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Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees

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Die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) ist ein schweizerisch konzessioniertes Unternehmen, welches Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee betreibt. Die SGV ist die grösste Binnenreederei der Schweiz und verfügt über einen eigenen Schiffbaubetrieb.[1] Sitz der Aktiengesellschaft ist Luzern.

Blick vom Pilatus auf den Vierwaldstättersee

Geschichte

Die heutige Schifffahrtsgesellschaft ging aus der Fusion der beiden ältesten Dampfschiffgesellschaften des Vierwaldstättersees im Jahre 1870 hervor.

Die erste Dampfschiffgesellschaft wurde 1835/1836 von Kasimir Friedrich Knörr und Josef Maria Ronca ins Leben gerufen. Die Kantone Basel und Tessin hatten schon seit 1829 gegenüber den Kantonen Luzern und Uri darauf gedrängt, auf dem Vierwaldstättersee ein Dampfschiff in Betrieb zu nehmen, um den Verkehr über den Gotthard zu erleichtern. Am 17. Dezember 1835 bewilligte der Grosse Rat des Kantons Luzern die Gründung einer Aktiengesellschaft behufs Errichtung eines Dampfschiffes auf dem Vierwaldstättersee und am 1. Januar 1836 legten Knörr und Ronca einen Zeichnungsprospekt für ihre Gesellschaft auf. Das erste Dampfschiff, die Stadt Luzern (1837), wurde bei Escher Wyss in Zürich bestellt und am 29. Juli 1837 in Luzern vom Stapel gelassen. Die Eröffnungsfahrt fand am 24. September 1837 statt. Der Verkehr entwickelte sich gut, trotz anfänglicher Widerstände durch den Kanton Uri. 1843 beschaffte die Gesellschaft mit der St. Gotthard ein zweites Schiff, das für eine tägliche Postverbindung über den Gotthard benötigt wurde.[2]

Im November 1846 gründete der Urner Landammann Karl Emanuel Müller eine konkurrierende Postdampfschiffgesellschaft (P.D.G.). Die beiden Dampfschiffe für diese Gesellschaft wurden bei Ditchburn & Mare in London bestellt, da Escher Wyss sich vertraglich verpflichtet hatte, keine Schiffe an Konkurrenzunternehmen der Knörrschen Gesellschaft zu liefern. Es handelte sich um die Waldstätter (1847) und die Rigi (1848), wobei letztere als Ausstellungsstück im Verkehrshaus der Schweiz erhalten geblieben ist.[3][4] Die beiden Gesellschaften traten in einen erbitterten Konkurrenzkampf, auch dauerte ein bereits früher bestehender Streit um die Transportrechte auf dem See zwischen den Uferkantonen an. Der Kanton Uri war nicht gewillt, die Freiheit der Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee anzuerkennen.[5]

Der Transportrechtestreit wurde 1849 beigelegt, als der Bund ein Gesetz erliess, das den freien Verkehr auf dem See garantierte.[3][6] Die Konkurrenz setzte sich anfänglich fort, indem sich die beiden Gesellschaften preislich zu unterbieten suchten, jedoch konnten sie sich im Juli 1849 auf gemeinsame Tarife mit gemeinsamem Fahrplan einigen.[3]

Nach verschiedenen Neugründungen und Konkurrenz durch andere Gesellschaften fusionierten die Knörrsche Gesellschaft und die Postdampfschiffgesellschaft zur Stärkung ihrer Position auf den 1. Januar 1870 zur Vereinigten Dampfschifffahrtsgesellschaft auf dem Vierwaldstättersee (VDGV).[7] Durch einen Vertrag vom 6. Juli 1870 fusionierte diese Gesellschaft schliesslich auch noch mit der erst 1869 gegründeten Dampfschiffgesellschaft Luzern, welche ihrerseits zuvor bereits mit der Dampfschiffgesellschaft des Küssnachtersees fusioniert hatte. Die Dampfschiffgesellschaft Luzern brachte unter anderem zwei grosse Raddampfer, die Schweiz (1870) (später Schwyz) und die Victoria (1870), in die VDGV ein.[7][8] Dadurch war nun die gesamte Dampfschifffahrt des Vierwaldstättersees in einem Unternehmen vereinigt.[8]

