Merw

Koordinaten: 37° 39′ 51″ N, 62° 11′ 5″ O
Merw (altpersisch: Margiana; neupersisch: مرو (Marw), auch Merv oder Mary, russ.: Мерв) war im Altertum eine Oasenstadt im Gebiet des heutigen Turkmenistan in Zentralasien. Die Ruinen der Stadt wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
Geographie
Der heutige Ort heißt Giaur Kala und liegt im Südosten des Staats am Binnendelta des Murgab nur unweit nördlich von Murgab und etwa 30 km östlich von Mary. Er befindet sich etwas nördlich des Karakum-Kanals und einem Teilstück der Trasse der Transkaspischen Eisenbahn. Der Ort war früher eine wichtige Station der Seidenstraße.
Geschichte


Der Platz ist seit der Jungsteinzeit besiedelt. Den ersten Höhepunkt erlebte Merw im 2. Jahrtausend v. Chr. Der älteste Teil ist die als Erk-Kala bekannte, 12 ha große, befestigte Siedlung.
Während des Alexanderzugs wurde Merw erobert, in Alexandria he Margiane (griech. Άλεξάνδρεια τὴς Μαργιανής / ἡ Μαργιανή) umbenannt und zu einer griechischen Polis ausgebaut. Vom Seleukidenkönig Antiochos I. wurde der Ort zerstört, aber unter dem Namen Antiochia in Parthien (Άντιόχεια τὴς Παρθίας / ἡ Πάρθη (auch: τὴς Μαργιανής / ἡ Μαργιανή)) wieder aufgebaut. Die Stadt wurde in den folgenden Jahrhunderten von den Parthern, danach bis ans Ende der Antike von den Sassaniden beherrscht.
651 n. Chr. wurde dort der letzte Sassanidenkönig Yazdegerd III. ermordet. Die Stadt fiel bald darauf an die muslimischen Araber, die das sassanidische Perserreich erobert hatten. In dieser Zeit fungierte der gelehrte Elias von Merw dort als nestorianischer Erzbischof. Der persische General Abu Muslim, mit dessen Hilfe die Abbasiden in dieser Stadt gegen die Umayyaden revoltiert haben, stammte aus Merw. Die Stadt war unter al-Ma'mun (813–833) Hauptstadt. Der bedeutendste aus Merw stammende Gelehrte war der jüdische Astronom und Astrologe Saul ben ibn Bishr. In diese Zeit fällt der Bau befestigter Burgen (Rabat), zweier buddhistischer und eines christlichen Klosters.
Merw wurde 1040 von den Seldschuken erobert. Der Schwerpunkt der Stadt verschob sich westwärts, zu einem Ort der heute Sultan-Kala genannt wird. Dieser befestigte Platz hat ein unregelmäßig rechteckiges Layout. Dort findet sich auch das Mausoleum des Sultans Ahmad Sanjar und die Zitadelle von Sahhriyar-ark aus dem 11. Jahrhundert. Das Mausoleum von Muhammed ibn Zayd, das Viertel der Töpfer und andre Ruinen finden sich in den Vororten.[1]
Bei der Eroberung unter dem Mongolen Tolui Khan, Sohn des Dschingis Khan, im Jahre 1221 wurde die Stadt zerstört und die Bevölkerung fast vollständig ermordet. Nach Meinung einiger Historiker wurden im Zuge der Belagerung mehr als 1 Million Menschen getötet, mehrere Hunderttausend davon Flüchtlinge, die in die Stadt geflohen waren. Damit ist die Belagerung eine der blutigsten Eroberungen der Weltgeschichte. Davor war Merw ein wichtiges Zentrum der Schahs von Chorasan. Es erfolgte nur ein teilweiser Wiederaufbau, dessen Ruinen als Abdullah Khan-Kala, südlich von Sultan-Kala bekannt sind.
Merw wurde vom mongolisch-turkmenischen Eroberer Timur im Jahre 1380 erneut geplündert. 1505 besetzten die Usbeken die Stadt und fünf Jahre später wurde sie wieder von Persien erobert, das bis 1524 und dann erneut von 1601 bis 1747 dort herrschte. Der Ort verlor nun jede Bedeutung.
Gezwungen von den Persern mussten die Turkmenen im 19. Jahrhundert ihre Heimat verlassen und im östlichen Chorasan und Transoxanien (zusammen bekannt als Chorasan & Mawar al-Nahr), d. h. bei Merw, siedeln. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Persien und den Turkmenen kam die Stadt 1883 durch Komarow unter russische Herrschaft und wurde 1925 Teil der Sowjetrepublik Turkmenistan. 1991 erlangte Turkmenistan mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion seine Unabhängigkeit.
Ausgrabungen
Erste Untersuchungen der über 70 km2 verteilten Ruinen fanden 1880 statt. Intensivere archäologische Untersuchungen erfolgten durch die Expeditionen unter Evgen Michael Masson 1946-53.
Die nahegelegene Stadt Mary wurde bis 1930 ebenfalls Merw genannt.[2]
Sonstiges
Die russische Staatsbank gab 1993 eine Gedenkmünze zum 2500. Jahrestag der Gründung der Stadt heraus.

Literatur
- Institut Istorii Im. Š. Batyrova. [Red. kollegija: M. A. Annanepesov (otv. red.) …]: Merv v drevnej i srednevekovoj istorii tezisy dokladov naučnogo simpoziuma [Akademija Nauk Turkmenskoj SSR]; Ašchabad 1990 (Ylym); (In kyrill. Schr., russ., Geschichte 800 v. Chr.-500)
- Edmund O'Donovan (1844-1883): The Merv oasis: travels and adventures east of the Caspian during the years 1879-80-81 including five months' residence among the Tekkés of Merv; London 1882 (Smith, Elder & Co.), 2 Bde.
- Klaus Pander: Zentralasien; DuMont Kunst Reiseführer, Ostfildern; 6. Auflage – 2005. 384 S; ISBN 3770136802
- Gabriele Puschnigg: Ceramics of the Merv oasis: recycling the city; Walnut Creek, Calif. 2006 (Left Coast Press); ISBN 978-1-59874-225-1; (Keramikfunde, Geschichte 224-651)
Einzelnachweise
- ↑ Great Soviet Encyclopedia, New York 1977, Vol. 16, S. 143
- ↑ Mayers Großes Universallexikon, Vol 9, S. 293
Weblinks
- Vorlage:Welterbe
- UCL Institute of Archaeology: Ancient Merv Project