Ungarische Sprache
Die ungarische Sprache (Ungarisch, Magyar nyelv)
ist die einzige nicht-indoeuropäische Sprache, die im mitteleuropäischen Raum gesprochen wird. Sie gehört zusammen mit Samisch, Estnisch, Finnisch und einer Reihe im europäischen Russland und in Nordsibirien gesprochener Sprachen zu den finno-ugrischen Sprachen.
Der Language Code ist hu
bzw. hun
(nach
ISO 639).
Besonderes Kennzeichen der Familie der finno-ugrischen Sprachen ist die regelmäßig agglutinierende Wortbildung. Agglutinierende (anklebende) Wortbildung hängt Partikel (also Worte wie z.B. mit, im oder zu) an die Wortstämme an. Beispiel:
kocsi (Wagen), kocsiban (im Wagen), kocsiba (in den Wagen), kocsihoz (zum Wagen)
Dabei bleibt der Wortstamm von den Anhängen stets klar unterscheidbar, die Bildungen sind sehr regelmäßig und es gibt davon fast keine Ausnahmen. Auch für die Verben gibt es ähnliche Verfahren, z.B.:
látni (sehen): Verbstamm (lát) + hat(können) = láthat (er/sie/es kann sehen)
Teilweise werden für die Verben aber auch Vorsilben verwendet:
z.B. meglátni = ansehen, erblicken; kilátni = hinaussehen
Das Ungarische erscheint zunächst als sehr schwer erlernbar. Das hat den Ungarn, die in ihrer Geschichte auch mehrere Fremdherrschaften erlebt haben, stets ein gewisses Maß an kultureller Autonomie gesichert. Es gibt nicht allzu viele Wortähnlichkeiten mit indoeuropäischen Sprachen; Personalpronomen werden nur benutzt, um die Person als solche hervorzuheben. Ansonsten wird nur das konjugierte Verb benutzt, da aus der entsprechenden Endung die Person eindeutig hervorgeht; z.B.:
ülni = sitzen, ülök = ich sitze, ül =er/sie/es sitzt, ülünk = wir sitzen.
oder
látni (sehen): látok = ich sehe (etwas), látsz = du siehst (etwas), látunk = wir sehen (etwas)
Man bezeichnet diese als unbestimmte Konjugation. Daneben gibt es noch die bestimmte. Diese wird benutzt, wenn das Objekt im Satz (eindeutig) bestimmten Charakter hat, kann aber nur bei zielenden (transitiven) Verben gebildet werden. "ülni" ist intransitiv; z.B.:
látni (sehen): látom = ich sehe es, látod = du siehst es, látjuk = wir sehen es
Aus einer anderen Sprache kommend, neigt man dazu, überall dort neue Worte zu sehen, wo das Ungarische lediglich seine überragende Kombinationstechnik einsetzt. Anstatt vor dieser Flut von Milliarden vermeintlicher Worte zu kapitulieren, muss das Wort auf seine Endungen und seinen Stamm analysiert werden; z.B.:
tehetetlenségével = mit seiner Unfähigkeit
igazságtalanságunkkal = mit unserer Ungerechtigkeit
Aus diesen beiden Beispielen geht noch eine andere Eigenschaft des Ungarischen hervor: die Vokalharmonie. Die Suffixe und sonstige Endungen, die dem Stammwort angefügt werden, passen sich also dem hohen oder tiefen Klang des Stammwortes an.
Der große Sprachwissenschaftler Jacob Grimm hat das Studium des Ungarischen allen empfohlen, die neue einfach zu erlernende Plansprachen schaffen wollen. Tatsächlich wäre es möglich, Ungarisch ähnlich darzustellen wie eine Programmiersprache, in der der Stamm den Befehl und die agglutinierten Endungen die Optionen darstellen würden. Möglicherweise liegt in dieser fast mathematischen Sprachmethodik auch einer der Gründe, warum Ungarn so viele hervorragende Mathematiker, Logiker und Computerwissenschaftler hervorgebracht hat, wie z.B. John von Neumann, Paul Erdös uvm.
Textsammlungen
Beim Free Translation Project liegen zahlreiche Übersetzungen (Englisch-Ungarisch) aus dem Bereich freier Software vor: http://www.iro.umontreal.ca/contrib/po/HTML/team-id.html
Siehe auch: Sprache