Zum Inhalt springen

Hanse

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. September 2005 um 13:02 Uhr durch J budissin (Diskussion | Beiträge) (korr). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Hanse (althochdeutsch Hansa "Gruppe, Gefolge, Schar") - auch Deutsche Hanse oder dudische Hanse, lat.: HANSA TEUTONICA - ist die Bezeichnung für die zwischen Mitte des 12. Jahrhunderts und Mitte des 17. Jahrhunderts bestehenden Vereinigungen deutscher Kaufleute mit dem Ziel, ihre wirtschaftlichen Interessen besonders im Ausland besser vertreten zu können. Aus ihr entstand der Städtebund der Hanse, in dem sich die Hansestädte zusammenschlossen und ihre Interessen gegenüber anderen Nationen sowie dem Kaiser vertraten. Die Farben der Hanse waren weiß und rot. Diese Farben finden sich auch heute noch in den Stadtwappen vieler Hansestädte.

In den Zeiten ihrer größten Ausdehnung waren beinahe 200 See- und Binnenstädte Nordeuropas in der Hanse zusammengeschlossen.

Heute wird das Wort allgemein zur Bezeichnung eines Städtebundes gebraucht, der in Nordeuropa nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern auch auf politischem und kulturellem Gebiet ein wichtiger Faktor war.

1241
1241

Geschichte

Die Hanse war über lange Zeit eine politische Macht ersten Ranges, der es gelang, ohne eigene Souveränität - ihre Mitglieder verblieben jeweils unter der Herrschaft unterschiedlicher weltlicher und kirchlicher Gewalten - sogar siegreiche Kriege zu führen. Anfang und Ende der Hanse sind schwer zu bestimmen.

Die Anfänge

Lübeck im 17. Jahrhundert.
Das Holstentor in Lübeck um 1900.

Schon vor dem offiziellen Zusammenschluss gab es – etwa seit dem 11. Jahrhundert – deutsche Kaufmannsgenossenschaften, die im Ausland privilegiert waren. Die erste Genossenschaft dieser Art ist 1157 in London urkundlich belegt. In dieser schlossen sich Kölner Kaufleute zusammen und erwarben ein Grundstück, den Stalhof. Diese Niederlassung war exterritorial. Auf der Insel Gotland entstand die Gemeinschaft der deutschen Gotlandfahrer, in Nowgorod der Peterhof als Konkurrenz zum skandinavischen Gotenhof und die Tyske Brygge in Bergen. Diese Genossenschaften wehrten sich gemeinsam gegen Gefahren und aus ihrer Sicht unberechtigte Ansprüche, zum Beispiel aus dem Grundruhrrecht und dem Strandrecht.

Den eigentlichen Beginn der Hanse gibt Philippe Dollinger mit der Neugründung bzw. dem Wiederaufbau Lübecks im Jahre 1159 an.

Durch die deutsche Ostsiedlung verlagerte sich der deutsche Außenhandel im 12./13. Jahrhundert in den Ostseeraum.

Die Blütezeit

Zwischen etwa 1350 und 1400 stand die Hanse als nordeuropäische Großmacht da. 1356 schloss sich ein unter der Leitung Lübecks stehender lockerer Städtebund offiziell zum Bund van der düdeschen hanse zusammen. Die deutsche Hanse war auch nach dieser offiziellen Gründung eher frei organisiert, hatte keine Verfassung und keine Mitgliederlisten, keine dauerhafte eigenständige Finanzgebarung oder Beamte.

Ihren Kern bildeten etwa 70 Städte, weitere 130 waren locker assoziiert. So dehnte sich der Einflussbereich der Hanse über ein Gebiet aus, das von Flandern bis nach Reval reichte und dabei den gesamten Ostseeraum bis hin zum Finnischen Meerbusen umfasste. Wichtigstes nichtstädtisches Mitglied war der Deutsche Orden.

Die Beschlüsse der Hanse wurden ab 1356 an so genannten Hansetagen mit einfacher Mehrheit gefasst.

