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Jean-Bédel Bokassa

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Jean Bedel Bokassa (* 22. Februar 1921 in Bobangi; † 3. November 1996 in Bangui) war Präsident und später Kaiser der Zentralafrikanischen Republik bzw. des Zentralafrikanischen Kaiserreichs bis zu seinem Sturz am 20. November 1979.

Soldat

Bokassa wurde in Bobangi geboren. Er trat in die französische Armee ein und wurde als Stabsfeldwebel bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Croix de Guerre ausgezeichnet und Mitglied der Ehrenlegion. Bis 1961 war er zum Hauptmann aufgestiegen. Er verließ 1964 die französische Armee und machte Karriere in der Armee der 1960 unabhängig gewordenen Zentralafrikanischen Republik, was ihm durch seine Verwandtschaft mit dem Präsidenten David Dacko (er war dessen Cousin und der Neffe von dessen Vorgänger Barthélemy Boganda) erleichtert wurde. Er stieg rasch zum Oberst und Stabschef der Streitkräfte auf.

Präsident

Am 1. Januar 1966 nutzte Bokassa einen Aufruhr im Land zu einem Putsch gegen den autokratisch herrschenden Präsidenten Dacko und übernahm die Macht als Staatspräsident und Vorsitzender der einzigen Partei des Landes, des Mouvement pour l'évolution sociale de l'Afrique noire (MESAN). Bereits drei Tage später schaffte Bokassa die Verfassung von 1959 ab und regierte fortan durch Erlasse.

Frankreich stellte sich auf die Seite des Putschisten; zur Sicherung seiner Herrschaft rief Bokassa im November 1967 französische Truppen ins Land und liess seine Gegner durch Haft und Mord beseitigen. Ein erfolgloser Putschversuch gegen ihn im April 1969 gab Bokassa Gelegenheit, seine Macht durch Reformen zu festigen. Im März 1972 liess er sich als Präsident auf Lebenszeit ausrufen. Im Dezember 1974 überlebte er einen neuerlichen Putschversuch und im Februar 1976 ein Attentat.

Mitte der 1970er Jahre suchte Bokassa die finanzielle Hilfe Libyens; nach einem Besuch beim libyschen Revolutionsführer Oberst Gaddafi trat er zum Islam über und nannte sich nun Salah Eddine Ahmed Bokassa.

Kaiser

Im September 1976 entliess Bokassa die Regierung und ersetzte sie durch den Conseil de la Révolution Centrafricaine. Am 4. Dezember 1976, auf dem Parteitag der MESAN, erklärte er die Republik zur Monarchie, dem Zentralafrikanischen Kaiserreich. Sich selbst liess er als Kaiser Bokassa I. ausrufen. Er erliess eine kaiserliche Verfassung, konvertierte zum Katholizismus zurück und liess sich in einer verschwenderischen Zeremonie, die angeblich mehr als 30 Millionen Dollar kostete, zum Kaiser krönen.

Obschon formell eine konstitutionelle Monarchie, blieb Bokassas Herrschaft autokratisch. Die brutale Unterdrückung oppositioneller Kräfte hielt an, zügellose Folterungen und Prügelstrafen, an denen Bokassa mitunter selbst beteiligt gewesen sein soll, waren an der Tagesordnung.

Frankreich blieb eine wichtige Stütze des Regimes und lieferte Waffen gegen Uran für das französische nukleare Waffenprogramm. Besonders enge Kontakte pflegte Bokassa mit dem französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing, den er verschiedentlich zu Jagdausflügen einlud.

Im Januar und April 1979 entluden sich heftige Schüler- und Studentenunruhen, die mit Hilfe von Truppen aus Zaire niedergeschlagen wurden. Es fanden Massaker an Zivilisten statt; vom 17. bis 19. April 1979 wurden zahlreiche Jugendliche inhaftiert, weil sie gegen das Tragen der staatlichen verordneten Schuluniformen protestiert hatten. In den Gefängnissen wurden über 100 Kinder gefoltert und ermordet, woran Bokassa persönlich beteiligt gewesen sein soll. Auch wurden Vorwürfe gegen ihn wegen Kannibalismus laut.

Frankreich hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits von seinem ehemaligen Schützling distanziert. Eine Reise Bokassas nach Libyen nutzt der ehemalige Präsident David Dacko am 21. September 1979 zu einem erfolgreichen Putsch. Das Kaiserreich wurde abgeschafft und die Republik wieder hergestellt.

Exil und Haft

Im Dezember 1980 wurde Bokassa in Abwesenheit zum Tode verurteilt, kehrte aber am 23. Oktober 1986 wieder in seine Heimat zurück, kam in Haft und wurde am 12. Juni 1987 erneut zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 29. Februar 1988 in lebenslange Zwangsarbeit umgewandelt und schließlich auf zwanzig Jahre reduziert. Am 1. September 1993 kam Bokassa in den Genuss einer Generalamnestie, die Präsident André Kolingba anlässlich der Rückkehr zu Demokratie verkündet hatte.

Bokassa starb im Alter von 75 Jahren am 3. November 1996 in Bangui an einem Herzinfarkt. Er hinterließ siebzehn Frauen und 50 bekannte Kinder.

Literatur

  • Riccardo Orizio, Allein mit dem Teufel. Begegnungen mit sieben Diktatoren, Kreuzlingen, München 2004. Erschienen bei: Diederichs Verlag im Heinrich Hugendubel Verlag - ISBN 3-7205-2485-X