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Geschichte Afghanistans

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Für die antike und mittelalterliche Geschichte der Gebiete, die heute zum modernen Afghanistan gehören, siehe auch den Hauptartikel: Geschichte Irans.

Von der Antike bis zur Neuzeit

In der Antike gehörte das Gebiet des heutigen Afghanistan zum Perserreich. Besonders hervorzuheben sind die Satrapien Baktrien und Gandhara. Später entstand in Baktrien ein Griechisch-Baktrisches Königreich, das von den Nachkommen der Truppen Alexanders des Großen regiert wurde. Danach wurde das Gebiet geteilt vom Kuschan-Reich im Osten und von den Parthern und Sassaniden im Westen regiert.

Nach dem Fall der Sassaniden und der Invasion der muslimischen Araber dominierten bis zum Mittelalter Lokal-Dynastien, die von der iranischen Kultur und Lebensweise beherrscht und von der Nachbarschaft zu Indien beeinflusst wurden. Der Islam setzte sich in dieser Region verhältnismäßig langsam durch. Erst gegen Ende des 10. Jahrhundert sollen nach einer islamischen Chronik die meisten Einwohner im Raum Ghur (zw. Herat und Kabul) Moslems gewesen sein. Zu dieser Zeit hielt sich aber beispielsweise in Ohind (d.h. Gandhara) noch ein hinduistisches Königreich (977) unter König Jaipal, so daß das angezweifelt wird. Aber der Aufstieg des Islams war nicht aufzuhalten: Man verzeichnete unter den Samaniden, Ghaznawiden und Ghuriden eine politische, wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit in der Region.

Diese blühende Stadtkultur wurde aber durch den Mongolenangriff im 13. Jahrhundert arg in Mitleidenschaft gezogen. In der Folge behaupteten die Kartiden kurzzeitig eine gewisse Eigenständigkeit der Region, bevor Timur Lenk das türkisch-persische Timuriden-Reich gründete, zeitweilig mit Herat als Hauptstadt.

Ab dem 16. Jahrhundert gehörten Herat und Ghur zum Reich der Safawiden, während Kabul dem Moghulreich unterstand. Kandahar gehörte abwechslend Persien und Indien, bis sich im 18. Jahrhundert einige paschtunischen Stämme gegen die Perser und Moghulen erhoben.

Die Paschtunen

Die Geschichte des modernen Afghanistan ist unzertrennlich mit der nationalen Geschichte der Paschtunen verbunden. Unzählige paschtunische Aufstände gegen die jeweiligen Herrscher (persische Safawiden und indische Moghulen) führten schließlich mit dem Aufstand des Stammes Ghilzai (1719) zum Sturz der Safawiden in Persien (1722). Dieser Sieg der Paschtunen hielt aber nicht lange an. Nur sieben Jahre später wurden sie von Nadir Schah besiegt und zurück nach Kandahar verdrängt. Durch die folgenden Eroberungen Nadir Schahs (1736-1747) erlangte das persische Reich vorübergehend wieder die Gewalt über die Region, die heute Afghanistan heißt. Nach dessen Ermordung übernahm der Stamm der Durranis, die mit Nadir Schah gegen die Ghilzai verbündet waren und unter seinem Befehl kämpften, selbständig die Macht. Ihr Führer, der Paschtune Ahmad Schah Durrani begründete im Jahr 1747 ein selbstständiges Königreich im Osten Persiens, im Gebiet Khorasan Wa Mawar al-Nahr. Damit gilt er allgemein als der Begründer Afghanistans. Sein Königreich diente als Vorgänger und Wegbereiter des modernen Staates Afghanistan. Abgesehen von zwei kleinen Ausnahmen haben die Paschtunen das Land seit seiner Gründung durchgehend beherrscht.

siehe auch: Geschichte der Paschtunen, Dynastie des Durrani-Stammes, Nadir Schah Afschar

19. und frühes 20. Jahrhundert

Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der englische Begriff Afghanland (wörtl. Land der Paschtunen, bezogen auf die paschtunischen Könige des Landes), der im Anglo-Persischen Friedensvertrag 1801 zum ersten mal erwähnt wurde, als Afghanistan ins Persische übersetzt, löste in den folgenden Jahrzehnten den alten Namen Khorasan ab und wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum offiziellen Namen des Königreiches.

Wegen inneren Stammesstreitigkeiten kam es im frühen 19. Jahrhundert zu Teilungen des Landes und bedeutenden Einmischungen von außen, vor allem durch die Engländer und Russen.

Im 19. Jahrhundert führte der Konflikt zwischen den Kolonialmächten Russland und Großbritannien (The Great Game) zum Eingreifen der Briten in einen Thronfolgerkrieg in Afghanistan, dem so genannten ersten Afghanisch-Britischen Krieg von 1838-1842. Der Britische Versuch scheiterte, Afghanistan zu besetzten und Indien anzugliedern.

Der zweite Afghanisch-Britische Krieg 1878-1881 veränderte den Status Quo nicht.

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Zentralasien am Ende des 19. Jahrhunderts

Im Jahre 1898 erhält Afghanistan den Südteil des Khanates Buchara (Süd-Turkestan) zugesprochen und erhält so seine bis dato gültige Nordgrenze.