Die so erreichte Vormachtstellung der Hanse in Nord- und Ostsee erregte vor allem den Widerstand Dänemarks: 1361 kam es im Ersten Hanse-Dänemark-Krieg zum Kampf gegen den dänischen König Waldemar IV., der die Rechte der Hanse einschränken wollte. Der ursprünglich nur wirtschaftlichen Interessen dienende Bund erhielt durch die gegen die Bedrohung des Dänenkönigs geschlossene Kölner Confederation am 19. November 1367, der die Städte zum Kriegsbündnis mit Schweden und Norwegen gegen Dänemark zusammenschloss, auch hohe politische Bedeutung. Der siegreiche Ausgang dieses Zweiten Hanse-Dänemark-Krieges brachte der Hanse mit dem Frieden von Stralsund 1370 eine ungewöhnliche Machtstellung. Die Königswahl in Dänemark wurde abhängig gemacht von der Zustimmung der Hanse. (Diese Option wurde allerdings von der Hanse nicht wahrgenommen.)

Die Hanse bewährte sich auch im Kampf gegen den Seeräuberbund der Vitalienbrüder, der 1402 mit der Hinrichtung durch Enthauptung ihres Anführers Klaus Störtebeker in Hamburg endete.

Der Versuch des dänischen Königs Erichs VII., Skandinavien aus der Abhängigkeit zu lösen, führte 1420 bis 1435 zu einem neuerlichen Krieg, in dem Dänemark wieder unterlag.

Niedergang der Hanse

Der Machtverlust der Hanse begann mit dem Erstarken der landesherrlichen Territorialgewalten im Ostseeraum, durch die die Städte den Interessen der regierenden Fürsten untergeordnet wurden. Ein anderer, späterer Grund war die Entdeckung Amerikas, die den bisher dominierenden Ostsee-Westsee (Nordsee) Handel nun in überseeische Gebiete ausdehnte. Dabei ging nicht etwa das Handelsvolumen der Hanse im eigentlichen Sinne zurück, wohl entstanden jedoch mächtige Konkurrenten, die die Bedeutung der Hanse für die einzelnen Städte - und Kaufleute - schwächten.

Schon 1441 musste die Hanse die wirtschaftliche Gleichberechtigung der Niederländer anerkennen, nachdem Brügge als wichtigstem Kontor der Hanse mit Antwerpen ein mächtiger Konkurrent erwachsen war und sich die Niederlande zusätzlich mit den Dänen als den "Herren des Sunds" verbündet hatten. Zudem entstand Uneinigkeit zwischen den Städten über den Umgang mit den Niederländern: Während die wendischen Städte durch das Erstarken des holländischen Handels stärker bedroht waren und zu einer unversöhnlichen Politik drängten, konnten der Deutsche Ritterorden, Köln und die livländischen Städte ihren eigenen Interessen entsprechend mit einer konzilianteren Politik besser leben.

Der endgültige Niedergang der Hanse begann 1494 mit der Schließung des Kontors in Nowgorod durch Iwan III.. Mit der Verlagerung des Außenhandels nach Übersee verlor die Hanse, die aufgrund ihrer Monopolstellung nicht viel Notwendigkeit gesehen hatte, sich Neuerungen gegenüber zu öffnen, im 15. und 16. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Die Zahl der Mitgliedsstädte ging immer mehr zurück. 1669 hielten die letzten in der Hanse verbliebenen Städte, Lübeck, Hamburg, Bremen, Danzig, Rostock, Braunschweig, Hildesheim, Osnabrück und Köln den letzten Hansetag in Lübeck ab, wobei die drei erstgenannten den Schutz der im Ausland befindlichen Kontore übernahmen.

1684 forderte Kaiser Leopold die Lübecker Hanse zur Geldhilfe für den Krieg gegen die Türken auf.

