Neuapostolische Kirche
Die Neuapostolische Kirche (NAK) ist eine christliche Religionsgemeinschaft, die sich Ende des 19. Jahrhunderts aus der Katholisch-apostolischen Kirche entwickelt hat.
Andere Bezeichnungen
Die offizielle Abkürzung lautet NAK. Im Internet hat sich inzwischen das Präfix "nak-" für Bezirks- und Gemeindeseiten, Gruppen und Organisationen innerhalb der NAK eingebürgert. Die internationale Kirche wird mit NAKI (= NAK International) abgekürzt. In Internetforen wird auch häufig der Ausdruck "Naki" für ein Mitglied der NAK verwandt.
Logo

Das Logo bzw. Emblem der Neuapostolischen Kirche ist in weiß auf blauem Grund gehalten: Ein Kreuz schwebt über stilisierten Wellen; am Horizont formen das Kreuz, die Wellen und die Strahlen eine aufgehende Sonne. Die drei Sinnbilder sind das Kreuz, die aufgehende Sonne und die Wellen des Meeres. Sie sollen die Dreieinigkeit Gott Vater, Sohn und heiliger Geist darstellen. Logo
Verbreitung
Die Neuapostolische Kirche hat weltweit rund 10,8 Millionen Mitglieder (Stand: 31. Dezember 2004) und ist in Deutschland mit rund 377.000 Mitgliedern (Stand: 31. Dezember 2004) die drittstärkste Einzelkirche und (nach den Orthodoxen Kirchen) die viertstärkste christliche Konfession.
Die Zahl der Gemeinden wächst aufgrund der engagierten Missionstätigkeit vor allem in Afrika stetig an, wo die NAK heute einen Großteil ihrer Mitglieder hat. Weltweit gibt es fast 360 Apostel.
Neben dem deutschsprachigen Raum ist sie besonders in Zentralafrika (speziell Angola, Dem. Rep. Kongo und Sambia), Nordamerika, Australien sowie in einigen asiatischen Ländern (hauptsächlich Indien) verbreitet. Generell ist die Kirche aber in fast allen Ländern der Erde vertreten.
Geschichte
In den 1830ern glaubte man in den katholisch-apostolischen Gemeinden, durch zwölf neu berufene Apostel auf die erwartete Wiederkunft Christi vorbereitet zu werden. Die Gemeinschaft geriet aber 1855 nach dem Tod dreier Apostel in eine Krise, aus der 1863 in Hamburg zunächst die "Allgemeine christliche apostolische Mission" und später, ab 1878, die "Neuapostolische Gemeinde" hervorging (seit 1907 offizielle Bezeichnung, seit 1930 "Neuapostolische Kirche"). Im Verlauf der weiteren Entwicklung der NAK kam es zu zahlreichen Abspaltungen. Beispiele sind (in Deutschland) der "Reformiert-Apostolische Gemeindebund", die "Apostolische Gemeinschaft" und die "Apostolische Gemeinde des Saarlandes". Auch das Apostelamt Juda, aus dem wiederum das Apostelamt Jesu Christi hervorging, entstand aus der Neuapostolischen Kirche.
Frühphase (1863-1878)
Die Hamburger Gemeinde der katholisch-apostolischen Kirche wurde nach der Rufung eines neuen Apostels als Ganzes aus der Gemeinde der katholisch-apostolischen Christen ausgestoßen. Wichtige Rollen spielten damals der Prophet Heinrich Geyer, der die umstrittene Rufung vornahm, und der Bischof und Engel der Gemeinde zu Hamburg Friedrich Wilhelm Schwarz. Der letztere wurde durch eine Weissagung aus der Gemeinde zum Apostel gerufen und in die Niederlande geschickt, um dort Gemeinden zu gründen ("Apostolische Zending", seit 1893 offiziell: "Hersteld Apostolische Zendingkerk"). Weitere Apostel wurden für Deutschland und Europa bezeichnet, einer auch für Nordamerika. Durch einen Nachfolgestreit nach dem Tod des Apostels Preuss (für Norddeutschland) im Jahr 1878 trennte sich Geyer mit dem Großteil der damaligen Hamburger Gemeinde wieder von den übrigen gerufenen Aposteln und mittlerweile entstandenen Gemeinden. Geyers Söhne lösten diese Gruppierung in den 1930er Jahren auf.
