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Einheitswagen (Schweiz, Normalspur)

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Die Personenwagen der Schweizerischen Bundesbahnen AG und verschiedenen Schweizer Privatbahnen für den Inlandverkehr werden seit Ende der 1950er-Jahren, unmittelbar nach der Abschaffung der 3. Wagenklasse 1956, als Einheitswagen (EW) bezeichnet.

Die Einheitswagen lösten die Leichtstahlwagen ab.

Merkmale

Alle Serien von Einheitswagen haben folgende Merkmale:

  • Zwei Drehgestelle mit je zwei Achsen (total vier Achsen)
  • Grossraumwagen
  • Vierer-Bestuhlung (vis-à-vis)
  • bei Ablieferung Getrennte Raucher- und Nichtraucherabteile (seit Beginn der 1990er-Jahre bis Dezember 2005 werden alle in reine Nichtraucherwagen umgebaut)
  • Leichtbauweise (ausser EW IV)

Die Serien

Von den Einheitswagen gab es vier Serien:

Einheitswagen I

Inneneinrichtung eines EW I

Die Einheitswagen I sind die Nachfolger der Leichtstahlwagen und wurden zwischen1956 und 1967 gebaut. Sie waren ursprünglich alle in SBB-Grün lackiert und hatten ein Gewicht von 28 bis 32 Tonnen.

Die grösste Serie bei den Schweizer Personenwagen waren die 2.-Klasse-Einheitswagen I, von der in 12 Jahren total 1'019 Stück gebaut worden sind.

Charakteristisch für die Einheitswagen I ist die von den Leichtstahlwagen übernommene rot-grüne Inneneinrichtung: ursprünglich sind die Sitze der Raucherabteile rot und Nichtraucherabteile grün bestuhlt. Die Fenster sind einteilig und einfachverglast; die Scheiben werden beim Öffnen bis zur Hälfte versenkt.

Einige Einheitswagen I wie auch Einheitswagen II wurden in den 1990er-Jahren für die NPZ umgebaut. Sie bekamen eine NPZ-konforme Lackierung, automatische Türen für den kondukteurlosen Betrieb und eine neue Inneneinrichtung. Sie werden im Nahverkehr sowohl als NPZ wie auch mit dem ebenfalls umgebauten SBB RBe 540 eingesetzt. Total wurden 609 Wagen EW I und EW II (Stand 1997) umgebaut.

Diese Einheitswagenserie wurde auch von vielen Privatbahnen eingesetzt.

Den grössten Umbau leistete die Schweizerische Südostbahn AG seit 1996, indem sie den Einheitswagen I eine Klimaanlage, geschlossene Toiletten, neue Drehgestelle und eine neue Inneneinrichtung eingebaut haben. Heute verkehren 37 solcher revvivo-Wagen im Voralpen-Express. Die BLS baute 2003/2004 JUMBO-Wagen auf Basis der Wagenkasten der Einheitswagen I.

Stückzahlen

Stückzahlen der SBB-Einheitswagen I Stand 1997:

Wagenklasse Baujahr Wagenbezeichnung Anzahl bei Ablieferung
1. Klasse 1958-1960 A 50 85 18-33
A 50 85 18-35
186
1. und 2. Klasse (1994-97 Umbau aus B) (1959-1962) AB 50 85 20-35 (39)
2. Klasse (39 Stück 1994-97 zu AB umgeb.) 1956-1967 B 50 85 20-33
B 50 85 20-34
B 50 85 20-35
1018
Speisewagen 1958-1961 WR 50 85 88-33 11
2. Klasse-Gepäck-Steuerwagen 1959 BDt 50 85 82-33 27
Gepäck-Post-Steuerwagen 1959 DZt 50 85 91-33 6

Die BLS besitzt heute 16 A, 56 B sowie 18 AB, welche alle inzwischen modernisiert worden sind.

Einheitswagen II

Die Einheitswagen II waren fast identisch mit den Einheitswagen I und auch im SBB-Grün lackiert. Äusserlich fallen sie durch nur noch halbhohe WC- und Plattformfenster auf. Im Gegensatz zu den EW I verfügen sie über doppelverglaste, aber ebenfalls einteilige und versenkbare Fenster. Desweiteren weisen sie eine geringere Fussbodenhöhe auf, als die EW I. Sie wurden zwischen 1965 und 1976 gebaut. Ein Teil wurde in den 1990er-Jahren für den NPZ-Betrieb umgebaut.

