Synchron-Reluktanzmotor
Ein Synchron-Reluktanzmotor ist eine Drehstrom-Synchronmaschine mit einem Rotor (Läufer), der einen sog. Flusssperrenschnitt aufweist. Der Stator (Ständer) des Synchron-Reluktanzmotors weist, wie bei einem Asynchronmotor, drei räumlich um je 120° versetzte Spulen auf, die von einem 3-phasigen Wechelspannungsnetz gespeist werden. In diesem so erzeugten Ständerfeld weist der Rotor, der aufgrund längs des Umfangs unterschiedlicher magnetischer Leitfähigkeit eine Vorzugsrichtung auf. Das Drehmoment wird aufgrund des Reluktanzprinzips hervorgerufen. Der Rotor dreht sich synchron mit dem Drehfeld des speisenden Spannungsnetzes. Die Drehzahl ist also über die Polpaarzahl mit der Frequenz der Wechselspannung verknüpft. In der Praxis sind Synchron-Reluktanzmotoren meistens 4-polig ausgeführt.
Historie
Das Prinzip des Reluktanzmotors mit den verschiedenen magnetischen Leitfähigkeiten im Läufer ist lange bekannt. 1923 erhält J. K. Kostko ein Patent [1]. Verschiedene Hersteller bieten Reluktanzmotoren zum Betrieb direkt am Netz an. Der Läufer hat meist eine Kurzschlussanlaufwicklung zum asynchronen Selbstanlauf. Die Einsätze finden aber nur in Nischen – z.B. in der Textilindustrie - statt.
Aufbau und Arbeitsweise
Der Stator (Ständer) eines Synchronreluktanz-Motors hat den gleichen Aufbau wie der eines handelsüblichen 4-poligen Asynchronmotors mit verteilten Wicklungen. Der Läufer (Rotor) ist zur Vermeidung von Wirbelströmen ein Blechpaket aus Elektroblechen, die eine besondere Blechschnittgeometrie mit Flussleit- und Flusssperrabschnitten aufweisen (Bild 1). Die in den Ständernuten verteilte Wicklung erzeugt bei Speisung mit einem Drehstrom ein im Luftspalt des Motors umlaufendes Drehfeld. Bei Speisung über einen Frequenzumrichter lässt sich die Drehzahl von Null bis zur Betriebsdrehzahl hochführen und während des Betriebs verstellen. Beim Einschalten des Umrichters synchronisiert sich der Läufer und fällt "in Tritt" und folgt synchron dem umlaufenden Drehfeld. Über eine geeignete Rotorlageregelung im Frequenzumrichter wird sichergestellt, dass insb. bei Lastwechseln der Rotor nicht außer Tritt fällt.
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Rotor Fa. KSB AG/REEL S.r.l.
Bild 1 zeigt den Blechschnitt eines 4-poligen Synchron-Reluktanzmotors gemäß US Patent von Vagati [2]. In der magnetischen Vorzugsrichtung (d-Richtung) tritt ein geringer magnetischer Widerstand auf und der magnetische Fluss wird im Eisen gut geführt. Rechtwinkelig dazu (q-Richtung) behindern die Luftsperren den magnetischen Fluss. Wird die Ständerwicklung bestromt, so entstehen im Läufer Pole und Lücken. Synchronisiert sich der Läufer, so sind seine Pole quasi über eine Feder (vgl. Federmodell) mit den Polen des Drehfeldes verbunden. Bei Belastung bleibt der Läufer etwas zurück und es entsteht ein Polradwinkel, der bei Entlastung wieder verschwindet.
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Drehmomenterzeugung, Quelle: Prof. Prof. h. c. mult. Dr.-Ing. Peter F. Brosch
In Bild 2 ist das Prinzip der Drehmomententstehung genauer gezeigt. Befindet sich ein Streifen Eisenblech in einem Magnetfeld, so versucht es sich in die Richtung der Feldlinien zu drehen und eine energetisch möglichst günstige Position parallel zu den Feldlinien einzunehmen. Dreht man es aus dieser Position heraus, so entsteht ein Drehmoment M. Gleiches passiert im Motor. Bei Belastung im Motorbetrieb bleibt das Polrad kurzzeitig etwas hinter dem umlaufenden Drehfeld zurück und es entsteht der belastungsabhängige Polradwinkel δ (delta). Ist die Belastung zu groß, fällt der Motor "außer Tritt" und bleibt stehen.
Drehmoment Das Drehmoment M des Synchronen-Reluktanz-Motors lässt sich aus den Motordaten berechnen. Man erhält es zu:
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Berechnung Drehmoment, Quelle: Prof. Prof. h. c. mult. Dr.-Ing. Peter F. Brosch
mit der Motorkonstante k, den Induktivitäten in q- und d-Richtung Lq und Ld, dem Fluss Ψ (Phi) und dem Polradwinkel δ (delta). Die Formel zeigt, dass das Verhältnis Lq/Ld möglichst klein sein muss, um ein großes Drehmoment M zu erhalten.
Je besser also die Flussführungen in der d-Achse arbeiten und je stärker der Fluss in der q-Achse behindert wird, desto größer ist das Motordrehmoment.
