Karl-Heinz Hoffmann (Rechtsextremist)
Karl-Heinz Hoffmann (geb. 1937 in Nürnberg) ist ein deutscher Rechtsextremist. Er war Gründer der gleichnamigen "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG), der bislang größten Wehrsportgruppe in Deutschland.
Karl-Heinz Hoffmann wurde 1937 in Nürnberg geboren und wuchs im thüringischen Kahla auf. 1953 flüchtete er in die Bundesrepublik Deutschland und kehrte in seinen Geburtsort zurück. 1963 fiel er erstmalig in der rechtsextremen Szene auf, nachdem er in der Türkei wegen Waffenhandels verhaftet worden war. 1968 trat er zu Fasching in einem Nürnberger Café zusammen mit einigen Männern in SS-Uniformen und Frauen in BDM-Kleidern zu einer Tonband-Geräuschkulisse aus Granatengeheul und MG-Salven auf. 1973 gründete er die nach ihm benannte "Wehrsportgruppe Hoffmann" (WSG), die ab dem folgenden Jahr öffentlich auftrat. So übernahmen die Mitglieder beispielsweise den Saalschutz für die NPD und DVU. In mehreren Orten, wie Tübingen oder Hamburg, kam es zu Zusammenstößen zwischen Ordnern des WSG - zum Teil unterstützt von der Wiking-Jugend und dem ebenfalls rechtsextremen Hochschulring Tübinger Studenten - und antifaschistischen Gegendemonstranten in deren Folge z.B. in Hamburg mehrere Gegendemonstranten im Krankenhaus landeten. Die engen Beziehungen zu dem DVU-Chef Gerhard Frey zeigten sich auch darin, dass Frey 1976 "aus nationaler Solidarität" Hoffmanns Gerichtskosten im Wert von 8.000 D-Mark übernahm.
Die WSG entwickelte sich rasch zur größten deutschen Wehrsportgruppe, die im gesamten Bundesgebiet "Zweigstellen" unterhielt und der etwa 440 militante Rechtsextremisten angehört haben sollen. Unter anderem soll ein Mitglied der WSG die Befreiung des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß aus dem Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau geplant haben. Die WSG hatte Vorbildcharakter für andere Gruppen, wie beispielsweise die von Michael Kühnen ins Leben gerufene "Wehrsportgruppe Werwolf".
Die WSG wurde am 30. Januar 1980 verboten und offiziell aufgelöst. Nach dem Verbot wurden bei Hausdurchsuchungen in drei Bundesländern 18 Lastwagenladungen von Bajonetten, Karabinern, Pistolen, Munition, Handgranaten, Stahlhelmen etc. beschlagnahmt. Die Bedeutung der Gruppe wurde jedoch überwiegend heruntergespielt. So meinte beispielsweise Franz-Josef Strauß - zu diesem Zeitpunkt Kanzlerkandidat der Union - gegenüber einem französischen Journalisten, die Medien sollten sich nicht lächerlich machen, schließlich würden sie selbst die Neonazis durch "überdimensionierte Darstellungen erst der bayerischen Bevölkerung bekannt [machen] und ihnen dadurch eine Bedeutung beimessen, die sie nie hatten, nie haben und in Bayern nie bekommen werden."
Ein Mitglied der WSG, Gundolf Köhler, verübte kurz darauf, 26. September 1980, einen Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest, bei dem zwölf Menschen getötet und über 200 zum Teil schwer verletzt wurden. Auch der Attentäter kam bei dem Anschlag ums Leben. Eine unmittelbare Beteiligung von Hoffmann und anderen WSG-Mitgliedern konnte zwar nicht nachgewiesen werden, doch hatte Köhler in diesem Umfeld seine ideologische und technische Ausbildung erhalten.
