Berlin-Schöneberg
Schöneberg ist ein Ortsteil im Bezirk Tempelhof-Schöneberg von Berlin. Bis zur Verwaltungsreform 2001 gab es einen eigenständigen Stadtbezirk Schöneberg.
Der ehemalige Bezirk Schöneberg wurde am 1. Januar 2001 mit dem ehemaligen Bezirk Tempelhof fusioniert. Der ehemalige Stadtbezirk umfasste die heutigen Ortsteile Friedenau und den namensgebenden Ortsteil Schöneberg.
Geschichte
Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Schöneberg war am 3. November 1264. Markgraf Otto III. schenkte dem Nonnenkloster zu Spandau fünf Hufen Land im Dorf Schöneberg. Seit dem 1. April 1898 war Schöneberg, früher zum Kreis Teltow gehörig, ein eigenständiger Stadtkreis. Seit 1912 trug dieser den Namen Berlin-Schöneberg. Seit dem 1. Oktober 1920 (Groß-Berlin-Gesetz) bildete Schöneberg einen der neuen Berliner Bezirke.
Erster Bürgermeister 1898 beziehungsweise ab 1902 Oberbürgermeister war Rudolph Wilde. Unter Wilde gab es erste Planungen für den Bau des Schöneberger Rathauses auf der trockenen Fläche des Mühlenberges neben einem sumpfigen Fenn, das einige Jahre zuvor trockengelegt und zum "Stadtpark" umgestaltet wurde. Zur Trockenlegung verwandten die Ingenieure den Aushub aus den U-Bahn-Schächten der Linie 4, die als erste kommunale U-Bahn überhaupt mit 5 Stationen zwischen dem Nollendorfplatz und Innsbrucker Platz verlief und zeitgleich gebaut wurde. Die Verkehrsverbindung sollte die rasant wachsende Stadt und das gezielt für ein großbürgerliches Publikum konzipierte Bayerische Viertel vernetzen und die Attraktivität Schönebergs erhöhen. Die Bahn war im Todesjahr Wildes 1910 vollendet, dem Alexander Dominicus als Oberbürgermeister folgte. Unter Dominicus kam 1914 der Rathausbau zum Abschluss, nachdem bereits zwei Jahre zuvor der Stadtpark fertiggestellt war. Der Rathausvorplatz bekam den Namen Rudolph-Wilde-Platz.
Im Schöneberger Rathaus hatten während der Teilung Berlins das Berliner Abgeordnetenhaus und der Senat von West-Berlin ihren Sitz. Im Rathaus-Turm befindet sich die Freiheitsglocke, welche von gesammelten Spenden der Zivilbevölkerung der USA für die Berliner gestiftet wurde. Das Rathaus, der Rudolph-Wilde-Platz und die darauf zulaufenden Straßen waren der Ort vieler Kundgebungen und des Staatsbesuches des US-Präsidenten John F. Kennedy. Dort hielt er am 26. Juni 1963 seine Rede mit dem berühmten Bekenntnis „Ich bin ein Berliner“. Zu seinen Ehren wurde der Wilde-Platz im gleichen Jahr in John-F.-Kennedy-Platz umbenannt, der Stadtpark erhielt daraufhin den Namen Rudolph-Wilde-Park.
In Schöneberg hatte der Alliierte Kontrollrat für ganz Deutschland seinen Sitz im Gebäude des Kammergerichts im Heinrich-von Kleist-Park. Vom 8. Mai 1945 bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1949 war dieser Kontrollrat die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Später war dort nur noch die Alliierte Luftsicherheitszentrale untergebracht. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wird das Gebäude wieder für die höchsten Gerichte Berlins genutzt.
In Gedenken an die so genannte Jüdische Schweiz findet man heute im Bayerischen Viertel 80 Gedenktafeln und mehrere Hinweistafeln mit Orientierungsplänen, die an Lampenmasten als flächendeckendes Denkmal unter dem Titelziel Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel – Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Berliner Juden in den Jahren 1933 bis 1945 im Viertel verteilt sind.
Bis 1959 befand sich an der Badenschen Straße in unmittelbarer Nähe zum Rathaus Schöneberg die Deutsche Hochschule für Politik, welche jedoch mit ihrer Integration in das Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin nach Dahlem zog. Seit 1971 hat die neu gegründete Fachhochschule für Wirtschaft Berlin dort ihren Hauptsitz.
