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Hells Angels Deutschland

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Hells Angels in der Neuen Schönhauser Straße in Berlin-Mitte

Die Hells Angels Deutschland oder Hells Angels MC Germany sind eine Rockergruppe in Deutschland und bilden die Gebietsvertretung des weltweit aktiven Hells Angels MC, der 1948 in San Bernadino in Kalifornien/ USA gegründet wurde.

Geschichte

Die erste deutsche Ortsgruppe („Charter“) der Hells Angels entstand am 16. März 1973 in Hamburg aus einer Rockergruppe namens „Bloody Devils“, die in der Hansestadt lokal aktiv war und die 1971 in dem Kinofilm „Rocker“ des Regisseurs Klaus Lemke mitgespielt hatte. Acht Jahre später folgte als zweites Charter in Deutschland, entstanden aus dem schwäbischen Motorradclub „Hammers of Hell“ am 4. Dezember 1981 Stuttgart, danach Berlin, North-End (1991) sowie Kiel (1994)

Ein historischer Einschnitt in der Geschichte der deutschen Hells Angels war der 12. November 1999, als der über 30 Jahre alte „Bones MC“ als damals größter Motorradclub in Deutschland mit allen Chartern (Bonn, Boppard, Darmstadt, Frankfurt Hannover, Heilbronn, Kassel, Karlsruhe, Mannheim, Offenbach, Reutlingen, Saarbrücken, Singen, West-End) und der Hälfte der damals 497 Mitglieder bei den deutlich kleineren „Hells Angels“ beitrat.

Ein weiteres Datum, das für Aufsehen sorgte, war der Februar 2010, als das damals verfeindete „Berlin Centro“ Chapter des Bandidos MC Germany zu den Hells Angels überlief, seither in Berlin aber offiziell unter „Hells Angels - Turkey“ firmieren muss.[1]

Strukturen

Bevor man einfaches Mitglied („Member“) wird, ist man zunächst als „Prospect“ für einige Zeit Probe-Anwärter auf den Memberstatus. „Hangaround“ sind diejenigen assoziierten Personen, die Anwärter auf den Prospect-Status sind. Nicht-Mitglieder, die die jeweiligen oder weltweiten Charter unterstützen, werden als „Supporter“ bezeichnet.

Eine wichtige Aufgabe übernehmen in Deutschland auch die sogenannten „Supporter Clubs“.

Die Hells Angels unterhalten mit dem Red Devils MC einen eigenen Motorradclub der ausschließlich Unterstützungsaufgaben für die Hells Angels wahrnimmt. Hannover, das als derzeit größtes Hells Angels Charter weltweit gilt, hat zum Beispiel Red Devils Support Clubs in Lüneburg, Salzwedel, Uelzen, Celle, Wolfsburg, Nienburg, Stadthagen, Minden, Wolfenbüttel, Helmstedt, Paderborn, Hildesheim oder Göttingen.[2] Weitere Motorradclubs sind als Unterstützer in der sogenannten „North Assossiation“ organisiert, an deren Spitze die Hannoveraner Hells Angels stehen und die neben den Red Devils noch 20 weitere regionale Clubs umfasst.[3] Neben den eigentlichen Clubmitgliedern oder Supportern des Clubs kann über dieses Netzwerk eine große Masse an Unterstützern mobilisiert werden, die regelmäßig auf unterschiedliche Weise aktiv sind.

Besonderheiten

Die Charter der deutschen Hells Angels tragen als „Bottom rocker“, also dem unteren Schriftzug auf ihren Kutten, nicht „Germany“ sondern Städte- und Gebietsnamen wie z.B. „Black Forest“, „West Side“, „Frankfurt“ oder „Stuttgart“. Mit dieser Maßnahme wird vermieden, dass sich das über das Hamburger Charter verhängte Clubverbot auf alle deutschen Charter anwenden ließ. Die deutschen Hells Angels holten sich hierfür eigens die Genehmigung aus den USA. In Deutschland sowie international sind die Schriftzüge, die Schriftart und Schriftform rot auf weiß, der geflügelte Totenkopf sowie diverse Umschreibungen und Kürzel wie etwa „Big Red Machine“ und „AFFA“ (Angels Forever Forever Angels) markenrechtlich geschützt.

Presse

Die Hells Angels sorgen immer wieder für Schlagzeilen: Laut Medien- und Polizeiberichten geht es besonders im Rotlichtmilieu um Vormachtstellungen im Türsteher- und Prostitutionsgewerbe. Auch gibt es immer wieder Konkurrenzkämpfe mit anderen Rockerclubs. Als Reaktion auf einige in den Medien berichteten Vorfälle, wurde von den Hells Angels eigens eine Internetplattform installiert, auf welcher Gegendarstellungen des Clubs nachzulesen sind. Auch bemühen sich regelmäßig Reporter um direkten Kontakt und um Interviews mit Mitgliedern der Hells Angels.