Die deutsche Kirche (1878-1960)
Die anfänglich tief ökumenische Überzeugung, die in der katholisch-apostolischen Kirche und auch noch von Geyer gepflegt wurde, wich mit den Jahren der starken Abgrenzung gegenüber den anderen christlichen Konfessionen. Hierfür sind sicherlich mehrere Gründe zu finden: Wesentlich wird gewesen sein, dass die theologische Bildung der Geistlichen der Mutterkirche nicht mehr vorhanden war; nur wenige Geistliche hatten noch in der katholisch-apostolischen Kirche Dienst getan. Wesentlich für das Wachstum der Gemeinschaft wurden die sozial schwächeren Schichten, aus denen später wichtige Amtsträger hervorgingen. Auch nationalistische Anklänge finden sich in dieser Zeit in den Gesangbüchern und theologischen Schriften. Die Unterstützung von teilweise nicht demokratisch legitimierten Regierungen, wie dem Kaiserreich, dem Dritten Reich und der DDR, fallen besonders in diese Zeit. Kennzeichnend ist in diesem Zeitraum die zunehmend hierarchische Kirchenstruktur. Das charismatische Element der katholisch-apostolischen Kirche, die Weissagungen, entfallen ebenso wie das Prophetenamt. Neuapostolische Christen gelten in der Zeit der Weltkriege als "ehrlich, aufrichtig, gewissenhaft und treu", wie vielen alten Publikationen zu entnehmen ist. Dies ist auch das Leitbild der Kirche in jener Zeit. Widerstand gegen den Staat wurde nicht geübt. Eine tiefe Krise, aus der mehrere neue Gruppierungen hervorgingen (vgl. Vereinigung Apostolischer Gemeinden), erlebte die Neuapostolische Kirche in den letzten Amtsjahren des Stammapostels Johann Gottfried Bischoff (verstorben 1960). Bischoff, der 1930 das Stammapostelamt antrat, verkündigte, Christus werde noch zu seinen Lebzeiten wiederkommen. Diese "Botschaft" genannte Aussage wurde zum neuapostolischen "status confessionis". Amtsträger, die diese öffentlich anzweifelten, wurden ihrer Ämter enthoben. Das prominenteste "Opfer" war der designierte Nachfolger des Stammapostels, der rheinische Bezirksapostel Peter Kuhlen. Beitrittswillige wurden vielerorts erst nach einem Bekenntnis zur "Botschaft" in die Kirche aufgenommen. Als Bischoff starb und die Wiederkunft Jesu nicht eingetreten war, wurde seitens des Apostelkollegiums geäußert, Gott habe "seinen [durch Stammapostel Bischoff geäußerten] Willen geändert". Ein Irrtum seitens des Stammapostels Bischoff wurde ausgeschlossen.
Die neue internationale Kirche (1960-heute)
Der Tod des Stammapostels Bischoff löste einen langsamen aber stetigen Wandel aus, der z.B. zur Formulierung der "Eigenverantwortung" in den achtziger Jahren führte (Jedes Mitglied ist persönlich verantwortlich für sein Seelenheil), oder zu den wenigen, aber kontinuierlichen Gesprächskontakten mit Gruppierungen, die aufgrund der Botschaft entstanden waren. Auch die ökumenische Öffnung der NAK kann man in diesem Kontext sehen. Strukturell verschieben sich die Mitgliederzahlen ganz erheblich. Ist die NAK 1960 noch eine deutsch-europäische Gemeinschaft mit Dependancen in einigen außereuropäischen Ländern, so finden sich im Jahr 2005 nur noch etwa 5 % der Mitglieder in Europa.
Lehre
Die Neuapostolische Kirche sieht sich als das Erlösungswerk Christi heute und ist auf die nahe Wiederkunft Christi ausgerichtet. Ziel der neuapostolischen Christen ist es, bei der Wiederkunft Christi in die ewige Gemeinschaft mit Gott geführt zu werden. Die konsequent eschatologisch orientierte Lehre fokussiert vorrangig auf konkret verstandene Beschreibungen der Johannes-Offenbarung; einer wissenschaftlich-kritischen Theologie ist so die Notwendigkeit entzogen. Gemäß dem Buch "Fragen und Antworten", erschienen im kircheneigenen Friedrich-Bischoff-Verlag, Frankfurt, gehen aus dem Kreis der Versiegelten die in der Offenbarung erwähnten "Könige und Priester" hervor, die nach einer endzeitlichen Entrückung aus der "großen Trübsal" im "tausendjährigen Friedensreich" allen Menschen das Evangelium verkünden sollen.
