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Gerhard Schröder

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Der folgende Artikel bezieht sich auf den seit 1998 amtierenden 7. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Es gab einen deutschen CDU-Politiker und Außenminister gleichen Namens; siehe Gerhard Schröder (CDU).


Gerhard Schröder

Dr. h.c. Dr. jur. h.c. Gerhard Fritz Kurt Schröder (* 7. April 1944 in Mossenberg (heute Stadtteil von Blomberg (Lippe), Kreis Lippe)) ist amtierender Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Leben

Gerhard Schröder ist Sohn einer Arbeiterfamilie, die aus insgesamt fünf Geschwistern bestand. Sein Vater, ein reisender Kirmes-Arbeiter, fiel vermutlich im Frühsommer 1944 in Rumänien.

1968 heiratete er Eva Schubach. Die Ehe wird nach vier Jahren, 1972, geschieden.

Noch im gleichen Jahr heiratet er die Lehramtsanwärterin Anne Taschenmacher, von der er sich 1984 scheiden lässt.

Nach diesen zwei Scheidungen heiratet er 1984 Hiltrud Hampel, diese Ehe wird 1997 wieder geschieden. Danach heiratet er die Journalistin Doris Köpf.

Gerhard Schröder erhielt am 30. Dezember 2002 von der Tongji-Universität in Schanghai den Ehrendoktortitel verliehen. Im Juni 2003 nahm er den Ehrendoktor in Jura von der Petersburger Universität an.

Lebenslauf

  • 1951-58 Volksschule
  • 1958-61 Lehre als Einzelhandelskaufmann im Gemischtwarengeschäft August Brand in Lemgo; kein Wehr- oder Zivildienst, da er als einziger Sohn eines Kriegsgefallenen von der Wehrpflicht befreit ist
  • 1961-63 Bauhilfsarbeiter und kaufmännischer Angestellter in Göttingen
  • 1962-64 Abendschule, Mittlere Reife
  • 1963 Eintritt in die SPD
  • 1964-66 Kolleg des 2. Bildungsweges mit Abitur
  • 1966-71 Jurastudium in Göttingen
  • 1971 1. und 1976 2. Staatsexamen
  • 1971 Vorsitzender der Jusos im Bezirk Hannover
  • 1973 Mitglied der ÖTV Hannover
  • 1976 Zulassung als Rechtsanwalt in Hannover
  • 1978-90 Arbeit als selbständiger Rechtsanwalt
  • 1978-80 Bundesvorsitzender der Jungsozialisten (Jusos),
  • 1980-86 und seit 1998 Mitglied des Bundestags.
  • 1983 Vorsitzender des SPD-Bezirks Hannover
  • 1986 SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Niedersachsen. Er verfehlt die absolute Mehrheit gegen CDU/FDP und geht daher in die Opposition.
  • 1986-98 Mitglied des Landtags
  • 1988 gescheitertes Misstrauensvotum gegen Ernst Albrecht, den Ministerpräsidenten der CDU
  • 1990-98 Ministerpräsident von Niedersachsen, bis 1994 rot-grüne Koalition
  • 1994 Absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen in Niedersachsen
  • 1.11.1997 bis 27.10.1998 Präsident des Bundesrates
  • seit dem 27.10.1998 Bundeskanzler (wiedergewählt 2002)
  • 1999-2004 Parteivorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) (wiedergewählt 1999, 2001 und 2003)
  • 2004 Abgabe des Parteivorsitzes an Franz Müntefering

Gerhard Schröder Foto: www.marco-urban.de

Arbeit als Bundeskanzler

Durch den Erfolg bei der Bundestagswahl 1998 wird Gerhard Schröder am 27. Oktober 1998 zum 7. Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Die Regierung wird von einer Koalition aus SPD und Bündnis90/Die Grünen gestellt. Schröder ist damit der dritte sozialdemokratische Kanzler der Bundesrepublik. Sein Regierungsstil wird, je nach politischer Einstellung, als pragmatisch, sachorientiert, visionslos, ziellos oder populistisch eingestuft.

Projekt Rot-Grün

Mit dem Amtsantritt Gerhard Schröders kam das erste mal seit 16 Jahren wieder ein sozialdemokratischer Kanzler an die Macht. Die Protagonisten stammen überwiegend aus der 68er-Bewegung, die nach dem Marsch durch die Institutionen auf Bundesebene politische Macht ausüben konnten. Da ebenfalls das erste mal Vertreter der neuen sozialen Bewegungen an die Regierung gelangten, bürgerte es sich schnell ein vom besonderen Projekt Rot-Grün zu sprechen, das einen Wandel in der politischen Kultur Deutschlands verkörpere.