Nähe zur Kriminalität

Immer wieder rücken die deutschen Hells Angels durch polizeiliche Ermittlungen und Gerichtsprozesse ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Regelmäßig wiederkehrende Delikte sind Körperverletzung, Waffenbesitz und Drogenhandel. Verurteilt wurden hierbei aber immer nur einzelne Personen und nie der Club als Ganzes. Auch der oft genannte Vorwurf der organisierten Kriminalität ist bis jetzt nicht erwiesen. Es gibt es auch bisweilen Gegendarstellungen der Clubs zu den in der Presse dargelegten Vorwürfen: So werden angeblich Mitglieder, die nachweislich in Drogengeschäfte verwickelt waren, aus dem Hells Angels MC ausgeschlossen. Ehemalige Mitglieder der Hells Angels Deutschland berichten das genaue Gegenteil.[4] Gestützt werden diese Aussagen durch einschlägige Gerichtsurteile gegen führende Mitglieder der Gruppierung.[5]

Mitglieder des Clubs geben an, dass unter den bei Razzien gefundenen Waffen Gegenstände seien, die von fast jedem Motorradfahrer mitgeführt werden. Einen anderen Eindruck vermitteln einige Ereignisse aus der letzten Zeit: Im Juni 2009 wurde der Präsident des Outlaws MC im Donnersbergkreis neben seinem Motorrad nachts auf der Landstraße von Hells Angels erschlagen.[6] In Berlin wurde im August 2009 der frühere Hells Angel Michael B. auf offener Straße ermordet, weil er im Verdacht stand, Kontakte zu den verfeindeten Bandidos zu unterhalten.[7] Im April 2011 wurde der Präsident des inzwischen auflösten Flensburger Charters zu 4 Jahren Haft verurteilt, weil er nachts auf der Autobahn mit dem Auto ein motorradfahrendes Mitglied eines anderen Clubs bei hoher Geschwindigkeit absichtlich gerammt und lebensgefählich verletzt hat.[8]

Nachdem gewalttätige Auseinandersetzungen in der Rockerszene im August 2010 nach dem sogenannten „Friedenvertrag“ zumindest teilsweise ausgeräumt schienen,[9] flammen 2011 erneut Auseinandersetzungen auf, an denen die deutschen Hells Angels maßgeblich beteiligt sind.[10]

Clubverbot

1986 setzten die deutschen Behörden für die Hamburger Hells Angels endgültig das Verbot basierend auf dem Vereinsgesetz durch. Für ein Verbot gemäß § 129 StGb (Bildung einer kriminellen Vereinigung) konnten die nötigen Beweise nicht erbracht werden. Das Verbot des Vereins wurde 1988 durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Trotz des Verbots gibt es heute wieder das Hells-Angels-Charter „Harbour City“.

2001 wurde die Hells Angels Düsseldorf verboten, nachdem die Staatsanwaltschaft den Rockern neben der Bildung einer kriminellen Vereinigung illegalen Besitz von Waffen und Sprengstoff vorwarf, zudem Raub, Nötigung, Bedrohung und Diebstahl.[11] Am 29. April 2010 wurde nach vorausgegangenen gewalttätigen Auseinandersetzungen das Flensburger Charter vom schleswig-holsteinischen Innenminister Schlie verboten.[12] Seit 2010 prüften die Innenminister von Bund und Ländern ein generelles Verbot von Rockerclubs wie den Hells Angels.[13]

Das Hells-Angels-Charter Stuttgart ist nach dem Verbot der Hamburger Gruppe das älteste Charter in Deutschland.

Literatur

  • Michael Ahlsdorf: Alles über Rocker - Die Gesetze, die Geschichte, die Maschinen. Huber Verlag, Mannheim 2004, ISBN 3-927896-11-X.
  • Ulrich Detrois: Höllenritt - Ein deutscher Hells Angel packt aus. Econ, Berlin 2010, ISBN 978-3-430-20106-3.
  • Thomas P.: Der Racheengel - Ich bin der Kronzeuge gegen die deutschen Hells Angels. Riva, München 2010, ISBN 978-3-86883-090-3.

Quellen

Einzelbelege

  1. Berliner Bandidos wollen zu Hells Angels überlaufen. 3. Februar 2010, abgerufen am 11. Mai 2011.
  2. Kartenausschnitt, „Hells Angels Hannover“-Homepage, abgerufen am 11. Mai 2011
  3. North Association. Abgerufen am 11. Mai 2011.
  4. Über Mich - Bad Boy Uli. Abgerufen am 11. Mai 2011.
  5. Hells-Angels-Prozess: Urteil rechtskräftig. 6. Mai 2010, abgerufen am 11. Mai 2011.
  6. Mord im Rockermillieu. Hells Angels hinter Gittern. 5. April 2010, abgerufen am 11. Mai 2011.
  7. Berliner Polizei befürchtet Rocker-Racheakt. 14. August 2009, abgerufen am 11. Mai 2011.
  8. Vier Jahre Haft für Flensburger Ex-Rockerchef. 29. April 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  9. Hells Angels und Bandidos: Handschlag auf den Rockerfrieden. 26. Mai 2010, abgerufen am 11. Mai 2011.
  10. Hells Angels und Bandidos prügeln sich in Duisburg. 8. Mai 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.
  11. Elf Mitgliedern werden zahlreiche Delikte vorgeworfen. „Hells Angels“ vor Gericht. 9. Februar 2001, abgerufen am 11. Mai 2011.
  12. Hells Angels gegen Bandidos: Schwerer Schlag für schwere Jungs. 29. April 2010, abgerufen am 11. Mai 2011.
  13. Hells Angels. Rockerclub droht bei Verbot mit Gang zum Gerichtshof. 30. Januar 2011, abgerufen am 11. Mai 2011.