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Demoszene

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Die Demoszene ist eine Computer-Subkultur, die in der Blütezeit der 16-Bit-Heimcomputer (Atari und Amiga) bekannt wurde, sie tauchte jedoch erstmals während der 8-bit-Ära auf Computern wie C64 und ZX Spektrum auf.

Historisches

Demos sind von Computergrafikern, Programmierern und Computermusikern erstellte Programme, die ihre grafischen und sound-technischen Fähigkeiten demonstrieren. Sie sind seit jeher in der Computerszene verwurzelt, da ihre Programme einen hohen Unterhaltungswert haben und sich grosser Beliebtheit erfreuen. Mehrere Computerkünstler finden sich oft in Gruppen zusammen, um gemeinsam ein Werk zu schaffen (die Demo) und bildeten damit eine Democrew oder Demogroup (kurz Crew oder Group). Die Zusammenarbeit in einer solchen Crew ist wichtig, da Computerkünstler aus den Bereichen Programmierung, Grafik und Musik ihre Leistungen kombinieren können und sich gegenseitig beeinflussen. Ein Demo wird erstellt indem programmiert (coden), Grafiken gemalt (pixeln) und Musik komponiert (getrackert) wird.

Da ein kreativer Umgang mit dem Computer Grundvoraussetzung für das Erstellen eines Demos ist, gab es oft Überschneidungen mit anderen kreativen Computeranwendern, zb. solchen die Software crackten, den sog. Crackern. So wurden von einigen Crews auch Intros oder Cracktros geschrieben, die die Cracker und eventuell vorhandene Trainer präsentierten.

Hauptanliegen der Demos war es, die Fähigkeiten des Programmierers / Grafikers auf dem verwendeten Rechner zu zeigen und auszureizen. Jeder Programmierer / Grafiker hatte auf einem bestimmten Computermodell die gleichen Voraussetzungen (gleiche Auflösungen, gleiche Chips etc.), so dass die einzige Unterscheidung in den Fähigkeiten des jeweiligen Künstlers lag. So konnten sie sich an ihrem Werk messen und kritisieren lassen.

Der Standarduser zog dann in den so genannten "Plattformkriegen" zwischen Amiga, Atari und dem IBM-PC Demos oft als Beweis heran, das "sein" Rechner eben besser war. Die Leserbriefecken der Computerspielzeitschriften (zb. ASM) zeugen davon.

Heute liegt das Hauptaugenmerk eher auf der Anwendung schon vorhandener Grafikbibliotheken wie der DirectX- oder OpenGL-Schnittstelle, als auf der reinen Programmierung und Computergrafik – dies hat die eigentlich kreative Tätigkeit stark reduziert und macht Demos zu handwerklicher digitaler Kunst die eine Vielzahl von hochspezialisierter Fremdsoftware im Erstellungprozess miteinbezieht. Ein Teil der Demoprogrammierer hat sich, wie damals auf eine bestimmte Plattform, auf einen bestimmten Grafikchiphersteller spezialisiert (Nvidia, ATI). In diesen spezifischen Demos werden die neuesten Subroutinen und Shader der Hardware präsentiert. Die große Masse an Leuten, die sich heutzutage noch als Teil einer Demoszene betrachten, arbeiten auf der IBM-PC Plattform.

Nach wie vor gibt es aber noch eine Reihe von kreativen Computeranwendern, die den alten Fame, auf dem sich ein Großteil der User ausruht, weiterleben lassen. Sie Arbeiten auf PDAs, Satellitenrecievern, Spielekonsolen und anderen Geräten oder aber erstellen Demos auf für die Szene neuen Plattformen, zeigen also, das eine künstlerische "Arbeit am Rechner" trotz Kommerzialisierung der Szene seit Mitte der 90er Jahren noch möglich ist. Auch hat sich die Alterstruktur der Szene gewandelt, viele alte Szener sind nach Familiengründung ausgestiegen, einige aber geblieben, so dass es nicht mehr nur überwiegend junge Leute gibt, sondern durchaus auch Szener über 30.

Handles: Künstlernamen und Etikette

Ebenfalls aus der Zeit der Demo- & Crackerszene stammen die Handles (vgl. Nicknames), die Namen der Szener. Waren sie früher echte Decknamen (und sind es für Cracker heute immer noch) so spielen sie in der Demoszene die Rolle eines Künstlernamens. So reden sich die meisten Szener gegenseitig mit ihren Handles an und in den Credits (das sind die Listen in Demos oder Infotexten, die zeigen, wer was gemacht hat) werden sie stets verwendet. Nicht selten sind die echten Namen der Szener (auch bei gut Befreundeten) eher unbekannt was aber mit Sicherheit kein Anzeichen für mangelhaften sozialen Kontakt in der Szene darstellt, sondern einfach für das Szenedasein oder eine Freundschaft kein Hindernis darstellt.

Übliche Arten sich zu identifizieren ist das Handle und die Gruppe getrennt von einem Schrägstrich oder einem Dach, also z. B. CoolCoder/AnyGroup oder CoolCoder^AnyGroup.

