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Rittner Bahn

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Rittnerbahn mit Dolomitenpanorama bei Oberbozen

Die Rittnerbahn (ital. Ferrovia del Renon) ist eine elektrisch betriebene Schmalspurbahn mit Spurweite 1000 mm, die das Hochplateau des Ritten bei Bozen in Südtirol erschließt.

Streckenbeschreibung

Die am 13. August 1907 eröffnete Bahn war ursprünglich in drei Streckenteile gegliedert:

Triebwagen "Alioth" bei Wolfsgruben

Ihren Ausgangspunkt nahm sie am Bozener Waltherplatz, von wo sie zunächst als Straßenbahn über den Hauptbahnhof zum nördlich davon gelegenen Rittnerbahnhof fuhr. Hier befand sich das betriebliche Zentrum mit Werkstätte, Triebwagen-Abstellhalle und einer Umladerampe für Güter von und zur Normalspur.

In dieser Station schob sich eine Zahnradbahnlokomotive hinter die Triebwagen, die sie auf den folgenden vier Kilometern über die Zahnradbahnstrecke bergwärts schob. Der Höhenunterschied von 900 Metern wurde dabei auf einer Maximalsteigung von 25% mit einer Höchstgeschwindigkeit von 7 km/h überwunden. In der Mitte dieses Abschnittes befand sich eine Betriebsausweiche, an der sich auch die Umformerstation befand, die die Oberleitung mit einer Gleichspannung von 750 Volt speiste. Der Fahrplan war solchermaßen gestaltet, dass immer ein bergwärts und ein talwärts fahrender Zug gleichzeitig in Fahrt waren. Die Fahrmotoren der bergab bremsenden Lokomotiven wirkten dabei als Generatoren, die die bergauf fahrende Lokomotive mit Energie versorgten (Rekuperations-Prinzip).

In der Station Maria Himmelfahrt war der Zug auf dem Hochplateau des Ritten angelangt, ab hier fuhr der Triebwagen wieder alleine über Oberbozen und die Ausweichstation Lichtenstern bis zur Endstation Klobenstein. Dieser Abschnitt war wieder eine reine Adhäsionsbahn.

Geschichte

Im Bahnhof Oberbozen

Im 19. Jahrhundert hatte die Bedeutung des Ritten als Fremdenverkehrsort deutlich zugenommen, so dass der Ruf nach einer zeitgemäßen Erschließung laut wurde. Eine Zahradbahn nach schweizer Vorbild wurde als geeignetste Lösung erachtet. 1906 wurde die Baukonzession für eine elektrische Lokalbahn vom Bozener Waltherplatz nach Klobenstein erteilt. Mit der Planung und Durchführung der Bauarbeiten wurde das Unternehmen von Josef Riehl beauftragt, das schon mehrere Lokalbahnprojekte in Tirol verwirklicht hatte. Im April 1907 waren die Bauarbeiten bereits abgeschlossen, im August des selben Jahres konnte der öffentliche Fahrbetrieb aufgenommen werden. Die Rittnerbahn galt im frühen 20. Jahrhundert als eine Errungenschaft, die den modernen Fremdenverkehr auf dem Ritten erst möglich machte. Es gab jedoch auch Gegner dieser Entwicklung, insbesonders der Dichter Hans von Hoffensthal trat als vehementer Gegner des Bahnprojektes hervor.

Aufgelassene Trasse der Zahnradbahn oberhalb von Bozen

In den folgenden Jahrzehnten fuhr die Rittnerbahn zur Zufriedenheit von Einheimischen und Urlaubsgästen, wechselte allerdings mehrmals die Betreibergesellschaft. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich jedoch eine starke Überalterung der Fahrzeuge und der technischen Einrichtungen bemerkbar. Auch waren die langen Fahrzeiten auf der Zahnradbahnstrecke nicht mehr zeitgemäß und die Bahn wäre gegenüber der damals erst geplanten (und 1969 eröffneten) neuen Straßenverbindung nicht mehr konkurrenzfähig gewesen. Konzepte zur Erneuerung des Fuhrparkes wurden als zu teuer angesehen, auch wären keine nennenswerten Fahrzeitgewinne zu erzielen gewesen, daher kam der Vorschlag auf, die Zahradbahn durch eine Seilbahn zu ersetzen.