Nach dem Verständnis der Neuapostolischen Kirche ist für die Vorbereitung der Seelen auf diese Aufgabe das durch göttliche Intervention wiederaufgerichtete Apostelamt notwendig. Als Grundlage der Lehre dient die Bibel und deren zeitgemäße Auslegung, die insbesondere durch das Apostelamt erfolgen kann.
Die Neuapostolische Kirche kennt drei Sakramente: "Heilige Wassertaufe", "Heiliges Abendmahl" und "Heilige Versiegelung". Taufe und Versiegelung werden an jedem Mitglied einmal vollzogen und gelten als heilsnotwendig. Beide Sakramente bewirken die "Wiedergeburt" aus Wasser und Geist. Durch die Taufe (mit Wasser) wird nach neuapostolischem Verständnis der "Bund eines guten Gewissens mit Gott" geschlossen. Sie bewirkt außerdem die Befreiung von der "Erbsünde". Durch die Versiegelung (Geistestaufe), welche als Spendung des Heiligen Geistes verstanden wird, erlangt der Gläubige die "Gotteskindschaft". Die Versiegelung kann nur durch Handauflegung eines Apostels durchgeführt werden.
Das Abendmahl wird in jedem Gottesdienst nach dem gemeinsam gesprochenen "Unser Vater" und der Vergebung der Sünden gefeiert. Es erinnert an den Opfertod Jesu. Am Abendmahl nehmen auch die Kinder und Säuglinge teil. Solange sie nicht in der Lage sind, die Hostie in Empfang zu nehmen, empfangen die Eltern stellvertretend für das Kind. Kinder nehmen also schon lange vor der Konfirmation am Abendmahl teil, die in der Regel nach dem Zeitpunkt der gesetzlichen Religionsmündigkeit stattfindet. Die Vergebung der Sünden spielt im neuapostolischen Glauben eine wesentliche Rolle. Nur Apostel oder priesterliche Ämter im Auftrag der Apostel können diese Absolution erteilen.
Eine besondere Rolle in der Lehre spielt das Entschlafenenwesen. Dreimal jährlich findet ein Gottesdienste für Entschlafene statt, in welchen Seelen von verstorbenen Menschen, die nicht neuapostolisch waren, getauft und versiegelt werden. Dazu werden stellvertretend zwei neuapostolische Amtsträger durch den Stammapostel oder durch Bezirksapostel getauft bzw. versiegelt, die den Verstorbenen als Medium dienen. In gleicher Weise wird in Gottesdiensten, die von Bezirksaposteln oder vom Stammapostel geleitet werden, jeden Sonntag verstorbenen "Berechtigten" (die vor Gott Gnade gefunden haben) das Abendmahl gespendet. Die Kirche begründet ihre Entschlafenenlehre mit 1. Korinther 15, Vers 29.
Die Bibel
Der neuapostolische Katechismus „Fragen und Antworten“ in der Ausgabe von 1981 bewertet die von Jesu und seinen Aposteln verkündete Lehre, von der die Bibel berichtet als Grundlage des Glaubens für die Neuapostolische Kirche. Allerdings könne die Bibel die Wirksamkeit der Gottesboten in der Verkündigung der Lehre, der Spendung der Gnadenhandlungen und der Pflege der Gotteskinder nicht ersetzen. So wird in der NAK regelmäßig die Meinung vertreten, dass das Wort der NAK-Amtsträger - insbesondere der NAK-Apostel - einen höheren Stellenwert als die Heilige Schrift einnimmt, da es gottgewirkt sei. Daraus leitet die NAK wiederum den „lebendigen Glauben“ ihrer Gemeinde ab, sei doch die Bibel in ihren Augen eine Schrift der Vergangenheit, das Wort der NAK-Apostel jedoch das Zeugnis des allgegenwärtigen Gottes. Wichtiger sei das Wort der "neuen Apostel", also das, "was der Herr in der Gegenwart zu verkünden habe“, was "zeitgemäß" sei.
