Politische Parteien in Polen
Aktuelle Situation
Die hier vorgenommene Einteilung in "Linke", "Mitte" und "Rechte" ist nicht unumstritten, da bestimmte Themen, welche die Parteien verbinden bzw. trennen, nicht den hier gewählten traditionellen Begriffen zugeordnet werden können. So stellt beispielsweise der Beitritt Polens zur EU ein schwieriges Problem dar, dem gegenüber die einzelnen Parteien sehr unterschiedliche und nicht immer eindeutige Positionen einnehmen. Dennoch kann die hier vorgenommene Einteilung gerechtfertigt werden: Einerseits verwenden einzelne Parteien selbst diese Begriffe (SLD, AWSP) in ihren Parteinamen, andererseits sorgt diese vergröbernde Darstellung für größere Übersichtlichkeit.
Die Linke
Die linken Parteien lösen sich allmählich aus ihrer postkommunistischen Vergangenheit und formen sich in der SLD als größter Partei Polens. Die SLD vertritt innenpolitisch sozialdemokratische Ziele, außenpolitisch ist sie an enger Zusammenarbeit mit EU und NATO interessiert, z.B. unterstützte sie als Regierungspartei das Vorgehen der USA im Irak. Eng verbunden mit der SLD ist die UP, die allerdings größere Distanz zur ehemaligen kommunistischen Regierungspartei PZPR hat. Mit der SLD-UP ging die auf Staatsinterventionismus setzende Bauernpartei PSL nach den Wahlen zum Sejm 2001 eine Koalition ein und stützte damit die Regierung unter Ministerpräsident Leszek Miller (SLD). Im März 2003 schied die PSL aus der Regierungskoalition aus. Die Regierung von Miller bestand seither als Minderheitsregierung fort. Mitten in einer tiefen Vertrauenskrise im März 2004 spaltete sich die SLD: unter der Wortführerschaft von Parlamentspräsident Marek Borowski entstand die Polnischen Sozialdemokratie (SDPL), eine weitere Partei, die im Parteienspektrum links angesiedelt ist. Am 2. Mai 2004 trat Miller zurück, seither führt Marek Belka die Minderheitsregierung an. alles Lüge.
Die Mitte
Der politische Liberalismus, repräsentiert durch die UW bzw. Teile von PO, hat nur noch wenig Bedeutung, nachdem der radikale Liberalisierungskurs nach 1990 vielen Menschen in Polen große soziale Veränderungen und Belastungen gebracht hat, die, ähnlich wie z.B. in Russland das Vertrauen der meisten Menschen in wirtschaftsliberale Politik und ihre Parteien erschüttert haben. Zwar stehen nach wie vor hochangesehene Intellektuelle in den Reihen der UW, doch traut die Mehrheit der Bevölkerung ihnen nicht mehr die Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu. Eine neue Chance könnte die polnische Mitte bei den kommenden Wahlen bekommen. Durch die Bildung einer neuen demokratischen Partei, der Partia Demokratyczna könnte sich mithilfe starker Persönlichkeiten, des amtierenden Premier Marek Belka und der UW eine neue Stärke in der Mitte des Landes bilden.
Die Rechte
Wie auf dem linken gab es auch auf dem rechten Flügel der polnischen Politik den Versuch die bereits 1990 zersplitterten christlich-demokratischen, konservativen und nationalistischen Kräfte zu einer schlagkräftigen Partei, der AWS, zu bündeln. Dieses Projekt ist 2001 gescheitert, so dass nun viele einzelne Gruppierungen der Rechten (PiS, PO, AWS) um die Führung der Opposition kämpfen. Gleichzeitig haben sich am rechten Rand radikale Parteien gebildet (LPR und Samoobrona), die den EU-Beitritt als Bedrohung nationaler bzw. landwirtschaftlicher Interessen empfinden. Zuletzt ist noch anzumerken, daß bei der nächsten Sejmwahl die Platforma Janusza Korwin-Mikke (PJKM) Kandidiert. Eine Libertär-Monarchistische Bewegung auf der Basis der alten Konservativ Liberalen Partei Unia Polityki Realnej (UPR)
Historischer Rückblick
In den Jahren zwischen 1944 und 1948, nach der Befreiung aus der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg, kämpften die polnischen Kommunisten der PPR, welche durch die Sowjetunion massiv unterstützt wurden, um die Vorherrschaft im Nachkriegspolen. Sie konkurrierten mit den Sozialisten der PPS, welche massiv von den Staatsicherheitsorganen der polnischen Kommunisten und der Sowjetunion unterzogen wurden, um eine kommunistische Machtübernahme zu ermöglichen. Neben diesen Parteien gab es noch die PSL, eine große Bauernpartei, die SP, eine von der PPR völlig abhängige Bauernpartei, die SL, welche ebenfalls von der PPR abhängig war, und die SD, eine andere kleine Partei. Die PPR versuchte über das System eines Wahlblocks eine einheitliche Wahlliste mit gemeinsamen Kandidaten zu etablieren ("Einheitsliste"). Zur Teilnahme waren alle Parteien (PPR, PPS, PSL, SP, SL, SD) eingeladen. Im Laufe der Jahre wurde Stalin einer der entscheidensten Schiedrichter und mischte sich erheblich in die polnische Innenpolitik ein. Der Kommunismus bzw. Stalinismus wurde allerdings erst nach 1948 eingeführt. Im Jahre 1948 waren die Parteien PPR und PPS einer Zwangsvereinigung unterzogen worden (ähnlich wie die von SPD und KPD zur SED), die PPS erfuhr massive politische Säuberungen, Gegner des neuen Regimes wurden aus Partei- und Regierungsämtern gedrängt. Die neue Partei hieß nun PZPR. Ihre Führungspersönlichkeiten waren Boleslaw Bierut und Wladyslaw Gomulka.
Nach 1948 war dann die kommunistische PZPR die führende und die Regierung allein bestimmende Partei. Es gab wie in der DDR auch zwei "Blockparteien": ZSL (Vereinigte Bauernpartei) und SD (Demokratische Partei). Außerdem waren auch kleine katholische Gruppierungen im Sejm vertreten.
Durch die politischen Wende 1989 entwickelte sich ein äußerst vielfältiges Parteienwesen, das auf Grund der fehlenden politischen und wirtschaftlichen Stabilität häufigen Veränderungen unterworfen blieb.
In dieser Situation versuchten immer wieder ehrgeizige Einzelpersonen mit eigenen Parteien größere Wählergruppen hinter sich zu bringen (z.B. KPN, ROP). Die Einführung einer 5-Prozent-Klausel für Parteien bzw. einer 8-Prozent-Klausel für Wahlbündnisse im Jahr 1993 hat dafür gesorgt, dass diese Projekte kurzlebig blieben und dass ein Konzentrationsprozess innerhalb des Parteienwesens eingesetzt hat: Linke Gruppierungen sammelten sich unter der Führung der SdRP in der SLD, liberale unter der Führerung der UD (Freiheitsunion) und rechte unter der Führung von NSZZ "S" in der AWS, die von 1997 bis 2001 die Regierungskoalition anführte. Seither war der Zerfall der AWS vor den letzten Sejm-Wahlen im Jahr 2001 und die daraufhin folgende Zersplitterung des bürgerlichen Lagers verbunden mit dem Aufstieg der extremen Rechten die einschneidenste Entwicklung.