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Wassertreter (Vögel)

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Wassertreter
Thorshühnchen
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Classis: Vögel (Aves)
Vorlage:Subclassis: Neukiefervögel (Neognathae)
Vorlage:Ordo: Regenpfeiferartige (Charadriiformes)
Vorlage:Familia: Schnepfenvögel (Scolopacidae)
Vorlage:Genus: Wassertreter
Wissenschaftlicher Name
Phalaropus
Brisson, 1760
Vorlage:Speciesen

Die Wassertreter (Phalaropus) sind eine Gattung arktischer Schnepfenvögel. Hierher gehören zwei Arten, die unter den Namen Thorshühnchen und Odinshühnchen bekannt sind. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie zu den ganz wenigen Vögeln gehören, bei denen die Weibchen farbenprächtiger als die Männchen sind.

Merkmale

Gestaltlich ähneln Wassertreter den Strandläufern, sind aber nicht so plump gebaut und wirken insgesamt zierlicher. Mit einer Länge zwischen 18 und 25 cm sind sie aber in Wirklichkeit etwas größer.

Im Gegensatz zu vielen anderen Limikolen sieht man Wassertreter selten beim Waten, sondern meistens schwimmend. Besonders im Winter sind sie sogar ausgesprochene Hochseevögel, die überhaupt keinen Kontakt zum Land brauchen. Sie liegen beim Schwimmen sehr hoch im Wasser und bewegen sich dabei mit rhythmischen Bewegungen der Füße fort; jedes Ausschlagen der Beine ist von einer Nickbewegung des Kopfes begleitet. Die Füße haben in Anpassung an die schwimmende Lebensweise zwar keine echten Schwimmhäute ausgebildet, aber auffällige Hautlappen an den Seiten der Vorderzehen, wie man sie auch beim Blässhuhn vorfindet. Diese Ähnlichkeit hat auch zu dem wissenschaftlichen Namen Phalaropus geführt (von griechisch phalaris = Blässhuhn und pous = Fuß). Hiervon leitet sich auch der englische Name phalarope ein. Der deutsche Name "Wassertreter" wirkt dagegen recht beliebig; passender für die Gattung scheint die schwedische Bezeichnung simsnäppa (Schwimmschnepfe) gewählt zu sein.

Bei Wassertretern kommt es zu einem jahreszeitlichen Gefiederwechsel. Sommer- und Winterkleid unterscheiden sich stark voneinander. Im winterlichen Ruhekleid sehen Weibchen und Männchen identisch aus und sind allenfalls durch die leichten Größenunterschiede auseinanderzuhalten. Zum Sommer hin ändert sich das Aussehen, beide Geschlechter bekommen ein farbiges Brutkleid. Die Farbgebung ist bei Männchen und Weibchen grundsätzlich identisch oder zumindest sehr ähnlich, die Weibchen haben jedoch ein deutlich leuchtenderes Gefieder, während es bei den Männchen stumpf und blass wirkt. Unter Vögeln sind lediglich zwei weitere Beispiele bekannt, bei denen die Weibchen ein auffälligeres Gefieder als die Männchen haben: die Goldschnepfen und die Laufhühnchen.

Fortpflanzung

Wenn die Vögel aus den Winterquartieren in ihre arktischen Brutgebiete zurückkehren, treffen die Weibchen in der Regel eher ein. Dies geschieht Ende Mai oder Anfang Juni. Sind zu diesem Zeitpunkt die Binnengewässer noch nicht aufgetaut, warten die Vögel einige Tage am Rand des Eises ab. Dann suchen sie Seeufer, Tümpel oder Flusstäler auf. Die Thorshühnchen bleiben dabei stets in Küstennähe, während die Odinshühnchen entlang der Flusstäler auch einige Kilometer landeinwärts brüten können.

Während das Thorshühnchen bloß konkurrierende Weibchen mit Drohgebärden fernzuhalten sucht, wurde beim Odinshühnchen die aktive Verteidigung eines Reviers festgestellt. Dieses Revier umfasst eine etwa 15 m lange Uferzone. Werden die Grenzen von anderen Weibchen überschritten, so werden diese mit Schnabelhieben vertrieben. Bei der Balz sind die Weibchen ebenfalls die aktiveren Partner. Sie unternehmen ausgedehnte Balzflüge, zu denen sie sich vom Wasser erheben, rüttelnd auf der Stelle verharren, mit ausgestrecktem Kopf rufen und sich dann wieder auf dem Wasser niederlassen. Dieses Verhalten kann Stunden währen. Wird durch diese Bemühungen ein Männchen angelockt, lässt sich das Weibchen vor diesem auf dem Wasser nieder und streckt sich flach aus, wobei es fast versinkt. Nimmt das Männchen diese Einladung zur Begattung nicht an, hebt das Weibchen Hals und Kopf senkrecht in die Höhe, ehe es erneut die Begattungsstellung annimmt, bis die Paarung endlich vollzogen ist.

Das Nest ist anfangs eine einfache Mulde, die dadurch entsteht, dass ein Vogel die Brust auf den Boden presst und sich dabei im Kreis dreht. Erst wenn die Eier abgelegt sind, polstert das Männchen die Mulde mit Pflanzenteilen aus. Ein solches Nest hat einen Durchmesser von 6 bis 10 cm (Odinshühnchen) bzw. 8 bis 14 cm (Thorshühnchen). Es werden vier Eier abgelegt, gelegentlich auch drei. Die Eiablage erfolgt beim Thorshühnchen zwischen Mitte Mai und Mitte Juli, wobei die genaue Zeit von Region zu Region unterschiedlich ist. Die früheste Eiablage (Mai) findet in Alaska statt, die späteste (Juli) in Kanada, Grönland und Sibirien. Beim Odinshühnchen erfolgt die Eiablage zwischen Anfang Mai und Anfang Juli; hier machen die Brutpopulationen in Grönland und auf den britischen Inseln den Anfang, während jene in Sibirien am spätesten dran sind.

Das Ei des Thorshühnchens hat eine Größe von 3,1 x 2,2 cm sowie eine olivgrüne Grundfarbe, auf der sich unregelmäßige, schwarzbraune Flecken ausbreiten, die zu den Polen des Eis hin größer werden. Es hat ein Gewicht von 10,2 g. Das Ei des Odinshühnchens ist geringfügig kleiner (3 x 2,1 cm) und sieht sehr ähnlich aus; die Grundfarbe geht mehr ins Olivbraune. Die Flecken sind für gewöhnlich ebenfalls vorhanden, können aber in Ausnahmefällen auch fehlen.

Bald nach dem Schlüpfen verlassen die Weibchen ihre Jungen, und die weitere Aufzucht ist Aufgabe der Männchen.

Zug und Winterquartiere

Die Weibchen verlassen die Brutquartiere oft schon zehn Tage nach der Eiablage und sind nur selten beim Schlüpfen der Jungen noch vor Ort. Entsprechend findet das Aufsuchen der Winterquartiere bei den Geschlechtern zeitversetzt statt. Auch den Rückzug in die Brutquartiere scheinen Männchen und Weibchen meistens getrennt anzutreten, wenn auch nicht mit so großem zeitlichen Abstand wie in der Gegenrichtung.

Zwar finden sich sowohl Thors- als auch Odinshühnchen während der Zugzeit an deutschen Nordseeküsten ein, doch ist dies offensichtlich nur ein Bruchteil der Populationen. Die meisten Wassertreter dürften über das Meer ziehen und keine Berührung mit dem Festland haben. Hauptsächlich nach Stürmen verschlägt es ziehende Wassertreter an die Küsten, in sehr seltenen Fällen auc ins Binnenland.

Außerhalb der Brutzeit werden Wassertreter ausgesprochene Hochseevögel, die Tag und Nacht auf dem offenen Meer leben. Ihre Winterquartiere befinden sich vor verschiedenen Küsten Süd- und Mittelamerikas, Afrikas und Asiens (siehe Verbreitungskarten). Da zum Beispiel Odins- und Thorshühnchen, die im arktischen Sommer am Nordrand Alaskas brüten, anschließend teilweise bis nach Kap Hoorn ziehen, bedeutet dies gewaltige Zugstrecken von bis zu 15.000 km. Die ausgewählten Quartiere zeichnen sich durch einen ausgesprochenen Reichtum an Plankton aus, der winterlichen Hauptnahrung der Wassertreter.

Nahrung

Die Ernährung unterscheidet sich in den Brut- und Winterquartieren. Auf See ernähren sich Wassertreter beinahe ausschließlich von Krill und nur gelegentlich auch von sehr kleinen Fischen. Sie lassen sich oft über großen Fischschwärmen nieder, um wie diese von den Mengen vorhandenen Planktons zu profitieren. Man sah auch schon Thorshühnchen, die sich auf den Rücken auftauchender Wale niederließen, um Parasiten aufzupicken. Meistens wird die Nahrung schwimmend erreicht, indem nur der Kopf eingetaucht wird; so gut wie nie sieht man Wassertreter ganz untertauchen.

Im Sommer haben Wassertreter wegen ihrer Gebundenheit ans Binnenland naturgemäß ein anderes Naturspektrum. Auch hier versuchen sie aber nach Möglichkeit, in Tümpeln, Seen und Flüssen lebende Krebstiere und Wasserkäfer zu erhaschen. In sehr flachen Gewässern sieht man oft Wassertreter, die sich schnell um die eigene Achse drehen und dabei den Bodenschlamm aufwühlen, um anschließend die aufgeschreckten Kleintiere aufzupicken. Außerdem fressen Wassertreter Fluginsekten und selten auch pflanzliche Materialien. Pflanzen scheinen aber gerade bei jungen Vögeln einen großen Anteil am Nahrungsspektrum auszumachen.

Feinde

In den arktischen Brutquartieren machen unter anderem Gerfalken, Wanderfalken, Schnee-Eulen und Raubmöwen Jagd auf Wassertreter. Gelege und Jungvögel sind vor allem durch Polarfüchse bedroht, die auf Nahrungssuche durch die Tundra stoßen. In den Überwinterungsgebieten versuchen Haie und andere Raubfische, die auf der Wasseroberfläche schwimmenden Vögel zu erbeuten.