Vor- und Nachteile
Aufgrund der Massenträgheit des Rotors und der unbedingten synchronen Betriebsweise kann der Synchron-Reluktanzmotor nur mit einem Frequenzumrichter betrieben werden. Aufgrund moderner Regelungstechnik ist die Drehzahlregelung heute jedoch ohne Resolver (Rotorlagegeber) möglich. Ein Nachteil sind somit die um die Kosten des Umrichters erhöhten Investitionskosten. Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist aufgrund des robusten Aufbaus gegenüber einer geregelten Asynchronmaschine nicht erhöht. Beim Sychron-Reluktanz-Motor treten nahezu keine Verluste im Läufer auf. Dadurch hat er zwei wesentliche Vorteile. Erstens einen besseren Wirkungsgrad als herkömmliche Asynchronmotoren und zweitens wegen der geringeren Verluste auch eine geringere Erwärmung im Läufer und bei den Lagern. Die Wicklungsverluste im Ständer sind wegen des höheren Magnetisierungsanteils im Ständer etwas höher. Durch die in der Summe geringeren Verluste ist mit dem Motor die internationale Effizienzklasse IE4 erreichbar, deren genauer Verlauf nach heutigem Stand im CD (Committee Draft) der IEC 60034-30 Ed. 2 festgelegt ist. Bei der Herstellung ist vorteilhaft, dass keine Magnetwerkstoffe auf Basis sog. Seltener Erden Verwendung finden.
Einzelnachweise
- ↑ J. K. Kostko, "Polyphase reaction synchronous motors", J. Amer. Inst. Elec. Ing., vol. 42, pp. 1162–1168, Nov. 1923
- ↑ A. Vagati, "Synchronous reluctance electrical motor having a low torque ripple design", U.S. Patent No. 5818140, Oct. 6, 1998.
Literatur
- [3] T. A. Lipo, “Synchronous reluctance machine, a viable alternative for AC-drives,” Elect. Mach. Power Syst., vol. 19, pp. 659–671, 1991.
- [4] T. J. E. Miller, A. Hutton, C. Cossar, and D. A. Staton, “Design of a synchronous reluctance motor drive,” IEEE Trans. Ind. Appl., vol. 27, no. 4, pp. 741–749, Jul. 1991.
- [5] I. Boldea, L. Tutelea, and C. I. Pitic, “PM-assisted reluctance synchronous motor/generator (PM-RSM) for mild hybrid vehicles: Electromagnetic design,” IEEE Trans. Ind. Appl., vol. 40, no. 2, pp. 492–498, Mar./Apr. 2004.
- [6] M.-I. Lamghari-Jamal, J. Fouladgar, E.-H. Zaim, and D. Trichet, “A magneto-thermal study of a high speed synchronous reluctance machine,” IEEE Trans. Magn., vol. 42, no. 4, pp. 1271–1274, Apr. 2006.
- [7] T.A. Lipo and P. C. Krause, “Stability analysis of a reluctance synchronous machine,” IEEE Trans. Power Appl. Syst., vol. PAS-86, no. 7, pp. 825–834, Jul. 1967.
- [8] A. J. O. Cruickshank, R. W. Menzies, and A. F. Anderson, “Axially laminated anisotropic rotors for reluctance motors,” IEE Proc., vol. 113, no. 12, pp. 2058–2060, 1966.
- [9] D. Platt, “Reluctance motor with strong rotor anisotropy,” IEEE Trans. Ind. Appl., vol. 28, no. 3, pp. 652–658, May 1992.
- [10] H. Hofmann and S. R. Sanders, “High-speed synchronous reluctance machine with minimized rotor losses,” IEEE Trans. Ind. Appl., vol. 36, no. 2, pp. 531–539, May 1992.
- [11] J. Kolehmainen, “Rotor for electric machine,” Patent FI 118 940 (B1), May 15, 2008.
- [12] J.Kolehmainen and J. Ik¨aheimo, “Motors with buried magnets for medium speed applications,” IEEE Trans. Energy Convers., vol. 23, no. 1, pp. 86– 91, Mar. 2008.
- [13] J. Kolehmainen, “Machine with a rotor structure supported only by buried magnets,” presented at the Int. Symp. Electromag. Fields Elect. Eng. (ISEF), Prague, Czech Republic, Sep. 2007.
- [14] S. Wiak, A. Krawczyk, and I. Dolezel, Eds., “Advanced computer techniques in applied electromagnetics,” vol. 30, in Studies in Applied Electromagnetics and Mechanics. Amsterdam, The Netherlands: IOS Press, 2008, pp. 240–246.
- [15] X. B. Bomela and M. J. Kamper, “Effect of stator chording and rotor skewing on average torque and torque ripple of reluctance synchronous machine,” in Proc. IEEE Africon 1999, vol. 2, pp. 678–690.
Weblinks
- [16] Flux2DTM software. (2007). [Online]. Available: http://www.cedrat.com
- [17] FEMLABTM 3.0 software. (2007). [Online]. Available: http://www.comsol.com
- [18] Motoren von Morgen, heute bei KSB, KSB AG, Frankenthal / REEL S.r.l., Ponte di Nanto, I http://www.ksb.com
- [19] Asea Brown Boveri ABB, http://www.abb.com