Wirtschaft
Im Stadtteil dominieren kleine und mittlere Unternehmen in den Bereichen Handel, Dienstleistungen sowie der Gastronomie und Hotelerie. Im Norden um den Wittenbergplatz der gehobene Einzelhandel mit dem KaDeWe als Aushängeschild und der Tauentzienstraße als meistfrequentierter Einkaufsstraße Berlins. Der Kiez um den U-Bahnhof Nollendorfplatz und die Motzstraße ist fest in "schwuler" Hand, hier finden sich zahlreiche Kneipen, Bars und Läden, die sich an ein überwiegend homosexuelles Publikum richten. Jährlich, an einem Wochenende im Juni, findet in diesem Teil Berlins auch das so genannte "schwule Straßenfest" statt, das mit einer Mischung aus Infoständen schwuler und lesbischer Gruppen, Show-Bühnen sowie Imbiß- und Verkaufsbuden mittlerweile tausende Besucher anzieht und sich zu einer Touristenattraktion entwickelt hat.
Die Potsdamer Straße (mit direktem Anschluss an den Potsdamer Platz) bemüht sich, ihr Image als Einkaufsstraße zu verbessern - und das ist auch nötig. In der Hauptstraße, dem historischen Zentrum Schönebergs, findet man immer weniger Geschäfte für den täglichen Bedarf. Die von der Hauptraße abzweigende Akazienstraße, die daran anschließende Goltzstraße und der Kiez um den Winterfeldplatz bilden dazu mit vielen Cafes und Kneipen, Kunsthandwerksbetrieben, einem Hauch von alternativer Szene sowie dem großen Wochenmarkt ein äußerst vitales Pendant. Am John-F.-Kennedy-Platz dominiert die öffentliche Verwaltung mit dem Bezirksamt, den Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Arbeit und Frauen sowie Justiz, am Heinrich-von-Kleist-Park Landesverfassungsgericht und Kammergericht. In der Friedenauer Rheinstraße wiederum findet der Kunde viele interessante Einzelhandelsgeschäfte. Gewerbegebiete befinden sich in der Alboinstraße, am Werdauer Weg und in der Naumannstraße. Der geplante Neubau des Fernbahnhofs Papestraße, die Ansiedlungen von Bauhaus und IKEA auf dem alten RAW-Gelände sowie der Neubau eines großen Supermarktes versprechen auch im Gebiet nördlich des Sachsendamms eine neue Entwicklung.
Siehe auch
- ausführlich zum Kiez am S-Bahnhof Papestraße mit Kolonnen-/Monumenten-/Leber- und Gustav-Müller-Straße: Rote Insel
- ausführlich zur Entwicklung Schönebergs und zum Bau der U-Bahn zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Bereich des Parks: Rudolph-Wilde-Park
- ausführlich zur Entwicklung der Ceciliengärten
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der ehemaligen Stadt
- Marlene Dietrich (1901-1992), Schauspielerin, wurde in der Leberstraße 65 geboren (Gedenktafel), ihr Grab befindet sich auf dem Friedenauer Friedhof in der Stubenrauchstraße
- Hermann Ehlers (1904-1954), Politiker (CDU), Bundestagspräsident, wurde in der Gotenstraße 6 geboren (Gedenktafel)
- Gisèle Freund (1908[?]-2000), Fotografin und Soziologin
- Fritz Grantze (1893-1966), deutscher Politiker (CDU), MdB, MdA.
- Alfred Lion (1909-1987), Gründer des New Yorker Jazz-Plattenlabels Blue Note, wurde in der Gotenstraße 7 geboren.
- Helmut Newton (1920-2004), Fotograf, geboren in Schöneberg, begraben neben Marlene Dietrich. Gedenktafel an seinem Geburtshaus.
- Nelly Sachs (1891-1970), Schriftstellerin, wurde in der Maaßenstraße 12 geboren (Gedenktafel)
- Willi Stoph (1914-1999), Politiker (SED), u.a. Präsident des Ministerrats der DDR, wurde ebenfalls in der Leberstraße geboren
in Schöneberg lebende Persönlichkeiten
- Hans Baluschek, Maler und Graphiker, im Atelierturm in den Ceciliengärten (Web) von 1929 bis 1933 (Gedenktafel Semperstraße 5)
- August Bebel (1840-1913), Mitbegründer der SPD (Gedenktafel Hauptstraße 97)
- Gottfried Benn, der Arzt und Dichter wohnte von 1937–56 in der Bozener Straße 20 im Bayerischen Viertel (Gedenktafel)
- Eduard Bernstein (1850-1932), sozialdemokratischer Politiker, Stadtverordneter und Stadtrat in Schöneberg, wohnte von 1918 bis 1932 in der Bozener Straße 18 (Gedenktafel) und hat sein Grab auf dem städtischen Friedhof Schöneberg, Eisackstraße).
