Horrorfilm
Horrorfilm ist die Bezeichnung eines Film-Genres, das vor allem Entsetzen und Angst als Reaktion der Zuschauer hervorrufen will und sich dabei meist typischer Elemente bedient.
Allgemeines
Von Horrorfilm kann man sprechen, wenn ein Film entweder oft verwendete Werkmerkmale aufweist oder bei den Zuschauern bestimmte Reaktionen, wie Angst und Entsetzen, hervorruft.
Eines der typischsten Werkmerkmale ist eine übernatürliche Bedrohung, die meist nicht rational erklärt werden kann, wie beispielsweise der Nebel in The Fog – Nebel des Grauens. Oftmals stellen aber auch nichtmenschliche Wesen die Bedrohung dar, wie zum Beispiel Vampire, Werwölfe, Gespenster, Zombies oder Aliens, die physikalische und physische Gesetze verletzen, indem sie der Schwerkraft trotzen und fliegen oder unsterblich sind.
Trotzdem gelten die physikalischen Gesetze und der Rationalismus unseres Alltags in der Welt, die im Horrorfilm kreiert wird, das heißt Hexen sind kein normaler, akzeptierter Bestandteil der Welt, wie das bei Märchen und Fantasyfilmen der Fall ist.
Besonders typisch für den klassischen Horrorfilm ist das regelmäßige Auftauchen bestimmter Rollen, so zum Beispiel der Wissenschaftler, der die Übertretung der physikalischen Gesetze bestätigt, wodurch das volle Ausmaß der Bedrohung erst deutlich wird. Weiterhin gibt es die „jungfräuliche Braut“, den „Held und Bräutigam“, außerdem meist eine vaterähnliche Figur und natürlich den Bösewicht. Am Beispiel der Dracula-Verfilmungen zeigt sich dieses Muster deutlich. Minna wird von Jonathan, ihrem Verlobten, mit Hilfe von Dr. van Helsing, einem Gelehrten, aus den Klauen des Monsters Dracula befreit.
Außerdem spielen einige Horrorfilme in einem gotischen Haus, das mit seinen vertikalen Linien, Treppenfluchten und Fluren bis heute nichts von seiner Attraktivität verloren hat (siehe Sigmund Freud: Über das Unheimliche). Beispiele für Filme, in denen das Haus eine wichtige Rolle spielt, sind Das Geisterschloss, Haunted Hill und Stephen Kings Haus der Verdammnis.
Zu den wesentlichen Theorien über den Horrorfilm zählen die psychoanalytische Interpretation, die feministische Theorie und die soziale Theorie des Horrorfilms.
Reaktionen, die Horrorfilme beim Zuschauer hervorrufen, sind unter anderem Angst, Schrecken und Ekel. Zu diesen Reaktionen kann es auch bei anderen Filmen kommen, wie zum Beispiel bei einem Dokumentarfilm über medizinische Operationen. Der Horrorfilm nutzt Elemente des Horrors, um Schrecken und Spannung beim Zuschauer entstehen zu lassen.
Horrorfilme rufen wie kaum ein anderes Filmgenre zwiespältige Reaktionen und deutliche Ablehnung hervor. Während etwa dem Kriminalfilm gegenüber eine gleichgültige Haltung eingenommen werden kann, gibt es diese Einstellung gegenüber Horrorfilmen selten. Nahezu in jedem Land wird die Darstellung von Gewalt im Film kontrolliert und gegebenfalls zensiert. Deshalb wird kaum ein Horrorfilm dem Publikum vollständig gezeigt, was erklärt, warum sich die Lauflängen der Filme in verschiedenen Ländern unterscheiden.
Die Wirkungstheorien gehen einerseits davon aus, dass der Zuschauer von Aggressionen befreit wird und andererseits, dass der Zuschauer sich an Gewalt gewöhnt hat und auch im Alltag Gewalt toleranter gegenübersteht und nicht mehr auf die Opfer eingeht. Wissenschaftliche Untersuchungen unterstützen eher den Desensibilisierungs-Effekt.
Bis in die 1930er Jahre kann man auf Seiten der Zuschauererwartung noch nicht von einem Genre des Horrorfilms sprechen, da es einen entsprechenden Grundstock an Filmen noch nicht gab. Erst die Verfilmungen von Bram Stokers Roman Dracula aus den Jahren 1921 und 1931, der zum erfolgreichsten Stoff der Horrorfilmgeschichte und der Filmgeschichte überhaupt wurde, und von Mary Shelleys Frankenstein stießen die Produktion zahlreicher Varianten an.
Entwicklung
Der klassische Horrorfilm
Bereits um 1910 gab es die ersten Frankenstein-Verfilmungen, von denen nur wenige bis heute erhalten sind.

1921 wurde im Stummfilm Nosferatu, eine Symphonie des Grauens vom Friedrich Murnau das Dracula-Motiv erstmals verwendet, obwohl der Vampir wegen Streitigkeiten über die Rechte an dem Stoff in Graf Orlok umbenannt wurde. Dieser wurde von Max Schreck so überzeugend gespielt, dass einige Zuschauer davon überzeugt waren, einen echten Vampir vor sich zu haben. Auf diesem Gerücht sowie auf den Dreharbeiten zu Nosferatu basierte der 2000 gedrehte Horrorfilm Shadow of the Vampire mit Willem Dafoe in der Rolle des Max Schreck.
