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Konflikt

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Ein Konflikt (lat.: confligere = aneinandergeraten, kämpfen; PPP: conflictum) ist die Folge von wahrgenommenen Differenzen, die gegenseitig im Widerspruch stehen und eine Lösung erfordern. Die Konfliktforschung erforscht die Ursachen und entwickelt Lösungsstrategien, um die Auswirkungen eines Konfliktes begrenzen zu können.

Konfliktsituation

Stehen sich mindestens zwei verschiedene Ansichten oder Interessen unvereinbar gegenüber, liegt eine Konfliktsituation vor. Dies ist möglich

  • innerhalb und zwischen Personen (Seelische, Beziehungs-, Weltanschauungs-, Kultur-, Interessen-Konflikte),
  • innerhalb und zwischen Gruppen, Unternehmen, Organisationen (Beziehungs-, Weltanschauungs-, Kultur-, Interessen-Konflikte),
  • innerhalb und zwischen Gesellschaften und Staaten (Weltanschauungs-, Kultur-, Interessen-Konflikte) sowie,
  • nicht zuletzt, zwischen einzelnen Personen und diesen Zusammenschlüssen.

Konfliktlösung

Die Lösung eines Konflikts ist primär vom Verhalten der Beteiligten abhängig. Meist wird eine friedliche Beilegung angestrebt (siehe jedoch: Harmoniestreben). In diesem Idealfall wird ein Konflikt von den Beteiligten besprochen und im Konsens beigelegt (siehe auch: Win-Win-Strategie).

Häufig ist ein solcher Weg im persönlichen Bereich schwer zu unterscheiden von Vermeidungsstrategien aus Angst-, Schuld-, Scham- oder Minderwertigkeitsgefühlen gegenüber einer offenen Auseinandersetzung mit dem Konfliktthema oder dem Konfliktpartner (nach Rupert Lay, s.u.). Auch Tabus können dabei im Spiel sein. Die Grenzen zu einer Scheinbeilegung durch Verdrängung sind dann fließend. Ein "reinigendes Gewitter" kann demgegenüber viel konstruktiver sein.

Da Konflikte ihre Ursache in einem Widerspruch haben, wird häufig der Stärkere versuchen, den Widerspruch zugunsten seiner eigenen Sichtweise aufzulösen. Dies kann den Konflikt jedoch nicht beheben, weil der Schwächere mit der scheinbaren Lösung einem erneuten Konflikt ausgesetzt wird.

Entscheidend für den angemessenen Umgang mit einer Konfliktsituation ist die Frage, ob nach der Klärung eine konstruktive Fortsetzung des Kontakts mit dem Anderen erwünscht ist, oder nicht:

Es hat keinen Sinn, in eine kooperative Konfliktklärung zu investieren (vielleicht nur, um "Recht" oder "nicht Unrecht" zu behalten), wenn man an der dadurch ermöglichten Kontaktfortsetzung kein Interesse hat. Gleiches gilt - da immer Zwei dazugehören -, wenn der Andere durch sein Verhalten signalisiert, an einer Fortsetzung des Kontakts kein Interesse zu haben.
Da kann es friedlicher für alle Beteiligten sein, das Fortbestehen eines Konflikts einfach zu konstatieren, zu akzeptieren und es dabei bewenden zu lassen.

Tatsächliche Konfliktlösungen reichen von Gesprächen zwischen den Beteiligten - wie bei Mediationen oder Tarifverhandlungen - bis zu gewalttätigen Auseinandersetzungen - wie bei zwischenstaatlichen Kriegen oder innerstaatlichen Bürgerkriegen. "Dazwischen" liegen die Varianten der rechtlichen bzw. gerichtlichen Klärung, die keineswegs die Form von Schlammschlachten annehmen müssen, sondern als professionelle Delegation des Problems an Rechtsanwälte gehandhabt werden können, um sich selbst von der zeit- und kräftezehrenden Klärungsprozedur zu entlasten.

Siehe auch die vier Arten der Konfliktregelung mit Hilfe Dritter: Rechtsberatung, Vermittlung (Mediation), Schlichtung, Richten

Konfliktbereiche

Bereiche in denen häufig Konflikte auftreten:

Politischer Konflikt

In der Politikwissenschaft ist Konflikt definiert als "Interessengegensatz (Positionsdifferenz) um nationale Werte von einiger Dauer und Reichweite zwischen mindestens zwei Parteien (organisierten Gruppen, Staaten, Staatengrupppen, Staatenorganisationen), die entschlossen sind, sie zu ihren Gunsten zu entscheiden." (Quelle: Konfliktbarometer 2003 des Heidelberger Instituts für Internationale Konfliktforschung [1].

Sozialer Konflikt

Der soziale Konflikt ist ein bedeutendes Arbeitsfeld der Soziologie, insbesondere der Konfliktsoziologie.

Institutionalisierung von Konflikten

Unter der Institutionalisierung von Konflikten versteht man die Austragung oder Beilegung eines Konfliktes, wenn er an eine Institution weitergegeben wurde.

Diese Institution oder Instanz verfährt dabei mit Regeln, die von den Konfliktpartein anerkannt sind. Die Streitparteien, bzw. Opfer und Täter werden von nicht an dem Konflikt beteiligten Personen gerichtet (Bsp.: Gericht). Dabei werden emotionale und sachliche Komponente des Konflikts voneinander getrennt.

Konflikte können stark oder schwach institutionalisiert sein. Die Fehde, ein schwach institutionalisierter Konflikt, hat einerseits viele Regeln, die von den Konfliktparteien anerkannt sind (bspw. Existenz eines legitimen Fehdegrunds, formale Ankündigung etc.), also alles Anzeichen von Institutionalisierung, andererseits wird die Konfliktaustragung von den Streitparteien selbst besorgt (keine gesellschaftliche Ausdifferenzierung); die emotionale und sachliche Komponente des Konflikts werden nicht getrennt: Freunde der jeweiligen Konfliktparteien haben nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht beizustehen, und erzeugen dadurch übrigens weitere Konflikte.

Nach Marx ist die Geschichte der Vergesellschaftung nichts anderes als eine Geschichte von Klassenkämpfen, wobei der Konflikt als treibender Motor gilt. Jedoch kann Klassenkampf nicht institutionell befriedet werden, da sein Ziel zwar nicht die physische, wohl aber die soziale Vernichtung des Gegners ist, d.h. der Untergang einer Klasse: Alle Besitzer von Produktionsmitteln sollen enteignet werden und damit die Basis ihrer materiellen und sozialen Ausbeutungsmöglichkeiten beraubt werden. Weiter gehend bzw. anders Lenin: Der Klassenkampf kann, wenn das Proletariat noch nicht 'weit genug' ist, von einer Kaderpartei betrieben werden (diese Institutionalisierung erwies sich denn auch für Russland als erfolgreich, doch wurde nach Urteil der Kritiker dadurch die bolschewistische Partei zu der die Produktionsmittel beherrschenden Klasse).

Die Ehescheidung ist eine stark institutionalisierte Konfliktaustragung, denn beide Parteien geben hierbei ihre stark emotional beladenen Streitigkeiten einem Gericht weiter, dessen Regeln sie selbstverständlich akzeptieren.

Weiterführende Informationen

Literatur

Siehe auch

Einschlägig, aber in der Soziologie (anders als in der Philosophie) nicht rezipiert ist die "Machologie" (wörtl.: "Kampfwissenschaft") des Philosophen und Schachgroßmeisters Emanuel Lasker.

Zwei Aufsätze des Schweizer Pädagogen Arthur Brühlmeier: