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Ölfördermaximum

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Mit Peak-Oil (aus dem Englischen, oder auch Hubbert peak), Ölspitze bzw. Erdölproduktionsspitze wird der Scheitelpunkt der Fördermenge einer Ölquelle bezeichnet. Dieser markiert nicht das vollständige Verschwinden des Öls. Die Verfügbarkeit wird aber ab dann stetig schlechter und folglich steigt der Preis stetig an.

Historische Entwicklung des Begriffs

Die Ölproduktion ausserhalb der OPEC und früheren Sowjetunion (FSU) hat den Höhepunkt überschritten und fällt seit dem ab. Die Ölproduktion der OPEC und FSU steigt jedoch weiter. Quelle: Strategic Significance of America's Oil Shale Resource: Volume I - Assessment of Strategic Issues
Die Gaußsche Glockenkurve wird als Modell für die Entwicklung der Erdölförderung verwendet

Untersuchungen des US-Ölgeologen M. King Hubbert aus den 1950er Jahren zufolge, ähnelt der Verlauf der Produktionsmenge einer Ölquelle einer Glockenkurve. Nach einer anfänglichen Steigerung fällt nach Überschreiten des Maximums die Fördermenge stetig ab. Peak-Oil markiert dabei den Zeitpunkt, an dem eine Ölquelle etwa zur Hälfte ausgebeutet ist. Im Verlaufe der Nutzung der weltweiten Ölvorräte wurde diese These weitgehend bestätigt. In den USA beispielsweise war das Fördermaximum Anfang der 1970er Jahre. Seitdem geht dort die inländische Förderung zurück. Dass dort und in anderen Industriestaaten seither dennoch der Verbrauch anstieg, liegt an der weltweiten Erschließung weiterer Ölfelder. Die Summe der Förderkurven aller Ölquellen kann ebenfalls durch eine Glockenkurve angenähert werden.

Manche Experten halten die üblicherweise genutzte statische Reichweite der Erdölreserven der Erde (BP: geschätzt ca. 40-50 Jahre) für irreführend, da darin weder ein steigender Ölbedarf noch die Auswirkungen auf den Weltmarktpreis berücksichtigt werden. Peak-Oil sei deshalb von zentraler Bedeutung, weil damit zu rechnen ist, dass mit deren Erreichen der Preis überproportional ansteigen wird und eine letzte, finale Ölkrise auslöst. Nicht mehr primär die Nachfrage wird dann den Preis auf dem Markt regulieren, sondern das immer knappere Angebot (sog. "sellers market").

Peak-Oil der Gegenwart

Einige Stimmen sagen, dass Peak-Oil außerhalb des Gebietes der OPEC schon im Jahr 2000 überschritten wurde (andere Meinungen gehen hier vom Jahr 2010 aus). Dies hätte zur Konsequenz, dass die OPEC wieder mächtiger und einflussreicher wird. Sie kann die Förderquote und damit den Preis bestimmen und wachsenden politischen Druck auf die Industrienationen ausüben, da ein immer größerer Anteil der Weltölförderung auf ihrem Territorium erfolgt, insbesondere in Saudi Arabien, Irak und Iran.

Die an einigen Stellen zu beobachtende Zurückhaltung beim Neubau von Pipelines und Raffinerien könnten die Zeichen einer "untergehenden Industrie" darstellen. Wenn sich dort große, langfristige Investitionen nicht mehr lohnen, werden sie nicht mehr getätigt. Statt dessen wird mit dem vorhandenen Material unter Vollast produziert. Indizien könnten u.a. der nicht stattfindene Neubau von Öltankern, die maroden Förderanlagen in Russland und am kaspischen Meer, der schleppende Aufbau der irakischen Ölproduktion oder die vollausgelasteten, überalteten Elektrizitätswerke und Raffinerien in USA sein. Diese Umstände können schon bei kleinen Störungen und Engpässen zu erheblichen Auswirkungen auf den Ölmarkt und den Preis führen (Volatilität). Ein weiterer Grund für erhebliche Turbulenzen an den Ölmärkten kann das Verbraucherverhalten und die Intervention von Spekulanten darstellen. Peak-Oil wird deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit von massiven Preisschwankungen und auch temporären Förderungsrückgängen begleitet sein, bevor der finale Preisanstieg beginnt.

