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Unipolarinduktion

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Unipolarinduktion bezeichnet die Trennung von elektrischen Ladungen mithilfe der Lorentzkraft und die dabei erfolgende Erzeugung einer elektrischen Spannung. Obwohl mithilfe von Unipolarinduktion sowohl Gleichspannungen, als auch Wechselspannungen erzeugt werden können, besteht die Hauptanwendung in der Erzeugung von Gleichspannungen. Eine typische Anordnung besteht aus einer kreisförmigen elektrisch leitfähigen Scheibe, die in einem zu ihrer Achse parallelen Magnetfeld rotiert (Unipolarmaschine).

In der physikalischen Einführungsliteratur werden Unipolarinduktion und elektromagnetische Induktion häufig in Form der sogenannten Flussregel zusammengefasst, die zur Beschreibung von Anordnungen mit nichtrelativistischen Geschwindigkeiten geeignet ist. Beide physikalischen Effekte gehen dabei jedoch nur scheinbar in einem übergeordneten physikalischen Prinzip auf. Tatsächlich beruhen Unipolarinduktion und elektromagnetische Induktion auf vollkommen verschiedenen Wirkungsmechanismen.

Unipolarinduktion an einer Leiterschleife

Bewegter Leiter im magnetischen Feld. Aus Sicht des Laborsystems findet keine Induktion statt. Die auftretende Spannung ist eine Potentialdifferenz

Eine besonders einfache Anordnung, bei der Unipolarinduktion auftritt, zeigt die nebenstehende Anordnung. Der Leiterstab bewegt sich mit der Geschwindigkeit in einem homogenen Magnetfeld. Die Enden des Leiterstabes sind mit metallische Schienen verbunden, an deren Ende die eingezeichnete Spannung gemessen werden kann. Der Beobachter befindet sich im Laborsystem, in dem die metallischen Schienen ruhen.

Im Leiterstab wirkt aufgrund der magnetischen Komponente der Lorentzkraft eine Kraft auf die Elektronen (q: Ladung des Elektrons, q=-e), die aufgrund der negativen Ladung des Elektrons "nach unten" zeigt. Die Lorentzkraft ermöglicht es, dass beim Schließen des Stromkreises ein elektrischer Strom fließen kann. Im dargestellten offenen Leiterkreis kann im eingeschwungenen Zustand jedoch kein Strom fließen. Somit kann die Lorentzkraft nicht die einzige Kraft sein, die auf die Elektronen wirkt. Zusätzlich zur Lorentzkraft existiert in der beschriebenen Anordnung eine Coloumbkraft , die im Leiterstab "nach oben" zeigt. Die Coloumbkraft beruht auf einer vorausgegangenen Ladungstrennung der Elektronen und kompensiert die Lorentzkraft.

Auch in einem ohmsch abgeschlossenen Leiterkreis ergibt sich nach einer gewissen Zeit immer ein Gleichgewicht zwischen Lorentzkraft und Coloumbkraft (d. h. keine Beschleunigung der Elektronen im eingeschwungenen Zustand), und es ist eine positive Klemmenspannung zu beobachten.

Unipolarinduktion bei der Faradayscheibe

Unipolargenerator: Zwischen den Polen N und S eines starken Dauermagneten liegt eine elektrisch leitfähige, rotierende Scheibe. Zwischen dem Rotationszentrum der Scheibe (Achse) und dem Stromabnehmer am Umfang der Scheibe lässt sich dann eine Gleichspannung zufolge der Unipolarinduktion abgreifen und an dem Messgerät anzeigen.

Beschreibung

Zur Erzeugung einer Gleichspannung ist Linearanordnung mit dem bewegten Leiterstab nicht geeignet, da sich der Leiterstab mit der Zeit immer weiter von den Klemmen wegbewegen müsste. Stattdessen bietet sich eine zylindersymmetrische Anordnung ähnlich wie die nebenstehend abgebildete Faradayscheibe an.

Die Klemmenspannung bei der Faradayscheibe beruht -- ebenso wie im Beispiel mit dem bewegten Leiterstab -- auf der Lorentzkraft auf die Ladungsträger im rotierenden Körper. Es wird angenommen, dass sich die Scheibe mit der Winkelgeschwindigkeit um ihre Achse in einem homogenen achsparallelen Magnetfeld rotiert. Dabei wird eine Spannung zwischen der Achse und einem Schleifkontakt im Abstand von der Achse gemessen.

