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Postmoderne

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Die Postmoderne bezeichnet eine Epoche und geistig-kulturelle Bewegung, die schwer zu definieren ist, aber weitgehend durch ihre Zurückweisung - nach anderer Meinung Vollendung - der Moderne unterschieden werden kann. Die Postmoderne ist eine Reaktion auf die Moderne. Jean-François Lyotard bezeichnete sie in einem vielbeachteten Aufsatz als Ende der großen Erzählungen. Zeitlich gibt es verschiedene Einordnungen, von ersten Anfängen in den 60er Jahren, bis hin zum Beginn der 80er Jahre, wo sich die Postmoderne in allen möglichen Alltagsphänomenen (z. B. Mode, Popkultur, Kunst, postmoderne Architektur) offen zu zeigen begann.

Definition

Während in der Moderne die avantgardistische Perspektive dominiert, steht in der Postmoderne nicht die Realisierung des Neuen im Mittelpunkt des (künstlerischen) Interesses, sondern eine Rekombination oder neue Anwendung vorhandener Ideen. Die Welt wird nicht mehr auf ein einziges, grosses Fortschrittsziel hin betrachtet, sondern vielmehr als pluralistisch, zufällig, chaotisch und in ihren hinfälligen Momenten angesehen. Ebenso gilt die menschliche Identität als unstabil und durch viele, teils disparate, kulturelle Faktoren geprägt. Medien und Technik spielen eine wichtige Rolle als Träger wie Vermittler von Kultur (siehe auch Medientheorie).

Die Postmoderne wendet sich gegen Festschreibungen insbesondere ideologischer, aber auch kultureller Art, weshalb ihr andererseits oft der Vorwurf der Beliebigkeit gemacht wird und postmoderne Philosophen wie Derrida sich Zeit ihres Lebens heftigen Angriffen ausgesetzt sahen.

Die postmoderne Kunst zeichnet sich u.a. aus durch den erweiterten Kunstbegriff und zitathafte Verweise auf vergangene Stile, die teils ironisch in Szene gesetzt werden. Wo die Ironie misslingt oder nicht vorliegt, lässt sich die ganze Richtung mit dem "Eklektizismus" vergleichen.

Andy Warhol stellt ein frühes Beispiel für einen postmodernen Künstler dar.

Bestimmte (nicht exklusive und auch nicht erschöpfende) Kennzeichen postmodernen Denkens und Urteilens sind:

In der postmodernen Geisteswissenschaft sind die vorherrschenden Methoden der Poststrukturalismus und der Dekonstruktivismus.

Konservatismus und Postmoderne

Der Konservativismus, der im postmodernen Denken immer eine Beliebigkeit (Alan Sokal), aber auch einen Angriff auf die eigenen Fundamente Staat, Familie, Religion, sowie auf die eigene Metaphysik und Deutungshoheit sah, sieht oftmals schon das Ende der Postmoderne gekommen.

Ausgang der Postmoderne? Aktuelle Tendenzen bildender Kunst

Spätestens mit dem angeblichen, von einigen Betrachtern ausgemachten Offenbarwerden der krisenhaften Entwicklung der westlichen Kultur im Kontext der Globalisierung sehen Kritiker den Höhepunkt der postmodernen Epoche überschritten (was als Kulturpessimismus kritisiert wird). Die Postmoderne ist allerdings kein rein westliches Phänomen, sondern im Gegenteil international.

Die These vom Ausgang der Postmoderne vertreten etwa

"Die Kunst" wendet sich für einige Betrachter zunehmend "wieder" realistischen Tendenzen, gesellschaftlichen und politischen Problemen zu. Andere sehen hier eine Kontinuität seit den 50ern (Situationismus, Neorealismus), die sich in den 60ern und 70ern Joseph Beuys), und 80ern weiter fortsetzte.