10 Jahre später drehte Tod Browning Dracula mit Bela Lugosi als vampirischem Graf und erweiterte mit diesem Film die Grundlage für das Genre Horrorfilm.
Im selben Jahr entstand auch Frankenstein von James Whale. Boris Karloff spielte das von Dr. Frankenstein künstlich erschaffene Wesen, das unwissend, unglücklich und unverstanden umherwandert und schließlich gewalttätig wird. Auch dieser Filmstoff wurde sehr beliebt. 1935 folgte schon die Fortsetzung Frankensteins Braut und bis weit in die 1940er Jahre wurde das Thema immer wieder aufgegriffen. Erst dann ließ die Begeisterung langsam nach, wofür die sinkende Qualität der Verfilmungen verantwortlich sein könnte.
Im klassischen Horrorfilm kam die Bedrohung, das „Andere“, meist aus exotischen Ländern, zum Beispiel aus Transsilvanien (Dracula) oder Ägypten (Die Mumie), und bedrohte häufig die Braut des Helden. Es wurde brutal zerstört oder getötet, damit die Ordnung der Gesellschaft mit ihren klassischen, konservativen Rollen- und Moralvorstellungen wiederhergestellt werden konnte.
Während der Kriegsjahre wurden kaum Filme mit grafischer Gewalt produziert, der tatsächliche Horror spielte sich auf den Schlachtfeldern ab.
In den 1950ern war der Horrorfilm meistens eine Variante des gruseligen Sciencefiction-Films. Zielgruppe waren zumeist Kinder oder Jugendliche, zum Beispiel I was a Teenage Werewolf.
Der postmoderne Horrorfilm
Mitte der 1960er kamen mit Peeping Tom, Psycho und Die Nacht der lebenden Toten (1968) die ersten Genre-Filme für Erwachsene, in denen explizit Bezug auf das alltägliche Leben der Zuschauer genommen wurde. Die Bedrohung kam nicht mehr aus einer anderen Zeit oder einer anderen Welt, sondern war in die normale Lebenswelt eingegliedert. Die Grenzen zwischen den Bösen und den vermeintlich Guten wurden verwischt. Aus den Visionen der Tabu-Verletzung als Gefahr für das Individuum (zum Beispiel in Frankensteins Monster: Wenn du gottgleich die Grenze zwischen Leben und Tod überschreiten willst, gerät dein Plan, eine Familie zu haben, in Gefahr) wird eine Apokalypse für die ganze Gesellschaft, das heißt der Fehler eines Einzelnen kann alle töten. Das gute Ende ist nicht mehr Gewissheit, sondern häufig siegt die Bedrohung, wobei Night of the Living Dead eine Einzelstellung einnimmt, hier sterben alle Protagonisten. Außerdem begründete Night of the Living Dead die Erwartung immer stärkerer Effekte bezüglich der dargestellten Gewalt und der zerstörten Körper.
Später begründete John Carpenter mit dem ersten Halloween-Film das Subgenre des modernen Slasherfilms und trat eine Welle von Serien los wie Freitag der 13. oder A Nightmare on Elm Street, in denen junge unbekannte Schauspieler eine ideale Projektionsfläche für ein jugendliches Publikum boten. Auslöser war die Erfolgswelle der Horrorliteratur. Erst mit dem Film Scream Ende der 1990er erkannte man, dass es wieder ein Interesse an dieser Art von Filmen gab. Die Folge: Zwei Fortsetzungen von Scream sowie mehrere Teile von Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast, Düstere Legenden oder Final Destination. Diese Horror-Welle richtete sich im Wesentlichen an ein jugendliches Publikum und setzte deshalb auch auf ebenso junge Schauspieler.
Nachdem Splatter, Gore, Slasher und Mondo-Horrorfilme die Grenzen des Darstellbaren weitgehend ausgereizt hatten und ein Umschlagen in die Parodie erfolgt war (Braindead), kam es mit der asiatischen, vornehmlich japanischen Filmserie Ring zu einer neuen Wendung in dem Genre. Die explizite Gewalt verschwand zunächst wieder von der Leinwand, neue Sound-Art und optische Effekte bereiteten das Grauen. The Eye (2002) war ein positiver Horrorfilm mit mehreren bemerkenswerten Besonderheiten: Es gab a) fast keine Männer – und keine Vaterfiguren, b) keine explizit böse Macht, sondern nur unglückliche Tote und c) anders als im postmodernen Horrorfilm ein positives, lebens- und gesellschaftsbejahendes Ende.
Berühmte Horrorfilme
Siehe auch: Horror
Weblinks
- http://retro-park.de/download/ – Das Dokument des Grauens, eine Geschichte des Horrorfilms
- filmforen.de – offene Bibliografie zum Horrorfilm (wird ständig erweitert)
- GruselSeite.com – Horrorfilm-Infos und -News
- Horror-Splatter.de – Forum und Regionales zum Thema