Zum Inhalt springen

Minoische Kultur

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. März 2003 um 13:26 Uhr durch Stefan Kühn (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.


Nach dem mythologischen König Minos wird die antike Kultur Kretas der Bronzezeit als minoisch bezeichnet. Im Unterschied dazu heißt die zeitgleiche Kultur des griechischen Festlandes helladisch. Die minoische ist die früheste Hochkultur in Europa.

Der Begriff "minoisch" wurde bereits 1883 von A. Milchhöfer verwendet und durch Sir Arthur Evans bekannt.


Geschichte

Die ältesten Besiedlungsspuren stammen aus dem Neolithikum. Ca. um 3000 v. Chr. beginnt in Kreta die Bronzezeit. In einigen Orten bilden sich wirtschaftlich dominierende Oberschichten. Ungefähr ein Jahrtausend später entstehen Paläste, wie sie in Knossos, Mallia, Phaistos, Galatas und Kato Zakros ausgegraben wurden. Um 1700 v. Chr. führt ein Erdbeben zur Zerstörung der alten Paläste und zum anschliessenden Wiederaufbau. Nach einer weiteren tektonischen Erschütterung werden die neuen Paläste etwa 100 Jahre später noch prächtiger ausgestaltet. In der Phase SM I B (s. u.) beginnt der Einfluss mykenischer Griechen auf der Insel wirksam zu werden. Wahrscheinlich um 1430 v. Chr. kommt es zur endgültigen Zerstörung der Paläste. Nur der Palast in Knossos wird wieder aufgebaut. Dort ist nun eine griechische Herrscherschicht feststellbar. Um 1330 v. Chr. wird auch der Palast in Knossos niedergebrannt.

Periodisierung

Evans führte eine Periodisierung ein, die sich hauptsächlich auf Stilvergleiche der aufgefundenen Keramik stützt. Eine zweite Einteilung stammt von Nikolaos Platon, dem Entdecker des Palastes in Kato Zakros. Diese orientiert sich an den Bauphasen der minoischen Paläste. Beide Periodisierungen sind allgemein anerkannt. Die Zuordnung der Epochen zu bestimmten Jahreszahlen ist jedoch nicht gesichert und wird weiter diskutiert. Wichtigster Anhaltspunkt für die zeitliche Einordnung sind Funde kretischer Importware in Ägypten und umgekehrt, jedoch ist auch die Chronologie Ägyptens vom jeweils aktuellen Stand der Forschung abhängig.

Periodisierungen nach Evans und Platon
Evans Platon Jahre

Frühminoisch

Vorpalastzeit

 

FM I

3000 - 2200 v. Chr.

FM II

FM III

2200 - 2000 v. Chr.

Mittelminoisch

 

MM I A

2000 - 1900 v. Chr.

MM I B

Altpalastzeit

1900 - 1800 v. Chr.

MM II

1800 - 1700 v. Chr.

MM III A

Neupalastzeit

1700 - 1600 v. Chr.

MM III B

1600 - 1550 v. Chr.

Spätminoisch

 

SM I A

1550 - 1520 v. Chr.

SM I B

1520 - 1430 v. Chr.

SM II

Nachpalastzeit

1430 - 1400 v. Chr.

SM III A

1400 - 1330 v. Chr.

SM III B

1330 - 1200 v. Chr.

SM III C

 

1200 -1100 v. Chr.

Subminoisch

 


Theorien über den Untergang

Die Vermutung, ein Vulkanausbruch auf der Insel Thera (Santorini) habe zum Untergang der minoischen Kultur geführt, gilt mittlerweile als eher unwahrscheinlich, da die jüngste in Thera aufgefundene Keramik aus der Phase SM I A stammt. Das Ereignis ist deshalb heute hauptsächlich für die Datierung dieser Epoche von Interesse. Die unterschiedlichen Einordnungen schwanken zwischen 1628 v. Chr und 1520 v. Chr.

Weiter stehen aber schwere Erdbeben, der Wegfall von Absatzmärkten für kretische Produkte oder innere Unruhen als Ursachen für den Niedergang der Minoer zur Diskussion. Sicher ist nur, dass schließlich achäische Fürsten den Palast in Knossos übernahmen. Dabei kommt eine militärische Eroberung ebenso in Betracht, wie eine Übernahme durch eine geschickte Heiratspolitik.

Die Frage nach dem Untergang der minoischen Kultur fand zu Beginn der Forschungen auch deshalb großes Interesse, weil die Minoer ohne jede Verbindung zur späteren Kultur Griechenlands verschwunden zu sein schienen. Die Entzifferung der Linearschrift B bewies aber die Anwesenheit einer griechisch sprechenden Herrscherschicht in der Nachpalastzeit. Die Kontinuität in der Kultur Kretas über den Umbruch hinweg und der Beitrag der Minoer zur Entstehung des späteren Griechentums werden seitdem immer deutlicher.


Bevölkerung

Die Besiedlungsdichte Kretas in minoischer Zeit entspricht auf dem Land etwa der heutigen. Die Städte waren jedoch deutlich kleiner als die modernen. Für Knossos schwanken die Schätzungen zwischen 10 000 und 20 000 Einwohnern. Kreta war damit für damalige Verhältnisse äusserst dicht besiedelt.

Viel zitiert ist Homers Beschreibung Kretas als Land mit 90 Städten und einem bunten Gemisch von Völkern und Sprachen (Odyssee, 19. Gesang, 173). Diese Verse beziehen sich zwar auf eine spätere Epoche, jedoch könnten schon in minoischer Zeit verschiedene Ethnien die Insel bewohnt haben.