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Hausfrauisierung

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Der Begriff Hausfrauisierung ist ein Begriff der feministischen marxistischen Gesellschaftskritik, der Ende der 1970er Jahre vor allem von Maria Mies geprägt wurde. Er bezeichnet die Entwertung häuslicher, meist von Frauen ausgeführter, Arbeit im kapitalistischen System.

Begriffursprung

Der Begriff der Hausfrauisierung wurde 1979 von Maria Mies im Rahmen ihrer Forschungen über Spitzenhäklerinnen in Südindien geprägt[1], also während der Beschäftigung mit der "Frauenfrage" in Entwicklungsländern. Mies stellte fest, dass diese Frauen nicht nur für die Hausarbeit zuständig waren, sondern in Heimarbeit zudem für die Spitzenindustrie produktiv tätig waren. Ihre Entlohung war äußerst gering, weil sie lediglich als Zusatzeinkommen zu dem eines männlichen Ernährers zählte. Die Hausfrauisierung ist nach der Auffassung von Mies eine wesentliche Folge der Kolonisierung.

Begrifferklärung

In den seit Mitte der 70er Jahre geführten kritischen Auseinandersetzungen mit der geschlechtlichen Arbeitsteilung wurde festgestellt, dass 1. Hausarbeit nach damaligen Auffassungen nicht für einen Lohn, sondern "aus Liebe"[2] getan wird, 2. die billigste Form der Reproduktion der Arbeitskraft ist und 3. einen blinden Fleck in der Marxschen Ökonomie darstellt.[1] Hausfrauisierung soll also ausdrücken, dass Frauen in patriarchalischen Gesellschaften generell und automatisch als Hausfrau angesehen und behandelt werden, wobei die geleistete Hausarbeit nicht als produktiv anerkannt und als Nicht-Arbeit deklariert wird. Darüber hinaus impliziert Hausfrauisierung, dass weibliche Lohnarbeit deshalb geringer vergütet wird als männliche, weil sie ebenfalls als "Hausfrauentätigkeit" betrachtet werde, die daher billig sei, weil Hausarbeit nicht entlohnt wird. Mies spricht von der strukturellen Entwertung weiblicher Arbeit im Kapitalismus und von "hausfrauisierten Arbeitsverhältnissen".

Die so genannte "Bielefelder Gruppe" um Mies betrachtet Hausarbeit als Basis des Kapitalismus, im Gegensatz zu Karl Marx, der die Lohnarbeit als Basis ansieht.

Hausfrauisierung infolge der Urbanisierung

Der Begriff Hausfrauisierung wird auch für ein Phänomen verwendet, das durch die Urbanisierung in Entwicklungsländern hervorgerufen wird. Auf dem Land sind die Aufgaben in der Familie meist verteilt: Frauen arbeiten meist auf den Feldern und zum Holen von Brennmaterial oder Wasser, während Männer die Produkte häufig vertreiben. Die Aufgaben der Frauen fallen durch einen gemeinsamen Umzug in eine Stadt weg, die Männer hingegen können Teile Ihrer Aufgaben behalten. Dadurch kommt es zum Funktionsverlust der Frauen, oft durch patriarcho-islamische Traditionen verstärkt. Dieser Prozess trägt ebenfalls den Namen Hausfrauisierung.

Bleibt die Frau auf dem Land zurück, während die Männer in die Stadt ziehen, spricht man von der Femininisierung der Landwirtschaft.

Konsequenz dieser Betrachtunsgweise

Die politische Konsequenz, die ein Teil der Frauenbewegung aus Mies' Analyse zog, war die Forderung nach der Entlohnung von Hausarbeit.[1]

Kritik

Ein Kritikpunkt an diesen Thesen ist, dass Frauen als homogene soziale Gruppe betrachtet werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Maria Mies: Hausfrauisierung. In: Ulrich Albricht, Helmut Vogler: Lexikon der Internationalen Politik. München, Wien 1997, S. 207-210.
  2. Bock, Duden, 1977