Im Gegensatz zu der Serie Einheitswagen I wurden in der zweiten Serie Gepäckwagen gebaut.

Bei Ablieferung wurden die EW I und EW II vor Städteschnellzugen gespannt, wo sie die Leichtstahlwagen ablösten. Die EW I wie auch EW II wurden nach dem Aufkommen der EW III und EW IV in niedere Dienste degradiert. Sie wurden bis in die 1990er-Jahren vor lok- und triebwagenbespannten Regional- wie auch Schnellzügen eingesetzt.

Heute werden nicht umgebaute Einheitswagen I und II (nach wie vor grün lackiert) vor allem bei untergeordneten Schnellzügen und Entlastungszügen eingesetzt oder als Entlastungswagen bei Zügen mit grossem Andrang. Heute werden diese nach und nach ausrangiert, da ihr Komfort (keine Klimaanlage, lärmig) und ihre etwas geringe Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h heutigen Ansprüchen nicht mehr genügen. Umgebaute dienen vorwiegend als Zwischenwagen in RBDe 560 und RBe 540-Pendelzügen.

Stückzahlen

Stückzahlen der SBB-Einheitswagen II Stand 1997:

Wagenklasse Baujahr Wagenbezeichnung Anzahl bei Ablieferung
1. Klasse 1965-1971 A 50 85 18-33 80
1. und 2. Klasse 1968-1973 AB 50 85 39-35 144
2. Klasse 1965-1974 B 50 85 20-34 276
Gepäckwagen 1968-1975 D 50 85 92-33 150
2. Klasse-Gepäck-Steuerwagen 1976 BDt 50 85 82-33 30
Gepäck-Steuerwagen 1966-1971 Dt 50 85 92-33 40

Einheitswagen III

Die Einheitswagen III wurden zwischen 1972 und 1975 gebaut, waren für die Swiss Express-Züge bestimmt und hatten eine entsprechende orange-weisse Lackierung. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug 140 km/h und sie waren konstruktionstechnisch bereits für den Einsatz von Neigetechnik vorbereitet (auffällig ist die Neigung der Seitenwände). Es handelte sich auch um die erste Serie von klimatisierten Wagen. Die 29 bis 30 Tonnen schwere Wagen erwiesen sich trotz dieser modernen Merkmale jedoch eher als Flop. Die Neigetechnik-Ausrüstung wurde nie eingebaut, die Klimaanlage war über längere Zeit nicht sehr zuverlässig, und sie liessen sich schlecht mit anderem Wagenmaterial kombinieren.

Es existieren 70 Stück dieser Einheitswagen. Sie wurden Anfang der 2000er-Jahre an die BLS Lötschbergbahn AG abgegeben und werden gegenwärtig modernisiert. Mittlerweile sind alle Wagen in den neuen BLS-Farben lackiert und werden im BLS-Schnellzugverkehr eingesetzt. Die SBB erhielten im Tausch die Einheitswagen IV der BLS.

Stückzahlen

Stückzahlen der SBB-Einheitswagen III Stand 1997:

Wagenklasse Baujahr Wagenbezeichnung Anzahl bei Ablieferung
1. Klasse 1972-1975 50 85 18-34 25
2. Klasse 1972-1975 B 50 85 29-3 35
1. Klasse und Gepäck (1 A umgebaut 1986) 1975 A 50 85 81-34 7
Speisewagen 1973-75 WR 50 85 88-34 6
Steuerwagen (1985-87 umgebaut aus B) (1975) Bt 50 85 29-34 7

Einheitswagen IV

SBB-Logo auf einem Einheitswagen IV

Auf Grund der Erfahrungen mit den Einheitswagen III entwickelte die Industrie zusammen mit den SBB die neuen Einheitswagen IV, die grün-steingrau lackiert wurden. 1981 wurden 40 der klimatisierten Einheitswagen IV in der 1. Klasse abgeliefert. 1983 kamen 2.-Klasswagen und Speisewagen dazu. Die Wagen haben ein Gewicht von 40-43 Tonnen. Einige EW IV bekamen bei der Auslieferung eine Flugzeugbestuhlung. Diese wurde teilweise in 4er-vis-à-vis-Bestuhlung umgebaut, etliche EW IV verfügen jedoch nach wie vor über einige flugzeugbestuhlte Sitzreihen.