Ursprünglich liegt die Verwendung von Handles aber im Underground begründet. So konnte es passieren, das ein Mitglied einer Crackercrew aufflog (gebusted wurde) was oftmals Strafverfolgung nach sich zog. Die Handles boten Schutz vor einer Ausweitung der staatlichen Repression gegen den Computeruntergrund.

Konzept

PC Demo: Interceptor by Black Maiden

Demoautoren bemühten sich sehr, das letzte Quäntchen Leistung aus ihrer Entwicklungsumgebung herauszuholen. Während Spiele- und Anwendungsentwickler vor allem die Funktion und Stabilität ihrer Software im Auge hatten, war der Demoautor typischerweise daran interessiert, wieviele Speicher- und Rechenleistung ihr Programm verbrauchte und daran, wie man maximale Effekte und Animationen bei minimaler Programmgröße auf den Bildschirm bringen konnte.

Da Computer heute sehr viel schneller sind und meist rechnerseitig 3D-Beschleunigungskarten eingebaut haben, zielen Demos heute weniger auf das Ausreizen der Prozessorleistung als auf das Erstellen möglichst gut designter, künstlerisch anspruchsvoller Echtzeit-Animationen, eine Tatsache, die von "alten Hasen" der Szene missbilligt zu werden scheint.

Dennoch lebt die alte Tradition weiter – alte Computer und mobile Endgeräte wie PDAs, MDAs und Mobiltelefone mit ihren begrenzten Möglichkeiten sind eine echte Herausforderung für jeden talentierten Programmierer, Musiker oder Grafiker.

Partys

Evoke 2002: Einige Besucher schauen Demos in 3D

Demopartys sind ein wichtiger Teil der Demoszene. Sie stellen sowohl die soziale Schnittstelle zwischen den Szenern als auch Wettbewerbe dar.

Demopartys sind rein äusserlich nicht von LAN-Partys zu unterscheiden. Es sind mit Computern und Menschen gefüllte Hallen in mehr oder minder chaotischem Zustand. Demopartys dauern zwischen drei und vier Tagen, im Normalfall ein Wochenende. Demopartys haben einen anarchistischeren Charakter als z. B. LAN-Partys. Das Einbringen kreativer Aktionen und Ideen ist ausdrücklich erwünscht und der Computer steht nicht zwangsläufig im Mittelpunkt. Viele Besucher reisen ganz ohne Rechner an um Freunde zu treffen und die Party zu genießen. Generell sind Demopartys zu einem großen Teil einfach auch "normale" Partys.

Besonders wichtig bei jeder Party sind Wettbewerbe in verschiedensten Kategorien, die so genannten Competitions oder Compos. Hier messen sich sowohl Gruppen (z.B. mit Demos, Intros oder Animationen) als auch Einzelkünstler (Musiker, Grafiker). Abgestimmt wird von den anwesenden Besuchern. Es ist durchaus üblich, Beiträge zu den Compos noch auf der Party fertigzustellen. Das Party Coding bis zur Deadline (der zeitlich festgelegte Abgabetermin) wird trotz enormem Stress als besondere Erfahrung angesehen die in gewisser Weise einfach dazugehört. Viele Programmierer betrachten es sarkastischerweise als enorm seltsam, wenn schon Tage oder gar Wochen vor einer Party eine Produktion fertiggestellt ist. Teilweise skurrile Geschichten von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Party-Coding-Aktionen finden sich zuhauf und rangieren von Rechnerabstürzen bis Festplattenversagen kurz vor der Fertigstellung.

Demopartys gibt es in allen Größen und fast überall in Europa. Nur selten finden sie sich in Amerika oder anderen Kontinenten. Sehr große Partys werden von vielen Szenern kritisch als potenzielle Kommerz-Events oder LAN-Partys beäugt. Organisatoren, die sehr große Partys veranstalten und immer mehr szenefremde Besucher anlocken, verlieren in der Regel schnell den Respekt der Szene. Besonders die Gamer (oft abwertend als Lamer bezeichnet) stellen eine Art Feindbild in der Szene dar: Sie interessieren sich nicht für die Kreationen, beschweren sich über den Lärmpegel auf Partys und verfolgen ein (den Szenern nach) unkreatives Hobby: das Spielen. In den Augen der Demoszener sind es einfach Computerkids was recht verallgemeinernd ist, da auch einige Demoszener noch in diesem Alter sind. Ob die Vorwürfe an die Szenefremden immer berechtigt sind ist eine heiß diskutierte Frage und es gibt auch liberaler eingestellte Szener, die in ihnen wichtigen Nachwuchs sehen. Dennoch ist sich der Großteil darin einig, dass Gamer und Demoszener nicht "kompatibel" sind.

