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Kurpfälzische Dialekte

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Joy Fleming, eine prominente Sprecherin des Kurpfälzischen

Kurpfälzisch (auch Badisch-Pfälzisch) ist eine Untergruppe der zur rheinfränkischen Dialektgruppe gehörenden vorderpfälzischen Dialekte, und die einzige rechtsrheinische Dialektgruppe des Pfälzischen.

Verbreitung und Abgrenzung

Das Kurpfälzische wird in der Kurpfalz gesprochen, seine Abgrenzung zum Pfälzischen wird vereinfachend durch die Rheingrenze definiert. Das kurpfälzische Sprachgebiet erstreckt sich von Mannheim und Viernheim im Norden über Weinheim und Heidelberg über Wiesloch nach Bruchsal im Süden, und reicht im Osten in den badischen Odenwald hinein über Neckargemünd bis nach Eberbach, Mosbach und Sinsheim. In den östlichen Teilen des badischen Odenwaldes spricht man einen südrheinfränkischen Dialekt, das so genannte Odenwäldische. Der auffälligste Unterschied zwischen dem kurpfälzischen Dialekt und dem ähnlich aufgebauten, aber trockener klingenden Dialekt des hessischen Odenwaldes (Odenwälderisch) im Norden ist das typische kurpfälzische "Singen", das oft die Betonung am Ende eines Satzes oder gemeinhin unbetonter Satzteile ansteigen lässt. Im Südosten grenzt das Kurpfälzische an das Ostfränkische im nördlichen Württemberg, im Süden an das Südfränkische (Nordbadische). Allerdings ist die Abgrenzung des Kurpfälzischen nach Süden und Osten nicht ganz eindeutig fest gelegt; linguistisch ist es die Speyerer Linie, Mainlinie oder "appel/apfel-Linie", die das Mitteldeutsche vom Oberdeutschen trennt (siehe auch unten), allerdings klassifizieren die meisten Bewohner der Gebiete um Sinsheim, Bruchsal und Mosbach, die zur historischen Kurpfalz gehörten, ihren Dialekt selbst als Kurpfälzisch.

Besonderheiten in der Aussprache

Dabei ist das Kurpfälzische von seinen Nachbardialekten stark beeinflusst und weicht so teilweise vom restlichen Pfälzisch ab; für "ich" wird oft wie im badisch-schwäbischen "i" verwendet, westlich des Rheins dagegen ausschließlich "iisch".

Der für das Westmitteldeutsche und Pfälzische so typische Erhalt des "p" in Wörten wie "Palz", "Parrer", "Appl", Peif", "Pund", "Plaum" im Gegensatz zum hochdeutschen "pf" infolge der Zweiten Lautverschiebung ist im Kurpfälzischen als Übergangsdialekt von Ort zu Ort verschieden: In Schwetzingen und Heidelberg heißt es "Appl", "Plaum" und "Pund", in Leimen, Nußloch, Wiesloch und Hockenheim schon "Apfl", in St. Leon-Rot, Oberhausen-Rheinhausen und Bammental auch "Pflaum", in Dielheim, Mühlhausen, Bad Schönborn und Sinsheim dann auch "Pfund". Diese und andere kleinräumige Unterschiede sind für Fremde oft sehr verwirrend, allerdings gibt es auch hier Tendenzen zur regionalen Vereinheitlichung des gesprochenen Dialekts.

Verbreitung und Status des Dialekts

Von der älteren Bevölkerung auf dem Land wird der angestammte Dialekt wie selbstverständlich gesprochen, Hochdeutsch wird als Fremdsprache empfunden und zwar verstanden, aber kaum aktiv gesprochen. Jüngere Leute bevorzugen eine je nach Gesprächssituation mehr oder weniger abgeschwächte, vereinfachte Dialektform. In größeren Städten, allen voran Heidelberg, ist der Dialekt aufgrund der zahlreichen zugezogenen Einwohner ("Naigschnaidde") auf dem Rückzug, wird von vielen jüngeren auch nicht mehr gut verstanden und als Merkmal der ungebildeteren Bevölkerung angesehen. Bei den meisten gebürtigen Kurpfälzern ist aber die Herkunft auch noch an der Klangfarbe des gesprochenen Hochdeutsch erkennbar, was auch für viele andere Regionen Deutschlands (z.B. Schwaben) oder für Österreich gilt, ein prominentes Beispiel ist z.B. der aus Leimen stammende Boris Becker. Eine Förderin des Kurpfälzischen war die Mannheimerin und Heidelbergerin Elsbeth Janda, die unter anderem dem Schlabbinsche, einer Hundedame an der Seite des Äffles und Pferdles, im SWR/ARD Werbefernsehen ihre Stimme lieh.