Es wurden keine Gepäckwagen der EW IV konstruiert. Die EW IV-Züge fuhren daher mit Gepäckwagen der Serie EW II. Diese wurden für diesen Zweck pinselrenoviert, so dass sie der Farbgebung der EW IV entsprechen.

Die Einheitswagen IV waren ursprünglich für Intercitys reserviert. Mit der Einführung der Interregios übernahmen die Einheitswagen IV auch solche Züge. Heute sind diese auch gelegentlich vor RegioExpresse zu beobachten. Die Einheitswagen IV haben dabei die älteren Einheitswagen in niedere Dienste degradiert.

1997 wurden die Einheitswagen IV pendelzugfähig gemacht. Da sich die Gepäckwagen der EW II dazu nicht eignen, mussten die SBB eine andere Lösung suchen und kauften daher 35 Occassionswagen von der SNCF, welche äusserlich den EW IV ähneln. Die Steuerwagen Bt der EW IV waren Neukonstruktionen, welche auf den Einheitswagen EuroCity (Bpm RIC) basierten. Sie erhielten den Führerstand einer SBB Re 460 und besitzen 8 Sitzplatzreihen.

Im Hinblick auf die Bahn 2000 werden momentan die Höchstgeschwindigkeit der EW IV von 160 km/h auf 200 km/h erhöht und geschlossene Toiletten eingebaut. Die Wagen erhalten dabei eine neue weiss-rot-graue Lackierung und eine Inneneinrichtung, deren Farben Feng Shui-Konzepten entspricht.

Heute existieren 540 EW IV der SBB. Die BLS besass 32, die Bodensee-Toggenburg-Bahn acht und die ehemalige Schweizerische Südostbahn AG vier Einheitswagen.

Der Einheitswagen IV ist die letzte Serie von Einheitswagen. Anschliessend kamen im SBB-Wagenpark noch der Eurocity-Wagen, die Zürcher S-Bahn- und die IC-2000 Doppelstockwagen dazu (abgesehen von den verschiedenen Triebzügen).

Stückzahlen

Stückzahlen der SBB-Einheitswagen IV Stand 2002 (Laufnummern in der ursprünglichen Version ohne Umbau auf Pendelzugfähigkeiten bzw. 200 km/h):

Wagenklasse Baujahr Wagenbezeichnung Anzahl 2002
1. Klasse 1981-1992 50 85 10-731 207
2. Klasse 1983-1990 B 50 85 10-73 1 268
Speisewagen (RIC-fähig) 1983-1986 WRm 61 85 88-94 5
Speisewagen (Inland) 1986 WR 50 85 88-731 17
McDonalds-Wagen (später Coop-Rail) 1990 S 80 85 89-75 2
Papstwagen (aus B umgebaut) (1984) Salon 50 85 89-731 1
Salonwagen (RIC-fähig) 1987 Salon 61 85 89-90 2
Messwagen (aus B umgebaut, v. max. 250 km/h) (1986) X 60 85 99-90 1
Gepäckwagen (von SNCF) (1978) D 50 85 92-75 40
Steuerwagen 1996-1997 Bt 50 85 28-94 60

1Nach dem Umbau in Pendelzugwagen haben sie die Bezeichnung -75 statt -73

Weitere Serien

Die Apm- und Bpm-RIC-Wagen der SBB, besser bekannt als EuroCity-Wagen, werden teilweise als Einheitswagen V bzw. Einheitswagen EuroCity bezeichnet.

Diese RIC-fähigen Wagen dürfen jedoch im Gegensatz zu den Einheitswagen international verkehren. Die in den 1990er-Jahren gebauten Wagen haben eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h.

Schmalspurbahnen

Die neueren Wagenserien der Schmalspurbahnen der Rhätischen Bahn und der Brünigbahn der SBB werden auch als Einheitswagen bezeichnet.