanz, wenngleich seine Position noch immer eine extreme ist und wohl auch bleiben wird. 2003 schaffte er mit "Mendy - das Wusical" gar den Sprung auf die Theater-Bühne und wird seitdem endgültig als Nachfolger großer deutscher Humoristen wie Christian Morgenstern und Ernst Jandl anerkannt. Seine Kunst ist heute Thema kulturwissenschaftlicher Arbeiten, wird vom Feuilleton zitiert und findet sich im Volksmund wieder. Der Begriff schneideresk bezeichnet assoziationsreichen Unsinn und verrückte Ideen.

Werk

Diskografie

Alben

  • The Last Jazz, 1987
  • New York, I am coming, 1990
  • Seine größten Erfolge, 1989
  • Hörspiele Vol.1, 1991
  • Hörspiele Vol.2, 1992
  • Guten Tach, 1992
  • Es gibt Reis, Baby (2 CDs), 1993
  • Die Geschenkkassette (5 CDs), 1993
  • Es rappelt im Karton, 1995
  • Da Humm (2 CDs), 1997
  • Helge 100% live - The Berlin Tapes, 1998
  • Martin, sein Vater und die vertraute Stimme (mitwirkend), 1998
  • We are the firefuckers, 1999
  • Eiersalat in Rock, 1999
  • Jazz (& Hardcore), 1999
  • Hefte raus - Klassenarbeit! (ltd. Ed.:2 CDs), 2000
  • 22 sehr, sehr gute Lieder ("The Best of"), 2003
  • Out Of Kaktus!, 2003
  • 29 sehr, sehr gute Erzählungen ("The Best Of"), 2004
  • Füttern verboten (Livealbum), 2004

Singles

  • Ladiladiho, 1992
  • Weihnachten bei van den Bergs, 1992
  • Katzeklo, 1993
  • Es gibt Reis, Baby ,1993
  • Katzeklo 'spectaculaire' , 1994
  • Klapperstrauß, 1995
  • Gartenzaun, 1995
  • Sex Machine, 1995
  • Fitze Fitze Fatze, 1997
  • Bonbon aus Wurst, 1997
  • Helges Beitrag zur Wahl 98 'Allein an der Bar' , 1998
  • A whiter Shade of Pale , 1999
  • Copacabana, 1999
  • Ich habe mich vertan, 2000
  • Das Mörchen-Lied, 2003

Hörbücher

  • Eiersalat - Eine Frau geht seinen Weg, 1999
  • Mendy, das Wusical, 2004
  • Aprikose, Banane, Erdbeer, 2004
  • Globus Dei, 2005

Filmografie

Eigene Filme:

Filme (mitwirkend):

Literarische Werke

Theaterproduktionen

Musicals

Mendy - das Wusical war eine Auftragsarbeit für das Schauspielhaus Bochum und Helge Schneiders erstes Stück für das Theater. Von ihm selbst inszeniert wurde es seit dem 17. April 2003 vom Bochumer Ensemble mit großem Erfolg aufgeführt. Das Stück basiert auf der Comic-Heft-Reihe "Wendy", die von einem Reiterhof handelt und sich vor allem an Mädchen richtet. Aus rechtlichen und parodistischen Gründen verdrehte Schneider aber den Namen seines Stückes und nannte es "Mendy - das Wusical".

Die Handlung beschreibt die obskuren Ereignisse im Leben der Hauptperson Mendy und ihrer Familie. Der Vater sitzt seit einem Reitunfall mit Mendys sprechendem Pferd Mocca im Rollstuhl. Die korpulente Mutter, genannt "Lady Mama" hat eine Affäre mit dem Knecht des Hofes, ohne das vor ihrem invaliden Mann zu verbergen. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände ermordet sie den Knecht versehentlich mit einem Messer. Der Vater verkauft das Pferd Mocca an einen Schlachter, um sich von dem Geld einen Porsche zu kaufen. Um ihr Pferd zu retten, gibt Mendy sich selbst dem Schlachter als Ersatz. Auf dem Weg zum Schlachthof überfährt der Vater seine Frau. Wann immer Personen in dem Stück sterben, tritt der Tod in der Figur des "schwarzen Vogels" auf. In der Schlußszene gesteht Mocca seiner Besitzerin Mendy, daß er kein Pferd, sondern ein Mensch ist. Das ungewöhnliche Stück verbindet die naive Kinderwelt der Wendy-Hefte auf humorvolle Art mit Themen wie gesellschaftlicher Ablehnung, Krankheit und Tod. Aus der Überdrehtheit der Szenen und Figuren entstehen immer wieder fast klassische Momente, die über Unsinn und Klamauk hinaus auf eine tiefere Ebene des Stückes verweisen.

Der Text des Stückes ist in einer das klassische gelbe Reclam-Design nachahmenden Ausgabe erschienen. Auch ein Hörbuch, auf CD, in dem Schneider sämtliche Rollen des Stückes spricht und sich dazu auf dem Klavier begleitet, ist erhältlich.

Theaterstücke

Nach dem Erfolg des Musicals 'Mendy - Das Wusical' am Schauspielhaus Bochum wurde dort am 21. Januar 2005 Helge Schneiders zweite Theaterproduktion uraufgeführt: 'Aprikose, Banane, Erdbeer - Kommissar Schneider und die Satanskralle von Singapur', bei der es sich um einen Krimi nach seinem gleichnamigen Kommissar-Schneider Roman handelt. Siehe auch: Artikel in Wikinews

Auszeichnungen

Zusammenarbeit

Helge Schneider arbeitete unter anderem mit folgenden Personen zusammen:

Literatur