Der mit dem Frieden von Rawalpindi 1919 beendete dritte Afghanisch-Britische Krieg führte zum Vertrag von Kabul (1921) mit der Anerkennung der vollen Unabhängigkeit Afghanistans durch Großbritannien und Russland. Seit 1925 bestand ein konstitutionelles Königreich.

Zeit des Kalten Kriegs (nach 1945)

Die ersten freien Wahlen fanden im September 1965 statt. Erstmals wird ein Ministerium, nämlich das Gesundheitsministerium, einer Frau (der Abgeordneten K. Noorzai) übertragen. Ab dem 17. Juli 1973 existierte eine Republik. Während der Zeit des Kalten Krieges wurde Afghanistan Opfer eines "Stellvertreterkrieges". Seit dem Staatsstreich 1973 (der König weilte außer Landes), rangen die traditionellen Stämme und Kommunisten um die Macht. Die Sowjetunion reagierte auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges und ließ am 25. Dezember 1979 in Afghanistan Truppen einmarschieren, um den von ihnen abhängigen Babrak Karmal als Präsident der Republik einzusetzen. Trotz waffentechnischer Überlegenheit und einer Stärke von etwa 100.000 Sowjet-Soldaten, gelang es der Sowjetunion nicht, das Land unter Kontrolle zu bringen. Die letzten sowjetischen Truppen verließen am 14. Februar 1989 das Land. Die afghanischen Widerstandskämpfer (Mujaheddin) gewannen letztendlich den Konflikt mit Hilfe der gleichen Guerilla-Taktik (Vermeidung offener Feldschlachten) wie in den afghanisch-britischen Kriegen; außerdem konnten sie auf die Unterstützung aus Pakistan, Saudi Arabien und den USA bauen. Speziell in orthodoxen islamischen Ländern wie Saudi Arabien wurden Söldner angeworben, die sich nach Kriegsende im zersplitterten Land festsetzten und schließlich das Talibansystem 1996 errichteten.

siehe auch: Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Invasion

Nach dem 11. September 2001

Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 begannen die USA am 7. Oktober mit der Operation Enduring Freedom, das seit 1996 in Afghanistan herrschende Talibansystem zu stürzen und die dort nach US-Angaben operierende Terrororganisation Al-Qaida mit ihrem Anführer Osama Bin Laden durch massive Angriffe aus der Luft zu zerschlagen.

Während unter den NATO-Staaten Einigkeit darüber herrschte, dass der Militärschlag gerechtfertigt sei, kam es in islamischen Ländern, zum Beispiel im Nachbarland Pakistan, zu Demonstrationen gegen den Krieg.

Am 13. November 2001 fiel die Hauptstadt Kabul. Wenige Wochen nach den ersten Angriffen gelang es der Nordallianz, die bis dahin etwa 10 % des Landes kontrollierte, nahezu das gesamte Land einzunehmen.

Nach der ersten internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn wurde Hamid Karsai 2002 als Übergangspräsident eingesetzt und eine internationale Schutztruppe ISAF unter Führung Großbritanniens, später der Türkei, Deutschlands und der Niederlande, aktuell der NATO unter Führung Kanadas aufgestellt.

Am 21. März 2004 wurde der afghanische Luftfahrtminister Mirwais Sadeq bei einem Attentat getötet. Sadeq ist der dritte afghanische Minister, der seit dem Sturz des radikalislamischen Taliban-Regimes Ende 2001 einem Attentat zum Opfer fiel. Bei anschließenden Gefechten zwischen Milizen des Gouverneurs Khans und Soldaten der afghanischen Armee wurden nach Angaben eines örtlichen Regierungsvertreters rund 100 Menschen getötet.

Am 31. März 2004 begann die dritte Afghanistan-Konferenz in Berlin. Ziel dieser Konfernz war die Konsolidierung und Fortsetzung finnazieller Unterstützung des Landes und die Bekämpfung des Drogenanbaus.

US-Soldaten des 141. Infanterieregiments in der Nähe von Bagram (Afghanistan) im Juni 2005

Ein Bericht der "New York Times" über Folter-Vorwürfe in Afghanistan veranlasste inzwischen auch das Oberkommando der in Afghanistan stationierten US-Truppen Untersuchungen zur Misshandlung von Gefangenen einzuleiten. Nach Angaben des Afghanistan-Sprechers der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" gab es erste Hinweise schon vor einem Jahr. Diese wurden umgehend an das US-Oberkommando weitergeleitet. Allerdings gab es keine Reaktion von seiten der US-Militärs.

Am 28. Juni 2004 beschloss die NATO die Truppenstärke in Afghanistan von 6.500 Soldaten der ISAF auf insgesamt 10.000 Soldaten zu erhöhen. Durch die Einrichtung zusätzlicher Regionaler Wiederaufbauteams (PRT) im Norden und Westen des Landes wird damit der Einsatz über Kabul hinaus ausgedehnt. Großbritannien, Norwegen, Finnland und Schweden beteiligen, sich an dem Programm.