Kasimir Friedrich Knörr jedoch, obwohl immer noch im Verwaltungsrat der VDGV, gründete 1871 eine neue Konkurrenzgesellschaft, die Salondampfschiffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees mit Sitz in Gersau, und bestellte bei Escher Wyss die ersten Salondampfer der Schweiz, die Germania (1872) und die Italia (1872). Schliesslich gelang es der VDGV aber, diese beiden Schiffe zu erwerben, die neue Gesellschaft wurde aufgelöst und Knörr verpflichtete sich, keine Dampfschiffgesellschaft auf dem Vierwaldstättersee mehr zu gründen.[9][10]

1885 wurde der Name in «Dampfschiffgesellschaft des Vierwaldstättersees» (DGV) abgeändert. 1931 baute die DGV erstmals ein Schiff in ihrer eigenen Werft, das Motorschiff Mythen (1931). [11] Es handelt sich dabei um das erste Schiff der Welt mit Leichtmetallaufbauten.[12] In der Werft der DGV, der späteren SGV, wurden seither neun weitere Motorschiffe gebaut, vier von anderen Werften vorgefertigte Schiffe fertiggestellt und die fünf Schaufelraddampfer restauriert.[13] Seit 2006 tritt die Werft unter dem Namen Shiptec Lucerne auf.[14]

1960 wurde das Unternehmen in «Schiffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees» (SGV) umbenannt. Diese Umbenennung stand noch im Zeichen einer Abkehr von den Dampfschiffen, die nach und nach durch Dieselmotorschiffe ersetzt werden sollten. Als jedoch 1970 der Raddampfer Wilhelm Tell (1908), der heute als ortsfestes Restaurant dient, ausser Dienst gestellt wurde, setzte ein öffentlicher Druck für die Erhaltung der Dampfer ein, der sich noch verstärkte, als Mitte der 1970er Jahre auch die Unterwalden durch ein Motorschiff ersetzt werden sollte. 1972 wurde die Vereinigung Dampferfreunde Vierwaldstättersee gegründet, die sich seither erfolgreich für die Vierwaldstätterseedampfer einsetzt.[15] Die fünf restaurierten Raddampfer stehen im planmässigen Kurseinsatz.

Aktuelle Flotte

DS Stadt Luzern in Brunnen
DS Schiller bei Brunnen

Die aktuelle Flotte besteht aus insgesamt 20 Schiffen: 5 Schaufelraddampfer und 15 Salon-Motorschiffe mit einer Kapazität von 13'000 Passagieren und 3'200 Restaurationsplätzen unterwegs zu 34 Schiffstationen am ganzen See.

Datei:Raddampfer luzern small.jpg
Raddampfer in Luzern
  • Reuss (1926)
  • Rütenen (1926), Nauen
  • Rütli (1929)
  • Mythen (1931)
  • Titlis (1951), mit Obwaldner rot-weissem Schlüssel als Bugflagge
  • Rigi (1955)
  • Schwyz (1959)
  • Winkelried (1963)
  • Pilatus (1966) - bis 2010; 2011 an einen privaten Käufer verkauft.[16]
  • Gotthard (1970)
  • Europa (1976)
  • Weggis (1990)
  • Brunnen (1991)
  • Flüelen (1991)
  • Waldstätter (1998)
  • Cirrus (2009), Katamaran

Die meisten Motorschiffe tragen schweizerische Orts- oder Bergnamen.

Ehemalige Schiffe der SGV

Neubeschaffungen und Ausmusterungen

Die DS Germania, DS Schwyz, DS Rigi und DS Rhein wurden vor 1969 ausgemustert.

Das Dampfschiff «Rigi» (1847/48) befindet sich im Verkehrshaus in Luzern und wird derzeit restauriert.

Das völlig intakte Dampfschiff «Wilhelm Tell» wurde 1970 an einen Luzerner Gastbetrieb verkauft und am rechten Ufer der Luzerner Bucht vertäut.

Schiffstationen

Die fahrplanmässigen Kurse

Die SGV fährt fahrplanmässig 34 Schiffsstationen am Ufer des Sees an. Die unterschiedlichen Kurse sind zwar nicht getaktet, aber an einigen Stationen so mit einander verknüpft, dass sich praktisch alle Destinationen durchs Umsteigen erreichen lassen: Hertenstein bzw. Weggis verknüpfen die Nord-Kurse. Daneben können mit kleineren Schiffen bei Extrafahrten auch unzählige andere Orte am See bedient werden.