Der Mensch nutzt die große Zutraulichkeit der Wassertreter für seine Zwecke aus. In Kanada nähern sich manche Inuit problemlos den brütenden Vögeln, um sie zu erlegen und zu essen. Der Gesamtbestand der Wassertreter ist durch diese geringfügige Jagd in keiner Weise gefährdet. Beide Arten haben ein riesiges Verbreitungsgebiet und sind insgesamt als sehr häufig zu betrachten. Für das Thorshühnchen wird ein weltweiter Bestand zwischen 1 und 1,9 Millionen Individuen angenommen, für das Thorshühnchen sogar etwa 3,5 Millionen.

Systematik

Thorshühnchen, Weibchen im Sommerkleid

Zwei Arten sind in den arktischen Tundren verbreitet:

Das Odinshühnchen wurde früher gelegentlich einer eigenen Gattung Lobipes zugeordnet, was aber heute nicht mehr üblich ist.

Eine dritte Art wird manchmal zu dieser Gattung, meistens aber zu einer eigenen Gattung Steganopus gerechnet:

Da sie in der gesamten Verhaltensweise erheblich von den vorgenannten Arten abweicht, soll sie nicht in diesem Artikel besprochen werden.

Thorshühnchen

Thorshühnchen im Winterkleid

Im Brutkleid ist das Thorshühnchen unverwechselbar. Die Grundfarbe des Gefieders ist rot, beim Weibchen leuchtender als beim Männchen. Die Kopfseiten sind weiß. Das Weibchen trägt eine schwarzbraune, das Männchen eine hellbraune Kopfkappe. Der Schnabel ist gelb mit schwarzer Spitze, wobei die Gelb-Anteile beim Weibchen größer sind.

Nach der Mauser (August bis Dezember) wechseln Thorshühnchen zum Winterkleid, in dem die Geschlechter nicht mehr auseinander zu halten sind. Auch die Unterschiede zum Odinshühnchen sind nun weniger offensichtlich. Der Vogel ist nun oberseits weißgrau und unterseits weiß. Er ähnelt nun einem Sanderling, ist von diesem aber noch durch den schwarzen Kopffleck hinter dem Auge sowie die Schwimmfähigkeit unterschieden. Zum Odinshühnchen gibt es im Winterkleid die folgenden Unterscheidungsmerkmale:

  • Der Schnabel des Thorshühnchens ist in etwa so lang wie der Kopf, beim Odinshühnchen deutlich länger; beim Odinshühnchen ist er nadeldünn, beim Thorshühnchen kräftiger
  • Der Schnabel des Thorshühnchen wird im Winter zwar schwarz wie der des Odinshühnchens, behält oft aber eine gelbliche Basis.
  • Die Oberseits ist beim Thorshühnchen einfarbig grau, beim Odinshühnchen grau mit weißen Strichen.
  • Ein im Fluge sichtbarer Flügelstreifen ist beim Odinshühnchen viel deutlicher ausgeprägt als beim Thorshühnchen.

Das Thorshühnchen hat eine hocharktische Verbreitung an den Nordrändern Kanadas, Alaskas und Sibiriens sowie auf Grönland, Island und Spitzbergen. Seine Winterquartiere liegen in den planktonreichen Meeren vor den Küsten Südamerikas, Westafrikas und Südafrikas.

Brutgebiete
Überwinterungsgebiete

Odinshühnchen

Weibchen im Sommerkleid

Das Odinshühnchen ist im Brutkleid gleichfalls unverwechselbar. Seine Oberseite ist beim Weibchen schiefergrau, beim Männchen graubraun. Die Unterseite und die Kehle sind weiß. Auffällig ist ein Fleck auf dem Vorderhals, der bis zu den Wangen hinaufreicht und beim Weibchen orangerot, beim Männchen orangebraun und zudem kleiner ist.

Im Winterkleid ähnelt das Odinshühnchen dem Thorshühnchen und ist wie dieses unterseits weiß und oberseits hellgrau. Zu den Unterschieden siehe Thorshühnchen.

Die Verbreitung ist längst nicht so hocharktisch wie beim Thorshühnchen. So finden sich Brutvorkommen auch auf den Färöer-Inseln, den Shetland-Inseln, den Orkney-Inseln und den Hebriden, sowie auf dem Festland Norwegens, Schwedens und Finnlands. Das Odinshühnchen brütet mitunter weit im Landesinneren und nicht zwingend so küstennah wie das Thorshühnchen. Die Winterquartiere liegen verstreut über tropische und subtropische Meere, aber auch an den Küsten Patagoniens und des südlichen Japans.

Verbreitungsgebiet
rot: Brutgebiete
blau: Überwinterungsgebiete

Literatur

  • Otto Höhn: Die Wassertreter (Phalaropodidae). Ziemsen, Wittenberg 1965, ISBN 3894327537