Die Seilbahn in Bozen

Am 3. Dezember 1964 ereignete sich auf der Steilrampe oberhalb von St. Magdalena ein folgenschwerer Unfall. Ein Zug entgleiste, die Zahnradbahnlok und der vorangestellte Triebwagen stürzten ab. Es waren mehrere Todesopfer und Schwerverletzte zu beklagen. Dieser Unfall beschleunigte den Bau der Seilschwebebahn, die am 16. Juli 1966 in Betrieb ging. Die Talstation wurde an der Talstation der Zahnradbahn, die Bergstation am Bahnhof Oberbozen errichtet. Mit der Zahnradbahn wurde auch die Straßenbahnstrecke zwischen dem Stadtzentrum und der Talstation aufgelassen und durch Linienbusse ersetzt. Neben der Katastrophe von 1966 blieb die Rittnerbahn seit Bestehen nicht von anderen Unfällen und Schadensfällen verschont: Schon in den Anfangsjahren führte eine Reihe von Zwischenfällen zu Umbauten der zierlichen hölzernen Wagenkästen. Zuletzt im Dezember 1995 wurde Betriebsdienstleiter Peter Kerschbaumer durch einen Stromschlag getötet.

1982 wurde eine grundlegende Generalsanierung der Rittnerbahn beschlossen und gebrauchte Fahrzeuge aus Deutschland erworben. Die Sanierungsarbeiten wurden 1985 durchgeführt, dabei wurde auch durchgehend schwereres Schienenprofil eingebaut und die Station Maria Himmelfahrt nach Originalplänen rekonstruiert.

Fahrzeuge

Ein zweiachsiger Triebwagen in Maria Himmelfahrt

Zur Eröffnung der Rittnerbahn standen zwei zweiachsige Triebwagen mit je einem Beiwagen und ab 1908 zusätzlich zwei vierachsige Triebwagen, sowie mehrere Güterwagen zur Verfügung, die von der Grazer Waggon- und Maschinenfabrik geliefert wurden. Diese Fahrzeuge waren alle mit einem Bremszahnrad ausgestattet. Weiters wurden von der Maschinenfabrik Winterthur vier Zahnradbahnlokomotiven geliefert. Die elektrische Ausrüstung aller Fahrzeuge stammte von AEG in Wien.

In den 1930er-Jahren wurde ein vierachsiger Triebwagen der eingestellten Strecke Dermulo-Fondo-Mendel übernommen, der mangels Bremszahnrad aber ausschließlich auf der Adhäsionsstrecke auf dem Ritten eingesetzt wurde. Das Fahrzeug, das in Bern gebaut wurde und dessen elektrische Ausrüstung von Alioth stammte, wurde folglich nur als der Alioth bezeichnet.

Der vierachsige Originaltriebwagen Nr.1 und die Zahnradbahnlok L.1 wurden bei dem Unfall von 1964 schwer beschädigt und in Folge verschrottet. Alle anderen Triebwagen sind erhalten geblieben und versehen nach gründlicher Revision weiterhin ihren Dienst auf der Rittnerbahn. Die Zahnradbahnlok L.4 befindet sich heute im Innsbrucker Localbahnmuseum, L.3 wurde nach 1966 verschrottet, Lok L.2 ist unvollständig in Bozen erhalten geblieben.

Anlässlich der ab 1985 durchgeführten Generalsanierung wurden auch zwei ursprünglich für die Bahnlinie Esslingen-Nellingen-Denkendorf gebaute Triebwagen gebraucht erworben, welche die historischen Fahrzeuge im Betriebsalltag entlasten sollten.

Betrieb

Fahrzeughalle in Oberbozen

Ab der Eröffnung bis 1911 wurde die Rittnerbahn von der k. k. privilegierten Südbahn betrieben, danach bis 1924 von den Etschwerken. Von 1924 bis 1929 führte die AG der Rittnerbahn den Betrieb in Eigenregie, dann übernahm ihn bis 1955 die Società Trentina di Elettricità. Für die Rittnerbahn und die Seilbahn ist seit 1982 die SAD Nahverkehr AG zuständig, welche neben den Südtiroler Regionalbussen auch die Vinschgaubahn betreibt.

Die Fahrzeit der Seilbahn, die als eine der längsten der Welt gilt, beträgt 12 Minuten, sie verkehrt ganztägig in einem Intervall von 20 Minuten.

Am Ritten selbst blieb die Adhäsionsbahn zwischen Himmelfahrt und Klobenstein erhalten und die historischen Wagen aus dem Jahr 1907 versehen auch heute noch regelmäßig ihren Dienst, unterstützt durch gebraucht erworbene Fahrzeuge. Die Strecke Oberbozen-Klobenstein wird ganzwöchig von einem Triebwagen im Stundentakt befahren, der kurze Abschnitt von Oberbozen nach Himmelfahrt nur an Werktagen. Fahrscheine für beide Verkehrsmittel sind vor Ort bei Automaten zu erwerben.

Literatur

  • Francesco Pozzato, Il Trenino del Renon - Die Rittnerbahn, Duegi Editrice, 1988, ISBN 88-900979-7-3