Theia (Protoplanet)
Theia ist der (inoffizielle) Name eines hypothetischen Protoplaneten der, laut der Kollisiontheorie der Mondentstehung vor etwa 4 Milliarden Jahren mit der Protoerde kollidiert ist. Theia selbst wurde bei dieser Kollision zerstört; die beim Impakt entstandenen Bruchstücke haben sich in einem Orbit um die Erde gesammelt. Im weiteren Verlauf hat sich daraus der Mond gebildet. Der Drehimpuls und die Masse der Erde wären durch diesen Vorfall beide signifikant erhöht worden. Nach dieser Theorie war Theia etwa so groß wie der Mars und hat sich in einem Lagrangepunkt des Erde-Sonne Systems entwickelt, bevor er mit der Erde kollidierte.
Entstehung
Aus Isotopenmessungen konnte abgeleitet werden, dass der größte Teil des Materials, aus dem sich der Mond bildete, aus dem Mantel der Protoerde entstammt. Das Material Theias verursachte keine Veränderung der Isotopenzusammensetzung der Protoerde. Dieser Umstand verweist auf mehrere Möglichkeiten des Entstehungsorts dieses Protoplaneten.
- 1. Theia entstand im gleichen Abstand von der Sonne wie die Protoerde. Wegen der großen Sonnennähe setzte sich der Protoplanet zum größten Teil aus Silikaten zusammen.
- 2. Theia bestand nur zu einem geringen Teil aus Silikaten, so dass die Menge nicht ausreichte, um das Isotopenverhältnis der Protoerde signifikant zu verändern. Da die Masse Theias hinreichend groß gewesen sein muss, damit größere Mengen Silikatgestein aus dem Mantel der Protoerde herausgeschlagen werden konnten, muss der Hauptanteil aus einem anderen Material bestanden haben. Ein Vergleich mit den bestehenden Planeten und großen Monden im Sonnensystem ergibt, dass dafür lediglich Wassereis in Frage kommt. Da Wassereis aber erst jenseits des Planetoidenrings zu größeren Körpern kondensieren kann, folgt daraus, dass Theia aus entfernteren bereichen des Sonnensystems stammt.
hier noch ein paar infos zur "schneegrenze" im sonnensystem - werd mal schauen, was ich finden kann
- 3. Die Isotopenverhältnisse von Theia und Protoerde stimmten zufällig überein, da im Sonnensystem kein gleichmäßiger Verteilungsgradient existiert. Dann lässt sich der mögliche Entstehungsort nicht rekonstruieren.
Die Theorie, nach der Theia im Lagrangepunkt des Erde-Sonne Systems entstanden ist, spricht für die erste Möglichkeit. Problematisch ist jedoch, wie Theia die für die Folgen der Kollision nötige Aufprallgeschwindigkeit entwickeln konnte. Bei gleichen orbitalen Parametern würde eine langsame Annäherung beider Körper die Folge sein. Der kleinere Körper müsste dann nach Überschreiten der Roche-Grenze in viele kleinere Brocken zerbrechen, die nach und nach auf den größeren Körper auftreffen. Da Theia jedoch mit seiner ganzen Masse kollidierte, muss die Annäherung sehr rasch und (möglicherweise) in retrograder Umlaufrichtung zur Protoerde erfolgt sein.
Für die zweite Möglichkeit spricht, dass größere Wassereis-/Silikatkörper auch heute noch im Sonnensystem auffindbar sind, die zugleich eine hinreichend große Masse besitzen, um bei entgegengesetzter Umlaufrichtung ähnlich große Kräfte freizusetzen, wie es bei Theia der Fall war. Diese Körper, der Jupitermond Ganymed (Mond) und die Saturnmonde Titan (Mond) und Kallisto (Mond), weichen aber in ihrer Masse deutlich von der erforderlichen Masse ab. Modellrechnungen zu den Folgen einer Kollision der Protoerde mit einem Titan-ähnlichen Körper existieren bis jetzt noch nicht.
Denkbar wäre, dass sich hinreichend große Körper generell in Paaren bilden. Aufgrund von Planetenwanderungen (vgl. dazu den Zusammenhang zwischen Neptunwanderung und Entstehung desKuiper-Gürtels in [1]) könnten solche Protoplanetenpaare während naher Begegnungen in Swing-by-Vorgängen aufgelöst worden sein. In [2] wird diese Hypothese detailliert dargestellt und daraus die These abgeleitet, dass Theia der Protoplaneten-Partner Titans gewesen ist. Forschungen, die diese These stützen oder widerlegen würden, stehen bisher noch aus.
Name
Der Name Theia stammt aus der griechischen Mythologie. Theia war eine Titanin, die die Mondgöttin Selene gebar. Der hypothetische Planet wird manchmal auch Orpheus genannt.
Siehe auch
Entstehung des Mondes, Entstehung des Sonnensystems
Weblinks
- Sauerstoffisotope im frühen Sonnensystem
- Die Geburt des Mondes (Mineralogisches Institut der Universität München und Max-Planck Institut für Chemie)
- Wie Neptun im äußeren Sonnensystem aufräumte
- Doppelpaarbildung als Regelfall in der Kosmogonie des Sonnensystems
Literatur
Carsten Münker et al: Evolution of planetary cores and the Earth - Moon system from Nb/Ta systematics. In: Science 301/2003, S. 84-87, ISSN 1095-9203