Die Regierungsarbeit begann mit einigen Schwierigkeiten. Oskar Lafontaine trat 1999 nach einem intensiven Machtkampf mit Schröder überraschend als SPD-Vorsitzender und Bundesfinanzminister zurück. Daraufhin wurde Schröder Bundesvorsitzender seiner Partei und Hans Eichel Finanzminister.

Probleme in der rot-grünen Koalition zeigten sich in den Themen Atomausstieg, Asylbewerber, Waffenexporte und Kosovo-Krieg.

Nachdem das erste Regierungsjahr für die rotgrüne Koalition sehr schwierig verlief und in einer Serie von Landtags- bzw. Europawahlniederlagen 1999 endete, konnte sich das Kabinett Schröder zwischenzeitlich im Zuge der CDU-Spendenaffäre konsolidieren. Allerdings hielt diese Konsolidierung nicht allzu lange an. Die SPD sank in den Meinungsumfragen, insbesondere linke Kritiker aus SPD und Grünen stellten sich bei den Reformprojekten quer.

Schröder musste mehrmals die Einheit der Koalition durch mehr oder weniger versteckte Rücktrittsdrohungen erzwingen.

Am 22. September 2002 errangen SPD und Grüne bei der Bundestagswahl 2002 eine knappe Mehrheit für eine Fortsetzung der Koalition unter Gerhard Schröder. Als wahlentscheidend wurden von Beobachtern vor allem zwei Faktoren herausgestellt: Einerseits die Flutkatastrophe, die kurz zuvor Ostdeutschland heimgesucht hatte, bei der sich Gerhard Schröder und andere Regierungspolitiker in der Rolle von Krisenbewältigern zeigen konnten. Andererseits die von der Bundesregierung zum Teil populistisch zugespitzte Ablehnung des von den USA geplanten Irak-Kriegs sowie die programmatische Schwäche der Opposition. Die Regierung selbst bezeichnete den Wahlsieg als Ergebnis einer kulturellen Hegemonie, die rot-grün in einer zunehmend kosmopolitischen und postmaterialistischen Bundesrepublik erlangt hätten.

Nach dieser knappen Wahlentscheidung 2002 und der Wiederwahl zum Bundeskanzler am 22. Oktober 2002 folgt eine Zeit der Konflikte der Regierungskoalition und eine Folge von Rekordtiefständen in den Meinungsumfragen für die SPD.

Am 6. Februar 2004 gab Schröder bekannt, dass auf einem Sonderparteitag der SPD Ende März der bisherige Vorsitzende der SPD-Fraktion, Franz Müntefering, zum neuen Vorsitzenden der SPD gewählt werden solle. Er rechtfertigt seine kurzfristig getroffene Entscheidung auf einer Pressekonferenz damit, sich "nun noch intensiver um Regierungsangelegenheiten kümmern" zu können. Die meisten Beobachter sahen darin den Versuch, den rapiden Einbruch der Meinungsumfragen als auch den Mitgliederschwund der SPD aufzuhalten.

Berater und Kommissionen

Der Regierungsstil Schröders zeichnet sich dadurch aus, dass er auf eine Vielzahl von beratenden Gremien und Komissionen neben im Grundgesetz dafür vorgesehenen Institutionen zurückgreift. Diese Komissionen werden meist öffentlichkeitswirksam inszeniert. Laut Schröder sollen sie dazu dienen, einen breiten Konsens der Experten bei der angestrebten Reformen sicherzustellen. Kritiker werfen ihm vor, damit grundlegende Mechanismen der Demokratie auszuhebeln. Zu den Kommissionen gehören das Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit, der nationale Ethikrat, die Weizsäcker-Kommission zur Zukunft der Bundeswehr, die Süssmuth-Kommission zur Zuwanderung nach Deutschland, die Kommission Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz-Kommission) und die Rürup-Kommission zur Zukunft der Sozialsysteme.

Insbesondere durch seine am 14. März 2003 verkündete Agenda 2010, die die Sozialsysteme reformieren soll, stürzte er in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute ab. Kritiker aus dem linken Flügel der SPD und aus den Gewerkschaften sprechen von massivem Sozialabbau. Kritiker aus den Industrieverbänden bemängeln vor allem die aus ihrer Sicht zögerliche Umsetzung der Vorschläge, die keine "echten Reformen" darstellten, sondern bestenfalls Notbehelfe.

In neuerer Zeit wird der Begriff Räterepublik auch ironisch als Bezeichnung für die Ära Schröder verwendet, in der Entscheidungen zunehmend in Räten und Kommissionen statt im Parlament und im Kontakt mit der Wählerbasis abgestimmt zu werden.

