Homöopathie
Die Homöopathie ist eine kontroverse Heilmethode. Sie wurde von Samuel Hahnemann begründet und hat auch heute viele Anhänger. Sie wird in Deutschland vor allem von Heilpraktikern angewendet. In Österreich dürfen nur Ärzte Homöopathie nach einer speziellen Ausbildung verwenden.
Die Homöopathie beruht auf zwei wesentlichen Grundsätzen:
- 1.) Similia similibus curentur (Ähnliches mit Ähnlichem behandeln).
- 2.) Herstellung sehr niedrig konzentrierter Verdünnungen (oft 1:1030 bis 1:10200). Die Verdünnung erfolgt schrittweise, es soll eine so genannte "Energetisierung des Wassers" erreicht werden.
Wenn man also einen Durchfall behandelt, dann soll man eine Substanz nehmen, die selbst einen Durchfall erzeugt und von dieser eine sehr niedrig konzentrierte Verdünnung herstellen, die dem Kranken verabreicht wird.
Diese Verdünnung ist höchst umstritten, und die meisten Naturwissenschaftler gehen davon aus, dass ein echtes homöopathisches Medikament praktisch reines Wasser ist (s.u.).
Weitere Grundsätze der Homöopathie sind:
- 3.) Arzneimittelprüfungen werden an gesunden, reaktionsfähigen Versuchspersonen durchgeführt und damit ein Bild der Arzneimittelreaktion jedes untersuchten Stoffes erstellt.
- 4.) Dann wird versucht das Arzneimittelbild möglichst genau mit dem Krankheitsbild jedes einzelnen Betroffenen in Beziehung zu bringen. ( = Individualisierung der Therapie.)
Potenzierung
Die homöopathischen Arzneimittel wie z.B. Tropfen, Tabletten, Globuli werden nach den Vorschriften des Deutschen Homöopathischen Arzneibuches (»HAB«) durch stufenweises "Potenzieren" (Verdünnen: z.B. D1 = 1:10, D2 = 1:100) aus Urmischungen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Weingeist, destilliertes Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt. Daneben gibt es zahlreiche fabrikmäßig hergestellte Fertigpräparate.
Unter dem Potenzieren versteht man dabei nicht nur eine Verdünnung. Durch Verreibung oder Verschüttelung sollen die Arzneistoffe zusätzlich noch eine "energetische Umwandlung" erfahren. Demnach erfahre das Wasser durch die "Energetisierung" eine neue Informatition.
Das Universitätsklinikums Freiburg hat in einer über fünf Jahre laufenden Wirksamkeitsstudie positive Effekte der Homöopathie auf das Empfinden der Patienten nachgewiesen [1]. Harald Walach, der Leiter des Freiburger Instituts, ist ein langjähriger Verfechter der Homöopathie.
Teilbereiche der Homöopathie
Teilbereiche der Homöopathie, wie etwa die Tier-Homöopathie werden in Österreich zunehmend akademisch. Nachdem die Homöopathie für Haustiere akademisch gelehrt wird, soll sich dieses Themas eine neue Vorlesung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien annehmen. "Die Homöopathie ist als rückstandsfreie Medizin für Bio-Landwirtschaft von besonderem Interesse", sagte Andreas Meinl, Diplom-Homöopath der "Österreichische Gesellschaft für veterinärmedizinische Medizin" [2]. Ein Ausbildung zum Fachtierarzt für Homöopathie ist vorgesehen.
Kritik an der Homöopathie
Heute steht die Mehrzahl der Wissenschaftler an den medizinischen Hochschulen der Homöopathie ablehnend gegenüber. Der Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass man in wissenschaftlichen Doppelblindstudien die Wirkung von homöopathischen Medikamenten, die über die Wirkung von Placeboeffekten hinausgehen bisher nicht schlüssig nachweisen konnte. Abgesehen von dem bisher ausgebliebenen empirischen Beleg eines Nutzens, sind auch theoretische Bedenken anzumerken. Wenn bspw. ein Stoff durch eine Verdünnung ("Potenzierung") seine Wirkung verstärkt, stellt sich die Frage, woher der Stoff, der zu potenzieren ist, weiß, dass nur er selbst und nicht all die anderen Spurenelemente, Reststoffe etc. im Alkohol oder im Gefäß, potenziert wird. Auch stellt sich die Frage, warum dieser Vorgang der Potenzierung nicht genutzt werden kann, um z.B. Autos und Kraftwerke mit weniger Brennstoff zu betreiben.
