Norddeutscher Bund
Der Norddeutsche Bund war der 1867 gegründete Staatenbund aller deutschen Länder nördlich der Mainlinie und der Vorläufer des Deutschen Reiches von 1871.
Als Folge des Deutschen Krieges von 1866 war der seit 1815 bestehende Deutsche Bund, der alle Staaten Deutschlands umfasst hatte, zerbrochen. Die Fürstentümer und Hansestädte nördlich des Mains schlossen sich daraufhin unter Führung Preußens zum Norddeutschen Bund zusammen. Zu dessen Gebiet gehörten auch die preußischen Territorien südlich des Mains, die von Württemberg umschlossenen Hohenzollernsche Lande. Das Großherzogtum Hessen dagegen gehörte dem Bund nur mit seinem nördlichen Landesteil an. Nur das Großherzogtum Baden, die Königreiche Bayern und Württemberg sowie das Kaisertum Österreich blieben außerhalb des Bundes.
Entstehung
Der Norddeutsche Bund entstand aus dem Militärbündnis, das Preußen und mehrere kleinere Staaten (z.B. Schaumburg-Lippe) während des Deutsch-Österreichischen Krieges 1866 verband.
Infolge des Deutschen und Italienisch-Österreichischen Krieges 1866 wurden in Prag und in Wien Friedensverhandlungen geführt. Österreich als Verlierer musste Venetien an Italien abtreten. Der Deutsche Bund wurde aufgelöst. Preußen annektierte sämtliche Gebiete der Kriegsgegner nördlich des Mains mit Ausnahme von Sachsen, Hessen-Darmstadt, Sachsen-Meiningen und Reuß ältere Linie. Erst durch nachträglichen Beschluss wurde der Norddeutsche Bund zum legitimen Völkerrechtssubjekt. Die Regierung Otto von Bismarcks wurde ebenfalls nachträglich gebilligt.
Verfassung Die Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 16. April 1867 ist in wesentlichen Punkten mit der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 identisch.
Der König von Preußen (Wilhelm I.) hatte das Präsidium des Bundes inne. Ihm unterstellt war der Bundeskanzler (Bismarck), der die Exekutive des Bundes leitete. Die einzelnen Staaten des Bundes entsandten Vertreter in den Bundesrat, der von Preußen dominiert war (Preußen hatte 17 von 43 Stimmen inne). Der Bundesrat übte zusammen mit dem Reichstag, der aus allgemeinen und direkten Wahlen hervorging, das Gesetzgebungsrecht einschließlich der Haushaltsbewilligung aus.
Bundesgebiet
Das Bundesgebiet bestand aus den Staaten
- Königreich Preußen mit
- Königreich Sachsen
- Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin
- Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach
- Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz
- Großherzogtum Oldenburg
- Herzogtum Braunschweig
- Herzogtum Sachsen-Meiningen
- Herzogtum Sachsen-Altenburg
- Herzogtum Sachsen-Coburg und Gotha
- Herzogtum Anhalt
- Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt
- Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen
- Fürstentum Waldeck
- Fürstentum Reuß ältere Linie
- Fürstentum Reuß jüngere Linie
- Fürstentum Schaumburg-Lippe
- Fürstentum Lippe
- Freie Stadt Lübeck
- Freie Stadt Bremen
- Freie Stadt Hamburg
- den nördlich des Mains gelegenen Teilen des Großherzogtum Hessen
Ende
Mit der Vorherrschaft Preußens im Norddeutschen Bund wurde international ein kontinentales Hegemonialstreben vermutet. Das preußische Königshaus wurde deshalb durch Frankreich in der Frage der spanischen Thronfolge zum Verzicht aufgefordert, was ohne Ehrverlust als unannehmbar galt. Die Zurückweisung der französischen Forderung durch Bismarck (Emser Depesche am 19. Juli 1870) führte zur Kriegserklärung Frankreichs. Im Krieg gegen Frankreich schlossen sich dem Norddeutschen Bund auch die süddeutschen Staaten (ohne Österreich) an. Aufgrund von Ressentiments gegenüber Frankreich herrschte in den deutschen Staaten eine allgemeine Kriegsbegeisterung. Die französische Armee wurde von den vereinten deutschen Streitkräften bei Metz und Sedan geschlagen.
Mit der auf den sog. Kaiserbrief des bayerischen Königs Ludwig II. im Namen der deutschen Fürsten folgenden Proklamation Wilhelm I. zum deutschen Kaiser löste sich der Norddeutsche Bund auf und ging zusammen mit den süddeutschen Staaten (ohne Österreich) in das Deutsche Reich über. Damit entschied sich die so genannte deutsche Frage im Sinne der kleindeutschen Lösung.
Die bisherige Verfassung des Norddeutschen Bundes sowie die übrigen Gesetze galten - zum großen Teil unter Änderungen - für das Deutsche Reich - und eben auch für die Bundesrepublik seit 1949 - fort.
Weblinks
- Bündnisvertrag Preußens mit den Norddeutschen Staaten vom 18. August 1866
- Originaltext der Verfassung des Norddeutschen Bunds vom 16. April 1867 (auf documentArchiv.de)
- Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 16. April 1867
- Auszug aus Meyers Konversationslexikon, Band 4, Seite 0900 ff, aus dem Jahre 1888