Krieg und Frieden

In die Amtszeit Schröders fallen die ersten Einsätze der Bundeswehr außerhalb des NATO-Gebiets. Einheiten der Armee beteiligten sich an Kriegen in Jugoslawien (heute: Serbien und Montenegro und in Afghanistan. Die Koalition begründete dies mit dem Ende des Kalten Krieges, der eine Neuausrichtung deutscher Außenpolitik notwendig mache. Die Position Deutschlands in der Welt müsse sich "normalisieren", auch Deutschland für die Sicherheit in der Welt "Verantwortung tragen". Einen möglichen Angriff auf den Irak lehnte die Regierung im Bundestagswahlkampf 2002 strikt ab und verweigerte später auch den Einsatz von Kampftruppen im Irak.

Die Beteiligungen führten zu teilweise heftigen Protesten in der Öffentlichkeit. Die Kriege wurden als Völkerrechtswidrig und als gegen die entsprechenden Artikel des Grundgesetzes stehend betrachtet. Gerade bei einer rot-grünen Koalition seien solche Einsätze "Verrat", da sowohl SPD als auch insbesondere die Grünen tief in der Friedensbewegung verwurzelt seien.

Nach dem Terrorangriff auf die USA am 11. September 2001 erklärte Schröder seine "uneingeschränkte Solidarität" mit den USA. Diese Haltung verband er mit der Vertrauensfrage, die er am 16. November 2001 im Bundestag knapp für sich entschied.

Zu wirklichen Massendemonstrationen in Deutschland kam es jedoch erst beim 3. Golfkrieg, an dem die Bundesrepublik nicht direkt beteiligt war.

Schröder als Medienkanzler

Gerhard Schröder hat zu Beginn seiner ersten Amtszeit im Februar 1999 die Ansicht geäußert, zum Regieren "brauche ich BILD, BamS, und Glotze". Wie kein Kanzler vor ihm, verlässt sich Schröder auf seine Wirkungen in den Medien und seine hohe öffentliche Popularität, die in den Meinungsumfragen immer weit vor der seiner Partei liegt. Im März 2004 belegte Schröder die Bild-Zeitung allerdings mit einem Interview-Boykott, weil sie nach seiner Ansicht zu einseitig über die Regierungsarbeit berichtete.

Neben seiner von vielen als charismatisch angesehen Ausstrahlung, versuchte er auch durch gezielte Schlagwortbildung wie Neue Mitte, Basta! oder der Politik der ruhigen Hand sein Bild in der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Eine Lieblingsfloskel ist auch ...ist gar keine Frage!.

Im scharfen Gegensatz zu seinem Vorgänger Helmut Kohl versuchte Schröder sich in Gefilden, die eher der Popkultur zuzuordnen sind, zu inszenieren. Kurz nach der Wahl zum Bundeskanzler 1998 fiel Schröder durch die für sozialdemokratische Politiker bis dahin unübliche Zurschaustellung von Luxus (teure Anzüge, Zigarren) und einen Auftritt in der populären ZDF-Unterhaltungssendung "Wetten, dass ... ?" auf. Wegen seines vergleichsweise guten Verhältnisses zur Wirtschaft wurde er vor allem in seiner ersten Amtszeit in den Medien gern als der "Genosse der Bosse" bezeichnet. Nach dem Börsencrash Mitte 2000 ließ dieser Gestus Schröders wieder deutlich nach.

Durch seine Inszenierungen beherrschten aber auch Themen zeitweise die Öffentliche Meinung, die bisher für bundesdeutsche Politiker als weitgehend irrelevant angesehen wurden. Neben seinen Ehen, war dies auch seine Frisur oder seine private Vergangenheit. Anfang 2002 verbreitete die Nachrichtenagentur ddp das Gerücht, dass Schröder sich die Haare färbe, was dieser vehement bestritt. In einem Prozess vor dem Hamburger Landgericht setzte Schröder eine Unterlassungsverfügung durch. ddp darf seitdem die Behauptung nicht mehr verbreiten. Während seiner aktiven Hobbyfußballerzeit trug Schröder als Stürmer den Spitznamen Acker, weil er nie aufsteckte und stets den Rasen "durchpflügte".


Siehe auch:


Bundesvorsitzender der SPD:
Kurt Schumacher | Erich Ollenhauer | Willy Brandt | Hans-Jochen Vogel | Björn Engholm | Johannes Rau | Rudolf Scharping | Oskar Lafontaine | Gerhard Schröder | Franz Müntefering


Ministerpräsidenten von Niedersachsen:
Hinrich Wilhelm Kopf | Heinrich Hellwege | Georg Diederrichs | Alfred Kubel | Ernst Albrecht | Gerhard Schröder | Gerhard Glogowski | Sigmar Gabriel | Christian Wulff


Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland:
Konrad Adenauer | Ludwig Erhard | Kurt Georg Kiesinger | Willy Brandt | Helmut Schmidt | Helmut Kohl | Gerhard Schröder