Cuneus (Militär)
Der Begriff cuneus („Schweinskopfformation“) steht im Militärjargon als Bezeichnung für eine dreiecksförmige Kampfformation oder auch Reiter- und Infanterieeinheiten der spätrömischen Armee die aus barbarischen Söldnern rekrutiert wurden. Das Wort leitet sich aus der lateinischen Wortfamilie cuneatus/cuneolus/cuneus ab. Diesen Wörtern liegt der Begriff „keilförmig“ zugrunde.
Kampfformation
Der cuneus war die von der Infanterie der Spätantike bevorzugt angewendete Aufstellung für einen Angriff. Er wurde von den Germanenstämmen in die Römische Armee übernommen. In den nachfolgenden Jahrhunderten wendeten ihn auch die Wikinger an, die dafür den selben Namen –svynfylking/Schweinestellung - benutzten. Die Formation wird beim römischen Militärchronisten Flavius Vegetus als
- "…..eine Maße von Fußsoldaten, in geschlossener Ordnung, sehr eng in der Front, breit in den Reihen die sich stetig vorwärtsschiebt und so den Feind zermalmt…..',
beschrieben. Eine andere Beschreibung aus der Wikingerperiode z.B. zählt zwei Kämpfer für die Spitze, drei in der zweiten und fünf in der dritten Reihe auf.
Schlachtaufstellung
Eine Dreiecksformation bot den Vorteil, ein dichtes Wurfgeschossfeuer entweder nach allen Seiten oder auf einen einzelnen Punkt aufrechtzuerhalten. Auch die Skythen und andere mit Wurfspeeren bewaffnete Reitervölker wendeten diese Formation mit ihrem Anführer an der Spitze an, da so schnelle Wendemanöver ohne vorherigen Drill möglich waren. Dies veranlasste Vegetius zur Auffassung, dass ein cuneus die feindliche Reihe einfach durchsticht indem sie ihr Wurfgeschossfeuer auf einen einzelnen Punkt der feindlichen Linie konzentriert. Der cuneus nach germanischer und römischer Art war aber wohl nicht nur aus diesen Gründen kreiert worden. Er diente auch dazu, einem entschlossenen Schlag durch den Kampf Mann gegen Mann, auf die Schlachtlinie des Feindes durchzuführen um so rasch durchzubrechen.
Formgebung
Die Dreiecksformation sollte anscheinend auch verhindern, dass der tapfere Vorkämpfer, der völlig alleine an der Spitze gestanden haben muss, vom Feind gleich zu Beginn des Kampfes ausgeschaltet wurde bzw. bevor er überhaupt noch die feindlichen Linien erreichte (vgl. hierzu auch Verlorener Haufen. Wenn er auf den Feind traf, mußte er diesen zunächst aber naturgemäß auch ganz alleine bekämpfen und war damit sicher auch ihrem massiven Flankenfeuer ausgesetzt gewesen. Er würde dabei auch nur wenig Unterstützung von seinen eigenen Leuten erhalten die aufgrund der keilförmigen Formation hinter ihm zurückgeblieben waren. Wenn sie nicht rasch zu ihm aufschlossen, war der wackere Mann verloren. Es stellt sich daher die Frage, warum dann nicht gleich von Anfang an eine Linienformation gewählt werden sollte. Hans Delbrück hat diesen Umstand 1921 folgendermaßen zusammengefasst:
- "Keine Kampfformation eines taktischen Truppenkörpers erscheint alberner als diese Art von Keilformation! Eine Gruppe Männer, gleichgültig wie fest deren Zusammenhalt am Ende ist, bleibt eine Summe von Individuen, die und daran besteht kein Zweifel, sicher in einer Linie vorgeht, aber sie kann niemals wie ein geschärftes Eisenstück ihre Flanken ruckartig auf einen Punkt konzentrieren!"
Die tatsächliche Form eines cuneus kann aber noch aus anderen antiken Quellen erschlossen werden. Tacitus beschreibt in seinen Historien, dass diese Formation an allen Seiten dicht geschlossen, d.h. an den Flanken, ihrer Rückseite sowie an der Front abgesichert war. Der [[Strategikon des Maurikios ]] liefert eine weitere derartige Beschreibung die besagt, dass die Germanen in gleichmäßigen und dichten Formationen angriffen. Dies lässt den Schluß zu, dass ihre Angriffssäule dabei auch ein Dreieck bildete.
Nimmt man eine 400 Mann starke Auxiliareinheit als Beispiel könnte sie mit ihrer Mannschaft einen 16 Mann tiefen und 25 Mann breiten cuneus bilden. Sobald die Männer in den hinteren Rängen eine Salve schießen fühlen sich die Männer ganz vorne und im Zentrum sicherer und wagen dadurch eher einen schnelleren Vorstoß gegen den Feind, sodass die Flanken automatisch ein wenig zurückfallen. Dies führt in weiterer Folge dazu, dass der cuneus bis unmittelbar vor den Aufprall auf den Feind annähernd die Form eines Dreiecks beibehalten haben könnte.
Vegetius und der Autor des strategikon, empfehlen im übrigen auch den Einsatz von Reserveeinheiten für den cuneus. Dies macht durchaus Sinn wenn man ihn als reine Angriffsformation versteht. Hat man eine enge Front, ist die Angriffssäule wesentlich manövrierfähiger und die Reihen in der Tiefe liefern anschließend die nötige Stoßenergie um die gegnerische Schlachtreihe durch ihre Wucht zu durchbrechen oder dafür eine sich kurzzeitig öffnende Lücke in ihr auszunutzen.
Literatur
- Simon Mac Dowall, Gery Embleton: Late Roman Infantryman, 235-565 AD, Warror Series 9, Osprey Military, Oyford 1997,
- Hans Delbrück: Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der Politischen Geschichte, Berlin 1921,
- Maurice's Strategikon: Handbook of Byzantine Military Strategy. Übersetzt von George T. Dennis. Philadelphia 1984, Nachdruck 2001,
- Cornelius Tacitus: Germania/Historien, in: Alexander Heine (Hrsg.) Caesar-Tacitus, Berichte über Germanen und Germanien, Reihe Historiker des deutschen Altertums, Phaidon Verlag, Essen, ISBN: 3-88851-14-6