Mit Beginn des 17. Jahrhunderts war der stolze und mächtige Städtebund der Hanse nur noch dem Namen nach ein Bündnis. Der Dreißigjährige Krieg, 1618-1648, brachte die völlige Auflösung. Ein Vorschlag Spaniens, eine Hanseatisch-Spanische Compagnie, die den Handel nach den neuen spanischen Kolonien in Mittelamerika betreiben sollte, scheiterte an den protestantisch-katholischen Glaubensgegensätzen. Auf den Hansetagen 1629 und 1641 wurden Hamburg, Bremen und Lübeck beauftragt, das Beste zum Wohle der Hanse zu wahren. Das Kontor in Bergen wurde 1775, der Stahlhof in London 1858 verkauft. Das 1540 von Brügge nach Antwerpen verlegte Kontor im Osterling-Haus ging 1863 in die Hände der belgischen Regierung über. Der Peterhof in Nowgorod war bereits 1494 bei der Eroberung Nowgorods durch Iwan den Schrecklichen zerstört worden.

Organisation

Der Hauptort Lübeck, im Spätmittelalter nach Köln die zweitgrößte Stadt Deutschlands und neben Rom, Venedig, Pisa und Florenz eine der fünf Herrlichkeiten des Reiches, gemäß Edikt von Kaiser Karl IV. vom 20. Oktober 1375, war Appellationsgericht für alle Hansestädte, die nach eigenem Lübischen Recht zu richten hatten.

Neue Hanse

1980 wurde in Zwolle die „neue Hanse“ als Lebens- und Kulturgemeinschaft der Städte über die Grenzen hinweg gegründet. Ihr Ziel ist neben der Förderung des Handels auch die Förderung des Tourismus.

siehe auch: Deutsche Marine (Geschichte)

Seit den 1990er Jahren werden wieder Hansetage der Neuzeit in ehemaligen Hansestädten abgehalten. Allerdings steht dabei vor allem die kulturelle und wirtschaftliche Zusammenarbeit von Kommunen auf der Tagesordnung.

Bedeutung

Die mittelniederdeutsche Sprache der Hanse, die eine Lingua franca des Mittelalters war, beeinflusste die Entwicklung der skandinavischen Sprachen deutlich.

Ziel der Hanse war neben dem Schutz der Kaufleute die Sicherung von Handelsvorteilen, die sie sich vor allem durch den Verhansung genannten Boykott eines Hafens oder Landes zu verschaffen wusste. Die Dokumente der Hanse bezeugen auch, dass der Schutz vor Piraten und Räubern auf dem Land ein wichtiges Anliegen der Hanse war.

Berühmte Schiffe

Ein Hansekoggen. Im ausgehenden 14. Jahrhundert wurden die Koggen mehr und mehr vom ähnlichen Holk, danach vom Kraweel abgelöst.

(Ehemalige) Hansestädte

Einige Beispiele für Hansestädte und Kontore nach den heutigen Namen der Länder und Regionen:

Stadtstaaten

Andere Länder

Krakau, Danzig, Elbing, Kolberg Kulm, Rügenwalde, Stargard i/Pom., Stettin, Thorn

London (Kontor)

Königsberg (Kaliningrad, damals deutsch), Nowgorod (Kontor), Belosersk, Iwangorod, Kingisepp, Pskow , Smolensk, Tichwin, Twer, Velikij Ustjug

Reval (Tallinn)

Riga

Kopenhagen (Kontor)

Stockholm, Visby

Bergen (Kontor)

Amsterdam, Arnheim, Deventer, Doesburg, Elburg, Groningen, Harderwijk, Hasselt, Hattem, Kampen, Nimwegen, Oldenzaal, Ommen, Roermond, Stavoren, Tiel, Venlo, Zutphen, Zwolle

Brügge (Kontor), Antwerpen (Kontor)

Siehe auch:

Literatur

  • Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse — Lebenswirklichkeit und Mythos, 2 Bde., Hamburg 1989. Katalog der Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte in Hamburg 24. August-24. November 1989. Teils hochinformativ.
  • Philippe Dollinger: Die Hanse, 5. Auflage, Stuttgart 1998. Mit Abstand die beste Gesamtdarstellung.

Vorlage:Commons1