Shoemaker-Levy 9
Shoemaker-Levy 9 (kurz auch SL9) erhielt seinen Namen, weil er der neunte kurzperiodische Komet war, der von Carolyn und Eugene Shoemaker zusammen mit David Levy entdeckt wurde. Seine offizielle Bezeichnung ist D/1993 F2 (Shoemaker-Levy). Das „D“ in seiner Bezeichnung steht für das englische „disappeared“ („verschwunden“) und zeigt an, dass der Komet nicht mehr existiert, nachdem er im Sommer 1994 auf den Planeten Jupiter eingeschlagen ist.
Entdeckung
Der Komet wurde erstmals auf einem Foto nachgewiesen, das am 24. März 1993 mit einem 40cm Schmidt-Teleskop am Mount Palomar Observatorium in Kalifornien aufgenommen wurde. Die Beobachtung wurde in der Folge von anderen Astronomen bestätigt. Rasch wurde klar, dass es sich um einen ungewöhnlichen Kometen handelt: Er befand sich offenbar nahe am Planeten Jupiter, und war in mehrere Fragmente zerbrochen.
Umlaufbahn
Vermutlich schon während der 1970er Jahre geriet der Komet unter die starken Gravitationskräfte des Jupiter und wurde so als Quasisatellit in eine stark elliptische Bahn um den Planeten Jupiter gezwungen. In der Folge passierte er im Juli 1992 Jupiter innerhalb der Rochegrenze. Durch die enormen Gezeitenkräfte zerbrach der Komet, der ursprünglich einen Durchmesser von rund 2 km gehabt haben dürfte, in 21 Fragmente zwischen 50 und 1000 m Größe, die sich auf einer mehrere Millionen Kilometer langen Kette aufreihten. Zur Unterscheidung wurden die Fragmente mit den Buchstaben „A“ bis „W“ bezeichnet.
Aufgrund der Nähe zu Jupiter unterlag die Bahn des Kometen großen Störungen. Die in der nebenstehenden Tabelle angegebenen Bahnelemente beschreiben die Umlaufbahn des Kometen im Mai 1993 aus heliozentrischer Sicht: Mit einer großen Halbachse von 5,16 AE, einer Exzentrizität von 0,07 und einer Bahnneigung von 1,4° ist die Bahn der des Jupiter (großen Halbachse 5,20; Exzentrizität 0,05; Bahnneigung 1,3°) sehr ähnlich, zumal der Komet ja von Jupiter „eingefangen“ wurde. Aus Sicht des Jupiter bewegte sich der Komet auf einer stark elliptischen Bahn (Exzentrizität > 0,99) im Abstand von bis zu 0,33 AE um den Planeten.
Nur zwei Monate nach der Entdeckung zeigte die Bahnbestimmung der Astronomen, dass die Kometenstücke im Juli 1994 auf dem Planeten Jupiter einschlagen würden.
Einschlag auf Jupiter


Zwischen dem 16. Juli und dem 22. Juli 1994 schlugen die Bruchstücke des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf Jupiters südlicher Hemisphäre mit einer Geschwindigkeit von 60 km/s ein, und setzten dabei die Energie von 50 Millionen Hiroshima-Bomben frei. Dies war das erste Mal, dass die Kollision zweier Körper des Sonnensystems und die Auswirkungen eines solchen Impakts direkt beobachtet werden konnte.
Obwohl die Einschlagstelle aus Sicht der Erde knapp hinter dem „Rand“ Jupiters lag und somit nicht direkt einsehbar war, konnten die Astronomen bei den Einschlägen sogenannte „Plumes“ (heiße Gasblasen, ähnlich einem „Atompilz“) über den Rand Jupiters aufsteigen sehen. Aufgrund der raschen Rotation von Jupiter wurden die Einschlagstellen nur wenige Minuten nach den Impakten von der Erde aus sichtbar. Es zeigte sich, dass sich dunkle Flecken mit Durchmessern bis zu 12,000 km in der Atmosphäre Jupiters hinterlassen hatten, die über Monate hinweg sichtbar blieben.
Einzig die Raumsonde Galileo konnte aus einer Entfernung von 1,6 AE die Einschläge direkt beobachten. Aufgrund einer defekten Parabolantenne waren die Kapazitäten der Raumsonde für die Datenübertragung allerdings beschränkt, und es konnten nicht alle Messwerte zur Erde übermittelt werden.
In den Spektren der Plumens wurden große Mengen von molekularen Schwefel (S2) und Kohlenstoffdisulfid (CS2) gefunden, mehr als man durch die Explosion eines vergleichsweise kleinen Kometenkerns freigesetzt werden könnte. Man vermutet den Ursprung daher in tieferen Atmosphärenschichten des Jupiter. Weitere nachgewiesene Moleküle sind Kohlenstoffmonoxid (CO), Ammoniak (NH3) und Schwefelwasserstoff (H2S). Auch Emissionslinien von Eisen, Magnesium und Silizium wurden beobachtet: Die Hitze der Explosionen muss also ausgereicht haben, um diese Metalle zu verdampfen. Wasser wurde in geringeren Mengen beobachtet, als das zunächst erwartet worden war. Vermutlich wurden die Wassermoleküle aber durch die Hitze aufgespalten.
Die Kollision wurde nicht nur von den Astronomen, die in dieser Woche nahezu alle verfügbaren Beobachtungsmöglichkeiten auf Jupiter richteten, sondern auch in den Massenmedien mit großem Interesse verfolgt. Erstmals wurden hierbei auch einer breiten Öffentlichkeit die Möglichkeiten des Internet bewusst, da sich nun jeder auf den diversen Websites die aktuellen Bilder und Informationen selbst besorgen konnte, ohne hierbei auf die Medien angewiesen zu sein.
Weblinks
- ESO-Homepage zum Impakt von Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter (Englisch)
- Bildersammlung zum Impakt von Shoemaker-Levy 9 auf Jupiter (Englisch)
Literatur
- D. Fischer, H. Heuseler: Der Jupiter Crash, Birkhäuser Verlag, 1994, ISBN 3-7643-5116-0