Internationaler Währungsfonds
Der Internationale Währungsfonds (IWF, englisch: International Monetary Fund, IMF) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Er ist eine Schwesterorganisation der Weltbank-Gruppe und hat seinen Sitz in Washington D.C., USA.
Der IWF wurde am 22. Juli 1944 durch eine internationale Übereinkunft gegründet und nahm am 27. Dezember 1945 seine Arbeit auf. Sie erfolgte aufgrund der Beschlüsse der Konferenz in Bretton Woods, einer Kleinstadt im US-Bundesstaat New Hampshire. Diese für den Wiederaufbau des Weltwirtschaftssystems entscheidenden Verhandlungen dauerten vom 1. Juli 1944 bis zum 22. Juli 1944.
Der IWF wird daher zusammen mit der Weltbank-Gruppe als Bretton-Woods-Institution bezeichnet.
Zu seinen Aufgaben gehören: Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Währungspolitik, Ausweitung des Welthandels, Stabilisierung von Wechselkursen, Kreditvergabe, Überwachung der Geldpolitik, Technische Hilfe.
Der IWF hat zur Zeit 184 Mitgliedsländer, deren Stimmrecht sich nach ihrem Kapitalanteil richtet: USA 17,46%, Japan 6,26%, Deutschland 6,11%, Frankreich 5,05%, Großbritannien und Nordirland 5,05% (höchste Quoten).
Organisation
Organe
- Gouverneursrat
- Internationaler Währungs- und Finanzausschuss (IMFC)
- Exekutivdirektorium
- Interner Evaluationausschuss
Der IWF hat etwa 2.680 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus 184 Ländern
Geschäftsführende Direktoren
Der IWF wird von einem "geschäftsführenden Direktor" (Managing Director) geleitet:
- 1946 - 1951 - Camille Gutt
- 1951 - 1956 - Ivar Rooth
- 1956 - 1963 - Per Jacobsson
- 1963 - 1973 - Pierre-Paul Schweitzer
- 1973 - 1978 - H. Johannes Witteveen
- 1978 - 1987 - Jacques de Larosière
- 16. Januar 1987 - 14. Februar 2000 - Michel Camdessus
- 1. Mai 2000 - 4. März 2004 - Horst Köhler
- Anne O. Krueger (übergangsweise)
- seit Mai 2004 - Rodrigo Rato
Stellvertretende Geschäftsführende Direktoren sind zur Zeit Agustín Carstens und Shigemitsu Sugisaki.
Aufgaben und Ziele
Wenn ein Mitglied in Zahlungsschwierigkeiten kommt, dann kann es beim IWF Hilfe beanspruchen. Die Rechnungslegungseinheit des IWF ist das Sonderziehungsrecht (SZR).
Der IWF vergibt unter bestimmten Auflagen befristete Kredite an Staaten, die unter wirtschaftlichen Problemen leiden, z. B. Argentinien, die Türkei oder Brasilien. Bedingungen für die Gewährung von Krediten sind zum Beispiel: Kürzung der Staatsausgaben, niedrige Inflation, Steigerung des Exports, sowie die Liberalisierung des Bankenwesens. Die den Staaten auferlegten Bedingungen in Form von Strukturanpassungsprogrammen SAPs können zum Beispiel Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen wie Sparkassen, Elektrizitäts- und Wasserversorgung, Telekommunikation usw. sowie Entlassung von bestimmten Gruppen von Mitarbeitern vorsehen.
Darüber hinaus unterstützt der IWF Entwicklungsländer in Afrika, Asien und Suedamerika bei der Erarbeitung von Wachstums- und Wohlstandkonzepten und fördert diese durch direkte Geldhilfen der gebenden Mitgliedsländer. Ebenso wie die Kreditvergabe sind auch Entwicklungshilfen oft an Bedingungen des good governance (Korruptionsabbau, Demokratie, ...) und der Liberalisierung gekoppelt.
Ziele
- Förderung nachhaltiger Entwicklungshilfeprojekte durch Grants und Liabilities.
- Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Währungspolitik.
- Ausweitung des Welthandels.
- Stabilisierung von internationalen Finanzmärkten.
- Kann kurzfristige Kredite vergeben, zum Ausgleich von Zahlungsdefiziten
- Überwachung der Geldpolitik.
- Den laufenden internationalen Zahlungsverkehr von staatlichen Beschränkungen des freien Devisenverkehrs freizuhalten.
- Technische Hilfe
Wie versucht der IWF diese Ziele zu erreichen?
Jedes Mitgliedsland bekommt eine sogenannte Quote zugewiesen. Nach dieser Quote richten sich:
- die Einzahlungsverpflichtungen (in Gold, Devisen, und Landeswährung)
- die Ziehungsrechte (Inanspruchnahme auf einen Kredit)
- Das Stimmrecht eines Landes im IWF
Wenn ein Land in Zahlungsschwierigkeiten kommt, kann es finanzielle Hilfe vom IWF beanspruchen (Inanspruchnahme eines Kredites). Sie können auf Antrag beim IWF, die Währung eines anderen Landes gegen Gold oder Landeswährung kaufen. Dieses bezeichnet man als Ziehung. Die Inanspruchnahme eines Kredites ist an bestimmte Bedingungen gekoppelt, die das jeweilige Land zu erfüllen hat. Diese werden als Strukturanpassungsprogramme (SAP) bezeichnet.