In den 50er Jahren wurde die Bibel auch als Gedächtnisstätte (Konserve mit farbigem Aufdruck), die Predigt der Apostel dagegen als Offenbarungsstätte (vitaminreiches Obst) bezeichnet (Unsere Familie, 20.9.1956). Der Glaube an das Wort des Stammapostels ist für uns, in unserer Zeit, die Kraft, der Sieg, der die Welt überwindet (Wächterstimme, 1. 10. 1956). Selbige Ausgabe der Wächterstimme kennzeichnet das Wort der Bibel als abgestandenes Zisternenwasser und als Asche des Gedächtnisses. Formulierungen dieser Art sind heute (2005) in der Neuapostolischen Kirche nicht mehr üblich.
Gottesdienst und Praxis
Von den in den Kirchenbüchern registrierten Mitgliedern besuchen je nach Gemeinde 20 bis 70 % regelmäßig die Gottesdienste. Soweit das der Fall ist, beteiligen sie sich rege am Gemeindeleben und zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl wie in einer großen Familie aus. Der Umgang untereinander ist sehr entgegenkommend und freundlich. Gepflegtes Auftreten und formelle Kleidung ist üblich. Es gibt eine ausgeprägte Jugend- und Seniorenbetreuung.
Mit der beginnenden Öffnung der Kirche hat sich auch das kulturelle Leben in der NAK entwickelt. Mittlerweile gibt es neben traditionellen Kirchenchören, die in einigen Fällen auch über Konfessionsgrenzen hinaus für ihre Qualität bekannt sind, progressivere Musikgruppen und Ensembles, die zunehmend im außerkirchlichen Bereich auftreten. Wesentlicher Bestandteil der Musikliteratur sind dabei Werke, die im 19. Jahrhundert oder später verfaßt wurden. Teile der neuapostolischen Musikliteratur werden derzeit überarbeitet und durch Literatur aus anderen christlichen Kreisen ergänzt. Seit Ostern 2005 ersetzt - zunächst nur im deutschsprachigen Raum - das neue Gesangbuch das bis dahin verwendete von 1925. Im Gespräch ist auch die Überarbeitung der für Deutschland einheitlichen Chormappe; diese soll bis 2008 erfolgen.
Heute gibt es auch zahlreiche Linklisten, Chaträume, Internetforen, private Internet-Auftritte und Kleinanzeigenseiten aus dem Umfeld der Neuapostolischen Kirche oder von Mitgliedern.
Liturgie
Die Gottesdienste der Neuapostolischen Kirche sind diszipliniert, geregelt und formell. Die Liturgie der Neuapostolischen Kirche entsprach anfänglich (bis etwa 1885) der der katholisch-apostolischen Gemeinden, die starke Elemente der katholischen und anglikanischen Kirchen enthielt.
Unter Einfluss des niederländischem Calvinismus stehend, verlagerte sich der gottesdienstliche Schwerpunkt um 1885 auf den Wortgottesdienst (hoher Predigtanteil). Vereinzelt finden sich noch Rudimente der katholisch-apostolischen Tradition in der neuapostolischen Liturgie.
Bis 1998 wurde das Abendmahl jeden Sonntag gefeiert, seit 1998 findet auch in den wöchentlichen Gottesdiensten eine Abendmahlsfeier statt.
Schematischer Ablauf eines neuapostolischen Gottesdienstes:
- Vor dem Beginn des Gottesdienstes:
- Chorgesang
- Orgelmusik
- Bekanntmachungen
- Gottesdienst
- Gemeindelied (die priesterlichen Ämter betreten das Kirchenschiff, der Dienstleiter nimmt seinen Platz hinter dem Altar ein)
- Gebet des Dienstleiters
- Verlesen des Bibelwortes für den Gottesdienst
- Chorgesang
- Predigt des Dienstleiters
- evtl. Chorgesang und Predigten weiterer Amtsträger
- Abendmahlsfeier
- Gemeindegebet Vater unser ..