Am 19. Dezember 1980 wurden der jüdische Verleger und und ehemalige Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, Shlomo Levin und seine Lebensgefährtin Frieda Poeschke in Erlangen von Uwe Behrendt, einem weiteren Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann, erschossen. Levin hatte zuvor mehrfach öffentlich vor der deutschen Neonaziszene und insbesondere vor Hoffmann gewarnt. Mehrere Indizien zeigten eine enge Verbindung zu Hoffmann. So war der mutmaßliche Schütze dessen engster Gefolgsmann. Die Tatwaffe, eine Maschinenpistole vom Typ "Beretta", gehörte Hoffmann, am Tatort wurde die Brille von Hoffmanns Ehefrau Franziska gefunden. Der Attentäter flüchtete anschließend in den Libanon und gründete zusammen mit Hoffmann, der sich schon zuvor in den Libanon abgesetzt hatte gemeinsam mit der palästinensischen Al-Fatah eine "Wehrsportgruppe Ausland" im Palästinenserlager "Bir Hassan" bei Beirut. Wenig später fand man Behrendts Leiche, angeblich hatte er Selbstmord begangen. Bei späteren Prozessen berichteten Mitglieder Wehrsportgruppe vom harten Drill, grausamen Folterungen und den Plänen Hoffmanns, einen Staatsanwalt ermorden zu lassen. Hoffmann soll nach Aussagen des italienischen Neonazis Elio Ciolini auch an dem Bombenattentat in Bologna (ebenfalls 1980) beteiligt gewesen sein.
Am 16. Juni 1981 wurde Hoffmann auf dem Flughafen Frankfurt verhaftet und wegen Geldfälschung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung, Verstößen gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz sowie mehreren Fällen von Freiheitsberaubung angeklagt. 1984 wurde er vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt, jedoch bereits 1989 wegen guter Führung und "günstiger Sozialprognose" vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Die WSG war mittlerweile zum Mythos in der Neonazi-Szene geworden, es existieren beispielsweise T-Shirts mit dem Konterfei des "Chefs", wie Hoffmann sich selbst in Anlehnung an Ernst Röhm nannte. Er ist auch Autor eines "an Tatsachen orientierten Romans" mit dem bezeichnenden Titel "Verrat und Treue".
Nach seiner Haftentlassung gründete Hoffmann zusammen mit seiner Ehefrau Franziska Anfang der 1990er Jahre mehrere Bau- und Sanierungsfirmen in Nürnberg und Umgebung. Zu dem Firmenkonglomerat gehörten später bis zu 15 Unternehmen. Mit dem Fall der Mauer in der DDR übersiedelte er nach Kahla, erhielt sein Elternhaus zurück und sanierte bzw. errichtete hier zahlreiche Büros und Wohnungen. Größere Teile der Kahlaer Innenstadt, darunter über ein Dutzend Häuser, kamen in den Besitz des Paares, das zu den größten Investoren in der Kleinstadt zählte. Außerdem betrieb Hoffmann zwei Antiquitätenläden in Nürnberg und München.
Die Kontakte zur Neonaziszene rissen auch nach 1989 nicht ab. Eine von Hoffmann betriebene Gaststätte entwickelte sich zu deren lokalen Treffpunkt. Gleichzeitig nahm dieser Kontakt auf zu ehemaligen Mitstreitern, wie den mittlerweile für die NPD in Sachsen tätigen EX-WSG-Unterführer Bernd Grett oder den ex-WSG-Offizier Anton Pfahler aus der Nähe von Ingolstadt, bei dem 1999 unter anderem Tretminen, Granaten und Maschinenpistolen gefunden wurden. Geschäftliche Beziehungen unterhielt Hoffmann zeitweilig auch zu Wilhelm Tell, einem Architekten und Chef der Republikaner im wenige Kilometer nördlich gelegenen Jena, der wiederum eng mit der Szene der Freien Kameradschaften verbunden ist. Ab Ende 2000 zog sich Hoffmann jedoch aufgrund schlechter laufender Geschäfte zunehmend aus Kahla zurück und übersiedelte zurück nach Schloss Ermreuth bei Erlangen, wo sich bereits das "Hauptquartier" der WSG befunden hatte. Die Firmen in Kahla wurden weitgehend "abgewickelt". 2004 startete er einen neuen Versuch, in Ostdeutschland Fuß zu fassen und erwarb mehrere Immobilien im westsächsischen Kohren-Sahlis, darunter ein ehemaliges Rittergut mit Herrenhaus und Stallungen, das ehemals dem nationalsozialistischen Balladenschreiber und Antisemiten Börries von Münchhausen gehörte.
Literatur
- Andrea Röpke: Ex-WSG-Chef kauft Rittergut, in: Blick nach rechts, Nr. 9/2004.
- Andrea Röpke und Berny Vogl: Was macht eigentlich...? Karl-Heinz Hoffmann, in: Der rechte Rand. Nr. 84. September/Oktober 2003.