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Bärtierchen

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Die Bärtierchen oder Tardigraden (zoologisch Tardigrada) sind eine als eigener Tierstamm eingeordnete Gruppe von mehrzelligen Kleinstlebewesen. Sie gehören zu den Articulata und sind - wie molekulargenetische Untersuchungen (Nelson et. al.) gezeigt haben - den Gliederfüßlern (Arthropoda) besonders nah verwandt. Siehe Systematik (Biologie)/Tierreich

Es sind etwa 600 Arten beschrieben. Die größten Arten werden 1,5 mm lang, die kleinsten erreichen weniger als 0,2 mm.

Fossile Belege gibt es nur wenige, so die Art Beorn leggi aus kreidezeitlichem kanadischem Bernstein. Auch für Ayshiaya (Kambrium) wird angenommen, dass dieses Fossil zu den Bärtierchen gehören könnte.

Kennzeichen des Körperbaus sind:

  • ventrales Strickleiternervensystem mit Ober- und Unterschlundganglion
  • 4 Beinpaare, das letzte bei Eutardigraden teilweise hinter dem After, bei einigen Arten reduziert
  • Verdauungskanal mit Mundröhre, Pharynx, Magen, Mitteldarm, Enddarm
  • Stilette als Mundwerkzeuge
  • muskulärer saugender Pharynx
  • teilweise panzerartig ausgebildete Cuticula
  • Hoden bei Männchen und Ovar bei Weibchen.

Die Fortpflanzung erfolgt bei den getrenntgeschlechtlichen Tieren durch Kopulation und Eiablage. Manche Tardigraden legen ihre Eier in die Exuvien (Häutungshemden). Zumindest eine Art betreibt Brutfürsorge (die mit Eiern gefüllte Exuvie wird über mehrere Wochen bis zum Schlüpfen der Jungtiere vom Weibchen mitgeführt). In der Regel diploider Chromosomensatz (bei einigen Arten der Eutardigraden kommen allerdings triploide Weibchen vo)

Tardigraden haben sehr viele Lebensräume erobert, von der Tiefsee (unterhalb 4.000 m) bis zum Himalaya (oberhalb 6.000 m) und von den Polargebieten bis in äquatoriale Gebiete.

Sogenannte terrestrische (landlebende) Bärtierchen (Eutardigrada) und (Echiniscoidea) leben bevorzugt im Wasserfilm, der Moose oder Flechten umgibt, sowie - in geringerer Anzahl - in Böden. In stark austrocknenden Moosen sowie in Dünen bilden sie zusammen mit bdelloiden Rotatorien (Rädertierchen) die häufigste Gruppe mehrzelliger Tiere. Auch in Meeres- und Süßgewässersedimenten können sie häufig sein (bis zu 25.000 Exemplare pro Liter Boden) und mehr als 20% der Biomasse stellen.

Bärtierchen sind sehr anpassungsfähige Lebewesen, die auch Extrembedingungen überdauern. Sie sind in der Lage, beim Fehlen von Feuchtigkeit in einen Cryptobiose genannten Zustand überzugehen, in dem alle Stoffwechselvorgänge aussetzen und in dem der Wassergehalt von über 80% auf 3% reduziert wird, wobei das Wasser durch Trehalose ersetzt wird. In diesem Zustand können Bärtierchen nach heutiger Forschung viele Jahre in völliger Trockenheit, im Vakuum, in starker Radioaktivität und anderer Strahlung, unter sehr starken Drücken bei 6000 Atü, bei minus 270 °C oder in kochendem Wasser völlig unbeschadet überleben. Bei Wasserangebot erwacht das Bärtierchen bereits nach 5 Minuten aus u.U. mehreren Hundert Jahren Trockenstarre und ist dann sofort stoffwechsel- oder auch fortpflanzungsfähig.

Der Anpassungsmechanismus ist bisher ungeklärt und Objekt der Weltraum- und Militärforschung.

Da Bärtierchen unter Bedingungen überleben, die normalerweise auf der Erde nicht auftreten, wird von manchen Forschern ein ausserirdischer Ursprung oder zumindest Aufenthalt vorgeschlagen. Nur so, nach dieser Argumentation, sei eine evolutionäre Anpassung an derartige Extrembedingungen denkbar. Traditionelle Forscher weisen darauf hin, dass der Zustand der Cryptobiose an sich evolutionär als Überlebensstrategie durchaus verständlich sei. Das Überleben der genannten Extrembedingungen wird dann als eine zufällige Mitgift der Cryptobiose angesehen.

Bärtierchen zeigen genetische Verwandtschaft mit anderen Kleinstlebewesen, die jedoch weit weniger widerstandsfähig als sie selbst sind. Befürworter eines ausserirdischen Ursprungs versuchen diese Verwandtschaft als eine Vermischung irdischer und ausserirdischer Lebensformen zu verstehen, und sprechen von neuen Theorien über den Ursprung des Lebens.

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