- Freisprache (Vergebung der Sünden)
- Dankgebet
- Aussonderung des Heiligen Abendmahls (die priesterlichen Ämter erhalten das Abendmahl)
- anschließend eventuell
- Versiegelungen
- Taufen usw.
- anschließend eventuell
- Austeilung des Heiligen Abendmahls an die Gemeinde (währenddessen Gemeindegesang)
- anschließend eventuell besondere Handlungen, zum Beispiel:
- Trauungen
- Ordinationen von Amtsträgern
- Amtsruhesetztung usw.
- anschließend eventuell besondere Handlungen, zum Beispiel:
- Abschluss:
- Dankgebet
- Schlusssegen
- Gemeindegesang oder Chorvortrag
Organisation
Hierarchie
Die Organisation der Neuapostolischen Kirche ist hierarchisch aufgebaut. Als kirchenleitendes Amt gilt das Apostelamt. Oberster Leiter und oberste geistliche Autorität der Kirche ist der Stammapostel (das Amt wird als das Petrusamt der Neuapostolischen Kirche verstanden). Gegenwärtiger Stammapostel ist der gebürtige Westfale Dr. Wilhelm Leber, welcher Pfingsten 2005 dem seitdem im Ruhestand befindlichen Schweizer Richard Fehr im Amt folgte. Der Stammapostel ernennt die übrigen Apostel und kann diese beurlauben und abberufen. Zur Verwaltung einer Gebietskirche wird ein Apostel aus diesem Bereich zum Bezirksapostel gesetzt. Er hat dadurch in der Regel neben der geistlichen Autorität auch die administrative Leitung einer Gebietskirche inne.
Die Hierarchie umfasst in absteigender Reihenfolge drei Amtsgruppen
- Apostel: Stammapostel, Stammapostelhelfer, Bezirksapostel, Apostel,
- Priesterliche Ämter: Bischof, Bezirksältester, Bezirksevangelist, Hirte, (Gemeinde-)Evangelist, Priester,
- Diakone: Diakon (früher auch noch Unterdiakon).
Die NAK kennt in der Amtsgruppe der Apostel die Beauftragung (Tätigkeit ohne Ordination) als "Bezirksapostelhelfer"; bei den priesterlichen Ämtern die Beauftragung als Vorsteher (Leiter) einer Gemeinde (regulär werden Hirten / Evangelisten / Priester beautragt) bzw. eines Bezirkes (in der Regel Bischöfe / Bezirksälteste / Bezirksevangelisten).
Alle Amtsträger sind Männer und Laien; sie arbeiten bis zur Stufe des Ältesten ehrenamtlich. Bischöfe und Apostel (Apostel, Bezirksapostel und Stammapostel) sind oftmals Angestellte der Kirche.
Die Ordination zum Amtsträger geschieht durch Handauflegung unter Gebet durch einen Apostel. Voraussetzung für die Berufung in ein Amt sind vor allem ein am Evangelium Jesu Christi orientierter Lebenswandel, Kenntnisse der Lehre und der Einsatz in den Gemeinden.
Eine Frauenordination ist in der Neuapostolischen Kirche nicht bekannt. Jedoch nehmen Frauen Lehrtätigkeiten in der Vorsonntagsschule (Kinder bis 6 Jahren), der Sonntagsschule, im Religionsunterricht und Konfirmandenunterricht sowie leitende Aufgaben im Musikwesen wahr.
Struktur
Der Hauptsitz der NAKI (Neuapostolische Kirche International), als dem Verbund aller neuapostolischen Apostel, befindet sich in Zürich.
Die Neuapostolische Kirche ist in Gebietskirchen aufgeteilt, die - rechtlich selbstständig - von Bezirksaposteln geleitet werden. In der Lehre sind die Bezirksapostel mit dem Stammapostel verbunden. Mehrere Gebietskirchen können von einem Bezirksapostel geleitet werden; sie werden dann als "Bezirksapostelbereich" bezeichnet. In Deutschland gibt es 10 Gebietskirchen in 6 "Bezirksapostelbereichen". Die Gebietskirche Österreich gehört mit der Gebietskirche Schweiz zu einem "Bezirksapostelbereich". Rechtlich sind die Gebietskirchen in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts, in der Schweiz ein Verein.