Die SAPs könnten z. B. so aussehen:
- Kürzung von Staatsausgaben.
- Ziel einer niedrigen Inflation und eine Steigerung des Exports zu erzielen.
- Liberalisierung des Bankenwesens.
- Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen (Sparkassen, Elektrizitätswerken, Wasserwerken, Telekommunikation); weitere Folgen: z.B. Entlassung von Mitarbeitern.
Es gibt seit 1969 sogenannte Sonderziehungsrechte (SZR). Ein Mitgliedsland hat das Recht, sich unter Einschaltung des IWF Devisen zu kaufen. Für die Devisen muss das Mitgliedsland im Gegenzug mit SZR zahlen. Bei den SZR handelt es sich um eine Art Weltgeld im Zahlungsverkehr der Zentralbanken.
- SZR werden in bestimmter Höhe zugeteilt.
- Für die SZR müssen Zinsen an den Fond bezahlt werden.
- Durch die SZR wird die internationale Liquidität beträchtlich erweitert.
- Bei jeder Erhöhung der SZR wird geprüft, ob weltweit ein inflationsneutraler Bedarf besteht.
Beispiel: Wenn z. B. die Türkei (Schwellenland) sich an den IWF wendet, da sie zum Ausgleich der passiven Leistungsbilanz Devisen benötigt, dann bestimmt der IWF ein Land – beispielsweise die USA – mit hohen Devisenreserven. Die USA verkauft daraufhin der Türkei Devisen gegen SZR.
Konditionalität
Ursprünglich war der IWF so ausgelegt, dass die Mitgliedsstaaten bei Vorhandensein entsprechender Voraussetzungen (z.B. Zahlungsbilanzprobleme) automatisch das Recht hatten, IWF-Kredite zu erhalten. Nach dem Korea-Krieg kollabierten die Preise für Rohstoffe jedoch, was zu entsprechenden Zahlungsbilanzkrisen in einzelnen Mitgliedsstaaten führte. Zu dieser Zeit wurde die Konditionalität eingeführt, d.h. die entsprechenden Staaten hatten nicht mehr das Recht auf IWF-Kredite, vielmehr wurden sie abhängig gemacht von der Erfüllung bestimmter Bedingungen, damals z.B. die Elimination von Devisenkontrollen und die Liberalisierung von Handelsbeschränkungen. Auch die Unterteilung des Kreditbezugs in einzelne Phasen wurde erstmals eingeführt, mit Krediten an Chile im Jahre 1956, an Haiti im Jahre 1958. Jede einzelne Phase wurde von der Erfüllung von Bedingungen abhängig gemacht, die während der vorherigen Phase erfüllt werden mussten. Solche Bedingungen wurden in der jeweiligen Absichtserklärung ("letter of intent"), die praktisch Vertragsnatur hatten, vorher festgelegt.
Konditionalität ist eine Initiative der USA gewesen, die zunächst von anderen Staaten abgelehnt wurde. Diese Staaten standen auf der Position, dass das Recht auf IWF-Kredite automatisch den betroffenen Regierungen zustehe, ganz in dem Geiste der "Articles of Agreement", dem Gründungsdokument des IWFs.
Der Exekutivdirektor der USA legte sein Veto ein, wenn IWF-Kredit-Anträge nicht dieser Idee der Konditionalität entsprachen. Dies führte dazu, dass sich IWF-Kredit-Antragsteller nicht mehr an den IWF, sondern zuerst an die USA wandten. Damit war die Konditionalität in die IWF-Praxis eingeführt.
Washingtoner Konsens
Die Maßnahmen, die der IWF den antragstellenden Regierungen abverlangt, sind in der Regel immer die gleichen, unabhängig von der konkreten Lage der betroffenen Volkswirtschaften. Diese werden unter dem Namen Washington Consensus zusammengefasst.
Kreditnehmer
Bis zum Jahr 1977 waren Entwicklungsländer wie Industrieländer relativ gleichermaßen Kreditnehmer des IWF, Großbritannien eines der größten Kreditnehmer. Bis dahin wurde die Konditionalität gegenüber Großbritannien nicht angewandt (Großbritannien war einer der Gründungsstaaten des IWF). Das änderte sich jedoch nach der Mehrfachen Abwertung des Sterlings, zum ersten Mal sollte der IWF dem Staat Großbritannien wesentliche Bedingungen wie Verringerung von Sozialleistungen und Abschaffung von Import-Kontrollen auferlegen, als er 1977 einen Antrag wegen eines Stand-By-Kredites stellte. Das führte dazu, dass ab diesem Zeitpunkt der IWF als die "letzte Instanz, an die man sich wegen Krediten wenden sollte" angesehen wurde, da diese Einmischung in nationale (Wirtschafts-)Politik durch andere Regierungen (insbesondere der USA, die in Form von Secretary of the Treasury William Simon meinte, dass Länder wie Großbritannien einen "internationalen Verhaltenskodex" mit ihrer Wirtschaftspolitik brechen würden) als sehr unpopulär angesehen wird. Seit diesem Zeitpunkt hatte keine Industrienation mehr einen Antrag auf IWF-Kredite gestellt.