Besonderheiten im Wortschatz

Typisch kurpfälzische Ausdrücke sind z.B.

  • ab(b)a - Nein!, Ach was!
  • alla (eher im Norden) / alle (eher im Süden) - Auf geht's! (von französisch "aller" = gehen)
  • Atzel - Elster
  • awwl - eben, jetzt
  • Bell - Pappel
  • Benseniggl (sehr häufig auch: Belseniggl) - Nikolaus, Weihnachtsmann
  • bressiere, bressiare - eilig sein, sich beeilen (von französisch "presser")
  • Buu - Bube, Junge
  • Droddwaa - Gehweg (von französisch "trottoir")
  • ebband (sehr oft auch: ebba) - jemand
  • ebbes - etwas
  • Eischhännsche, Eischhändl - Eichhörnchen
  • Elwedridsche, Dilldabbe, Dollbohrer (letzeres auch als Schimpfwort) - in der Pfalz in Wäldern heimisches Fabelwesen, ähnlich dem bayerischen Wolpertinger
  • Fladderrouse, Dindeblumme, Dinderouse, Schlabbadullä - Klatschmohn (je nach Ort verschieden)
  • Gaas - Ziege
  • Gnaams - Tagesration Nahrung
  • Gosch - Mund, Maul eines Tieres
  • Grumbeer (auch: Kadoffl) - Kartoffel
  • Grusslbeer - Stachelbeere
  • Guudheer - Eichelhäher
  • Guudsl - Bonbon
  • Haffe(n) - Topf
  • Herrgoddskäfferle, Ghannsvejjele - Marienkäfer
  • Hinggl - Huhn
  • hoddisch - schnell, einig
  • Hoschbes - störrischer, unbeholfener, ungeschickter Mensch
  • Husai, Budslin, Hoggelen - Kiefernzapfen
  • Kannsdrauwe, Konnsdraawe - Johannisbeeren
  • Kussäng - Cousin (Betonung auf der ersten Silbe)
  • Lagg(e)l - starker, grober, furchteinflößender oder flegelhafter, ungebildeter, unhöflicher Mensch (Schimpfwort)
  • Lodsch - behäbige Frau
  • Maadlin, Meedle, Määdln usw. - Mädchen (Plural)
  • Migge - Stubenfliegen
  • Oggseaag - Spiegelei
  • Ohreschlechde - Pocken
  • Pedder(isch) - Patenonkel
  • schasse - jagen (von französisch "chasser")
  • Scheier - Scheune
  • Schobfe - Schuppen, einfache Hütte, Unterstand
  • Schniss - Schnute, deprimierter Gesichtsausdruck
  • Schnooge - Stechmücken (Culex pipiens), Bremsen
  • Schnorres - Schnurrbart, Schnauzbart
  • Seiher - Sieb
  • sell(selli, seller) - dieses/diese/dieser, jenes/jene/jener
  • sisch dummle - sich beeilen
  • uze, uuze - foppen, veräppeln, hereinlegen, spotten
  • Weffz(e) - Wespe

Anmerkungen: Einige dieser Wördsche (Begriffe) sind nur nur in einzelnen Ortschaften gebräuchlich, viele von ihnen sind nur noch der älteren Generation geläufig, sonst aber am Verschwinden und werden durch dem Hochdeutschen nähere Wörter ersetzt. Viele dieser Begriffe sind auch in Nachbardialekten verbreitet bzw. im ganzen süddeutschen Raum, deshalb werden einige auch unter Odenwälderisch, Odenwäldisch, Süd-Rheinfränkische Dialektgruppe, Schwäbische Dialekte etc. aufgeführt.

Siehe auch

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