Die Gebietskirchen sind in rechtlich unselbständige Bezirke untergliedert, die ihrerseits in ebenfalls rechtlich unselbständige Gemeinden aufgeteilt sind. Die Leitung eines Bezirkes bzw. einer Gemeinde obliegt einem Bezirks- bzw. Gemeindevorsteher. Zehn bis dreißig Gemeinden bilden einen Bezirk. Ein Apostel und ein Bischof betreuen in der Regel drei bis sechs Bezirke.
Finanzen
Die Neuapostolische Kirche finanziert sich aus den Spenden (so genannten Opfern) der Mitglieder. Die Spenden sind freiwillig und werden anonym in den Opferkasten (Opferstock) gelegt. Eine Orientierung am Zehnten (vgl. 4. Mose 18, 24) wird empfohlen. Eine Kirchensteuer wird nicht erhoben. Die internationale Kirche wird durch Umlagen der Gebietskirchen finanziert, sie organisiert auch die Unterstützung finanzschwächerer Gebietskirchen durch finanzstärkere. Seit kurzem werden Jahresabschluß, Ein- und Ausgaben in der kircheneigenen Zeitschrift "Unsere Familie" in zusammengefasster Form veröffentlicht. Staatliche Zuschüsse werden nicht in Anspruch genommen. Karitative Hilfsmaßnahmen werden über Sonderopfer (Dankopfer zum Erntedank) und Spenden an das Hilfswerk der Neuapostolischen Kirchen Deutschlands "NAK-Karitativ" unterstützt.
Weitere kirchliche Einrichtungen
Der kircheneigene Verlag Friedrich Bischoff (gegründet von Johann Gottfried Bischoff, dem Vater des Namensgebers) hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. In Bielefeld befindet sich die zentrale Hostienbäckerei für Europa. Der Sitz von NAK-karitativ, Förderverein für karitative Projekte der Neuapostolischen Kirchen Deutschlands e.V., befindet sich in Dortmund.
Ökumene
Die Neuapostolische Kirche sieht sich traditionell als die wahre Kirche und ist von daher weder im Ökumenischen Rat der Kirchen noch in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vertreten und arbeitet auch nicht in der Evangelischen Allianz mit.
Allerdings spricht die NAK anderen Konfessionen eine Verbindung zu Gott durchaus nicht ab. Zu entscheiden, was für den einzelnen der richtige Weg zu Christus ist, sei nur Gott vorbehalten und keinem Menschen (auch nicht dem Stammapostel oder der Kirchenleitung).
Aus Sicht der Neuapostolischen Kirche besteht die Möglichkeit, dass ein neuapostolischer Christ am Abendmahl einer anderen Konfession teilnimmt, solange keine neuapostolischen Ämter zur Verfügung stehen. Die Teilnahme an der Abendmahlsfeier in den Gottesdiensten der NAK ist für offiziell in die Kirche aufgenommene Personen vorgesehen. Diese Regelung wurde in den letzten Jahren zunehmend liberal gehandhabt; Stammapostel Wilhelm Leber sprach sich allerdings kurz vor seiner Berufung in das Führungsamt der NAK für eine restriktivere Haltung aus. Die Teilnahme am Heiligen Abendmahl wird jedoch niemandem verwehrt und eine faktische Kontrolle findet ebenfalls nicht statt.
Die neuapostolische Taufe wird von der katholischen und den evangelischen Kirchen anerkannt, da sie trinitarisch vollzogen wird (Ausnahme: Taufgesinnte evangelische Freikirchen, weil diese die Kindertaufe ablehnen). Im Kern erkennt die neuapostolische Kirche Taufhandlungen anderer Kirchen nicht an, weil diese nicht durch einen von einem neuapostolischen Apostel gesandten Amtsträger vollzogen wurden. Solche Taufen werden deshalb in einem gottesdienstlichen Akt durch einen neuapostolischen Amtsträger "bestätigt".
Neuere Entwicklungen
- Der exklusive Anspruch der NAK wird diskutiert.
- Die Rolle der Frau in der Kirche zählte Stammapostel Wilhelm Leber kurz nach seinem Amtsantritt zu den Punkten, die in Zukunft eine weitergehende Anpassung erfahren könnten; bisher sind Frauen in der NAK von der Amtsweihe ausgenommen.