Die bildende Kunst reagiert auch auf gegenwärtige Erscheinungen wie Globalisierung, den Neoliberalismus und eine neokonservative Wertdediskussion. Beispiele hierfür sind etwa die Künstler der Gruppe Park Fiction, die Ende der 90er neoliberalen Stadt-Verwertungsstrategien eine künstlerische Rückeroberung von Stadt durch die Institutionen entgegenstellten, und mit gesellschaftlichen lokalen Gruppen, etwa Minderheiten, zusammenarbeiteten.

Für einige Betrachter gibt es auch Kunst, die sich mit Themen wie der Strukturkrise des westlichen Sozialstaatsmodells durch eine globale Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, der Verlagerung der wirtschaftlichen Gewichte durch das ökonomische Aufstreben asiatischer Handelsmächte bei gleichzeitiger demographischen Entwicklung in Europa und Japan zu schrumpfenden Gesellschaften der Alten mit geringem Kindernachwuchs auseinandersetzt, Beispiele sind

Mit einer von Samuel Huntington plakativ als 'Kulturkampf' apostrophierten Auseinandersetzung des Westens mit dem Islamismus in der Folge der Attentate vom 11. September 2001 in den USA setzte sich die Ausstellung zum 11. September in New York auseinander, auch Georg Baselitz und andere Maler verarbeiteten das Thema der Anschläge, Karlheinz Stockhausen sah in ihnen gar ein Kunstwerk, was zu massiver Kritik führte. Unter dem Pseudonym Atlas Group behandelt der Künstler Walid Raad die Flüchtlingsproblematik aus der Perspektive von Flüchtlingen, aber auch Motive des Terrorismus der 80er in Nahost.

Mit deutschen Mythen, und mit einer Renaissance von Patriotismus, Standort-Nationalismus und Rechtsextremismus setzt sich in Deutschland der Künstler Jonathan Meese, oder die Subkultur, etwa um die Hamburger Schule, kritisch auseinander.

Man findet heute in der aktuellen bildenden Kunst teils eine Rückbesinnung auf klassische Formen und Techniken, auf Fortschritts- und Heilserzählungen der Moderne oder zu Mythen der Vormoderne, ohne dass dabei allerdings wieder eine Avantgarde entstünde, die verbindlich eine Richtung vorgeben könnte. Auch finden sich dabei Rückgriffe auf Sujets und Werte der Romantik - Beispiele finden sich in der neuen Leipziger Schule.

Eine gegenläufige aktuelle Tendenz stellt die Rückkehr der Konzeptkunst dar (Dan Graham, Cosima von Bonin, Andrea Fraser, etc). Mark Dion untersucht Künstlichkeit, Brüchigkeit, die Fragwürdigkeit eines Naturalismus.

Auch diskutierte die Kunsttheorie, etwa auf den letzten Documenta-Ausstellungen den Einfluss der Globalisierung auf die Kunst, und setzte einem eurozentrischen bzw. westlichen Kunstverständnis Perspektiven Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und der islamischen Welt (z.B. Shirin Neshat) entgegen. Diese setzen sich oftmals mit den Erscheinungen der Postmoderne in ihren Kulturen, mit dem Aufeinandertreffen von Tradition und Moderne auseinander, oder entwickeln hybride neue Formensprachen und Ansätze einer globalen Kunst. Das postmoderne Vokabular wird dabei nicht aufgegeben, sondern erweitert.

So wechseln sich insgesamt offenbar weiterhin Retro-Phänomene und Innovation im immergleichen Spiel der Moden und Stile ab, so dass Apologeten der Postmoderne sich daher auch bestätigt sehen können.