- Rudolf Breitscheid, führender sozialdemokratischer Reichstagsabgeorneter 1920–32, Preußischer Innenminister 1918/19, wohnte 1932/33 im Bayerischen Viertel, Haberlandstr. 8a (Haus zerstört, Gedenkstein vor Neubau)
- Ferruccio Busoni, der Pianist und Komponist wohnte Viktoria-Luise-Platz 11 (Gedenktafel), sein Grab befindet sich auf dem Friedenauer Friedhof in der Stubenrauchstraße
- Alexander Dominicus, Oberbürgermeister der Stadt Schöneberg 1911–21
- Albert Einstein, der Physiker und Nobelpreisträger wohnte 1918–33 im Bayerischen Viertel, Haberlandstraße 8 (Haus zerstört, Gedenkstein vor Neubau)
- Jeffrey Eugenides, Schriftsteller
- Hans Fallada, Schriftsteller, verbrachte seine Kinderjahre in der Luitpoldstraße 11 (das Haus existiert nicht mehr)
- Wilhelm Furtwängler, Dirigent der Berliner Philharmoniker
- Günter Grass, Schriftsteller lebte in der Friedenauer Niedstraße 13
- Georg Hermann, Schriftsteller
- Theodor Heuss, liberaler Politiker und späterer Bundespräsident
- Karl Hofer, an den Maler erinnert eine Tafel am Haus Grunewaldstraße 44
- Arno Holz, Dichter, lebte im im Bayerischen Viertel, Stübbenstraße 5 (Gedenktafel)
- Christopher Isherwood, der englische Schriftsteller lebte 1930–33 in der Nollendorfstraße 17 (Gedenktafel, dort steht fälschlicherweise, dass er dort ab 1929 wohnte).
- Uwe Johnson (1934-1984), Schriftsteller, lebte als Nachbar von Günter Grass in der Niedstraße 14. Am 1. Januar 1967 machten sich die Mitglieder der zukünftigen Kommune 1 in Johnsons Abwesenheit zu dessen zeitweiligen (nicht unbedingt erwünschten) Untermietern.
- Karl Kautsky, sozialdemokratischer Politiker
- Egon Erwin Kisch, der "rasende Reporter" wohnte in den 20er Jahren im Haus Hohenstaufenstraße 36 (Gedenktafel)
- Hildegard Knef (1925-2002) wuchs auf der Roten Insel auf.
- Else Lasker-Schüler, Lyrikerin, lebte in der Motzstraße 7
- Walter Leistikow (1865-1908, Maler der Berliner Secession), Wohnung und Atelier Geisbergstraße 33 (zerstört)
- Wilhelm Adolf Lette, Gründer der Bildungsanstalt Lette-Verein am Viktoria-Luise-Platz
- Friedrich Luft, der beliebte Theaterkritiker (Stimme der Kritik), lebte Nähe Nollendorfplatz in der Maienstraße 4 (Gedenktafel)
- Friedrich Naumann, liberaler Politiker, lebte in Schöneberg (Gedenktafel Naumannstraße 24)
- Erwin Piscator, Regisseur, Piscator-Bühne am Nollendorfplatz, jetzt Metropol (Gedenktafel)
- Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie lebte und arbeitete mit seiner Frau Marie Steiner von Sievers 20 Jahre lang in der Motzstraße 30 (Gedenktafel)
- Claire Waldoff, die "Berolina des Chansons" lebte von 1919–33 in der Regensburger Straße 33 (Gedenktafel)
- Ernst Weiß, Arzt und Schriftsteller, wohnte in der Luitpoldstraße 34 (Gedenktafel)
- Billy Wilder, lebte in seinen jungen Jahren am Viktoria-Luise-Platz 11 (Gedenktafel)
- Paul Zech, expressionistischer und kämpferischer Schriftsteller, wohnte 1925–33 in der Naumannstraße 78 (Gedenktafel)
- Carl Zuckmayer, Schriftsteller und Dramatiker wohnte in der Nähe des Rathauses Schöneberg am Stadtpark, dort befindet sich auch eine Gedenktafel; ferner trägt die „Carl-Zuckmayer-Brücke“ über dem U-Bahnhof „Rathaus Schöneberg“ seinen Namen, siehe Rudolph-Wilde-Park.
- Walter Scheel, liberaler Politiker und Bundespräsident a.D., lebt in Schöneberg
In Schöneberg liegen außerdem auf dem Alten St. Matthäus-Friedhof in der Großgörschenstraße 12 begraben:
- Rudolf Virchow, Naturwissenschaftler
- Jacob Grimm
- Wilhelm Grimm
- Carl Andreas, Julius Bolle, Meiereibesitzer
- Max Bruch, Komponist
- Prof. Gustav Robert Kirchhoff, Physiker (Kirchhoffsche Gesetze)
- Ovo Maltine, Aids-Aktivistin, (Beisetzung am 4. März 2005)
- Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, infolgedessen hingerichtet, begraben, exhumiert, verbrannt und anschließend verstreut: Claus Graf Schenk von Stauffenberg, Ludwig Beck, Friedrich Olbrich, Werner von Haeften, Albrecht Mertz von Quirnheim