Vierwaldstättersee
  • Die Kurse:
    • Luzern-Brunnen-Flüelen
    • Luzern-Alpnachstad
    • Luzern-Küssnacht
    • Luzerner Seebucht (bis Meggenhorn)

Da viele Schiffe auch Restaurationsbetrieb bieten, werden auch Sonderfahrten mit speziellen Büffets zu einzelnen Tageszeiten angeboten: Sonntags-z-morge, Brunch, Mittagsschiff, Zvieri, Tartar, Abendrundfahrten, Sushi, Fondue.

Die Stationen rund um den See

Offizielle Schifffahrtsstationen im Uhrzeigersinn rund um den See:

Zudem gibt es noch die Station Brunnen Föhnhafen, sie wird jedoch im regulären SGV-Verkehr nur einmal pro Werktag angefahren, sondern dient hauptsächlich bei Föhnstürmen als Ersatzhalt für Brunnen, da der Föhnhafen - wie der Name sagt - vor dem Südwind geschützt ist, und somit das An- und Abfahren einfacher ist.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Hofer: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Buchdruckerei Keller, Luzern 1930 (Diss. rer. pol. Bern).
  • Anton Räber: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Komm. Eugen Haag, Luzern 1962 (Luzern im Wandel der Zeiten ; 25).
  • Erich Liechti et al.: Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3.
  • Kurt Hunziker, Heinz Amstad: Vierwaldstättersee - unsere Flotte. Hrsg.: Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees. Dampferzeitung, Luzern 2001, ISBN 3-9522296-0-1.
  • Kurt Hunziker et al.: Mit Volldampf voraus. Die fünf Dampfschiffe auf dem Vierwaldstättersee. Hrsg.: Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees. Dampferzeitung, Luzern 2011, ISBN 978-3-03302891-3.

Einzelnachweise

  1. Kurt Hunziker et al.: Mit Volldampf voraus. Die fünf Dampfschiffe auf dem Vierwaldstättersee. Hrsg.: Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees. Dampferzeitung, Luzern 2011, ISBN 978-3-03302891-3, S. 12–13.
  2. Anton Räber: Die Geschichte der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. In: Erich Liechti et al. (Hrsg.): Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3, S. 5–6.
  3. a b c Anton Räber: Die Geschichte der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. In: Erich Liechti et al. (Hrsg.): Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3, S. 7.
  4. DS Rigi. Verkehrshaus der Schweiz, abgerufen am 16. Mai 2011.
  5. Fritz Hofer: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Buchdruckerei Keller, Luzern 1930, S. 21–22 (Diss. rer. pol. Bern).
  6. Urs Kälin: Müller, Karl Emanuel. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  7. a b Anton Räber: Die Geschichte der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. In: Erich Liechti et al. (Hrsg.): Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3, S. 8.
  8. a b Fritz Hofer: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Buchdruckerei Keller, Luzern 1930, S. 30–31 (Diss. rer. pol. Bern).
  9. Anton Räber: Die Geschichte der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. In: Erich Liechti et al. (Hrsg.): Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3, S. 8–9.
  10. Anton Räber: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Komm. Eugen Haag, Luzern 1962, S. 14–15 (Luzern im Wandel der Zeiten ; 25).
  11. Anton Räber: Die Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Komm. Eugen Haag, Luzern 1962, S. 28 (Luzern im Wandel der Zeiten ; 25).
  12. Erich Liechti et al.: Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee. Geschichte und Schiffsregister. Verlag Eisenbahn, Villigen 1974, ISBN 3-85649-021-3, S. 69.
  13. Shiptec - Firmengeschichte. Abgerufen am 21. Mai 2011.
  14. Shiptec - Strategie. Abgerufen am 21. Mai 2011.
  15. Chronologie der Aktionen der Dampferfreunde. Dampferfreunde Vierwaldstättersee, abgerufen am 21. Mai 2011.
  16. Silvia Weigel: MS «Pilatus» wird Hausboot in Venedig. In: Neue Obwaldner Zeitung. Nr. 59, 11. März 2011, S. 26.