Bildende Künstler der Postmoderne

Architekten der Postmoderne

siehe Postmoderne Architektur

Philosophen / Theoretiker der Postmoderne

Schriftsteller, deren Werk sich als postmodern bezeichnen lässt

Reflexionen zur Postmoderne:

GegenpositionenRettung der Moderne:

Literatur (weitläufig)

  • Guy Debord, Die Gesellschaft des Spektakels
  • Zygmunt Bauman, Intimations of Postmodernity (London: Routledge, 1992)
  • Zygmunt Bauman, Moderne und Ambivalenz. Hamburg 1998.
  • Jonathan Bignell, Postmodern Media Culture (Edinburgh: Edinburgh UP, 2000)
  • Damien Broderick, Reading by Starlight – Postmodern Science Fiction (London and New York: Routledge, 1995)
  • Gary K. Browning, Lyotard and the End of Grand Narratives (Cardiff: University of Wales Press, 2000)
  • Christopher Butler, Postmodernism - A Very Short Introduction (Oxford: Oxford UP, 2002)
  • Thomas Carmichael & Alison Lee (eds.), Postmodern Times – A critical Guide to the Con-temporary (DeKalb: Northern Illinois UP, 2000)
  • Gilles Deleuze & Félix Guattari, Kapitalismus und Schizophrenie 2 – Tausend Plateaus, ed. G. Rösch; trans. Gabriele Ricke & Ronald Voullié (1980; Berlin: Merve, 1997)
  • Cristina Delgi-Esposti (ed. & intro.), Postmodernism in the Cinema (New York: Berghahn Books, 1998)
  • Thomas Docherty (ed. & intro.), Postmodernism – A Reader (New York, et al.: Harvester Wheatsheaf, 1993)
  • Terry Eagleton, The Illusions of Postmodernism (Oxford: Blackwell, 1996)
  • Peter Engelmann (ed. & intro.), Postmoderne und Dekonstruktion – Texte französischer Philosophen der Gegenwart (1990; Stuttgart: Reclam, 1997)
  • David Harvey, The Condition of Postmodernity (Cambridge: Blackwell Publishers, 1995)
  • Ihab Hassan, The Postmodern Turn.Essays in postmodern theory and culture. Ohio State University Press, 1987. ISBN 0814204287
  • Lutz Hieber/Stephan Moebius/Karl-Siegbert Rehberg (Hg.): Kunst im Kulturkampf. Zur Kritik der deutschen Museumskultur. Beiträge zur Exklusion postmoderner Kunst, Kunst aus der DDR u.a. Erscheint Herbst 2005, Bielefeld: transcript.
  • Frederic Jameson, Postmoderne. Zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus. In: Postmoderne. Zeichen eines kulturellen Wandels, hrsg. Andreas Huyssen, Klaus R. Scherpe, (Rowohlt: Reinbek 1986), S. 103-127. ISBN 3499554275
  • Charles Jencks, The Language of Post-Modern Architecture, London 1977. deutsch: Die Sprache der postmodernen Architektur. Die Entstehung einer alternativen Tradition, Stuttgart 1978.
  • Heinrich Klotz, Kunst im 20. Jahrhundert (Moderne - Postmoderne - zweite Moderne), München 1994, ISBN 3406382037
  • Jean-Francois Lyotard, Das postmoderne Wissen, Wien 1999 (Passagen Verlag)
  • Stephan Moebius: Postmoderne Ethik und Sozialität. Beitrag zu einer soziologischen Theorie der Moral. 2001, Stuttgart: ibidem-Verlag, 157 S., ISBN 3-89821-155-X (zur Soziologie von Zygmunt Bauman, zur Debatte um Kommunitarismus und Liberalismus, zu Heideggers "Mit-Sein", zur Ethik von Lévinas, Derrida u.a.).
  • Thiesen, Stefan: RABENWELT - eine postmoderne Novelle zur globalisierten Weltkrise, Selm, 2000, ISBN 3934195040
  • Welsch, Wolfgang: Wege aus der Moderne. Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion. Berlin: Akademie Verlag 1994.
  • Zima, Peter V., Moderne/Postmoderne. Gesellschaft, Philosophie, Literatur, Tübingen/Basel: A. Francke 1997

Siehe auch