Einige Experten halten eine übertriebene, von den Industrienationen oft geforderte, Steigerung der Fördermenge für letztendlich schädlich, da hohe Extraktionsraten ein Ölfeld irreversibel beschädigen oder dazu führen können, dass ein gesteigerter Prozentsatz an schlecht oder gar nicht förderbarem Öl im Feld zurückbleibt. Bei kleineren Ölfeldern in Syrien wurde dieser Effekt bereits beobachtet. Dies könnte bereits bestehende und einkalkulierte Prognosen über Öl-Reserven nachträglich negativ beeinflussen. Ein solcher Umstand bei einem großen Feld wie beispielsweise Ghawar (Saudi Arabien) würde vermutlich Panikreaktionen hervorrufen. Dort wurden wegen der nachlassenden Ergiebigkeit bereits "Flaschenbürstenbohrungen" mit Wasserinjektionen durchgeführt.

Die auf einen steigenden Ölpreis folgende Rezession wird den Ölabsatz sinken lassen und vorübergehende Preisnachlässe und Förderrückgänge bewirken. Das Sparverhalten von Verbrauchern oder staatliche Interventionen, etwa bei der Reduzierung von Hochverbrauchs-PKW (SUVs), können ebenfalls zu temporären Preiseinbrüchen und damit zur Streckung der Vorräte führen.

Finanziell gut ausgestattete Weltregionen werden bei einem steigenden Ölpreis den Hauptanteil der Weltölproduktion absorbieren, was zu einer Benachteiligung der Entwicklungsländer führen muss. Dort werden dann wirtschaftliche Probleme (Hungernot, Verteilungsprobleme) wahrscheinlicher.

Pessimistische Stimmen halten Peak-Oil deshalb für den Wendepunkt in der Geschichte der industrialisierten Welt, da diese in allen Bereichen von ausreichend billigem Öl abhängig war und ist. Dies gilt insbesondere für die industrialisierte Landwirtschaft, welche nur unter Verwendung von fossiler Energie (Kohle, Öl) zu der heutigen Leistungsfähigkeit gelangen konnte.

Sinkt jedoch die agrarische Kapazität, etwa durch Verminderung des Düngemittel- oder Pestizideinsatzes, des Maschineneinsatzes oder fallen Futtermittel und billige Transportwege aus, dann steigen die Preise für Lebensmittel an. Aus diesem Grunde könnte die Fähigkeit und die Bereitschaft in der Bevölkerung sinken, Nachwuchs in die Welt zu setzen. Langfristig würde dann die Weltbevölkerung dem Verlauf der Glockenkurve folgen und stetig abnehmen. Es ist anzunehmen, dass dies nicht ohne Probleme vonstatten gehen kann.

Zukunftsszenarien

Neue Erdöl-Quellen

Dass noch weitere, große fossile Quellen entdeckt und erschlossen werden, ist in der Fachwelt umstritten. Trotz intensiver Suche wurden seit Jahren keine Erdölfelder mehr entdeckt, die den gewachsenen Bedarfen nur annähernd entsprächen. Momentan deckt der geringe Ölpreis die hohen Kosten für die notwendigen Erschließungsvorhaben noch nicht ab. Bei einem Anstieg des Ölpreises erscheint es einigen Experten als lohnenswert, bisher nicht intensiv untersuchte Gebiete (z.B. Sibirien) anzugehen.

Als Hauptgrund, der gegen den Aufschluss "unkonventioneller" Erdölquellen spricht (Ölschiefer, Tiefseebohrungen, Sibirien- oder Alaska-Exploration, Bitumen etc.), wird angeführt, dass zu deren Förderung und Raffinierung mehr Energie-Einsatz vonnöten ist, als am Ende in Form von Erdöl aus dem Boden herauskommt. Ein weiterer Grund ist, dass diese Quellen oft in ökologisch sensiblen Gebieten liegen, die irreparabel beschädigt werden könnten.

