La-Hoguette-Gruppe
Die La-Hoguette-Gruppe ist eine archäologische „Kultur“ oder Fundgruppe der ältesten Jungsteinzeit (6. Jahrtausend v. Chr.) in Mitteleuropa. Benannt ist sie nach dem französischen Ort La Hoguette im Department Calvados in der Normandie am äußersten Westrand des einstigen Verbreitungsgebietes. Der Name wurde 1983 vom französischen Prähistoriker Christian Jeunesse in die archäologische Forschung eingeführt. Bei der La-Hoguette-Gruppe handelt es sich um eine der altesten keramikführende Fundgruppe Mitteleuropas.
Verbreitung
Sie kommt beiderseits von Maas und Rhein, von der Schweiz bis in die Höhe der Beneluxstaaten und des Ruhrgebietes vor. Die Kulturträger folgten offenbar primär den großen Flussläufen. Beim Schweizer Fundort Liestal-Hurlistrasse handelt sich um ein frühneolithisches Inventar mit La-Hoguette-Keramik, welches in das 6. Jahrtausend v. Chr. zu datieren ist. Der Fundort an der nördlichen Peripherie der Schweiz ist ein Hinweis auf die Einwanderung frühneolithischer Elemente aus dem westlichen Mittelmeerraum.
Keramik
Von der La-Hoguette-Gruppe ist kaum mehr als ihre Keramik bekannt. Die Keramik ist gekennzeichnet durch zonenartige Einstichverzierungen, die denen der mediterranen Cardialkeramik ähneln. Typisch ist auch die Knochenmagerung, die sich spater noch bei eoi-bandkeramischen Gruppen im Westen (Blicquy, VSG, Limburg) findet. Ein kultureller Einfluss von Cardial die Träger der La-Hoguette-Gruppe oder ihre Abstammung von Kulturen aus dem westlichen Mittelmeerraum und eine frühe rhoneaufwärts gerichtete Wanderung ist daher wahrscheinlich. Ein eher unscheinbares eiförmiges Gefäß (heute im Museeum Alzey), ist ebenfalls der La-Hoguette Gruppe zuzurechnen. Weitere Fundorte sind Assenheim, Goddelau, Gerlingen und Soest.
Siedlungen
Bisher wurde La-Hoguette Keramik vor allem in Siedlungen der ältesten und älteren Bandkeramik gefunden. Es liegen nur wenige Fundorte vor, in denen allein La-Hoguette-Keramik gefunden wurde:
- Der eponyme Fundort im Calvados,
- Stuttgart Wilhelma,
- Liestal-Hurlistrasse, Schweiz
Stuttgart-Wilhelma lieferte zudem die Knochen domestizierter Tiere sowie eine Harpune
Gräber
Gräber oder Skelettfunde liegen bisher nicht vor. Allerdings zeigt die Neudatierung der Schädelfunde aus der Hohlenstein-Höhle bei Asselfingen im Lonetal nordöstlich von Ulm, dass die Opfer sehr nahe an den Beginn der Neolithisierung des Gebietes angesiedelt werden müssen. An den ca. 7800 Jahre alten Schädeln eines 20- bis 30-jährigen Mannes, einer etwa 20-jährigen Frau und eines etwa 4-jährigen missgebildeten Kindes (Wasserkopf) stellte man fest, dass der Hals von vorne nach hinten durchgetrennt war. Die Erwachsenen weisen im Bereich der Schläfen Schlagmarken wie von Keulenhieben auf. Das Kind wurde durch einen Schlag aufs Hinterhaupt getötet. Ob die Schädel mesolithischen Jagern und Sammlern oder Angehorigen der La Hoguette-Gruppe zuzurechnen sind, lässt sich mit der Datierung allein nicht entscheiden.
Wirtschaftsweise
Funde aus Stuttgart-Wilhelma belegen die Kenntnis von Haustieren. Vielleicht wurde auch der Borstenmohn von Tragern der La Hoguette Kultur aus dem Mittelmeeraum nach Westen gebracht.
LBK und La Hoguette
Im Westen ihres Verbreitungsgebiets (Rheinland, mittlerer Neckar und Mainfranken) trafen die aus dem Donaubereich vordringenden jungsteinzeitlichen Bandkeramiker um 5500 v. Chr. auf die Träger der La-Hoguette-Kultur. Die La-Hoguette-Keramik tritt meist vergesellschaftet mit der der Bandkeramik auf. Da La Hoguette Keramik auch mit jüngerer Bandkeramik vergesellschaftet ist, bestanden beide Kulturen uber langere Zeit nebeneinander. Aus Goddelau ist die bandkeramische Imitation eines La Hoguette Gefässes bekannt.
Literatur
- Chr. Jeunesse: La Céramique de la Hoguette. Un nouvel “élément non-rubané” du neolithiqie ancien de l‘Europe du Nord-Ouest. o. O. 1987
- J. E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Band 36 in Beitraege zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. o. O. 2003. ISBN 3-930036-70-3
- Jürg Sedlmeier, Neue Erkenntnisse zum Neolithikum in der Nordwestschweiz, Arch. der Schweiz 4/2003.