Die Lorentzkraft

auf die Leitungselektronen, die mit der Scheibe rotieren, steht im Gleichgewicht mit der Feldkraft in dem durch die Ladungstrennung erzeugten elektrischen Feld

  • : Vektor der magnetischen Flussdichte
  • : Geschwindigkeitsvektor
  • : Elementarladung.

Da senkrecht auf steht, wenn das Magnetfeld die Scheibe senkrecht durchsetzt, gilt das Kräftegleichgewicht , d. h. .

Dem Betrage nach ergibt sich somit:

  • : Abstand des Elektrons von Rotationsachse
  • : Winkelgeschwindigkeit der Scheibe
  • : Feldstärke des der Lorentzkraft entsprechenden elektrischen Feldes.

Durch Integration von E(r) ergibt sich die Induktionsspannung zwischen Mittelachse und dem Rand der Scheibe mit Radius R:

Es ist klar, dass die auftretenden Spannung nicht mithilfe der zweiten Maxwell'schen Gleichung erklärt werden kann. Denn aus Sicht des ruhenden Beobachters tritt überhaupt keine elektromagnetische Induktion auf! Das wird durch folgendes Gedankenexperiment deutlich: Egal, an welchen Ort sich der (ruhende) Beobachter mit seinem Meßgerät auch begeben mag: Er misst, sobald er seinen Ruhezustand eingenommen hat, immer eine konstante magnetische Flussdichte mit ! Es existieren somit aus seiner Sicht keine Wirbel des elektrischen Feldes, was gleichbedeutend damit ist, dass keine Induktion vorliegt.

Berechnung mit der Flussregel

Mit der Flussregel erfolgt die Herleitung ohne Integralrechnung:

Dabei ist der Winkel (im Bogenmaß) des Kreissektors der Fläche A, der vom Magnetfeld durchsetzt wird. d/dt symbolisiert die zeitliche Ableitung. Das Vorzeichen in ist weggelassen, die Polung ergibt sich aus der Drei-Finger-Regel.

Induktionsgesetz und Unipolarinduktion

Bei falscher Anwendung des Induktionsgesetzes kann es im Rahmen der klassischen Elektrodynamik zu Verständnisproblemen über die Ursachen der Unipolarinduktion kommen. Dieser Umstand wird in dem Faradaysches Paradoxon oder in dem Paradoxon von Hering zum Ausdruck gebracht und wird teilweise historisch durch die Begriffsbildung mitverursacht. Wesentlich für die korrekte Anwendung des Induktionsgesetzes ist es, dass die gedachte Linie, an der entlang die induzierte Umlaufspannung ermittelt werden soll, und das an ihr herrschende elektrische Feld jeweils aus dem selben Bezugssystem heraus beobachtet werden. Die richtige Anwendung des Induktionsgesetzes ist im Rahmen der relativistischen Elektrodynamik, einen Teilgebiet der speziellen Relativitätstheorie, möglich und erfordert die Nutzung der Lorentztransformation.

Literatur

  • Zur kurzen Theorie der Unipolarmaschine, L. Kneissler-Maixdorf, Elektrotechnik und Maschinentechnik, 61. Jahrgang, 1. Okt. 1943, Heft 39/40, Seite 479–486
  • Unipolarmaschine mit Kontaktwalzen für Abnahme des Stromes, Patentschrift Nr. 704671, Erfinder: Paul Gebhart, Patentiert am 24. März 1938
  • Unipolarmaschine für kleine Spannungen und hohe Ströme, M. Zorn, Elektrotechnische Zeitschrift, 61. Jg. Heft 16, 18. April 1940, Seite 358–360
  • Unipolar Machines, Association of the Magnetic Field, A. K. Gupta, American Journal of Physics 31 (1963), p. 428
  • Unipolarmaschinen, Otto Schulz, 1908, Verlag von Hachmaisler & Thal, Leipzig
  • Unipolarmaschine mit einer tiefstgekühlten Erregerwicklung, OS 2534511, Erfinder: Prof. Dr. Peter Klaudy, Anmelder: Siemens AG Anmmeldetag: 1. August 1975 Int. Cl. H 02 K 31/00
  • Elektrische Unipolarmaschine, OS 2537548, Erfinder: Dieter Wetzig, Anmelder: Siemens AG
  • Über unipolare Induktion, F. Ollendorf, Archiv für Elektrotechnik, XLIV-Band, Heft 2, 1959