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Anton Graff

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Anton Graff, Selbstbildnis 1805/06

Anton Graff (* 18. November 1736 in Winterthur; † 22. Juni 1813 in Dresden) war ein Schweizer Maler und der bedeutendste Porträtmaler des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Graff hinterliess der Nachwelt ein herausragendes Panoptikum der Persönlichkeiten seiner Zeit.

Leben

Anton Graff wurde als siebtes Kind des Zinngiessers Hans Ulrich Graff und Barbara Graff geb. Koller (aus Zürich) in Winterthur in der Schweiz im Haus Untertorgasse 8 geboren (das Haus steht nicht mehr).[1] Wäre es nach seinem Vater gegangen, so hätte Anton Graff auch den Beruf des Zinngiessers erlernen sollen. Doch Dank der Fürsprache eines befreundeten Pfarrers, durfte Graff von 1753 bis 1756 die Zeichenschule von Johann Ulrich Schellenberg[1] in Winterthur besuchen, was auch seinem Wunsch entsprach. Nach seiner Ausbildung, wechselte er 1756 zum Radierer Johann Jacob Haid nach Augsburg. In Augsburg wurde Graff sein Talent und seine Beliebtheit als Porträtmaler zum Verhängnis. Die Mitglieder der Malerzunft duldeten seine Konkurrenz nicht.[2] So war Graff gezwungen von 1757 bis 1759 zum Hofmaler Leonhard Schneider[1] in Ansbach auszuweichen. Während seines Aufenthaltes in Ansbach kopierte Graff viele Werke in den Sammlungen von Ansbach und Bayreuth.[2] Dies diente ihm zum Studium und kam auch der Perfektionierung seiner Maltechnik zugute. In Ansbach kam Graff auch erstmals mit den Werken von Antoine Pesne, Hyacinthe Rigaud, Johann Kupetzky und George Desmarées in Kontakt.[2] Oft reiste er auch nach München. Sein besonderes Interesse galt den Sammlungen in der Schlossanlage Schleißheim.[2] Durch Vermittlung von Salomon Gessner, dem Schwager von Johann Heinrich Heidegger aus Zürich, trat Graff 1766 an der von Christian Ludwig von Hagedorn neugegründeten Kunstakademie Dresden die Stelle als Porträtmaler und kurfürstlich-sächsischer Hofmaler an.[2] Diese Anstellung behielt er Zeit seines Lebens inne. Selbst finanziell bessere Angebote, unter anderem aus Berlin, lehnte er ab.

Graff schuf über 1'000 Porträts. Er porträtierte die Grossen seiner Zeit. Dazu gehören Gotthold Ephraim Lessing, Moses Mendelssohn, Johann Gottfried Herder, Friedrich Schiller, Christian Felix Weiße, Christoph Willibald Gluck, Heinrich von Kleist, Daniel Chodowiecki und Friedrich Gedike. Mit vielen der von ihm porträtierten Künstlern und Gelehrten war er auch befreundet. Auch mit Johann Wolfgang von Goethe, den er 1768 in Dresden kennenlernte,[1] stand er in Kontakt. Graff war der bevorzugte Porträtist der deutschen, russischen, polnischen und baltischen Aristokratie. Seine berühmtesten Auftraggeber aus diesen Kreisen waren Katharina die Grosse von Russland und Friedrich der Grosse von Preussen. Sein Porträt von Friedrich dem Großen, wird als sein Hauptwerk angesehen. Das Gemälde ist in Schloss Charlottenburg ausgestellt.[3]