Gruppierungen

PC 64k: Pocket Safari by Black Maiden

Die Gruppierungen, die Demo Groups, machen im Prinzip die Szene aus. Es gibt aber im Bereich Musik und Grafik auch Einzelkünstler, die keiner speziellen Gruppe angehören. Meist bestehen die Demogruppen aus Programmierern (Coder), Musikern und Grafikern. Die Programmierer erstellen die Demos und Effekte, Musiker hinterlegen sie mit Musik und die Grafiker erstellen Bilder und Texturen. Heute gibt es auch oft Modeler (sie erstellen 3D-Modelle und Szenerien) und Designer (sie kümmern sich um das wichtige Gesamtdesign einer Demo). Die meisten Gruppen bestehen aus zumindest drei Personen, meistens sind es aber mehr. 5-7 ist eine normale Stärke, es gibt aber auch große Gruppen mit bis zu 30 Mitgliedern. Diese arbeiten dann aber nicht mehr alle zusammen an einem Projekt. Durch das Gruppenauftreten ist Teamwork und Freundschaft ein wichtiger Aspekt der Szene. Oftmals kommen die Mitglieder einer Gruppe aus unterschiedlichen Ländern. Durchaus üblich ist ein Kern aus länger befreundeten Szenern die dann auch nahe beieinander wohnen und sich z. B. aus der Schule kennen. Wie auf dem Arbeitsmarkt gibt es auch in der Demoszene Anzeigen. Auf Szeneseiten werden z. B. Grafiker für ein Projekt oder eine Gruppe gesucht oder es bietet sich jemand als Mitglied an. Mehrfachmitgliedschaften in diversen Gruppen sind nicht unüblich.

Überschneidungen mit anderen Szenen

Überschneidungen mit anderen Szenen sind nicht auffällig stark ausgeprägt. Kontakte zur "normalen" Hacker-Szene sind häufig, während der Kontakt zur Cracker-Szene, aus der die Demoszene ursprünglich hervorging, nur noch sehr lose ist.

Überschneidungen lassen sich auch in Bereichen der Musik ausmachen. Viele Demoszener interessieren sich für elektronische Musik (Chiptunes) und aus der Demoszene heraus entwickelten sich die Netlabels.

Direkte Überschneidungen neben der Musik finden sich durch Künstler aus den ASCII-Art- und ANSI-Art-Szenen. Auch wenn diese Szenen an sich eigenständig sind finden sich doch viele Beteiligte auch in der Demoszene wieder. Einige Demoparties (meistens kleine bis mittelgroße) haben auch Wettbewerbe für ASCII- und ANSI-Art. Viele Szenegruppen verwenden auch in Informationsdateien (diese werden meistens NFO's genannt) oder Archivbeschreibungen (FILE_ID.DIZ) ASCII-Logos ihrer Gruppe oder sonstige Verzierungen aus ASCII-Art. Mittlerweile ist dies allerdings rückläufig geworden und wird nur noch von wenigen Gruppen konsequent verfolgt. Da nicht jede Gruppe ASCII-Künstler in ihren Reihen hat, erstellt oftmals eine Person ASCII-Logos für viele andere (meistens befreundete) Gruppen.

Da im Allgemeinen Demoszener bezüglich ihres Lebensstils sehr alternativ ausgerichtet sind, stellen sich Kontakte zu anderen alternativen Lebensstilen und jugendkulturellen Erscheinungen wie z.b. Gothic und Goa problemlos her.

Demos

Eine Liste von Demos enthält ZX Spectrum Demos, Amiga Demos und Atari Demos. Die Demoszene gibt es heute noch für die Systeme IBM-PC, C64, ZX Spectrum, Atari ST/STE/Falcon und Amiga, wobei die riesige Rechnervielfalt einen Vergleich einzelner Demos erschwert. Einige der 3D-Benchmarks bieten heute einen Demo-Modus an, der seine Wurzeln in den Tagen der 16-Bit-Plattformen hat. Ebenso erschienen Demos für Konsolen wie den Sega Dreamcast, GamePark GP32, Nintendo 64 und weitere. Einige werden selbst noch heute für diese Plattformen veröffentlicht.

Einführung in die Demoszene

Literatur

  • Bertelsons, Boris; Rasch, Mathias: PC Underground. Data Becker 1994, ISBN 3815811171.
  • Tasajärvi, Lassi: DEMOSCENE: the art of real-time. even lake studios 2004, ISBN 952917022X, Webseite.
  • Polgar, Tamas ("Tomcat"): FREAX. Erscheinungstermin: 1. August 2005, Webseite.


Weitere einzelne Kapitel in den Büchern:


Ausführliche kommentierte Bibliographie wissenschaftlicher Publikationen zur Demoszene:

Online-Artikel

  • pc demoscene FAQ, Fragen und Antworten zur heutigen Demoszene auf dem PC
  • demoscene.info, Informationen über die Demoszene
  • scene.org, Demo-FTP-Archiv
  • pouet.net, riesige Datenbank mit Links, Screenshots und Rückblicken auf viele Demos aller Rechnerplattformen.
  • ojuice.net , eine Demoszene-Community

siehe auch

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