- Die Notwendigkeit einer Bestätigung nicht-neuapostolischer Taufhandlungen wird innerkirchlich in Frage gestellt.
- Die traditionelle Verweigerung gegenüber einer wissenschaftlichen Theologie wird ansatzweise durch Bemühungen um ein differenzierteres Verständnis abgemildert, z.B. in der Tätigkeit von Arbeitsgruppen.
- Eine Mitarbeit der NAK oder einzelner Gemeinden in der Ökumene wird von Mitgliedern und Kirchenleitung erwogen.
- Im süddeutschen Raum gab es Gespräche zwischen der NAK Süddeutschland und der ACK Baden-Württemberg über die Zusammenarbeit. Eine Aufnahme der NAK in die ACK ist momentan nicht angedacht.
- Es werden Gespräche mit einigen kleineren Religionsgemeinschaften geführt, die sich aus Abspaltungen der NAK entwickelt haben.
Kontroversen
Die Neuapostolische Kirche wird von den meisten Konfessionskundlern in Deutschland als Sondergemeinschaft, von anderen als Sekte eingestuft. Als Gründe werden aufgeführt:
- Sonderlehren wie das Stammapostelamt, die Versiegelung und das Entschlafenenwesen, die aus Sicht der Neuapostolischen Kirche teilweise heilsnotwendig sind
- der Anspruch, die einzige christliche Kirche (Gottes Werk) zu sein
- die strenge hierarchische Struktur
- die fehlende innerkirchliche Dialogbereitschaft der Kirchenführung
- die fehlende Mündigkeit der Mitglieder in innerkirchlichen Fragen
- die fehlende Offenlegung der innerkirchlichen finanziellen Strukturen
Von Seiten der Neuapostolischen Kirche wird der Öffnungsprozeß der Kirche betont. Derzeit ist jedoch unklar, wie sich die Dinge entwickeln werden. Kritiker fürchten, dass es der Leitung der NAK in erster Linie um ein besseres Ansehen in der Öffentlichkeit geht.
Literatur
- Oswald Eggenberger: Die Neuapostolische Gemeinde: Ihre Geschichte und Lehre dargestellt und bewertet, 1953
- Andreas Fincke: Die Neuapostolische Kirche im Umbruch. Zwischen Wachstum und Reformstau, Berlin 1999, ISSN 0085-0357
- ders: Die Neuapostolische Kirche. Kompaktinformation, downloadbar unter www.ezw-berlin.de
- Eduard Gerber: "Sekten, Kirche und die Bibel im neuen Jahrtausend, S 45-52, 1999, ISBN 385654822X
- Lothar Gassmann: Neuapostolische Kirche: Gibt es Wieder Apostel?, ISBN 3933828708
- Horst Hartmann: In der Welt, aber nicht von der Welt. Die Gotteskinder der Neuapostolischen Kirche, 2000, ISBN 3831104999
- Rüdiger Hauth (Hrsg.): ... neben den Kirchen, S. 252-262, 1995, ISBN 3767380129
- Helmut Obst: Neuapostolische Kirche - die exklusive Endzeitkirche?, Neukirchen-Vluyn 1996, ISBN-3-7615-4945-8
- Helmut Obst: Apostel und Propheten der Neuzeit - Gründer christlicher Religionsgemeinschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 2000, ISBN 3-525-55438-9 sowie ISBN 3-525-55439-7
- Katja Rakow: Neuere Entwicklungen in der Neuapostolischen Kirche – Eine Dokumentation des Öffnungsprozesses, Berlin 2004, ISBN 3-89998-036-0
Weblinks
- nak.org - Homepage der Neuapostolischen Kirche International
- NAK-Kompakt-Info (pdf) - Kompakt-Info der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) über die NAK
- www.relinfo.ch über die NAK Informationen der evangelischen Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen "Relinfo" (Schweiz)
- glaubenskultur - Kirchenunabhängiges Webmagazin rund um die Neuapostolische Kirche
- Blickpunkt NAK - Kirchenunabhängiges Webmagazin rund um die Neuapostolische Kirche
- naktuell.de - ein weiteres unabhängiges neuapostolisches Nachrichtenmagazin
Linkkatalog zum Thema Neuapostolische bei odp.org (ehemals DMOZ)