Graffs Kunst erfreute sich in breiten Schichten grosser Beliebtheit. Er erhielt viele Aufträge aus den Kreisen des Landadels, der Diplomatie, der Wissenschaft und des Bürgertums. Bei seinen Porträts fokussierte sich Graff stets auf den Kopf, mit Präferenz auf die linke Gesichtshälfte.[4] Handelte es sich bei seinem Modell um eine Dame, so schenkte er auch deren Dekolleté die gebührende Aufmerksamkeit. Graff war ein Meister im Spiel mit Licht und Schatten. Das Gesicht – und bei den Damen auch das Dekolleté – stehen stets im Rampenlicht. Das Ergebnis ist eine im Mittelpunkt stehende prägnante Nase, welche als harmonische Verbindung zwischen dem Gesicht und dem restlichen Körper fungiert.[4] Bei den Damen achtete Graff etwas mehr auf Details was Gesicht, Hände und Haare betraf.[4] Auch wirken die Gesichter der Damen natürlicher und strahlen eine gewisse Ruhe und Güte aus. Dies entsprach auch dem Zeitgeist. Verglichen mit der Ausstrahlung von Ruhe und Güte der Damen, wirken die Herren in seinen Porträts meist ernsthaft und distanziert.[4] Graff verstand es, Kleidungsstücke verschiedenster Materialien sowie Faltenwürfe farbiger Stoffe und Schleifen mit einem hohen Wirklichkeitsgrad wieder zu geben.[4] 1765/66 porträtierte er Elisabeth Sulzer sitzend in einem blauen Seidenmanteau, besetzt mit silbernen Tressen und einem Kragen und Bordüren aus graubraunem Pelz.[5]

Elisabeth Sulzer (1765/66)

Den Hintergrund seiner Porträts hielt Graff meist monochrom.[6] Oft in dunklen Farben. Erst bei seinen späteren Werken begann er dem Hintergrund mehr Beachtung zu schenken und dem Zeitgeist anzupassen. Meist wählte er als Hintergrund eine Landschaftszene, wie es die Mode in England war.[6] Dies war insbesondere er Fall, wenn der zu Porträtierende ein Aristokrat war.[6] Der Preis für ein Porträt von Graff hing vom Bildausschnitt und der Stofflichkeit der Kleidung ab.[6] Graff war ein gefragter Porträtist.

1769 lernte Graff Philipp Erasmus Reich kennen. Reich war ein bekannter Buchhändler und Verleger aus Leipzig. Graff und er wurden gute Freunde. Reich engagierte Graff um Porträts seiner gelehrten Freunde anzufertigen. 1771 reiste Graff nach Berlin und porträtierte unter anderem Moses Mendelssohn, Gotthold Ephraim Lessing und Johann Georg Sulzer,[7] seinen künftigen Schwiegervater. In seiner späteren Schaffensphase wandte sich Graff auch der Landschaftsmalerei zu.[7]In seinen Landschaftsbildern sind bereits Anzeichen des später aufkommenden Impressionismus sichtbar. Philipp Otto Runge und Caspar David Friedrich liessen sich von seiner Landschaftsmalerei beeinflussen.

Graff war ein geselliger Typ. Er pflegte Freundschaften mit vielen seiner von ihm porträtierten Persönlichkeiten, Geschäftspartnern und Kollegen. Darunter der polnische Kupferstecher Daniel Chodowiecki, die Schweizer Maler Salomon Gessner und Adrian Zingg[7] und den sächsischen Kupferstecher Johann Friedrich Bause. Bause reproduzierte viele der Porträts von Graff als Radierungen.[2] Diese machten sowohl den Namen wie auch das künstlerische Werk von Graff einer breiten Bevölkerungsschicht bekannt.[2]

Graff reiste oft nach Leipzig und Berlin. Sein Schwiegervater, Johann Georg Sulzer, machte ihn mit Persönlichkeiten des preussischen Hofs bekannt. Graff erfreute sich innert kürzester Zeit grosser Beliebtheit bei Hofe und gewann viele Kunden. Er hatte nie vergessen, mit wie viel Wohlwollen er in der preussischen Gesellschaft aufgenommen wurde. Seine 1778 verfasste Autobiographie beendete er mit dem Satz: “Berlin verdanke ich viel”.[8]

