Wohnungspolitik
Wohnungspolitik ist im engeren Sinne die öffentliche Politik, die sich auf das Wohnungswesen richtet. Der Begriff Politik bezeichnet hierbei einerseits das konkrete eingreifende Handeln, andererseits die Zielvorstellungen, an denen sich dieses Handeln orientiert. Es kann angenommen werden, dass im Falle der öffentlichen Hand das eine vom anderen nicht zu trennen ist, möchte man ihr nicht planlose Willkür unterstellen.
Zielsetzung
Wohnungspolitik äußert sich also im regulierenden Eingreifen der öffentlichen Hand in den Wohnungsmarkt. Sie wendet dabei die ihr zur Verfügung stehenden wohnungspolitischen Instrumentarien an. Was nun die Handlungsebene staatlicher Wohnungspolitik betrifft, so ist es in Deutschland vor allem der zentrale Staat, also die Bundesregierung (auf Landesebene auch die Landesregierung), der die rechtlichen Rahmenbedingungen bestimmt. Die Kommune setzt als lokaler Staat jeweils vor allem Bundes- bzw. Landesrecht um. Aus Sicht der Stadtsoziologie ist für das Verständnis längerfristiger Prozesse eine weitere Seite der Wohnungspolitik von Interesse: die dem konkreten Handeln zugrundeliegende allgemeine Handlungsstrategie.
Entwicklung der Wohnungspolitik
Bereits im 19. Jahrhundert reifte die Erkenntnis, dass der Wohnungsmarkt nicht sich selbst überlassen werden dürfe. In Folge der Industrialisierung und der damit verbundenen Landflucht stieg der Wohnungsbedarf in den Städten sprunghaft an. Es kam zu Bodenspekulation, Wuchermieten und Obdachlosigkeit. Eingriffe des Staates wurden aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, aber auch aus Gründen des Gesundheitsschutzes notwendig. Die nach dem Ersten Weltkrieg vorherrschende allgemeine Wohnungsnot verstärkte die staatlichen Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt. Zahlreiche Gesetze zur Bekämpfung des Wohnungsmangels wurden erlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg – knapp ein Viertel des Wohnungsbestandes von ca. 18 Mio. Wohnungen war zerstört und mehr als zwölf Millionen Flüchtlinge mussten untergebracht werden – wurde die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zur wichtigsten Aufgabe des Staates. Ein Wohnungsbauministerium auf Bundesebene wurde eingerichtet. Weitere Marksteine waren das Erste (1950) und das Zweite Wohnungsbaugesetz (1956), mit denen die drei Segmente staatlicher Interventionen (öffentlich geförderter sozialer Wohnungsbau, steuerbegünstigter und frei finanzierter Wohnungsbau) auf eine gesetzliche Grundlage gestellt wurden. Das Zweite Wohnungsbaugesetz ist bis heute die Grundlage der sozialen Wohnungspolitik.[1]
In diesem Zusammenhang ergibt sich die Frage, inwieweit sich seit 1980 ein Paradigmenwechsel in der Wohnungspolitik beobachten lässt. Zu denken wäre an den Prozess der Deregulierung, d. h. des bewussten Unterlassens staatlicher Regulierung bzw. deren Abbau. Ein solcher Trend neo-liberaler Politik wird in den meisten industrialisierten Ländern beobachtet und ist im Kontext neo-klassischer Wirtschaftstheorien zu sehen.
Wohungspolitik in der DDR
Die Wohnungspolitik der DDR offenbarte eine starke staatliche Regulierung der Bautätigkeit und der Mietpreise. Aus politischen und wirtschaftlichen Motiven wurde der Neubau in industriell gefertigter Plattenbauweise favorisiert und zugleich die Erhaltung der Altbausubstanz vernachlässigt. Selbstgenutztes Wohneigentum konnte nur in sehr begrenztem Maße angeeignet werden. Die Mieten wurden aus sozialpolitischen Gründen niedrig gehalten. Für Altbauten galten die auf dem Niveau von 1936 eingefrorenen Mieten. Die Mieten für Neubauten wurden im Jahr 1981 zentral festgelegt und lagen im Durchschnitt bei 0,45 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Die Mieten waren somit weder wohnwertorientiert noch kostendeckend. Der Kostendeckungsgrad durch die Mieteinnahmen betrug nur zehn bis 15 Prozent. Dies hatte zur Folge, dass viele Häuser aufgrund unterlassener Reparaturen vernachlässigt wurden und die Altstadtgebiete sich entvölkerten.[2]
Einzelnachweise
- ↑ Winfried Michels, "Wohnungspolitik West", in: Lexikon Soziale Marktwirtschaft (Paderborn: UTB, 2002), S. 473 f.
- ↑ J. Behrendt, Die Transformation einer zentralverwalteten Wirtschaftsordnung in eine Soziale Marktwirtschaft am Beispiel der Wohnungswirtschaft, Dissertation an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln (1992).
Literatur
- Stefan Krätke, Fritz Schmoll: The local state and social restructuring" in: International Journal of Urban and Regional Research 15(4). 1991, 542-552
- Jürgen Mümken: Kapitalismus und Wohnen. Ein Beitrag zur Geschichte der Wohnungspolitik im Spiegel kapitalistischer Entwicklungsdynamik und sozialer Kämpfe. Edition AV, Lich/Hessen 2006, ISBN 3-936049-64-5.
- Eric H. Monkkonen: The Local State. Public Money and American Cities, Stanford University Press, 1996, ISBN 0-8047-2412-1.
- Rainer Praetorius (Hrsg.): Wachsam und kooperativ? Der lokale Staat als Sicherheitsproduzent, Nomos-Verl.-Ges., Baden-Baden 2002, ISBN 3-7890-7793-3.
- Björn Egner, Nikolaos Georgakis, Hubert Heinelt, Reinhart C. Bartholomäi: Wohnungspolitik in Deutschland. Positionen - Akteure - Instrumente. Darmstadt 2004, ISBN 3-932736-12-5.