Ein entscheidendes Argument gegen die Homöopathie ist damit, dass bei den oft verwendeten sehr hohen Verdünnungen rein rechnerisch kein einziges Molekül der Wirksubstanz mehr vorhanden ist (eine Potenzierung von 200C etwa entspricht einem Molekül Substanz pro 10400 Molekülen Wasser; das bekannte Universum enthält jedoch nur 1080 Atome). Somit dürfte nach dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand auch keine Wirkung auftreten.
Manche Homöopathen glauben, Information über die Wirksubstanz werde von der Trägersubstanz "gespeichert", gewissermaßen eine Art Erinnerung des Wassers. Dass ein solcher Mechanismus existiert und wie er funktioniert konnte jedoch bislang nicht schlüssig dargelegt werden. Gerade solche Rechtfertigungsversuche werden von vielen Skeptikern als Pseudowissenschaft gesehen.
Als Argument für den angeblichen Wirkmechanismus der Homöopathie wird gelegentlich angeführt, dass in Deutschland Mittel verboten sind, die nach medizinischer Sichtweise so verdünnt sind, das sie gar nicht wirken können. Warum müsse man Mittel verbieten, die gar nicht wirken könnten? Es müsse dann doch "etwas dran sein". Kritiker der Homöopathie weisen darauf hin, dass auch die deutschen Behörden sich keineswegs immer auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und besonders in Deutschland die Homöopathie viele Freunde in der Politik hat. Tatsächlich sahen schon die Nationalsozialisten die Homöopathie als Bestandteil einer "neuen deutschen Heilkunde", die es zur Wahrung der "Volksgesundheit" zu vereinnahmen galt. Auch Homöopathen versuchen sich zunehmend von dieser Vergangenheit zu distanzieren. [3]
Kritiker behaupten auch, dass die berichteten Erfolge der Homöopathie, wie auch viele der TCM auf "unspezifische" Effekte zurückzuführen sind (mehr Zuwendung, mehr Hoffnung etc.). Dies sollte auch das Augenmerk der Schulmedzin auf diese Effekte lenken, etwa auf einer partnerschaftlichere Arzt-Patienten-Beziehung ("Compliance").
Johannes Köberling von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin fasste seine Kritik 1997 in einem Vortrag so zusammen:
- "Noch eindeutiger ist die Situation bei der Homöopathie. Für die gläubigen Anhänger dieser Therapieform existiert eine Art Bibel der reinen Lehre, nämlich Hahnemanns Organon. Hahnemann hat vor 200 Jahren ein in sich geschlossenes und von ihm selbst als definitiv erachtetes Lehrgebäude errichtet. Solche geschlossenen Systeme, so unsinnig sie auch sind, üben eine gewisse Faszination auf manche Menschen aus. So haben es die Vertreter dieser Lehre geschafft, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, hier sei eine ernsthafte Alternative zur Medizin zu finden, eine Auffassung die nicht selten auch von sonst kritischen und in anderen Bereichen vernünftigen Menschen geteilt wird. Weder der bekannte Ähnlichkeitssatz noch die Potenzierung durch extremes Verdünnen sind in irgendeiner Weise wissenschaftlich belegt. Erfolgsberichte über homöopathische Heilungen betreffen nie größere Patientengruppen mit bestimmten Krankheiten, sondern bestehen aus einzelnen Fallbeschreibungen. Fallbeschreibungen entziehen sich aber der Falsifikationsmöglichkeit, sie sind prinzipiell wahr." [4]
Siehe auch Medizinische Wirksamkeit
Literatur
- Peter Christian Endler (Humanbiologe, Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Homöopathie): Expedition Homöopathieforschung Ein altes Heilsystem wird plausibel' ISBN 3-85175-695-9
- Michael Shermer, Lee Traynor (Hg.): Skeptisches Jahrbuch 3. Heilungsversprechen. Zwischen Versuch und Irrtum. Alibri 2000.