Am 16. Oktober 1771 heiratete Graff die Tochter von Johann Georg Sulzer, Elisabeth Sophie Augusta.[9] Graff und seine Ehefrau Elisabeth hatten 4 Kinder. Seine erste Tochter, Johanna Catharina Henrietta, starb bald nach der Geburt. Sein zweiter Sohn Georg starb 1801. 1803 wurde Graff wegen eines grauen Stars operiert.[10] Seine Ehefrau Elisabeth starb 1812. Anton Graff selbst starb am 22. Juni 1813 abends gegen 8 Uhr nach 12-tägiger Krankheit am Nervenfieber, 76 Jahr, 7 Monathe alt, wie es in der in der Leipziger Zeitung veröffentlichten Anzeige hiess mit der Caroline Susanne und Carl Anton das Ableben ihres Vaters bekannt gaben.[10] Graff hinterliess seinen beiden überlebenden Kindern Caroline Susanne (sie heiratete den Maler Karl Ludwig Kaaz, einen Schüler von Graff) und Carl Anton (er wurde Landschaftsmaler) ein Vermögen von 40'000 Talern.[10] Graff wurde auf dem ersten Johannisfriedhof in Dresden beigesetzt. Sein Grab ist nicht erhalten.

Graff war ein produktiver Künstler. Gegen 2'000 seiner Gemälde und Zeichnungen sind erhalten. Seine Gemälde, vor allem die Porträts berühmter Persönlichkeiten, sind beliebt und gesucht. Viele sind in Museen und Privatsammlungen in der Schweiz (Kunstmuseum Winterthur), Deutschland (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), Russland (Eremitage) und Polen (Nationalmuseum Warschau). Die Anzahl der Herrenporträts überwiegt jene der Damenporträts.[4]

Zu Ehren ihres berühmten Bürgers, hat die "Berufsbildungsschule Winterthur" (BBW) ihr Gebäude nach Graff benannt. Das "Anton-Graff-Haus".

Zu Graffs Schülern gehörten Emma Körner, Philipp Otto Runge und Karl Ludwig Kaaz.

Einzelnachweise

  1. a b c d Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 34.
  2. a b c d e f g Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998. Seite 01.
  3. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 119.
  4. a b c d e f Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998. Seite 04.
  5. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 348.
  6. a b c d Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998. Seite 03.
  7. a b c Alexander Jegge: Anton Graff. Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft, 1998. Seite 02.
  8. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 10.
  9. Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 35.
  10. a b c Ekhart Berckenhagen: Anton Graff – Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967. Seite 38.

Literatur

  • Carl Clauß: Graff, Anton. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 565 f.
  • Johann Caspar Füssli: Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler in der Schweitz. Nebst ihren Bildnissen. Orell, Gessner, Füessli. Zürich, 1769 - 1779 (5 Bde)
  • Otto Waser: Anton Graff 1736 - 1813. Huber, Frauenfeld u. Leipzig, 1926
  • Ekhart Berckenhagen: Anton Graff - Leben und Werk. Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, Berlin, 1967 (Catalogue raisonné)
  • Ernest Giddey, Fribourg (Ed.): Préromantisme en Suisse? Editions Universitaires, 1982 (Colloques de la Société Suisse des Sciences Humaines)
  • Martin Bircher u. Gisold Lammel, Zürich (Hrsg.): Helvetien in Deutschland. Schweizer Kunst aus Residenzen deutscher Klassik 1770 - 1830. Zürich, Städtische Galerie zum Strauhof, 1990-91; Schwäbisch Hall, Hällisch-Fränkisches Museum, 1991
  • Roland Kanz: Dichter und Denker im Porträt. Spurengänge zur deutschen Porträtkultur des 18. Jahrhunderts. Deutscher Kunstverlag, München, 1993
  • Alexander Jegge: Anton Graff und die Gelehrtenportraits des sächsischen Buchhändlers Philipp Erasmus Reich. Dissertation Universität Basel, 1996
  • Jane Turner (Editor): The Dictionary of Art (34 volumes). Macmillan (London); Grove (New York), 1996