Nach Ansicht des Geografie-Professors Richard Peet wandelte sich der IWF erst damit von einer Form der Zusammenarbeit in Hinblick auf Wechselkurse und internationale Zahlungen, die hauptsächlich zwischen den Industrieländern statt fand, zu einer Form der Kontrolle der Wirtschaftspolitik der "Dritten Welt" durch die "Erste Welt".
Kritik
Der IWF war maßgeblich an der Dollar-Kopplung des argentinischen Peso beteiligt. Daraufhin geriet dieses zweitgrößte Land Südamerikas in eine Wirtschaftskrise. Besonders kritisch betrachtet wird die Rolle des IWF während der Ostasien-Krise 1997. Die Programme des IWF haben nicht zur raschen Lösung der Krise beigetragen, sondern haben diese noch verschärft. Wegen einiger ähnlicher Situationen geben die Bretton-Woods-Institutionen öfter Anlass zu Auseinandersetzungen mit manchen Kreisen der Wirtschaft und Politik, besonders wenn es um Entwicklungsländer geht. Unter anderem ist "Bretton-Woods" auch zur Zielscheibe der Globalisierungskritik geworden, die Zapatistas waren hier eine der Ersten, die gegen neoliberale Politik protestierten.
Unter den Gesichtspunkten der Entwicklungshilfe wird vor allem bemängelt, dass der IWF seine Programme nach der Zahlungsbereitschaft der Geberländer richtet, anstatt den Bedarf zu dokumentieren und dann in Europa, den USA und Japan die entsprechenden Beträge einzufordern.
Rücktritt von Horst Köhler und Suche nach Nachfolger im März 2004
Der Rücktritt des bisherigen IWF-Chefs Horst Köhler auf Grund seiner Kandidatur zum deutschen Bundespräsidenten stellt den IWF Anfang März 2004 wieder vor eine neue Herausforderung, war man doch mit seiner Amtsführung und seinem Verhandlungsgeschick zufrieden. Auch eine zweite Amtszeit des Deutschen war im Gespräch.
Allgemeine Praxis ist es, dass die Europäer den neuen IWF-Chef stellen, wenn ein Amerikaner an der Spitze der mit dem IWF oft kooperierenden Weltbank steht. Daher drangen die EU-Finanzminister am 8. März 2004 dann auch auf einen Nachfolger vom alten Kontinent. Der belgische Finanzminister Didier Reynders in Brüssel betonte, man hätte in Europa gute Kandidaten zu präsentieren. Er brachte den damaligen spanischen Wirtschaftsminister Rodrigo Rato ins Gespräch, indem er ihn als exzellenten Kandidaten bezeichnete. Weitere Kandidaten waren der Spanier José Manuel González-Páramo, den Belgier Peter Praet und der Ire Michael Tutty.
Der ehemalige Kandidat und deutsche Finanz-Staatssekretär Caio Koch-Weser lehnte am 5. März 2004 eine erneute Kandidatur ab.
Die Amtsgeschäfte führte während der Suche nach einem Nachfolger für Horst Köhler die IWF-Interimsdirektorin Anne Krueger.
Am 4. Mai 2004 gab der IWF bekannt, dass der ehemalige spanische Wirtschaftsminister Rodrigo Rato den Posten des IWF-Chefs übernommen hat.
Literatur
- Axel Dreher, Die Kreditvergabe von IWF und Weltbank: Ursachen und Wirkungen aus politisch-ökonomischer Sicht, 2003, wvb Berlin, ISBN 3936846545
- Axel Dreher, Verursacht der IWF Moral Hazard? Ein kritischer Literaturüberblick, Jahrbuch für Wirtschaftswissenschaften 54, 3: 268-287 (2003)
- Joseph Stiglitz, Die Schatten der Globalisierung, Goldmann 2002, ISBN 3442152844
- Richard Peet: "Unholy Trinity - The IMF, World Bank and WTO", ISBN 1-84277-072-1, ISBN 1-84277-073-X, ISBN 1-86814-495-3, ISBN 983-2535-08-5
Siehe auch
Weblinks
- Website des Internationalen Währungsfonds (mehrsprachig, aber kein Deutsch)
- deutsche Informationen (Stand 2000)
- aktuelle englische Informationen
- 60 Jahre Bretton-Wood-System, Die Unterstützung von Diktaturen durch Weltbank und IWF
- Der Internationale Währungsfonds und die Entwicklung der internationalen Finanzbeziehungen von 1945-2000