Bessere Nutzung vorhandener Lager

Mit der heute eingesetzten Technik werden die bekannten Öllagerstätten nicht vollständig ausgenutzt. Dies liegt daran, dass der Aufwand für die Entwicklung und der Einsatz von Techniken, die eine bessere Ausnutzung ermöglichen, nicht lohnend ist. Mit einem steigenden Ölpreis wird es aber sehr wahrscheinlich lohnend werden, mit höherem Aufwand eine bessere Ausnutzung zu erreichen. In der Vergangenheit ist die Verbesserung der Fördereffizienz eine der wichtigen Quellen für zusätzliche Ölreserven gewesen.

Neue Energiequellen

Die Menschheit hat im Laufe der Geschichte immer bessere Energiequellen entdeckt. Zuerst wurde Holz durch Kohle ersetzt, dann Kohle durch Erdöl. Sollte es wieder gelingen, eine neue und vielleicht noch bessere Energiequelle zu finden, dann wären die Energieprobleme, die auf Peak-Oil zurückzuführen sind, entschärft. Als beständigste und ergiebigste Energiequelle erscheint dabei die Nutzung der Sonne. Sowohl die direkte Nutzung der Sonnenenergie mittels Solartechnik als auch die indirekte Nutzung mittles Bioenergie, Wasserkraft und Windenergie, welche allesamt aus der eingestrahlten Sonnenenergie resultieren, kommen als Energiequellen in Frage.

Weiter stehen Pflanzenöl und eine der Abwandlungen Biodiesel als Alternativen bereit. Kurzfristig steht die Verwertung bereits erschlossener Erdgasvorkommen im Vordergrund. Als ebenfalls aussichtsreich wird von einigen Experten die Kernfusion angesehen, mit der Strom und daraus per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt werden kann. Allerdings wird angenommen, daß bis zur technischen Nutzung noch etwa 50 Jahre vergehen werden. Somit dürfte angesichts der sich im Moment abzeichnenden Energieproblematik die Kernfusion eher als langfristige Energiequelle eine Rolle spielen.

Für die wesentlich gravierendere Frage, wie die Weltökonomie ihre immensen Transportbedarfe ohne preiswertes Erdöl (Benzin, Diesel, Kerosin) bewältigt, sind noch keine zufriedenstellenden Alternativen erkennbar. Die Umstellung müsste aber bereits jetzt in Angriff genommen werden, da das verfügbare Zeitfenster mit - je nach Schätzung - 5 bis 15 Jahren bis zum Erreichen eines umfassend auf die Weltökonomie durchschlagenden Maximums der Ölförderung mit Sicherheit als viel zu klein betrachtet werden muss.

Marktlösung

Die Idee der Marktlösung besteht im Glauben, dass der Markt das Problem im Zuge von Angebot und Nachfrage praktisch von alleine löst. Es wird angenommen, dass sogenannte unkonventionelle Ölvorkommen (Ölsand, Ölschiefer) mit steigenden Ölpreisen profitabel werden. Problematisch dabei ist, dass die Energiebilanz außer acht gelassen wird, beziehungsweise, dass mit steigendem Ölpreis natürlich auch die Kosten für die Förderung von Öl steigen. Einige Experten gehen davon aus, dass die oft zitierten, riesigen Ölsand-Vorkommen in Kanada, nicht im vorgesehenen Maße ausgebeutet werden können, weil dazu mehr Energie notwendig ist, als die Ausbeutung einbringt. Dabei ist es völlig unerheblich, wie hoch der Preis auch ansteigen mag.

Kernspaltung

Die Kernspaltung stellt eine Möglichkeit dar, die Stromversorgung mittelfristig zu stützen. Allerdings ist auch das Uranvorkommen stark begrenzt. China hat 2004 angekündigt, bis 2020 insgesamt 30 neue Reaktoren zu bauen und auch in Finnland wird ein AKW gebaut. Die Gründe dafür liegen aber vermutlich weniger in Angst der Regierungen vor einer nahenden Ölspitze, als den vergleichsweise geringen Treibhausgas-Emissionen durch Kernkraftwerke. Daneben existieren auch Bemühungen der Energiekonzerne selbst, den vielerorts beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft rückgängig zu machen.

Auch die Kernspaltung bietet kaum eine Lösung für Düngererzeugung und Transport. Mit Strom kann Wasserstoff hergestellt werden, mit welchem dann auch Fahrzeuge betrieben werden können. - Doch diese Technik erweist sich als recht aufwendig in der Entwicklung. Zudem ist es schwierig abzusehen, zu welchem Zeitpunkt der Abbau der globalen Uran-Bodenschätze im Vergleich zu anderen Energieformen unwirtschaftlich wird.

Erneuerbare Energien

Im allgemeinen werden Wasserkraft, Windenergie, Sonnenenergie, Biomasse (z.B. Pflanzenöl) und Geothermie als erneuerbare Energien zusammengefasst. Wasserkraft wird seit mehr als 100 Jahren zur Elektrizitätsgewinnung benutzt. Die Mehrzahl geeigneter Stauseen ist schon angelegt, so dass nur noch wenige zusätzliche Ausbaukapazitäten bestehen. Windenergie erzeugte bereits im Jahr 2004 ca. 5,8 Prozent des deutschen Stroms. Geplante Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee stellen ein weiteres Ausbaupotenzial dar. Auch die Solarenergie gewinnt weltweit an Bedeutung.

Die Gezeiten der Meere lassen sich durch Gezeitenkraftwerke nur an wenigen Orten nutzen. Meereswärmekraftwerke wurden bislang nur als kleine Versuchsanlagen realisiert; die Nutzleistung ist im Vergleich zu den Konstruktionskosten erheblich. Die ersten Wellenkraftwerke sind in der Probephase. Hier wird die Wellenenergie in mechanische Energie umgewandelt, welche dann einen Generator zur Stromerzeugung antreibt.

Die Gesamtenergiebilanz von Pflanzenölen wird unterschiedlich bewertet: Sowohl Düngung als auch großflächiger Anbau sind energieaufwändig und mit allen Problemen von Monokulturen behaftet. Andererseits entfällt der Energieaufwand für lange Transportwege und für die Verarbeitung in Raffinerien, da Pflanzenöle ohne weitere Verarbeitung genutzt werden können. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die CO₂-Neutralität der Verbrennung von Pflanzenölen.

Die Potentiale der erneuerbaren Energien sind erheblich. Bei der Sonnenenergie z.B. würde bei einem Wirkungsgrad der Umwandlung von 10% eine Fläche von 700 km x 700 km in der Sahara den Weltenergiebedarf theoretisch komplett decken. Geothermische Blockheizkraftwerke könnten in Deutschland mittelfristig etwa die Hälfte des nationalen Energiebedarfs abdecken.

Umgestaltung der Wirtschaft

Durch die große Abhängigkeit des Transportwesens, der Landwirtschaft und der Industrie wird es zu sehr großen Problemen kommen, sobald das Angebot an Erdöl nicht mehr den Bedarf vollständig befriedigen kann. Insbesondere die Tatsache, dass zur Erzeugung von Düngemitteln viel Erdöl benötigt wird, gibt Anlass zur Sorge. Selbst wenn die Stromversorgung mit Kernenergie oder alternativen Energiequellen aufrechterhalten werden kann, so wird ein Mangel von Erdöl große negative Auswirkungen auf praktisch alle Bereiche des Lebens für alle haben. Man kann aber auch annehmen, dass sich ein größerer Teil des Bedarfs vorerst von dem dann teuren Erdöl auf billigeres Erdgas u.ä. verlagern wird, was natürlich die Problematik nur verzögert. Allgemein ist mit einer Umgestaltung der Wirtschaftsweise zu rechnen: Die heutige Abhängigkeit von Mineralöl wird sich aufgrund des Peak-Oil-Problems mittel- bis langfristig auflösen müssen. Damit einhergehend wird sich die Art des Wirtschaftens verändern, beispielsweise hin zu einer mehr regionalen Wirtschaftsweise, die durch kürzere Transportwege und ein höheres Maß an regionaler Selbstversorgung die Abhängigkeit von Mineralöl verringert.


Literatur

siehe auch

Zitate

"If the problem of Social Security is equivalent to the tidal wave produced by the hurricane, then this peak oil problem is equivalent to the tsunami".(Conservative Congressman Roscoe Bartlett, Chairman of the Projection Forces Subcommittee of the Armed Services Committee, in an hour long presentation on Peak Oil to the US Congress, March 14, 2005)[[1]]